Schweitzer Fachinformationen
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Die untergehende Sonne tauchte das Meer in Feuer. Crissa stand auf dem Balkon und sah über die Hügel, die Häuser dort beinahe ganz von den Bäumen verborgen. Durch all den Dunst konnte sie bis zum Strand, zum Vergnügungssteg und dem dunkler werdenden Wasser sehen. Hier oben war der Verkehrslärm vom Santa Monica Boulevard nur noch ein Summen.
Eine Brise strich durch die Bäume unter ihr, Jasminduft wehte hoch. Sie warf einen Blick über die verzierte Marmorbrüstung. Zehn Meter bis hinunter auf eine geflieste Terrasse, eingerahmt von einem üppigen Garten und von Weidenbäumen, in der Mitte ein Springbrunnen mit sanft plätscherndem Wasser.
"Allein die Aussicht ist eine Million wert", sagte Hicks hinter ihr.
Sie drehte sich um, als er auf den Balkon kam. Die Flügeltüren standen offen, die Vorhänge wehten im Wind.
"Mehr als das", sagte sie.
Er war Anfang 30, schlank und fit, das dunkle Haar kurz, Zweitagebart. Er hatte auf sie gewartet, als sie aus dem Terminal des LAX hinaus in die Nachmittagshitze getreten war. Als sie sein Auto sah, war sie wenig begeistert. Ein glänzender, viertüriger Jaguar. So ein Wagen fiel auf, danach drehte man sich um. Aber als er ihre Reisetasche im Kofferraum verstaute und ihr die Tür aufhielt, hatte sie den Mund gehalten.
Am Flughafen hatte er Krawatte und Anzug getragen, jetzt waren es ausgeblichene Jeans und ein enges schwarzes T-Shirt. An der Innenseite seines linken Unterarms hatte er ein Tattoo, eine grün-rote Schlange, die sich um einen Dolch wand.
"Er ist jetzt bereit, dich zu sehen", sagte er. "Ich meine, falls du so weit bist."
Noch einmal sah sie nach Westen. Die Sonne war jetzt ganz verschwunden, die Gärten unter ihr und die Bäume nun im Schatten, der Boulevard eine lange Kette roter Rücklichter.
Sie folgte ihm durch mehrere Türen in ein großes Zimmer. In der Mitte ein Arbeitstisch aus Eiche, an der Wand Bilder, die gewölbte Decke im Dunklen.
Vor einer Lithografie blieb sie stehen. Ein Wolf, den Kopf zurückgeworfen und in die Finsternis heulend.
"Du kennst dich aus mit Kunst?", fragte er.
Sie schüttelte den Kopf.
"Aber du weißt, was dir gefällt?"
"Manchmal."
Sie gingen die Treppe hinunter zu einem Raum mit Marmorboden, ein Kamin auf der einen, ein Flügel auf der anderen Seite. Kunst an allen Wänden, dazu Skulpturen auf Podesten. Und wieder offene Flügeltüren, durch die ein Windhauch strich und den Geruch des Gartens hereintrug.
Der Mann, der vom Balkon hereinkam, war Ende 60, das lange Haar streng zurückgekämmt, der Bart gepflegt gestutzt. Er trug einen weißen Anzug und ein hellrosa Seidenhemd mit offenem Kragen. Als er näherkam, klackte sein Stock auf dem Boden. Dick und knorrig, in den richtigen Händen wäre er eine Waffe.
"Es tut mir leid, dass ich Sie habe warten lassen", sagte er. "Geschäftsangelegenheiten, um die ich mich noch schnell kümmern musste." Er schenkte ihr ein kleines Lächeln und streckte die Hand aus. "Ich bin Emile Cota. Schön, dass Sie hier sind."
Sie schüttelte ihm die Hand, sah die Leberflecke, fühlte die dünne Haut und die Knochen darunter. Er deutete mit dem Stock auf ein Trio von drei breiten, gepolsterten Sesseln vor dem Kamin. "Sollen wir uns setzen? Und reden? Randall, kannst du Katya finden, damit sie uns Drinks macht? Sie ist irgendwo in der Speisekammer. Einen Macallan für mich und ." Er sah Crissa an.
"Nichts, danke", sagte sie.
"Wie Sie wollen. Aber bitte setzen Sie sich." Er deutete auf die Sessel und den Couchtisch. Hicks verließ das Zimmer.
Sie sah sich um. Was sie sah, gefiel ihr nicht. Ein Haus wie dieses hier, mit so viel Kunst, hatte versteckte Kameras und Alarmanlagen. Und irgendwo einen Raum mit Überwachungsmonitoren, die jemand ständig kontrollierte.
"Ist etwas?", fragte er.
"Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee war."
"Sie haben noch gar nicht gehört, was ich zu sagen habe."
"Ich meinte, hierher zu kommen."
"Aber Sie sind hier, oder nicht? Also lassen Sie uns damit anfangen."
Sie nahm den Sessel, der am nächsten zur Tür war. Er wartete, bis sie saß, wählte den mittleren. Den Stock legte er sich über die Knie. "Ich weiß es zu schätzen, dass Sie sich unter solchen Umständen mit mir treffen."
Dazu gab es nichts zu sagen. Und es gab auch nichts, das ihn schneller auf den Punkt bringen würde. Er brauchte seine Zeit.
"Sie sind mir wärmstens empfohlen worden", sagte er. "Zumindest, was unseren Freund in Kansas City betrifft."
Das war Sladden, der Kontaktmann, den sie manchmal als Vermittler benutzte. Sein Anruf hatte sie hierhergebracht. Die Details, die er ihr mitteilen konnte, waren minimal gewesen, aber genug, um ihr Interesse zu wecken. Es war jetzt mehr als ein Jahr her, dass sie zuletzt gearbeitet hatte, und sie war gelangweilt und ruhelos.
