Schweitzer Fachinformationen
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Eine junge Frau wird tot aufgefunden - vergewaltigt, ermordet, brutal entstellt. Ihr jetziger Partner und ihr Ex geraten schnell unter Tatverdacht. Auffällige Einschnitte am Körper der Toten lenken die Ermittlungen in eine neue Richtung. Antje Servatius und ihre Kollegen vom KK11 stoßen auf einen Mord nach identischem Muster, begangen vor über 20 Jahren. Dann wird eine zweite Leiche gefunden - auch hier diente offenbar eine frühere Tat als Vorbild. Wer kopiert alte Morde? Und warum? Für die Ermittler beginnt die Jagd auf einen perfiden Serientäter und ein Wettlauf mit der Zeit ...
». kann ich wohl mit Fug und Recht sagen, dass Magnus Reiniger seinem Namen alle Ehre gemacht hat. Er war immer ein Großer in seinem Fach. Und wir alle erinnern uns gerne an die langen Jahre zurück, da er an unserem Rechtsmedizinischen Institut tätig war.«
Hinrichsmeyer machte eine kurze Pause, um an seinem Wasserglas zu nippen. Antje Servatius ruckelte unwillentlich auf ihrem Klappstuhl herum - als sie in dem salonartigen Raum Platz hatte nehmen wollen, waren alle bequemen Stühle schon besetzt. Jedoch war es nicht allein das harte Holz, das für ihre Unruhe sorgte. Die Kriminalhauptkommissarin fand Reden prinzipiell langweilig. Aber was Norbert Hinrichsmeyer, der Leiter der Kölner Rechtsmedizin, seit quälend langen zwanzig Minuten über seinen ehemaligen Kollegen von sich gab, war besonders uninspiriert, eine einzige Reihung von Gemeinplätzen und Plattitüden, während er sich verzweifelt an die Blätter klammerte, von denen er ablas. Keine einzige Anekdote, nichts, was einen Lacher eingebracht oder auch nur für einen Moment ein beifälliges »Ja, so ist er, unser Magnus«-Nicken unter den Anwesenden hervorgerufen hätte. Da hatten selbst die vorgefertigten Geburtstagreden aus dem Internet mehr Esprit. Servatius fragte sich, wie lange die Tortur wohl noch dauern mochte.
Der Mann, dem die Rede wie die ganze Feier galt, machte allerdings keinen gequälten Eindruck. Sie konnte ihn gut beobachten, da sie nur eine Reihe hinter ihm saß, um einige Stühle versetzt - das markante, junggebliebene Gesicht, der aufmerksam gereckte Kopf, die gefalteten Hände auf den übergeschlagenen Beinen. Eine Autorität, die in sich ruhte. Falls Prof. Dr. Magnus Reiniger gelangweilt war, verbarg er das sehr gut.
Auch die übrigen Anwesenden machten möglichst gute Miene zum zähen Spiel. Insgesamt mochten es vielleicht dreißig sein. Einige von ihnen waren Reiniger über das Golfspielen verbunden, so viel hatte Servatius sich aus einigen Satzbrocken zusammengereimt. Die meisten anderen kamen wohl aus der Rechtsmedizin. Nicht alle waren der Einladung gefolgt, das wusste sie von Hinrichsmeyer. Man hatte sich dort gewundert, dass es überhaupt eine Einladung gegeben hatte, schließlich war es bereits rund zehn Jahre her, dass Reiniger das Institut verlassen hatte. Aber vielleicht, so mutmaßte Hinrichsmeyer, wollte Reiniger alte soziale Kontakte reaktivieren - seine Frau war vor einiger Zeit gestorben. Die Einladung ans KK 11 hatte ausdrücklich auch Antje Servatius gegolten. Sie empfand ihre Teilnahme dennoch als reine Pflichtübung. Außerdem konnte es vielleicht einmal von Nutzen sein, die ehemalige Lichtgestalt der Rechtsmedizin persönlich zu kennen.
