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Dein großer Durchbruch als Schauspieler steht kurz bevor. Alles läuft perfekt. Bis er sich in dein Leben drängt. Und nur eines will: es zerstören.
Eric Sanders spürt, dass diese Rolle seine große Chance ist. Und er soll recht behalten: Die Resonanz auf seine schauspielerische Leistung im Münchner Tatort ist rundum positiv, seine Bekanntheit wächst, seine Followerzahlen auf Social Media steigen. Bis plötzlich jemand anfängt, sich für ihn auszugeben. Seine Identität zu übernehmen, sich in sein Leben zu drängen. Zunächst digital, dann in Person.
Eric fühlt sich massiv bedroht, kann es sich nicht erklären. Bis die Nachricht bei ihm eintrifft: Gestehe den Mord, oder alle, die du liebst, werden sterben. Und Erinnerungsfetzen auftauchen. Was hat er getan? Damals, als er gerade einmal elf Jahre alt war.
"Meister des Nervenkitzels"
"Strobel ist ein Meister der Spannung" Konstanze Führlbeck, WAZ
Das Feuer ist überall.
Als er einsehen musste, dass alle Wege aus dem Haus hinaus durch die Flammen versperrt sind, als er seine Kehle wund gebrüllt hat mit den Rufen nach seiner Mutter und seinem Vater, hat er sich in einer Ecke des Zimmers auf dem Boden zusammengekauert, die Arme um die angezogenen Beine geschlungen und das Gesicht gegen seine zitternden Knie gepresst.
Immer wieder wird er von krampfhaftem Husten geschüttelt, ausgelöst durch den dichten Rauch, der ihm die Luft zum Atmen nimmt. Jedes Mal fährt er erschrocken zusammen, wenn irgendwo etwas polternd herunterfällt oder umstürzt.
Er weint, weil er trotz seines jungen Alters glasklar realisiert hat, dass er gleich sterben wird. Sein ganzes Denken ist nur noch von dieser Angst vor dem Tod beherrscht.
Er bittet Gott, ihn zu verschonen, auch wenn er bisher noch nie gebetet hat. Er fleht mit bebenden Lippen und heiserer Stimme seinen Vater an, ihn aus dieser Feuerhölle herauszuholen, und versteht nicht, dass das nicht schon längst geschehen ist. Sein Vater würde ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben alles tun, um ihn zu retten, das weiß er. Dass er trotzdem noch nicht da ist, kann nur eines bedeuten: dass er ihn nicht mehr retten kann, weil er nicht mehr lebt.
Die Verzweiflung greift mit derart brutaler Wucht nach ihm, dass er fast das Bewusstsein verliert. Er kämpft dagegen an, weil etwas ihm sagt, dass er nicht mehr aufwachen wird, wenn er jetzt ohnmächtig wird.
Er hebt den Kopf, um nachzusehen, wie nah das Feuer schon gekommen ist, und reißt die Augen auf, als er registriert, dass die ersten Flammen bereits gierig nach ihm greifen.
Aber da ist noch etwas anderes, das ihm in diesem Moment bewusst wird und das seltsam ist: Es müsste unerträglich heiß sein. So heiß, dass seine Haut Blasen werfen und seine Haare schmelzen würden.
Aber er spürt nichts. Und fragt sich trotz seiner Panik, wie das möglich ist.
Ein Geräusch lässt ihn erschrocken nach oben blicken. Etwas löst sich von der Decke, ein großer Schatten, der plötzlich zwischen den Flammen auftaucht und auf ihn zurast .
Eric fuhr mit einem Stöhnen auf und sah sich schwer atmend um. Kein Feuer. Im Gegenteil, Dunkelheit. Schemenhaft als schwarze Fläche erkennbar ein Schrank. Sein Schrank. Sein Schlafzimmer.
»Hast du wieder geträumt?«, fragte Paula neben ihm mit verschlafener Stimme. Eric blickte zu ihr hinüber, ahnte ihr Gesicht jedoch mehr, als dass er es sehen konnte.
