Schweitzer Fachinformationen
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Auf dem Parkplatz von Waitrose herrscht dasselbe hektische Treiben wie jeden Freitagabend: In den breitesten Parklücken stehen Einkaufswagen, die ein geduldiger Angestellter einsammeln darf. Zwei gut situierte Pärchen über sechzig blockieren den Eingang und unterhalten sich über ihren Skiurlaub. »Nein, nein, wir waren ja diesmal in Andorra.«
Ich hole mir einen Wagen und schaue kurz auf die darin zurückgelassene Einkaufsliste, auf der »Rosmarin + Anzündholz« steht. Der Waitrose in Hove ist ein Paradies für Typen vom Schlag »Rosmarin + Anzündholz«. Tanya kann sich gut über diese egozentrischen, wichtigtuerischen Kunden aufregen und stellt sich ihnen gern in den Weg. Einmal hat sie heimlich drei Becher Instantnudeln in einen besonders selbstgefälligen Einkaufswagen gelegt.
Ich weiß, was ich noch im Kühlschrank habe und was ich brauche, nämlich so gut wie alles. Wenn ich zumindest für Dora heute Abend etwas zu trinken und zu essen und die richtigen Cornflakes zum Frühstück habe, können wir den Rest des Wochenendes auswärts essen. Ich packe geputzten Brokkoli und geschrubbte Babykarotten in den Wagen. Von Montag bis Freitag kann Tanya ihr ja ihren vor Erde knirschenden Grünkohl aus der Gemüsekiste andrehen. Ich finde sogar eine Dreierpackung Kiwis, die Dora so gern isst. Hundertprozentig vergesse ich die hinten im Kühlschrank. Da liegen sie dann mit Sicherheit, bis ihnen Bärte wachsen.
Mein Handy plingt. Eine Nachricht von Tanya, wahrscheinlich mit den neusten Informationen, was Dora und ich dieses Wochenende tun und lassen dürfen. Lächerlich lange musste ich sie von Händetrocknern fernhalten. Jetzt sind es Spinnen.
»Kannst du eine halbe Stunde früher kommen? Dann können wir noch reden. Ist hoffentlich okay. Bis gleich. Tschüss!«
Ich bleibe stehen, genau vor dem skifahrenden Pärchen, das Olivenöl sucht. Aha. Tanya will also »reden«, ja?
In letzter Zeit war sie echt nett, nicht wie in den ersten harten Monaten nach der Trennung. Da war sie extrem reizbar, und ich war an allem schuld. Ich sah das natürlich anders, aber es war einfacher, die Schuld auf mich zu nehmen, als ihr zu widersprechen. Trotzdem: Wenn man nicht aufpasst, kann der Weg des geringsten Widerstands zur Sackgasse werden.
Wenn ich Dora nun zurückbringe, trinken wir inzwischen noch eine Tasse Tee oder Kaffee zusammen und unterhalten uns, zum Beispiel über den Zelturlaub in Cornwall, wo ich eine Lebensmittelvergiftung hatte und wir meinen Schlafsack in einem Müllcontainer entsorgen mussten, über meine Vorliebe für Springsteen oder unseren schmerzlich vermissten Kater Ronnie.
Ich wage zu denken, was ich mir seit ein, zwei Wochen verbiete: Sie wird milder. Achtzehn Monate Trennung haben ihr gezeigt, dass ich zwar ein Idiot bin, aber ich bin ihr Idiot. Ich glaube, sie will es noch mal mit uns versuchen.
Den Rest des Einkaufs erledige ich im Rekordtempo, anschließend haste ich zurück in meine Wohnung, um den Kühlschrank zu füllen und mir Deo unter die schwitzenden Achseln zu sprühen. Ich ziehe das einzige saubere Hemd an, das gebügelt ist. Tanya hat es mir geschenkt, damit ich zur Abwechslung mal ein Blumenmuster in Primärfarben trug. Ehrlich gesagt hasse ich das Teil. Aber wenn sie das Hemd sieht, weiß sie, dass ich zu einer Annäherung bereit bin.
