Schweitzer Fachinformationen
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Der Entwicklung von Strategien in der Informationstechnologie (IT) wird seit Jahren von der Managementpraxis große Bedeutung zugesprochen und auch in der Forschung viel Aufmerksamkeit gewidmet. Als Treiber der Digitalisierung stehen Informationstechnologien inzwischen sogar im Mittelpunkt der Strategiediskussion. Dennoch herrscht wenig Einigkeit darüber, was unter einer IT-Strategie zu verstehen ist. Ziel des vorliegenden Buches ist es, zu einem besseren Verständnis von IT-Strategien beizutragen, indem Konzepte und Inhalte geklärt und im Hinblick auf Praktikabilität und Praxisrelevanz überprüft werden. Das Werk basiert auf einer Habilitationsschrift und ist als Reader konzipiert. Ausgehend von einer Einführung wird ein Überblick über die IT-Strategieforschung von ihren Anfängen bis heute gegeben und es werden relevante Forschungsarbeiten dazu vorgestellt.
Prof. Dr. Alexander Teubner lehrt Strategisches Informationsmanagement an der Universität Münster.
Für die Aufnahme in den vorliegenden Reader wurden fünf Veröffentlichungen ausgewählt ( Tab. 2-1). Der Inhalt dieser Publikationen ist in vollem Umfang in den Kapiteln 4-8 enthalten.
Tab. 2-1: Für den Reader ausgewählte Publikationen
In den folgenden Abschnitten werden die Publikationen zunächst überblicksartig vorgestellt, um sie nachfolgend in die Entwicklung der wissenschaftlichen Diskussion einzuordnen ( Kap. 3).
Motivation für das Forschungsprogramm war die Low-Impact-Kritik an der IT/IS-Strategieforschung, die im Rahmen einer Fallstudie bei einem Finanzdienstleister konkret überprüft und weiter ausgelotet wurde. Zudem sollte eine ggf. bestehende Lücke zwischen Wissenschaft und Praxis daraufhin untersucht werden, ob deren Ursachen im Transfer des akademischen Wissens oder in der Relevanz des Wissens selbst lagen (Moody, 2000).
Um das informative Potenzial der WI/IS-Forschung für die Praxis zu erhöhen, empfehlen Gill und Bhattacherjee (2009) qualitative Fallstudien und Aktionsforschungsprojekte durchzuführen. Mit Hilfe von Fallstudien lassen sich detaillierte Einblicke in und ein tieferes Verständnis für die Praxis gewinnen. Fallstudien sind insbesondere in einer Phase der Forschung geeignet, in der noch keine belastbaren Theorien und Modelle zum Untersuchungsgegenstand vorliegen. Die Aktionsforschung ist ein besonders »intensiver« Forschungsansatz, der unmittelbar auf die Erzielung von Handlungsorientierungen in engem Bezug zur Praxis gerichtet ist (Frank, et al., 1999). Er eignet sich daher besonders zur Stärkung der Praxisorientierung in der WI/IS-Forschung: »We need to allocate resources to investigate application knowledge. (.) The best of the currently known research approaches is actions research« (Kock, et al., 2002, p. 336). Wir haben deshalb unsere Fallstudie als Aktionsforschungsprojekt aufgesetzt, in dem wir einen eigenen SISP-Prozess parallel zu den im Unternehmen laufenden Planungsaktivitäten durchgeführt haben. Anders als in der traditionellen Aktionsforschung haben die Forscher sich in dieser Studie nicht unmittelbar und aktiv in die reale Unternehmensplanung eingebracht, sondern parallel zu der realen Unternehmensplanung praktisch eine »Schattenplanung« durchgeführt. Diese ging von denselben Rahmenbedingungen aus und wurde in engem Kontakt zu den Planungsverantwortlichen im Unternehmen durchgeführt. So war es uns möglich, Vorgehen und Ergebnisse nach Abschluss beider Planungen zu vergleichen.
Eine Praxislücke in der Forschung konnte in der Fallstudie in zweifacher Hinsicht bestätigt werden. Zum einen wird die wissenschaftliche Literatur kaum gelesen; sie ist praktisch unbekannt. Obwohl fast alle der bei der FSC an der Strategieentwicklung beteiligten Führungskräfte eine akademische Ausbildung genossen hatten und einige sogar über eine Promotion wissenschaftlich vorgebildet waren, haben sie für praktische Handlungsempfehlungen eher auf externe Berater zugegriffen, als die akademische Literatur zu konsultieren. Dementsprechend kontrovers war der abschließende Abgleich der etablierten Praxis mit den Vorschlägen, die im Rahmen des an der akademischen Literatur orientierten »Schattenplanungsprozesses« entwickelt wurden. Im Mittelpunkt der Diskussion stand dabei, dass bei der FSC die IT/IS-Strategie weitgehend mit dem Abteilungsplan gleichgesetzt wurde und dementsprechend eine unternehmensweite Sicht fehlte. Hinzu kam die geringe Reichweite und Ausrichtung auf den Unternehmenserfolg. Die Entwicklung der IT/IS-Strategie erfolgte bei der FSC in Zusammenhang mit der turnusmäßigen Budgetplanung.
