Schweitzer Fachinformationen
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Über die ÜbersetzerinClaudia Ott, geboren 1968, studierte Orientalistik in Jerusalem, Tübingen und Berlin, sowie arabische Musik in Kairo. Sie wurde 1998 im Fach Arabistik mit einer Arbeit zur arabischen Epik promoviert. Von 2000 bis 2013 war sie, mit langen Unterbrechungen, wissenschaftliche Assistentin am Seminar für orientalische Philologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seit 2013 ist sie Lehrbeauftragte und Assoziiertes Mitglied am Seminar für Arabistik und Islamwissenschaft der Georg-August-Universität Göttingen. Zu ihren wichtigsten Übersetzungen neben "Tausendundeine Nacht" gehören die Anthologie "Gold auf Lapislazuli. Die 100 schönsten Liebesgedichte des Orients" (C.H.Beck, 2008) sowie "101 Nacht" (Manesse, 2012). 2011 wurde sie mit dem Johann Friedrich von Cotta-Literatur- und Übersetzerpreis der Landeshauptstadt Stuttgart ausgezeichnet. Claudia Ott ist für verschiedene Zeitungen und den Rundfunk als Autorin und Übersetzerin tätig, ist Mitglied mehrerer internationaler Ensembles für orientalische Musik und betreut eigene Programme mit Musik und orientalischer Literatur.
Schahrasad sagte:
Die Leute behaupten, o glücklicher König und Herr des rechten Urteils, dass es einmal einen Kaufmann gab, der reich und wohlhabend war und ein großes Vermögen und viele Sklaven besaß. Er hatte eine ganze Anzahl Frauen und Kinder, außerdem Bürgschaften und Kredite im ganzen Land. Eines Tages zog er aus, um in ein anderes Land zu reisen. Er bestieg also ein Reittier und packte unter sich eine Satteltasche mit saurem Gemüse und Datteln als Wegzehrung. Dann reiste er Tage und Nächte, bis Gott ihn wohlbehalten am Ziel seiner Reise ankommen ließ. Dort erledigte er seine Geschäfte, o glücklicher König, und machte sich dann auf den Rückweg in sein Land und zu seiner Familie. Er reiste drei Tage lang. Am vierten Tag kam eine große Hitze auf, die die Erde völlig versengte. Da er nun vor sich eine Plantage sah, ritt er auf diese zu, um dort Schatten zu suchen. Er gelangte an einen Nussbaum, unter dem eine frische Quelle sprudelte. An der Quelle ließ er sich nieder, band sein Tier fest, lud die Satteltasche ab und entnahm ihr etwas von dem eingelegten Gemüse, das er als Wegzehrung dabeihatte, sowie einige Datteln. Er begann, die Datteln zu verspeisen, und warf die Dattelkerne nach rechts und links von sich, bis er fertig war. Dann stand er auf, reinigte sich und betete. Als er sich beim Gebet zum Gruß umblickte, bemerkte er einen alten Dschinni. Seine Füße standen auf der Erde, sein Kopf aber ragte in die Wolken, und in seiner Hand hielt er ein gezücktes Schwert. Der Dschinni kam heran, bis er dicht vor ihm stand. «Steh auf, damit ich dich töte mit diesem Schwert, so wie du meinen Sohn getötet hast!», brüllte er ihm entgegen. Als der Kaufmann die Worte des Dschinnis hörte und ihn sah, fürchtete er sich, und die Angst kroch in ihn hinein. «Mein Herr», sagte er, «um welcher Schuld willen möchtest du mich töten?» - «Ich töte dich», war die Antwort, «weil du mein Kind getötet hast.» - «Wer hat dein Kind getötet?», entgegnete er. «Du hast mein Kind getötet!», polterte der Dschinni. «Bei Gott, ich habe dein Kind nicht getötet!», sagte der Kaufmann. «Wann und wie soll denn das geschehen sein?» Da sagte der Dschinni: «Hast du nicht hier gesessen und aus deinem Reisesack Datteln herausgenommen und hast begonnen, die Datteln zu essen, und