Andy würde mir raten, locker zu bleiben, mir nicht in die Karten gucken zu lassen. Aber Andy hat auch »Arsenel« auf den Unterarm tätowiert und nennt Frauen »Chicas«, von daher denke ich, dass ich mich wohl auf meinen höherwertigen Instinkt verlassen kann.
Tanya macht mir auf. Als wir hier damals eingezogen sind, habe ich die Haustür in einem unauffälligen Braun lackiert. Jetzt ist sie geschmackvoll dunkelrot. Unaufgefordert gibt Tanya mir einen kurzen Willkommenskuss auf die Wange, während ich über den samtenen Lack streiche.
»Sieht gut aus, echt. Lass mich raten: Ochsenblutrot?«
»Toskanische Pflaume.« Ihr Tanya-Lächeln blitzt auf. Mein Herz macht einen Hüpfer. »Komm rein!«
Ich setze mich in meinen ehemaligen Sessel - vielleicht gehört er ja bald wieder mir -, Tanya nimmt das Sofa und schlägt die Beine unter. Sie macht also immer noch Yoga.
»Danke, dass du etwas früher gekommen bist, Ned.«
Ich zucke mit den Schultern. »Kein Problem. Mag Dora noch Brokkoli?«
»Ja, den liebt sie. Irgendwas müssen wir richtig gemacht haben.«
Ich verstehe, worauf sie hinauswill. Ich möchte nichts überstürzen, aber vielleicht sollte ich derjenige sein, der das Thema Versöhnung anspricht, dann hat Tanya weniger Druck.
»Deshalb waren wir so ein gutes Team, Tan«, sage ich vorsichtig. »Vielleicht sind wir das immer noch.«
Dann passiert etwas, das man oft in Filmen sieht: Wir reden beide gleichzeitig los und hören deshalb nicht, was der beziehungsweise die andere sagt. Wir lachen. So wie früher.
»Kann es sein, dass wir das Gleiche sagen wollten?«, frage ich. Natürlich wollten wir das.
»Ach, das wäre ja toll, Ned! Fang du an!«
Ich quatsche drauflos, verhaspele mich und rede Blödsinn, weil ich vergessen habe, was ich mir im Auto zurechtgelegt hatte. »Ich dachte nur, wir könnten ja einfach mal wieder zusammen ausgehen. Also, du und ich. Kann man ein Date nennen oder eine Ausrede, um den neuen Thai in Kemptown auszuprobieren, egal.«
Tanya scheint das Thema unangenehm zu sein. Ja, die Wahrheit ist unangenehm. Da ich angefangen habe, bringe ich es auch zu Ende.
»Getrennt zu sein tut uns nicht gut, Tanya. Wir sind doch erwachsen. Du jedenfalls. Es könnte klappen. Ich habe mich vielleicht verändert. Wir können da weitermachen, wo wir aufgehört haben, hm?«
Zwischen uns schwebt ein aufgeladenes Schweigen von der Größe Schottlands. Dann sagt sie: »Ned, ich . ich habe jemanden kennengelernt. Ich hatte gehofft, so was würdest du mir auch erzählen.«
Ich würde gerne lügen, aber man kann meine Enttäuschung praktisch mit den Händen greifen. Unglaublich, dass ich alles missverstanden habe. Schon wieder. Genau wie damals bei Ikea. Ich versuche, einen klaren Gedanken zu fassen, bringe aber nicht mehr heraus als: »Wen?«
»Er heißt Julian. Matts bester Freund. Kennst du Matt noch?«
»Der Zahnarzt. Haben wir dem überhaupt die Motorsense zurückgegeben?«
»Die hast du kaputt gemacht. Wir haben eine neue gekauft. Jedenfalls habe ich Julian bei der Einweihungsparty von Matt und Jane kennengelernt. Wir sind jetzt schon ein paar Monate zusammen.«
Sie sieht mich erwartungsvoll an, und ich stammele: »Okay, gut. Ähm, na dann, Glückwunsch. Schön für dich.« Insgeheim frage ich mich, wie es so weit kommen konnte: dass ich Tanya zu ihrer neuen Beziehung gratuliere, obwohl ich sie eigentlich am liebsten anflehen würde, mich zurückzunehmen. Oder heulen. Oder beides.