»Ja.«
Seine Erleichterung darüber, dass die Feuerhölle nur ein Albtraum gewesen war, wurde getrübt von dem Bewusstsein, dass dieser Traum wiederkommen würde, so wie schon sein ganzes Erwachsenenleben. Nicht dass der Traum ihn Nacht für Nacht plagte, aber er tauchte regelmäßig im Abstand von drei, vier Wochen auf, und er war immer gleich. Meistens kündigte er sich dadurch an, dass Eric nicht einschlafen konnte und sich Stunde um Stunde im Bett hin und her wälzte, bis ihm schließlich doch die Augen zufielen und er sich kurz darauf in dem brennenden Haus wiederfand.
Wenn der Traum ihn quälte, schwappte die Angst, die er dabei empfand, stets in den folgenden Tag hinein, so dass er sogar alltägliche Dinge wie betäubt erlebte.
Er tippte auf das Display seines Smartphones, das auf dem Nachttisch lag, und warf einen Blick auf die Uhr. Fünf Uhr dreiundfünfzig. Nach kurzem Nachdenken fiel ihm ein, dass es Sonntagmorgen war. Es stand nichts an. Bis zum Abend. Zu dem Abend, der ein Meilenstein in seiner Karriere werden konnte.
Allein der Gedanke daran beschleunigte seinen Puls und ließ ihn die schlimme Nacht vergessen. Heute würde es anders sein.
Seit drei Jahren war Eric festes Ensemblemitglied des Münchner Residenztheaters. Hauptrollen hatte er dort noch keine gespielt, aber er hatte es immerhin geschafft, sich aus der dritten Reihe des Ensembles zumindest in die zweite vorzuarbeiten. Was aber noch immer nicht bedeutete, dass er sich als erfolgreich hätte bezeichnen können.
Dann war plötzlich diese Anfrage gekommen. Man wollte eine der Hauptrollen des neuen Tatorts aus München ausgerechnet mit ihm besetzen. Nicht mit einem der Hauptdarsteller des Theaters, sondern mit ihm, Eric Sanders.
Es war eine schwierige Figur, die er spielen sollte, das hatte er gleich erkannt, als er das Drehbuch in Händen hielt. Ein einsamer, depressiver Familienvater, dem das Leben durch die Finger geglitten war. Schon vor Jahren verlassen von seiner Frau, von den eigenen Kindern verachtet, im Job nur ein blasser Mitläufer, war er der Hauptverdächtige, als seine Ex-Frau ermordet wurde. Es gab einige Indizien, die auf ihn hindeuteten, und er hatte kaum die Kraft, sich gegen die Anschuldigungen zur Wehr zu setzen, was ihn noch verdächtiger machte.
Eric hatte sich bei den Dreharbeiten die Seele aus dem Leib gespielt. Dabei konnte ihm die schwere Krise, die er mit Paula gehabt hatte, sogar helfen. Er hatte sich daran erinnert, wie sich diese taube Leere anfühlte bei der Erkenntnis, dass die eigene Ehe den Bach runterging und jede Anstrengung, sie zu retten, ins Gegenteil verkehrt wurde. So lange, bis man resigniert aufgab.
Letztendlich war es die Liebe zu seinem Sohn gewesen, die dazu geführt hatte, dass er auf alles eingegangen war, was Paula verlangt und als Kompromiss bezeichnet hatte. Hätten sie sich getrennt, wäre Paula mit Leon in ihr Heimatdorf in der Nähe von Calw im Schwarzwald gezogen, zu weit für Eric, um seinen Sohn regelmäßig zu sehen.
Paula hatte Eric in einem Streitgespräch klargemacht, dass dem jeder Richter zustimmen würde, weil er durch seinen Job am Theater nicht die Zeit hatte, sich allein um Leon zu kümmern. Und er wusste, dass sie damit wahrscheinlich recht hatte.
Eric schüttelte den Gedanken an diese schlimme Zeit ab. Paula und er hatten sich wieder zusammengerauft und einen Konsens für ihre Beziehung gefunden, mit dem sie beide zurechtkamen. Gut, es gab keine Schmetterlinge mehr im Bauch, wenn sie sich ansahen, kein Kribbeln mehr beim Gedanken an den nächsten Kuss. Schon lange nicht mehr. Eher Pragmatismus. Wer brachte Leon zum Fußball? Wer geht einkaufen? Sie kamen klar. Und hin und wieder loderte sogar für kurze Momente die alte Leidenschaft erneut auf.