Motivation für diese Forschung waren die in der FSC-Fallstudie aufgedeckten Probleme im Verständnis von IT/IS-Strategien, die sich auf Grundlage der vorliegenden Forschung nicht beheben ließen. Insbesondere mangelte es an konkreten Empfehlungen zur Ausgestaltung von IT/IS-Strategien aus der Wissenschaft. Denn hier lag der Schwerpunkt der Forschung lange Zeit auf dem strategischen Planungsprozess, ohne dass Konsens über das Wesen der IT/IS-Strategie als angestrebtem Ergebnis dieses Prozesses bestand. So befassten sich Stand 2006 nur insgesamt 13 % der in führenden Journalen zur IT/IS-Planung erschienen Veröffentlichungen mit der IT/IS-Strategie und ihren Inhalten ( Abb. 1-7). Die wenigen Publikationen, die Hinweise auf die Inhalte von IT/IS-Strategien gaben, taten dies entweder in Form von unstrukturierten Themenlisten oder durch rein konzeptionelle Modelle. Letztere waren nur schwach theoretisch unterfüttert. Die Logik des breit rezipierten Frameworks von Earl (1989) folgt einfachen Leitfragen (e.g., »IS strategy: what?«, »IT strategy: how?«, »IM strategy: who?«). Das Strategic Alignment Modell als weiteres bekanntes Beispiel stützt sich auf begriffliche Analogien, um von der betriebswirtschaftlichen Strategielehre ausgehend auf sechs Themenfelder der IT/IS-Strategie zu schließen: »Technology Scope«, »Systemic Competencies«, »I/T Governance«, »Architecture«, »Processes« und »Skills« (Teubner, 2006). Die eigene Forschung zielte auf die Entwicklung eines Strategiemodells, das theoretisch stärker begründet und gleichzeitig empirisch gehaltvoll (»comprehensive«) ist.
Grundlage für die konzeptionelle Entwicklung des Strategiemodells war zum einen die allgemeine Infrastrukturtheorie (Star & Ruhleder, 1996; Edwards, 2002), zum anderen das Konzept der Schichtenmodellierung, das in der Informatik zur Reduktion der Komplexität großer technischer Systeme eingesetzt wird (Tannenbaum, 2003). Die (empirische) Vollständigkeit des entwickelten Modells wurde anhand der Inhalte bereits vorliegender Strategiemodelle und publizierter IT/IS-Strategieinhalte abgeschätzt.
Mit Hilfe der Infrastrukturtheorie wurden zwei grundlegend verschiedene, aber miteinander verbundene Planungsbereiche voneinander abgegrenzt (Teubner, 2003): Die sog. »Informationsinfrastruktur (IIS)« als unmittelbarer, IT-gestützter und damit weitgehend physischer Unterbau betrieblicher Aufgabenerfüllungsprozesse, sowie die sog. »Informationsfunktion (IF)«. Beide Bereiche stehen dadurch im Zusammenhang, dass die IF die Aufgaben und Kompetenzen für die Planung, den Aufbau, den Betrieb und die Weiterentwicklung der IIS umfasst. Der Bezug zwischen IT/IS-Strategie und Geschäftsstrategie lässt sich aus den Überlegungen zum Strategic Alignment ableiten (Teubner, 2006).
Die grundlegende Unterscheidung der Planungsbereiche »Informationsinfrastruktur« und »Informationsfunktion« lässt sich auch anhand des volkswirtschaftlichen Verständnisses von Infrastruktur veranschaulichen. Hier werden unter dem Begriff der Infrastruktur unterschiedliche Voraussetzungen zusammengefasst, die ein privates Wirtschaften in einer Volkswirtschaft ermöglichen und begünstigen. Anschauliche Beispiele sind etwa der Ausbau des Schienen- oder Straßennetzes. Während Verkehrsnetze Infrastruktur im engeren Sinne sind, können darüber hinaus auch die Institutionen und Kapazitäten zum Ausbau und zur Pflege dieser Netze zur Infrastruktur gezählt werden (= Infrastruktur i. w. S.). Diese weitere Definition von Infrastruktur korrespondiert mit unserem Verständnis, dass die IF den Planungsbereich der IIS als Infrastruktur i. e. S. um die Aufgaben und Fähigkeiten zu deren Entwicklung und Betrieb erweitert.
Die für die Entwicklung des Strategiemodells genutzten Theoriegrundlagen werden noch einmal ausführlich in einem ERCIS Working Paper zur Strukturierung des Aufgabenfelds des IM dargestellt (Teubner & Klein, 2014, pp. 17-29).
Die FSC-Fallstudie lieferte starke Hinweise auf eine Entkopplung von Wissenschaft und Praxis und darauf, dass der Forschung kaum praktische Bedeutung zugesprochen wird. Zudem gewährte die Fallstudie Einblicke in eine bestehende Praxislücke, die eine weitergehende Untersuchung erforderte. Insbesondere gehörte dazu die Überprüfung, ob es sich bei der FSC um einen Ausnahmefall handelte, oder ob die gemachten Beobachtungen verallgemeinerbar waren. Zur Beantwortung dieser...
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