Schweitzer Fachinformationen
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Als ich die Treppe zur Küche von Wynthorpe Hall hinunterging und der Staubsauger hinter mir herpolterte, fiel mir auf, wie ungewöhnlich still es im Herrenhaus war. Normalerweise herrschte um die Mittagszeit reger Betrieb, da sich die Familie, zu der auch wir Angestellten zählten, dann um den Tisch versammelte, um sich das köstlichen Mittagessen, das die Köchin des Hauses, Dorothy, den Vormittag über zubereitet hatte, schmecken zu lassen. Ich nahm an, dass die ungewohnte Stille mit Anna zu tun hatte, irgendetwas hatte sie ausgeheckt, und ich entschied, einfach mitzuspielen. Obwohl ich es heute, ganz im Gegensatz zu sonst, kaum erwarten konnte, zurück in die Stadt zu fahren.
Ich hatte die Tür gerade mal einen Spalt geöffnet, als ein mitreißender Chor von »Hier kommt die Braut« ausbrach. Der Staubsauger wurde mir aus den Händen gerissen, und das Geräusch knallender Korken und Konfettikanonen erfüllte die Luft.
»Ihr Trottel«, sagte ich lachend, während Anna mich zu einer erdrückenden Umarmung an sich zog. »Heute Abend ist nur meine Verlobungsparty, nicht mein Hochzeitstag!«
»Das wissen wir, Hayley«, erwiderte sie, während sie mich noch fester drückte, »und deshalb ist das hier ja auch nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was wir hier auf Wynthorpe Hall geplant haben, wenn der große Tag endlich da ist.«
Anna war großartig. Es gab niemand Besseres für die Rollen der Hochzeitsplanerin und der ersten Brautjungfer.
»Und wann dürfen wir damit rechnen, den gut aussehenden zukünftigen Bräutigam zu Gesicht zu bekommen?«, fragte Angus, während er mir eine mit Champagner gefüllte Kristallflöte reichte. »Ich nehme an, der sexy Gerüstbauer holt dich ab?«
Angus Connelly, ein exzentrische Gentleman, der mit Catherine, der Besitzerin des Herrenhauses, verheiratet war, hatte den passenden Spitznamen für meinen Verlobten gefunden. Gavin Garford, auch bekannt als »der sexy Gerüstbauer«, war zu unserer Highschoolzeit bereits der Schwarm der gesamten Schule gewesen, und in den darauffolgenden Jahren - in denen er sich für einen Job entschied, der darin bestand, Gerüste auf- und wieder abzubauen - war er zu einem überaus ansehnlichen Exemplar von Mann herangewachsen.
Gavin und seine Arbeitskumpel waren in diesem Jahr nach Wynthorpe Hall gerufen worden, um einen Gerüstturm zu errichten, der, wie wir alle hofften, für Angus' Sicherheit sorgen würde, während er in luftigen Höhen arbeitete. Gavin hatte keine Zeit verloren, mich um ein Date zu bitten, und die stürmische Romanze, die zu seinem Heiratsantrag im Herbst geführt hatte, wurde den hitzigen Fantasien, die ich als Teenager von ihm gehabt hatte, mehr als gerecht.
»Leider nein«, seufzte ich, während ich sanft mit Annas Glas anstieß. »Er arbeitet heute auf der anderen Seite von Peterborough und wird erst am Spätnachmittag zurückkommen.«
»Gibt sein Boss ihm denn nicht den Tag frei?«, fragte Jamie stirnrunzelnd. »Drüben im Pub müsst ihr doch sicher noch einiges vorbereiten.«
Offensichtlich war Jamie - Angus' und Catherines jüngster Sohn und Erbe des Herrenhauses - nicht sonderlich beeindruckt von der Abwesenheit meines Verehrers.
»Das ist uns beiden durchaus bewusst«, erwiderte ich mit einem frechen Grinsen, »aber manche von uns sind eben keine stolzen Besitzer eines prächtigen Familienanwesens. Wir müssen so viel arbeiten, wie wir können, um lächerliche Anzahlungen zusammenzuknausern, nur um uns ein winziges Zimmerchen in der Stadt zu kaufen.«
»Hat sich immer noch nichts ergeben auf dem Wohnungsmarkt?«, erkundigte sich Mick, der Hausmeister von Wynthorpe Hall, der ebenfalls vor Ort lebte.
»Leider nein«, seufzte ich. »Wenn das so weitergeht, werden wir in Rente sein, bevor die Stadt auch nur die Baupläne genehmigt.«
»Du weißt, dass ihr hier immer willkommen seid«, warf Catherine freundlich ein. »Wir würden uns freuen, dich und Gavin hier einzuquartieren, wenn das heißen würde, dass ihr euch euer eigenes Zuhause früher leisten könnt.«
Catherine bot mir seit meinem letzten Schuljahr immer wieder ein Zimmer im Herrenhaus an. Damals war ich ungewollt schwanger und von meinen Eltern verstoßen worden. Meine Oma hatte zu dem Zeitpunkt als Reinigungskraft auf Wynthorpe Hall gearbeitet, und ihr viel zu früher Tod, zusammen mit meiner Fehlgeburt, führten dazu, dass ich nie eine Ausbildung abgeschlossen hatte. Ich war bald nach Omas Beerdigung nach Hause zurückgekehrt, hatte dafür aber ihren alten Job übernommen. Ich liebte es, mit den Antiquitäten, Gemälden und Nippessachen zu arbeiten, und war zu einer Art selbsternannten Expertin für Denkmalschutz geworden.