Eric blickte zur Seite und lauschte. Gleichmäßige Atemgeräusche deuteten darauf hin, dass seine Frau wieder eingeschlafen war.
Er hob die Decke an und schob die Beine aus dem Bett. Heute war ein wichtiger Tag. Der wichtigste seiner bisherigen Schauspielerkarriere. Er konnte nicht mehr im Bett liegen bleiben, an Schlaf war sowieso nicht mehr zu denken.
Im Dunkeln tastete er sich aus dem Raum und schaltete das Licht im Flur erst an, nachdem er die Tür hinter sich leise geschlossen hatte. Vor dem Kinderzimmer blieb er kurz stehen und lauschte erneut, konnte aber nichts hören. Leon schlief noch. Als Elfjähriger würde er an einem Sonntag sicher nicht vor zehn Uhr aufwachen. Vielleicht sogar noch später.
Nachdem Eric sich im Bad seinen Morgenmantel angezogen hatte, stellte er sich vor den Spiegel und betrachtete sein Abbild.
Vierundvierzig war er, und unter normalen Umständen sah er auch so aus, aber nach diesen Träumen schien er jedes Mal um Jahre gealtert. Die Augen waren gerötet, die Gesichtshaut fahl, fast grau. Selbst seine vollen schwarzen Haare, in die sich bisher zum Glück noch keine grauen Fäden eingeschlichen hatten, wirkten stumpf und kraftlos.
Mit einem Seufzer wandte er sich ab, verließ das Badezimmer und ging hinunter ins Erdgeschoss und dort in die Küche, schloss die Tür hinter sich und schaltete den Kaffeevollautomaten ein.
Während die Maschine aufheizte, steckte er zwei Scheiben Toast in den Toaster und holte Butter, Wurst und Käse aus dem Kühlschrank. Minuten später saß er kauend am Tisch und las auf seinem Smartphone zum wahrscheinlich fünfzigsten Mal die Vorankündigung des Tatorts durch.
Dieser Abend konnte alles ändern. Wenn die richtigen Leute seine Interpretation des hoffnungslosen Mannes sahen - und gut fanden -, dann konnte ihm das Türen aufstoßen, die seinem Leben eine neue Wendung geben würden.
Er sah vom Display seines Smartphones auf und dachte an Martina und Jürgen, die am Abend zu ihnen kommen wollten, um diese Tatort-Folge mit ihnen gemeinsam anzuschauen. Dr. Jürgen Gernot war Zahnarzt, seine Frau Martina Inhaberin einer gutgehenden Parfümerie im Tal, einer belebten Straße in der Münchner Innenstadt.
In den zweieinhalb Jahren, die sie sich nun kannten, war der zweiundvierzigjährige Zahnarzt zu Erics engstem Freund geworden. Ein paarmal in dieser Zeit war Eric an einem Punkt gewesen, an dem er hinschmeißen und sich einen anständigen Job suchen wollte, doch immer wieder hatte Jürgen ihm Mut gemacht und ihm erklärt, was er natürlich selbst wusste, was aber dennoch eine andere Wirkung hatte, wenn man es von jemand anderem hörte: Dass in der Schauspielerei wie in vielen kreativen Berufen das Talent zwar Grundvoraussetzung, aber noch lange keine Garantie für den Erfolg war. Wichtig war, im richtigen Moment das Quäntchen Glück zu haben, das die Wende brachte. Und dass es diesen Moment nur geben konnte, wenn man am Ball blieb.
Vielleicht war an diesem Abend sein richtiger Moment.
»Wow!«, sagte Martina, als der Abspann lief, und sah zu Eric hinüber, während sie sich eine Strähne ihrer langen braunen Haare hinters Ohr strich. »Das war . ich weiß gar nicht, was ich sagen soll . einfach phantastisch. Ich...
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