Schweitzer Fachinformationen
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Vier Stunden nachdem sie in Detroit aus dem Flugzeug gestiegen war, saß Crissa in der Innenstadt in einem geparkten Wagen und beobachtete einen rostzerfressenen Subaru mit einer halben Million Dollar im Kofferraum.
"Du bist dir sicher, dass er das ist?", fragte sie.
"Das ist er", sagte Charlie Glass, der sie zu dem Ganzen dazugeholt hatte, und gab ihr das Fernglas. Er saß am Steuer, Crissa auf der Beifahrerseite. Sie waren in einem gestohlenen RAV4 mit getönten Scheiben und parkten zwei Blocks vom Subaru entfernt auf der gleichen Straßenseite.
"Die lassen es drauf ankommen, nicht wahr? Lassen ihn einfach hier draußen stehen", sagte Larry Black vom Rücksitz.
"Niemand hat die Eier, den anzufassen. Marquis weiß das", sagte Cordell neben ihm. Er war ein Cousin von Glass und der Einzige, den sie nicht kannte.
Durch das Fernglas konnte sie die schwarzrote Tigers-Cap auf der Rückablage sehen, so wie Cordell es gesagt hatte. Einen halben Block hinter dem Subaru stand ein schwarzer Nissan Armada mit getönten Scheiben auf der anderen Straßenseite.
"Wie viele sitzen da drin?", fragte sie.
"Drei, normalerweise", sagte Cordell. "Manchmal vier. Aber sie werden nachlässiger. Letzten Monat hat Marquis sie dabei erwischt, wie sie sich einen Joint reingezogen haben. Er rollte mit Damien an, um sie zu kontrollieren, und der ganze Wagen stank nach Gras. Er ließ sie von Damien vermöbeln."
"Wer ist Damien?", fragte sie.
"Sein Bruder. Er ist ein paar Jahre jünger. Damien ist der mit den Muskeln, Marquis hat das Hirn."
Sie sah auf ihre Uhr. Fast fünf Uhr an einem Samstagnachmittag, aber nur eine Handvoll Autos waren in der halben Stunde, die sie jetzt hier waren, vorbeigefahren. Dies war einmal eine Einkaufsgegend gewesen, Bürogebäude aus Sandstein und eine Bank, eine Ladenfront von Geschäften. Die Bank war jetzt Ausstellungsraum für einen Möbeldiscounter, die meisten der Ladenfenster waren mit Sperrholz zugenagelt oder hatten mit Graffiti übersäte Absperrgitter. Wie betrunken hing ein Friseurschild neben einem Eingang, das Glas fehlte schon. Die Straße war menschenleer.
Sie setzte das Fernglas ab. "Das ist nicht gut, hier so lange rumzustehen."
"Ich dachte, du wolltest die Lage peilen", sagte Cordell. "Damit du weißt, dass ich nicht lüge. Es könnte die letzte Chance sein für eine ganze Weile."
Vor fünfzehn Minuten hatten sie gesehen, wie der Subaru vorgefahren war. Der Fahrer, ein Schwarzer mit Dreadlocks, war ausgestiegen, hatte abgesperrt und war die Straße runtergegangen. Einen Block weiter hatte ihn ein Honda Accord aufgesammelt und war mit ihm weggefahren. Beinahe wie bestellt war der Armada aus einer Seitenstraße aufgetaucht und hatte Position bezogen.
Sie drehte sich um und gab Larry das Fernglas, sah sich dabei Cordell genauer an. Kurz geschnittenes Haar, runde goldgeränderte Brillengläser, eine Jeansjacke über einem Bob-Marley-Shirt. Er sah aus wie ein Student.
"Wie oft wechseln sie die Autos?", fragte sie.
"Jedes Mal", sagte Cordell. "Unterschiedliche Zeiten, andere Straßen. Aber die Tigers-Cap ist immer da. An der erkennen sie die Wagen."
Larry sah sich jetzt den Subaru an, stützte das Fernglas an der Rücklehne auf. "Nur der Armada?", fragte er. "Sie postieren niemanden in einem dieser Läden, schneiden ein Loch ins Sperrholz und halten Wache?"
"Ich denke, mit diesen Jungs auf dem Posten glaubt er, dass er das nicht braucht", sagte Cordell. "Sie machen das jetzt schon über einen Monat."
Glass sah sie an und fragte: "Was denkst du?"
Er war groß und dunkelhäutig, sein Kopf kahl geschoren. Sie hatte schon einmal mit ihm gearbeitet, eine unfreundliche Übernahme in einer Wechselstube in Pittsburg vor zwei Jahren. Die Beute war mau gewesen, aber er war solide. Verlässlich. Als er sie wegen einer möglichen Arbeit in Michigan kontaktierte, hatte sie zugesagt und war hochgeflogen, um sich mit ihm zu treffen und sich die Sache anzusehen.
"Bin mir noch nicht sicher", sagte sie.
Larry setzte das Fernglas ab. "Womit sind die bewaffnet?" Er war der Älteste von ihnen, stammte aus Kentucky und hatte einen leichten Akzent. Anfang fünfzig, aber fit, graublaue Augen, das schwarze Haar zurückgekämmt und mit silbrigen Strähnen durchzogen.
"Sie sind schwer bepackt", sagte Cordell. "Schrotflinten, ein MP5, vielleicht eine Kalaschnikow. Das soll die Gangs fernhalten. Hier ging es wild zu in den letzten Jahren. Dodge City, aber in echt. Selbst ein Mafiatyp wie Marquis muss da aufpassen. Diese jungen Kerle scheren sich nicht darum, wer er ist."
"Dieser Damien", sagte sie. "Ist der jemals hier?"