»Ich wollte dir das erzählen, weil es einiges verändert. Deshalb habe ich auch die Haustür neu lackiert.« Sie macht eine Pause, doch diesmal werde ich sie nicht unterbrechen. Ich kann nicht. »Ich habe das Haus schätzen lassen, Ned. Dora und ich ziehen bei ihm ein, bei Julian. Das heißt, wir müssen verkaufen und den Erlös unter uns aufteilen. Es sei denn, du willst mich auszahlen.«
Ich lache hohl.
»Also gut, dann nimm deine Hälfte als Anzahlung auf ein ordentliches Haus. In dieser furchtbaren Wohnung kannst du jedenfalls nicht ewig bleiben. Das ist nichts für Dora.«
»Und sie findet das alles gut?«
»Warum nicht? Julian ist ein toller Mann. Die beiden kommen wirklich gut miteinander klar.«
So argwöhnisch, wie Tanya normalerweise ist, kann sie auch ziemlich naiv sein. Ich als Doras Vater und verantwortungsbewusster Erwachsener muss einfach fragen. »Hast du ihn überprüft? Seine Vergangenheit, meine ich? Man hört ja dies und das.«
»Ah, verstehe. Ich habe jemanden kennengelernt, also kann irgendwas mit ihm nicht stimmen!«
Ich schüttele heftig den Kopf, als hätte ich das ganz anders gemeint.
»Julian vergöttert Dora«, erklärt Tanya. »Und er liebt mich. Das ist alles, was mich interessiert.«
Ich verarbeite die Information immer noch, da fügt sie hinzu: »Ach ja, sie hat übrigens Fieber, das heißt, sie kann dieses Wochenende nicht zu dir.«
»Ich hab extra Brokkoli gekauft!«
»Geh hoch und sag ihr noch Hallo, bevor du gehst.« Tanya klappt ihre schönen langen Beine aus und steht auf. Gespräch beendet. Zieh Leine, du Loser. »Er liebt mich, Ned. Er macht mich glücklich. Ich fände es wirklich nett, wenn du wenigstens versuchen würdest, dich für mich zu freuen.«
Eine Stunde später beschließe ich, Andy nicht meine gesamte Unterhaltung mit Tanya zu schildern. Er würde sich nur über mich aufregen und sagen, dass ich alles falsch gemacht habe. Als ich ihn an seinem Stammplatz im Anchor finde, ist er gerade mit dem Handy beschäftigt und macht seine neueste Eroberung klar. Mit zufriedenem Grinsen sieht er mir entgegen, als ich mit zwei Gläsern Sagres von der Theke komme.
»Sie hat mir schon viermal auf die Mailbox gequatscht. Plus zwei SMS und einen Haufen WhatsApps. Die ist heiß, was?«
Ich tue so, als wüsste ich, von wem er spricht. »Katie, oder? Die aus der Kassenschlange beim Tesco?«
»Nein, Lara von der Party in Fiveways.«
»Wann antwortest du ihr?«
»Donnerstag.«
»Du bist so ein Sack, Andy! Möglichst mies behandeln, dann wollen sie umso mehr, ja?«
»Ach, und du bist die Alternative?«, spottet er. »Hallo, ich bin dein neuer Fußabtreter. Ich freue mich, wenn du deine Scheiße an mir abputzt! So bist du,...
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