"Miss Wynn also, richtig? Oder wie möchten Sie angesprochen werden?"
Christine Wynn war der Name, unter dem sie hier war, und den Sladden ihm genannt hatte. Er stand auf ihrem Führerschein und den Kreditkarten.
"Christine ist in Ordnung", sagte sie.
Hicks kam zurück, hielt ein viereckiges Glas mit einer braunen Flüssigkeit in der Hand, ein einzelner Eiswürfel darin. Er ließ ihn kreisen und nahm den Sessel links von Cota. In seinem Fahrwasser folgte eine blonde Frau in weißem Kittel mit einem Silbertablett. Sie war um die vierzig, auf eine strenge Weise attraktiv, das Haar zurückgebunden. Der Drink auf dem Tablett sah aus wie der von Hicks, dazu eine Flasche Scotch mit blauem Etikett, eine Schüssel mit Eiswürfeln und eine grüne Flasche Perrier.
Ohne ein Wort zu sagen, setzte sie das Tablett auf dem Couchtisch ab und schraubte die Wasserflasche auf.
"Das habe ich dir bringen lassen", sagte Hicks. "Ich dachte, nach dem Flug wäre etwas Wasser gut."
"Danke", sagte Crissa. Sie griff nicht zu. Sie trug keine Handschuhe, wollte keine Fingerabdrücke hinterlassen.
"Danke, Katya", sagte Cota. "Ich denke, wir brauchen Sie heute Abend nicht mehr."
Mit einem Blick auf Crissa verließ sie den Raum. Crissa sah ihr nach.
"Miss Wynn hat mir gerade gesagt, dass sie sich nicht ganz wohl dabei fühlt, hierhergekommen zu sein. Ich hoffe, ich kann sie beruhigen", sagte Cota.
Hicks nickte, nahm einen Schluck.
"Sie können hier frei reden", sagte Cota zu ihr. "Randall ist sozusagen mein Faktotum. Ein Angestellter im besten Sinne. Ich vertraue ihm wie einem Sohn. Er kennt all meine Geschäfte."
"Wer lebt hier alles?", fragte sie.
"Nur ich. Von Zeit zu Zeit gibt es Besucher, aber niemand ist längere Zeit hier."
"Und was ist mit Katya?"
"Diese Monstrosität hier hat mehr als genug Gästezimmer, sie ist drei oder vier Tage die Woche hier. Die andere Zeit brauche ich hier niemanden."
"Sie hätten ihr freigeben sollen", sagte Crissa.
"Ja", sagte Cota. "Ich hatte daran gedacht. Aber Katya arbeitet schon viele Jahre für mich. Ich bin sicher, dass sie gelernt hat, zu vergessen, was sie hier sieht. Nicht, dass es je viel zu sehen gäbe." Er hob sein Glas, prostete ihr zu und trank.
"All die Kunst hier", sagte Crissa. "Sie müssen eine Alarmanlage haben. Ich schätze, das Haus wird auf Geräusche überwacht, und Video gibt es auch."
"Alarm, ja. Aber keine Überwachung. Ich würde doch keine Aufzeichnungen von dem haben wollen, was in diesem Haus geschieht, oder was denken Sie?" Er lächelte.
"Ich würde das auch nicht wollen", sagte Hicks.
"Darüber müssen Sie sich wirklich keine Sorgen machen, glauben Sie mir", sagte Cota. "Und wir lernen uns ja auch gerade erst kennen."
Er hatte einen schwachen Akzent, den sie nicht einordnen konnte. Etwas Europäisches, aber abgeschliffen von den Jahren in den Staaten.
"Wie war dein Flug?", fragte Hicks und grinste.
"In Ordnung", gab sie den unterschwelligen Sarkasmus in seiner Frage zurück. Sie wussten nicht, woher sie gekommen war, nur wann sie ankommen würde.
"Ich würde Ihnen etwas zum Abendessen anbieten", sagte Cota. "Aber ich denke, Sie sind der Typ, der lieber über das Geschäft redet, als Geselligkeiten auszutauschen. Liege ich da richtig?"
"Deshalb bin ich hier."
Er setzte sein Glas ab, gab mit der Zange einen neuen Eiswürfel hinein.
"30 Jahre alt", sagte er. "Wenn Sie einen schönen Single Malt schätzen, kann ich ihn nur empfehlen."
"Besten Dank." Sie trank wenig, meistens nur Wein, und nie, wenn sie bei der Arbeit war. Die hatte für sie in dem Moment begonnen, in dem sie das Terminal verlassen und Hicks warten gesehen hatte.
"Ich bewundere Ihre Vorsicht", sagte Cota. "Das spricht für Sie. Mir ist klar, dass es Sie beunruhigt hat, als ich vorgeschlagen habe, uns hier in meinem Haus zu treffen. Aber ich bin eine öffentliche Person. Wenn ich draußen bin, werde ich gelegentlich auf der Straße erkannt. Wir hätten uns nicht gut in einer Bar oder einem Hotel treffen können, oder wo immer Unterhaltungen dieser Art normalerweise geführt werden. Und ich wollte Sie selbst kennenlernen, nicht nur Randall schicken. Ich wollte, dass Sie mich von Angesicht zu Angesicht sehen, damit Sie genau wissen, mit wem Sie es zu tun haben. Das bin ich Ihnen schuldig."
"Ich weiß es zu schätzen."
"Also war es sinnvoller, dass er Sie direkt am Flughafen aufsammelt und hierherbringt. Außerdem, nehme ich an, haben Sie gewiss ein wenig recherchiert, bevor Sie in den Flieger...
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