dabei die Dattelkerne nach rechts und links weggeworfen?» - «Ja», erwiderte der Kaufmann, «das habe ich getan.» - «Dann hast du also meinen Sohn ermordet», wiederholte der Dschinni, «denn als du die Dattelkerne nach rechts und links von dir warfst, kam gerade mein Sohn vorbeispaziert, da hat ihn ein Dattelkern getroffen und getötet. Und jetzt muss ich dich töten!» Der Kaufmann flehte: «Mein Herr, tu's nicht!» - «Doch, ich muss es tun, so wie du mein Kind ermordet hast!», sagte der Dschinni. «Wird nicht Mord mit Mord gerächt?» Da seufzte der Kaufmann: «Wir sind Gottes Geschöpfe, und zu Ihm kehren wir zurück; es gibt keine Kraft und keine Stärke außer bei Gott, dem Erhabenen und Mächtigen! Wenn ich ihn getötet habe, dann war es ein Versehen, und ich bitte dich um Verzeihung.» Der Dschinni aber sagte: «Es führt kein Weg daran vorbei, dass ich dich töten muss, da du mein Kind getötet hast.» Damit zog er ihn zu sich heran, warf ihn zu Boden und erhob sein Schwert, um ihm den Kopf abzuschlagen. Der Kaufmann aber weinte und klagte um seine Familie, seine Frau und seine Kinder. Der Dschinni hob das Schwert zum zweiten Mal, um zuzuschlagen, da weinte der Kaufmann so sehr, dass er seine Kleider völlig durchnässte. Dabei sagte er: «Es gibt keine Kraft und keine Stärke außer bei Gott, dem Erhabenen und Mächtigen», und sprach die folgenden Verse:
«Das Schicksal besteht aus zwei Tagen: einer ist Sicherheit, einer Gefahr. Und unser Leben hat zwei Hälften: eine ist trübe, und eine ist klar.
Sage zu dem, der uns geschmäht hat um unsres Schicksals willen: Siehst du denn nicht den Wind, wenn die Stürme toben? Er fällt von den Bäumen nur die höchsten gar. Und wie viel Grün gibt es auf Erden und wie viel Dürres? Aber Steine liegen nur dort, wo die Erde fruchtbar war. Am Himmel stehen Sterne ohne Zahl, Doch sind nur Sonne und Mond, einander verfinsternd, ein Paar. Wie schön waren deine Gedanken, als schöne Tage erschienen, Da hattest du keine Angst vor dem nächsten Tag oder Jahr. Die Nächte erschienen dir friedlich, du ließest dich täuschen, Doch in der klarsten Nacht erscheint der schrecklichste Mahr.>» Doch der Dschinni sagte - da der Kaufmann aufgehört hatte zu weinen und sein Gedicht gesprochen hatte -: «Bei Gott, ich muss dich töten, selbst wenn du Blut weinen würdest, so wie du meinen Sohn getötet hast.» Der Kaufmann entgegnete: «Gibt es denn gar keinen Ausweg?» - «Nein, es gibt keinen Ausweg», sagte der Dschinni. Und er zog sein Schwert, um zuzuschlagen. Da erreichte das Morgengrauen Schahrasad, und sie hörte auf zu erzählen. Aber das innere Gemüt des Königs Schahriyar verlangte nach der Fortsetzung der Geschichte. Und während die Morgendämmerung aufstieg, sagte Dinarasad zu ihrer Schwester Schahrasad: «Wie schön und wie spannend ist deine Geschichte!» - «Was ist das schon», erwiderte sie, «gegen das, was ich dir morgen Nacht erzählen werde, wenn ich dann noch lebe und mich dieser König verschont. Das wird noch viel schöner und viel spannender sein als das, was ich heute erzählt habe.» Da sprach der König zu sich selbst: «Ich werde sie, bei Gott, nicht eher töten, als bis ich die Geschichte zu Ende gehört habe. Dann töte ich sie eben morgen Nacht.» Nun brach der Morgen an, die Sonne ging auf, und der Tag begann. Der König erhob sich zu seinen königlichen Geschäften. Schahrasads Vater, der Wesir, verwunderte sich und war froh und erleichtert. Der König aber regierte bis in die Nacht, dann ging er in seine Privatgemächer und