Schweitzer Fachinformationen
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»Ja, Mom, ich hab dich auch lieb«, erwidere ich auf die fünfte Liebesbekundung meiner Mutter, die sich nicht von mir trennen kann. Von meinen Freundinnen habe ich mich bereits verabschiedet, sie stehen hinter ihr und schneiden Grimassen, um sich über mich lustig zu machen. Ich bin die Einzige, die Georgia verlassen wird, und werde in Chicago studieren.
»Und du passt wirklich gut auf dich auf, ja? Du lässt dich nicht auf irgendwelche Weiberhelden ein, die dir das Herz brechen könnten, okay?«
Ich nicke ihr zu, denn auch das habe ich in den letzten Minuten schon mehr als einmal gehört.
»Marley, ich mein's ernst.«
»Ich auch, Mom. Ich verspreche dir, dass ich auf mich aufpasse und mich mindestens zweimal pro Woche melde, okay?«
Sie verzieht ihre Lippen zu einem breiten Lächeln. »Okay, mein Schatz.« Anschließend legt sie ihre Hände an meine Wangen und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. »Du wirst mir fehlen.«
»Du mir auch, aber bald sind Ferien und dann komme ich nach Hause, versprochen.« Ich sehe mich um. »Mom, der Bus fährt gleich, ich sollte einsteigen und mir einen Platz suchen.«
»Ja, ich weiß, aber ich will dich einfach nicht gehen lassen.«
Seufzend löse ich mich von ihr. »Ich melde mich, sobald ich angekommen bin.«
»Pass auf dich auf.«
Langsam nervt's, aber ich lächle ihr zu, nicke und schultere meinen Rucksack. »Bis bald, Mom.« Dann mache ich mich auf den Weg zum Fernbus. Meine Koffer wurden vom Fahrer bereits verstaut, weshalb ich einen Vorteil gegenüber den anderen Fahrgästen, die eben erst gekommen sind, habe. Ich kann nicht fassen, dass ich dieses Kaff endlich hinter mir lasse. Sicher wird mich die Großstadt zuerst überfordern, doch das ist normal, wenn man aus einer kleinen Gemeinde in den Südstaaten kommt. Ich meine, ich tausche ein paar Tausend Menschen gegen ein paar Millionen ein. Wer macht das mal eben so?
Im Bus schaue ich mich nach einem Sitzplatz um. Ich möchte unbedingt am Fenster sitzen, doch die meisten Fensterplätze sind schon besetzt. In der letzten Reihe sehe ich meine Chance - na ja, überholen kann mich in dem engen Gang sowieso niemand.
Ich setze mich ans Fenster, nehme den Rucksack auf den Schoß und lehne mich zurück. Ich zucke zusammen, als jemand neben mir gegen die Scheibe klopft. Als ich meinen Blick dorthin wende, sehe ich meine Mom und meine Freundinnen, sie haben Tränen in den Augen, dabei habe ich ihnen doch ausdrücklich verboten zu weinen, weil ich dann auch nicht stark bleiben kann.
Sie winken mir weinend und ich kann mich ebenfalls nicht mehr zusammenreißen. Mühsam wische ich die Tränen von meinen Wangen, doch sie laufen ohne Unterlass weiter. Fuck! Und es tut weh, dass Dave nicht dabei ist. Mein Ex bedeutet mir noch eine Menge, nun zerreißt seine Abwesenheit mir fast das Herz. Ich werfe meiner Mom und meinen Freundinnen Kusshände zu, als der Bus sich in Bewegung setzt, und nicke ihnen zu, als sie eine nach der anderen gestikulieren, dass ich sie anrufen soll.
Nur wenige Atemzüge später sind sie aus meiner Sicht verschwunden.
Mein neues Leben beginnt . in unzähligen Stunden und ich kann es kaum erwarten.
***
»Wow«, stoße ich aus, als ich in Chicago aus dem Bus steige. Schon die Fahrt durch die Stadt war atemberaubend, doch noch beeindruckender ist es, jetzt inmitten dieser Metropole zu stehen, die Gebäude zu sehen und . den Gestank einzuatmen. Der Gestank ist das im wahrsten Sinne des Wortes Atemberaubendste. Wie kann man hier leben? Es sieht zwar toll aus, aber der Geruch von Abgasen, Abwasser und Müll ist penetrant. Angewidert stelle ich mein Handcase auf den großen Trolley und mache mich auf den Weg zum Studentenwohnheim. Ich weiß nicht wirklich, wie ich dorthin komme, doch sicher ist hier irgendwo ein Taxistand. Ich will mich nicht durchfragen, ich werde einmal den Luxus genießen und mich fahren lassen. Andernfalls werde ich sicher nie ankommen, weil ich mich verlaufe.
»Das muss es sein«, nuschele ich, als ich die Messingziffern, die an der Tür angebracht sind, mit denen auf dem Schreiben der Wohnheimleitung vergleiche. Ich zücke meinen Schlüssel, stecke ihn ins Schloss und drehe ihn langsam. Bitte lass mich das Zimmer nicht mit irgendeiner Hippie- oder Satansbraut teilen, Gott, bete ich im Stillen, als ich die Zimmertür langsam öffne.
Kaum sehe ich durch einen Spalt das Zimmer, wird die Tür aufgerissen. »Hi, du musst Marley sein, ich bin Shauna, deine Mitbewohnerin, freut mich, dich kennenzulernen.« Sie spricht schnell und gestikuliert so wild dabei, dass ich Angst habe, ein Schleudertrauma zu bekommen, wenn ich den Bewegungen folge.