Sie spürte, wie sich ein Schweißtropfen den Weg ihre Wirbelsäule hinab suchte. Es war nicht der erste heute Abend. Sie unterdrückte den Impuls, sich mit dem Handrücken einfach auf den Rücken zu patschen. Die Flügeltüren, die hinter Hinrichsmeyer und seinem Podium auf den Balkon führten, waren weit geöffnet, dennoch stand die Luft im Raum. Die Zierpflanzen, die zu beiden Seiten der Türen aufgestellt waren, ließen die Blätter hängen. Als sie eintraf, hatte das Thermometer im Wagen knapp über einunddreißig Grad angezeigt. Und das um acht Uhr am Abend. Jetzt, keine Stunde später, war es nur unwesentlich weniger heiß, drinnen wie draußen.
Das Schwitzen lag bei ihr in den Genen, sie kam aus einer Familie der Spontanschwitzer, im Sommer hatte ihr Vater gerne geklagt, ihm breche allein vom Denken der Schweiß aus. Dabei schleppten sie alle, auch das eine Sache der Gene, kein Gramm zu viel mit sich herum. Servatius blickte zur Seite, wo ihr Kollege saß. Bei dem deutlich übergewichtigen Rudi Seidel zeigte sich auch jetzt kein Schweißtropfen auf der Stirn, ganz zu schweigen von Flecken auf dem Hemd, auf dem Rücken oder unter den Achseln. Eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit. »Sieh es positiv«, tröstete der Kollege regelmäßig, »Schwitzen ist gesund!« Das mochte ja sein, aber ob das bisschen Plus an Gesundheit die vielen Unannehmlichkeiten im Alltag aufwog? Seidel fing ihren neugierigen Blick auf und schaute sie leicht fragend an. Servatius konzentrierte sich wieder auf Hinrichsmeyer, der seine Rede in der Zwischenzeit fortgesetzt hatte und jetzt tatsächlich zum Ende zu kommen schien.
». jeden Tag schmerzlich vermisst. Daher, lieber Magnus, wollen wir mit dir nun wenigstens anstoßen auf deinen sechzigsten Geburtstag.«
Der Redner - auch er war inzwischen in Schweiß gebadet - faltete endlich sein Manuskript zusammen, der Jubilar erhob sich und spendete warmen Beifall, dem sich die restlichen circa dreißig Gäste pflichtschuldig anschlossen. Antje Servatius wartete nicht erst ab, bis der Applaus verklungen war, sie ging ins Atrium und nahm sich vom erstbesten Tablett, das ihr hingehalten wurde, ein Glas Mineralwasser. Die Livree des Kellners war so makellos weiß wie die Blusen seiner Kolleginnen. Feines, sauberes Lindenthal. Von ihrem Kollegen Seidel, der wandelnden Enzyklopädie, wusste Servatius, dass der gediegene Stadtteil im Kölner Südwesten durchaus dunkle Flecken auf seiner Weste trug; nur ein paar Villen weiter hatte Adolf Hitler in einem Geheimtreffen mit dem Nationalkonservativen Franz von Papen im Januar 1933 seine Machtübernahme abgesichert.
»Und? Wie fandest du die Rede?« Rudi Seidel stand unvermittelt neben ihr.
»Hmnjaa«, murmelte Servatius in ihr Glas.
»Ah.« Seidel nickte. »Für dich war also noch Luft nach oben.«
»Für mich auch«, bemerkte Bernhard Kniebsch, der Spurensicherer. »Sehr viel Luft.«
»Um nicht zu sagen, ein ganzer Fesselballon voll«, ergänzte der ebenfalls hinzutretende Hinrichsmeyer.
Man stieß an. Erleichtert, dass ihr vorerst alle weitere Konversationspflichten abgenommen waren, sah sich die Kommissarin um. Links und rechts gingen diverse Türen ab. In der Mitte führten breite Stufen weiter nach oben und zurück ins Erdgeschoss. Auch gegenüber dem Salon, zum Garten hin, stand ein Paar Flügeltüren offen. Vom Verkehr auf dem vierspurigen Lindenthalgürtel war trotzdem nichts zu hören. Um diese Abendzeit waren dort nicht mehr viele Pendler unterwegs. Außerdem lag Reinigers Villa in einer Parallelstraße zum ruhigen Stadtwald hin, zusätzlich abgeschottet durch ein großzügiges Grundstück.