legte sich auf sein Lager. Schahrasad gesellte sich zu ihm. Nun sagte Dinarasad zu ihrer Schwester Schahrasad: «Ach, Schwester, ich beschwöre dich bei Gott! Wenn du nicht schläfst, so erzähle mir eine deiner schönen Geschichten, damit wir uns diese Nacht damit vertreiben können!» - «Es soll aber der Schluss der Geschichte vom Dschinni und dem Kaufmann sein», fügte der König hinzu, «denn mein Herz hängt an dieser Geschichte.» - «Mit Vergnügen und Hochachtung, o glücklicher König!», antwortete sie. Die zweite Nacht aus den aufregenden Abenteuern der Geschichte von Tausendundeiner Nacht Schahrasad sagte: Die Leute behaupten, o glücklicher König und Herr des rechten Urteils, dass, als der Dschinni seine Hand mit dem Schwert erhob, der Kaufmann zu ihm sagte: «O böser Dämon, musst du mich unbedingt töten?» - «Ja», antwortete jener. «Kannst du mir nicht eine Frist gewähren», bat er, «damit ich von meiner Familie, meinen Kindern und meiner Frau Abschied nehmen kann, mein Erbe unter ihnen aufteile und ihnen meinen letzten Willen mitteile? Danach komme ich zu dir zurück, und du kannst mich töten.» Der Ifrit sagte: «Ich befürchte, wenn ich dich freilasse und dir eine Frist einräume, dass du davonläufst, um deine Angelegenheiten zu erledigen, und dann nicht mehr zurückkommst.» - «Ich schwöre dir einen heiligen Eid», erwiderte der Kaufmann, «und ich bezeuge beim Herrn des Himmels und der Erde, dass ich zu dir zurückkommen werde!» - «Wie lang soll denn die Frist sein?», fragte der Dschinni. «Ein Jahr», antwortete der Kaufmann, «das wird ausreichen, dass ich die Sehnsucht nach meinen Kindern stille, meiner Frau Lebewohl sage und alle meine Bürgschaften auflöse. Am ersten Tag des nächsten Jahres komme ich zu dir zurück.» - «Gott ist Zeuge für das, was du versprichst», sagte der Dschinni. «Wenn ich dich jetzt freilasse, kommst du am ersten Tag des nächsten Jahres wieder.» - «Gott ist Zeuge für das, was ich verspreche», bestätigte der Kaufmann. Als er diesen Schwur getan hatte, ließ ihn der Dschinni frei. Betrübt bestieg der Kaufmann sein Reittier und machte sich auf den Weg. Er reiste ununterbrochen, bis er seinen Heimatort erreichte, sein Haus betrat und seine Kinder und seine Frau wiedersah. Als sein Blick auf sie fiel, überwältigten ihn die Tränen. Er weinte und schluchzte bitterlich und zeigte deutlich alle Zeichen von Trauer und Kummer. Sie aber wussten nichts von dem, was ihm wider fahren war. «Mann, was ist mit dir?», fragte ihn seine Frau. «Was bedeuten deine Tränen? Heute ist doch ein Freudentag; wir feiern das...
Siehst du denn nicht den Wind, wenn die Stürme toben? Er fällt von den Bäumen nur die höchsten gar.
Und wie viel Grün gibt es auf Erden und wie viel Dürres? Aber Steine liegen nur dort, wo die Erde fruchtbar war.
Am Himmel stehen Sterne ohne Zahl,
Doch sind nur Sonne und Mond, einander verfinsternd, ein Paar.
Wie schön waren deine Gedanken, als schöne Tage erschienen, Da hattest du keine Angst vor dem nächsten Tag oder Jahr.
Die Nächte erschienen dir friedlich, du ließest dich täuschen, Doch in der klarsten Nacht erscheint der schrecklichste Mahr.>»
Doch der Dschinni sagte - da der Kaufmann aufgehört hatte zu weinen und sein Gedicht gesprochen hatte -: «Bei Gott, ich muss dich töten, selbst wenn du Blut weinen würdest, so wie du meinen Sohn getötet hast.» Der Kaufmann entgegnete: «Gibt es denn gar keinen Ausweg?» - «Nein, es gibt keinen Ausweg», sagte der Dschinni. Und er zog sein Schwert, um zuzuschlagen.