»Hi, ähm . ja, ich bin Marley, hi.« Ich würde ihr gern die Hand geben, aber irgendwie habe ich Angst, dass sie sie so heftig schüttelt, dass ich wie eine Dose, die unter Druck steht, in die Luft gehe.
»Lass mich dir helfen.« Lächelnd nimmt sie mir das Handcase ab und trägt es ins Zimmer. »Ich habe mir noch keines der Betten ausgesucht, aber mir wäre es lieber, wenn ich nicht am Fenster schlafen müsste, ich brauche es dunkel.«
»Kein Problem, ich eher nicht, also passt das Bett am Fenster perfekt zu mir.« Ich erwidere ihr Lächeln schüchtern, als ich meine neue Schlafstatt ansteuere.
Shauna stellt mein Case ans Fußende, danach setzt sie sich auf ihr Bett. »Woher kommst du? Du hast so einen krassen Dialekt.«
Ich hebe eine Augenbraue. »Für mich bist du diejenige, die mit einem krassen Dialekt spricht«, kichere ich und nehme ebenfalls Platz.
»Ich komme aus New York«, erwidert sie irritiert.
»Ich komme aus Georgia und glaube, die Gemeinde, aus der ich komme, steht auf keiner Landkarte, weil sie so verdammt klein ist«, erzähle ich trocken.
Shauna lacht auf. »Wow, so kleine Städte gibt's?«
»Ich würde es nicht mal eine Stadt nennen, Kleinstadt vielleicht.« Um ehrlich zu sein, wäre mir jetzt ein Themenwechsel ganz lieb, denn hier kollidieren zwei vollkommen verschiedene Welten, allerdings möchte ich Shauna nicht nach wenigen Minuten vor den Kopf stoßen und schweige daher.
Sie legt den Kopf schief, dann betrachtet sie mich interessiert. »Ist das dein erstes Semester?«
»Ja, deines auch?«
»Nein, ich bin im zweiten, habe im Frühjahr angefangen, aber wohne jetzt erst hier im Wohnheim, weil meine WG aufgelöst wurde. Ich konnte mir die Bude allein nicht leisten, sonst wäre ich nicht hier«, erzählt sie wehmütig.
»Das tut mir leid für dich.« Ich ziehe meine Jeansjacke aus und werfe sie aufs Bett. »Aber vielleicht verstehen wir beide uns gut, dann ist es doch nur halb so schlimm, oder?«
Einmal mehr verzieht sie ihre vollen Lippen zu einem breiten Lächeln. »Es ist absolut nicht schlimm, du wirkst nett.«
Innerlich atme ich auf. Was für eine Erleichterung. Ich habe eher damit gerechnet, dass sie es für eine mittelschwere Katastrophe halten würde.
»Was wirst du studieren?«, fragt sie mir weiter Löcher in den Bauch.
»Medizin, und du?«
»Ich studiere Rechtswissenschaften, verdammt trockenes Thema, aber mich interessiert's.«
Ich nicke langsam. »Klingt gut.«
»Ich treffe mich heute Abend mit ein paar Kommilitonen, um im Stardust feiern zu gehen, möchtest du mitkommen?«
Ich schüttle den Kopf. »Lieber nicht, ich habe eine ziemlich lange Fahrt hinter mir und möchte mich nur ausruhen.«
»Okay, vielleicht ein anderes Mal?«
»Klar, am Wochenende komme ich gerne mal mit, bis dahin bin ich auch mit den Einführungskursen durch und kenne mich vielleicht ein wenig auf dem Campus aus«, antworte ich lächelnd. Heute könnte ich vielleicht eine Stunde in einer Bar aushalten, aber keine ganze Nacht, dafür war die Fahrt von Georgia hierher zu lang.
»Alles klar, dann rocken wir am Freitag das Stardust.«
»Das ist doch eine Bar, oder?«
»Ein Club, aber ein cooler, und man kommt auch unter einundzwanzig rein, auch wenn man dann keinen Alkohol bekommt.«
»Na ja, man darf unter einundzwanzig auch nicht trinken«, sage ich vorsichtig.
Shaunas Gesichtszüge entgleisen. »Ernsthaft? Du hältst dich dran?«
»Schon«, nicke ich.
»Wow!« Sie pfeift - ob anerkennend oder abfällig, kann ich noch nicht sagen.
»Was ist daran so schlimm?«, möchte ich wissen, da ihre Reaktion mehr als irritierend für mich ist.
»Nichts daran ist schlimm, ich wundere mich bloß.« Sie schmunzelt. »Aber wenn ich es recht bedenke, ich habe auch mal so gedacht, bis ich hier an einen falschen Ausweis und in den Genuss von Caipirinhas kam.« Nun grinst sie mich an.
Vielleicht sollte ich mir auch so einen Ausweis besorgen, andererseits gibt's bestimmt mächtigen Ärger, wenn ich damit erwischt werde.
»Ich besorge dir auch einen«, sagt sie, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Und dann machen wir eine richtige Clubtour durch die Stadt.«
»In Ordnung«, erwidere ich leise, erhebe mich und hieve meinen Trolley aufs Bett. »Wo kann ich meine Sachen unterbringen?«
Shauna zeigt auf einen großen Kleiderschrank. »Ich habe meine Sachen ins linke Schrankelement gelegt.«
»Okay. Danke.« Ich fange an, meinen Koffer auszuräumen, während sie mir vom Campusleben erzählt. Es klingt ungemein interessant und nach einem spannenden Abenteuer, das ich von nun an für vier Jahre erleben werde.
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