»Danke, Catherine«, wandte ich mich lächelnd an meine herzensgute Arbeitgeberin. »Das ist mir bewusst und wie immer weiß ich dein großzügiges Angebot zu schätzen .«
»Aber du wirst es nicht annehmen«, schnitt Jamie mir das Wort ab.
»Und stets zur Stelle sein, um deine Hosen aufzuheben, Jamie Connelly?«, gab ich zurück, während Anna kicherte und Dorothy missbilligend den Kopf schüttelte. »Wohl kaum.«
Die Kleider der Familie zu waschen, war nie Teil meines Jobs gewesen, aber Jamie mit seinen schlampigen Gewohnheiten in Sachen Schmutzwäsche aufzuziehen, war weitaus einfacher, als zu erklären, warum ich zu Hause wohnen musste. Mum und ich hatten in der Vergangenheit zwar unsere Differenzen gehabt, aber ich konnte sie unmöglich Dad und seinem streitlustigen Temperament schutzlos ausliefern. Irgendwann würde auch für mich die Zeit kommen, nach vorn zu blicken, aber noch war es nicht so weit.
»Und außerdem«, ergänzte ich, »haben wir nächste Woche bereits November. Ihr werdet viel zu beschäftigt mit den Weihnachtsvorbereitungen sein, und das Haus wird bis unters Dach mit mehr Verwandten und Freunden vollgestopft sein, als euch lieb ist, meinst du nicht auch?«
Das Gespräch auf Weihnachten zu lenken, war ein Geniestreich. Die bloße Erwähnung sorgte dafür, dass Angus auf seinem Platz ganz zappelig wurde. Ich konzentrierte meine Aufmerksamkeit darauf, Dorothys köstliche Sandwiches zu verschlingen, um den Schampus aufzusaugen, und achtete kaum auf die Ideen, die Angus herunterrasselte, bis irgendwann das Wort »Winterwunderland« fiel und ich den Kopf hob, um zu sehen, wie Catherines Miene sich schlagartig verdüsterte.
»Auf gar keinen Fall«, sagte sie streng.
»Aber .«
»Nein, Angus«, sagte sie noch einmal. »Wir werden auch so schon an unsere Grenzen stoßen, mit dem Weihnachtsbaumwettbewerb und der Party, zusätzlich zu den üblichen Schlittenfahrten.«
»Was denn für ein Weihnachtsbaumwettbewerb?«, erkundigte ich mich, während ich meinen Teller beiseiteschob.
»Hast du denn gar nicht zugehört?«, fragte Anna kopfschüttelnd. »Wir richten dieses Jahr den Baumschmuckwettbewerb aus, da die Kirche für so viele Dezemberhochzeiten gebucht ist, dass sie zwischen den Kirchenbänken keinen Platz für die ganzen Bäume haben.«
»Es wird spektakulär werden«, meldete sich Angus wieder zu Wort. Er schien es sich jetzt schon geradezu bildlich vorzustellen. »Letztes Jahr gab es fast dreißig Bäume, jeder von einer anderen Gemeindegruppe geschmückt. Der vom Eisenwarenladen war über und über mit Miniaturwerkzeugen und DIY-Materialien verziert. Ich fand ihn mit Abstand am besten.«
»Und damit, zusammen mit der Party, um Spenden für das Hilfsprojekt zu sammeln«, rief Catherine ihrem Mann rasch in Erinnerung, »glaube ich kaum, dass wir die Zeit oder die Arbeitskräfte haben werden, um dieses Winterwunderland aufzubauen, das du dir ausgedacht hast.«
»Aber wie du uns eben selbst in Erinnerung gerufen hast, Mum, haben wir den Schlitten bereits«, warf Jamie ein, während er den Blick seines Vaters auffing, »und nichts von dem, was Dad vorschwebt, würde das Herrenhaus in Beschlag nehmen. Nur ein paar zusätzliche Handgriffe draußen, das war's.«
»Wir könnten eine Schneemaschine leihen«, meinte Angus wehmütig.
»Schlägst du dich etwa auf die Seite deines Vaters, Jamie?«, fragte Anna.
Sie klang so verblüfft, wie sich der Rest von uns zweifellos fühlte.
»Na ja«, schluckte Jamie, »das Hilfsprojekt wird den ganzen Dezember über ruhen, daher könnten wir den Platz im Hof für etwas anderes nutzen, und bis dahin hätten wir außerdem ein zusätzliches Paar Hände vor Ort, das uns unterstützt. Ein durchaus kräftiges Paar Hände.«
Anna und Catherine zogen genau im selben Atemzug die Augenbrauen hoch.
»Ich ergreife nicht wirklich für ihn Partei«, murmelte Jamie. »Ich glaube nur nicht, dass es wahnsinnig kompliziert wäre, es aufzubauen, das ist alles.«
Das war für Angus so gut wie ein grünes Licht, und ich ahnte, dass ein paar anstrengende Wochen vor uns lagen. Ich hatte die allgemeine Aufmerksamkeit vielleicht von meiner Weigerung, Catherines Angebot anzunehmen, abgelenkt, hatte damit aber in ein höllisches lamettabehängtes Wespennest gestochen.
»Und wem soll dieses zusätzliche Paar Hände gehören?«, erkundigte sich Molly, die auf einmal im Türrahmen erschienen war, ihr hübsches Gesicht umrahmt von ihren wilden, roten Locken.
Molly besaß ein unheimliches Talent dafür, aus heiterem Himmel aufzutauchen. Für mich sah sie immer aus, als würde sie auf einem Kissen aus Luft schweben, nicht die Füße auf festen Boden setzen wie der Rest von uns Normalsterblichen.
»Wird es jemand sein, der auf der Durchreise ist, oder jemand, der für immer bleibt?«
»Seit wann ist hier denn...
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