Da erreichte das Morgengrauen Schahrasad, und sie hörte auf zu erzählen. Aber das innere Gemüt des Königs Schahriyar verlangte nach der Fortsetzung der Geschichte. Und während die Morgendämmerung aufstieg, sagte Dinarasad zu ihrer Schwester Schahrasad: «Wie schön und wie spannend ist deine Geschichte!» - «Was ist das schon», erwiderte sie, «gegen das, was ich dir morgen Nacht erzählen werde, wenn ich dann noch lebe und mich dieser König verschont. Das wird noch viel schöner und viel spannender sein als das, was ich heute erzählt habe.» Da sprach der König zu sich selbst: «Ich werde sie, bei Gott, nicht eher töten, als bis ich die Geschichte zu Ende gehört habe. Dann töte ich sie eben morgen Nacht.» Nun brach der Morgen an, die Sonne ging auf, und der Tag begann. Der König erhob sich zu seinen königlichen Geschäften. Schahrasads Vater, der Wesir, verwunderte sich und war froh und erleichtert. Der König aber regierte bis in die Nacht, dann ging er in seine Privatgemächer und legte sich auf sein Lager. Schahrasad gesellte sich zu ihm. Nun sagte Dinarasad zu ihrer Schwester Schahrasad: «Ach, Schwester, ich beschwöre dich bei Gott! Wenn du nicht schläfst, so erzähle mir eine deiner schönen Geschichten, damit wir uns diese Nacht damit vertreiben können!» - «Es soll aber der Schluss der Geschichte vom Dschinni und dem Kaufmann sein», fügte der König hinzu, «denn mein Herz hängt an dieser Geschichte.» - «Mit Vergnügen und Hochachtung, o glücklicher König!», antwortete sie.
Die Leute behaupten, o glücklicher König und Herr des rechten Urteils, dass, als der Dschinni seine Hand mit dem Schwert erhob, der Kaufmann zu ihm sagte: «O böser Dämon, musst du mich unbedingt töten?» - «Ja», antwortete jener. «Kannst du mir nicht eine Frist gewähren», bat er, «damit ich von meiner Familie, meinen Kindern und meiner Frau Abschied nehmen kann, mein Erbe unter ihnen aufteile und ihnen meinen letzten Willen mitteile? Danach komme ich zu dir zurück, und du kannst mich töten.» Der Ifrit sagte: «Ich befürchte, wenn ich dich freilasse und dir eine Frist einräume, dass du davonläufst, um deine Angelegenheiten zu erledigen, und dann nicht mehr zurückkommst.» - «Ich schwöre dir einen heiligen Eid», erwiderte der Kaufmann, «und ich bezeuge beim Herrn des Himmels und der Erde, dass ich zu dir zurückkommen werde!» - «Wie lang soll denn die Frist sein?», fragte der Dschinni. «Ein Jahr», antwortete der Kaufmann, «das wird ausreichen, dass ich die Sehnsucht nach meinen Kindern stille, meiner Frau Lebewohl sage und alle meine Bürgschaften auflöse. Am ersten Tag des nächsten Jahres komme ich zu dir zurück.» - «Gott ist Zeuge für das, was du versprichst», sagte der Dschinni. «Wenn ich dich jetzt freilasse, kommst du am ersten Tag des nächsten Jahres wieder.» - «Gott ist Zeuge für das, was ich verspreche», bestätigte der Kaufmann. Als er diesen Schwur getan hatte, ließ ihn der Dschinni frei. Betrübt bestieg der Kaufmann sein Reittier und machte sich auf den Weg. Er reiste ununterbrochen, bis er seinen Heimatort erreichte, sein Haus betrat und seine Kinder und seine Frau wiedersah. Als sein Blick auf sie fiel, überwältigten ihn die Tränen. Er weinte und schluchzte bitterlich und zeigte deutlich alle Zeichen von Trauer und Kummer. Sie aber wussten nichts von dem, was ihm wider fahren war. «Mann, was ist mit dir?», fragte ihn seine Frau. «Was bedeuten deine Tränen? Heute ist doch ein Freudentag; wir feiern das...
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