Servatius wandte sich, mit Blick auf die Einrichtung, an den Leiter der Rechtsmedizin. »Ich wusste gar nicht, dass man bei euch so viel verdient.«
»Reiniger hat geerbt.« Norbert Hinrichsmeyer schürzte die Lippen; Servatius vermochte nicht zu sagen, ob aus Neid oder weil der Weißwein, an dem er gerade nippte, zu viel Säure hatte.
»Von meiner Frau.« Das Geburtstagskind hatte sich unbemerkt zu der kleinen Gruppe gesellt. »Meine Frau hat geerbt. Und ich dann von ihr - danke dir für deine Worte, Norbert.« Reiniger schüttelte Hinrichsmeyer die Hand. »Sie bedeuten mir viel.«
Das war entweder sehr borniert, befand Servatius, oder sehr höflich.
»Und Sie sind also die Neue?« Reiniger schenkte ihr ein zurückhaltendes Lächeln.
»Neu trifft es nach fünf Jahren wohl nicht mehr ganz.« Sie lächelte zurück.
»Pardon. Wenn man nicht mehr dabei ist, gehen die Jahre nur so dahin. Sie sind jedenfalls diejenige, die uns, besser gesagt: meinen Nachfolgern die Leichen serviert.«
»Mir wäre es ja lieber, wenn ich nichts hätte, was ich ihnen servieren kann.« Servatius lächelte. Reiniger hob sein Glas, um mit ihr anzustoßen. Sie stutzte; auch er trank Mineralwasser.
»Ich gehe morgen ins Krankenhaus.« Reiniger schien die Gedanken der Kommissarin erraten zu haben.
»Hoffentlich nichts Ernstes?« Rudi Seidel furchte besorgt die Stirn.
»Nur eine Routinesache.« Reiniger lächelte in die Runde. »In meinem Alter soll man froh sein, wenn es nur Routinesachen sind. Ihr entschuldigt mich .« Mit einem angedeuteten Kopfnicken entfernte er sich, um ein paar Spätankömmlinge zu begrüßen.
Servatius nutzte die Gelegenheit und machte sich auf den Weg zur Gästetoilette, die sich ihrer Erinnerung nach direkt unten neben dem Eingang befand. Die durchgetretenen Holzdielen knarzten dezent, als sie die Treppe herunterging. Die Villa hatte, wie sie schon bei ihrer Ankunft bemerkt hatte, in den letzten Jahren anscheinend jeder Modernisierungsmaßnahme getrotzt. Sie wirkte leicht in die Jahre gekommen, auf durchaus einnehmende Art und Weise.
Da das Erdgeschoss eigentlich ein Hochparterre war, lag die kleine Toilette noch einmal ein paar Stufen tiefer, gewissermaßen auf halber Treppe - auch das gefiel Servatius, ohne dass sie hätte sagen können, warum. Während sie sich erleichterte, blätterte sie in der vielseitigen Klolektüre herum: eine medizinische Fachzeitschrift, ein Flyer zum sommerlichen Kulturprogramm der Stadt Köln, die doppelseitige Werbung eines Baumarktes, ein Wanderprospekt - der Frühpensionär war naturverbunden.
Ein Scheppern ließ sie aufschrecken. Das Handy war ihr aus der Hosentasche gerutscht. Mit Beginn der Rede hatte sie es auf Flugmodus gestellt. Jetzt schaltete sie es aktiv.
Im nächsten Moment zeigte es Anrufversuche an. Drei binnen einer halben Stunde. Alle waren von Heiner Gaarst. Gaarst, der wirklich Neue im Team, so neu, dass Reiniger wahrscheinlich gar nichts von seiner Existenz wusste, daher hatte er ihn auch nicht eingeladen.
Sobald Servatius auf dem kleinen Absatz vor der Toilette stand, rief sie ihn zurück.
»Wir haben eine Leiche. In Ehrenfeld«, sagte Gaarst in der ihm eigenen einsilbigen Art. Um dann plötzlich für seine Verhältnisse regelrecht privat zu werden:...
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