"Nein. Marquis hält ihn an der kurzen Leine. Er ist die Palastwache, ist nie zu weit vom König weg."
Larry gab ihr das Fernglas zurück.
"Ich weiß nicht", sagte er. "Das sieht ein wenig arg unbekümmert aus, vor allem wenn man daran denkt, um wie viel Geld es hier gehen soll."
"Nicht unbekümmert. Selbstbewusst", sagte Cordell.
Sie drehte sich halb nach hinten. "Alle diese Läden sind pleitegegangen?"
"Sind sie", sagte Cordell. "Der ganze Block, bis auf den Möbeldiscounter."
Sie hörten eine Polizeisirene. Crissa sah ein blau-weißes Detroiter Polizeiauto von hinten kommen, das Blaulicht an. Ihr Magen zog sich zusammen.
Der Wagen rauschte vorbei, ohne langsamer zu werden, auch nicht am Armada oder dem Subaru. An der Kreuzung bremste er und fuhr dann nach links über die rote Ampel.
Sie atmete aus. Larry holte eine Packung Juicy Fruit heraus, öffnete sie und schob sich einen Kaugummi in den Mund.
"Wie holen sie sich ihr Auto zurück?", fragte sie.
"So wie sie es bringen", sagte Cordell. "Sie holen das Geld heraus, legen die Ware hinein, parken das Auto irgendwo, machen einen Anruf. Anschließend verschrotten sie es. Deshalb nehmen sie immer so eine Rostlaube."
"Eine was?"
"Eine Schrottkarre. Das fällt nicht auf, wenn so eine hier geparkt ist. Und niemand, der vorbeifährt, würde sie stehlen wollen."
"Ist das hier immer so?", fragte Larry. "So leer?"
"An den Wochenenden schon", sagte Cordell. "Während der Woche sind hier mehr Leute. Da weiter unten sind einige Büros. Aber an den Wochenenden, wenn es dunkel ist, dann ist hier nichts."
"Er hat recht", sagte Glass. "Ich bin jetzt zwei Wochen in dieser Stadt. Das hier lässt die Innenstadt wie Times Square aussehen."
Sie sah zu den Gebäuden hoch, am Nachmittagshimmel stand schon ein bleicher Mond. Halb von anderen Gebäuden verdeckt, fingen die Glasscheiben des Renaissance Centers in der Entfernung die letzten Sonnenstrahlen vom Fluss ein. Aber dieser Block war Architektur aus der Depressionszeit. Leere Fenster, dunkle Eingänge. Geisterstadt. Totenstadt. Sie stellte sich die leeren Räume in den Gebäuden vor. Müllübersäte Flure, Glasscherben.
"Wie lange sollen wir warten?", fragte Larry. Wie zur Antwort fuhr gemächlich ein dunkelblauer Camry vorbei. Er verlangsamte neben dem Armada, dann wieder beim Subaru, hielt an der Kreuzung an. Als die Ampel umsprang, bog er links ab, in dieselbe Richtung, in die der Polizeiwagen gefahren war.
Sie sahen schweigend zu. Zwei Minuten später kam ein Mann um die Ecke, er ließ sich Zeit. Sie hob das Fernglas. Er war hellhäutig, ein Lateinamerikaner, trug einen Militärparka. Er überquerte die Straße, schloss den Subaru auf, stieg ein. Kurze Zeit später hustete eine dunkle Wolke aus dem Auspuff. Der Wagen fuhr weg, bog rechts ab. Der Armada scherte kurze Zeit später aus, folgte dem Subaru.
"Das machen sie immer um zu sehen, ob ihnen jemand folgt", sagte Cordell. "Sie fahren dem Kurier einige Blocks hinterher, dann drehen sie ab nach Hause."
"Es sieht so einfach aus", sagte Larry.
"Es ist einfach", erwiderte Cordell. "Aber das wird nicht lange so bleiben. Das ist eine vorübergehende Sache. Sie können es schon nächstes Mal ändern, können irgendetwas völlig anderes machen. Aber im Moment sind sie nachlässig, wie ich schon gesagt habe."
"Sollen wir ihnen folgen und schauen, wohin sie fahren?", fragte Glass Crissa.
Sie schüttelte den Kopf. "Nicht nötig. Wenn wir es machen, dann tun wir es genau hier, bevor sie sich in Bewegung setzen. Lass uns ein paar Minuten warten. Mal schauen, ob noch jemand aus dem Gehölz kommt."
Die Sonne verschwand jetzt hinter den Gebäuden, die Straßen versanken im Schatten.
"Es muss einen schlaueren Weg geben, so viel Geld zu bewegen", sagte Larry. "So offen im Freien, das ergibt nicht viel Sinn."
"Wie schon gesagt, es ist eine vorübergehende Sache", sagte Cordell. "Er hat gehört, dass Nick Barnes es so in Harlem gemacht hat. Der ist sein Idol."
"Nicky Barnes steckt im Gefängnis", sagte Crissa.
"Nicht mehr", sagte Cordell. "Er ist jetzt im Zeugenschutzprogramm. Er hat gegen all diese Jungs ausgesagt, die für ihn gearbeitet haben, gegen die ganze Versammlung. Das war seine Rache, weil sie ihn nicht respektiert haben, als er ins Gefängnis ging, weil sie hinter seinem Rücken Dinger drehten."
"Bullshit", sagte Larry. "Ein Ratte ist eine Ratte."
"Wer fährt die Autos bei dem Deal?", fragte Crissa. "Bei der Übergabe?"
"Nur irgendwelche Unterlinge", sagte Cordell. "Niemand, der ihm fehlt, wenn er eingebuchtet wird. Und auch niemand, der irgendetwas, was sich lohnen würde, der Polizei zu erzählen hätte."
"Und keiner gerät in Versuchung, einfach...
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