Schweitzer Fachinformationen
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Der junge Gelehrte
Zur Schottischen Aufklärung
Familie und Kindheit
Glasgow, Oxford, Edinburgh
«Essays über philosophische Gegenstände»
Der Moralphilosoph
Der Lehrer
Die ‹Edinburgh Review›
Aktivitäten in Clubs
Die Theorie der ethischen Gefühle
Professor in Glasgow
Verwalter der Universität
Vorlesung über Rhetorik
Vorlesung über Jurisprudenz
Abschied
Der Ökonom
Als Privatlehrer in Frankreich
Arbeit am großen Werk
Der Wohlstand der Nationen
Der Zollkommissar
Humes Tod
«Die nachahmenden Künste»
Bürger Edinburghs
Der Kreis der Freunde
Die letzten Lebensjahre
Das Wesen der Tugend
Editorische Notiz Danksagung Zeittafel Anmerkungen Bibliographie Nachweis der Abbildungen Namenregister
Anfang 1751 teilte der Senat der Universität Glasgow Adam Smith offiziell mit, dass er zum Professor für Logik ernannt worden sei. Bereits wenige Tage später hielt er dort seine Antrittsvorlesung: «De origine Idearum» [<Über den Ursprung der Ideen>]. Smiths Antrittsvorlesung ist leider verschollen, aber die Frage nach dem Ursprung unserer Eindrücke und Vorstellungen war ein Thema, das er wohl schon in seinem Rhetorik- bzw. Literaturkurs in Edinburgh behandelt hatte. Im Oktober 1751 nahm er seine Lehrtätigkeit in Glasgow auf. Da Thomas Craigie, der Nachfolger Hutchesons, erkrankt war, unterrichtete Smith auch jene Teile des Kurses über Moralphilosophie, die von handelten.[1] Es waren dies Themen, die er ebenfalls schon in Edinburgh unterrichtet hatte.
Vom Inhalt des Logikkurses wissen wir durch den Bericht seines Schülers John Millar Bescheid. Nachdem Smith «so viel von der antiken Logik gelehrt hatte, wie notwendig ist, um die Neugierde hinsichtlich einer künstlichen Denkmethode zu befriedigen», widmete er «die gesamte übrige Zeit der Darlegung eines Systems der Rhetorik» (!). Smith ging davon aus, dass die Prüfung der verschiedenen «Formen, in denen unsere Gedanken durch Sprache sich äußern», die «beste Methode» sei, um die «verschiedenen Kräfte des menschlichen Geistes zu erklären und zu erläutern».[2] Unter verstand Smith also primär Erkenntnistheorie, und als Abbild menschlicher Erkenntnisfunktionen galten ihm - überaus modern und über den erkenntnistheoretischen Ansatz Humes hinausgehend - die Sprache bzw. die verschiedenen Sprachformen. Obwohl erst jüngst berufen, führte Smith also sogleich wichtige Neuerungen gegenüber der damals an den Universitäten noch vorherrschenden aristotelischen Tradition ein.
Craigie erholte sich von seiner Erkrankung nicht und starb in Lissabon. Obwohl er über Ethik im engeren Sinn noch nie gelesen hatte, wechselte Smith auf eigenes Betreiben im April 1752 vom Lehrstuhl für Logik auf denjenigen für Moralphilosophie. Seine Hauptvorlesung bestand nun aus vier Teilen: natürliche Religion, Ethik im engeren Sinn, Jurisprudenz und Politische Ökonomie.[3] zu sein hieß damals nicht, sich auf Moral und Ethik zu beschränken. Vielmehr bedeutete der englische Ausdruck moral im Zusammenhang mit philosophy nicht , sondern . Der Gegensatz von moral philosophy war nicht unmoral philosophy, sondern natural philosophy, also Naturphilosophie oder Naturwissenschaft. Die beste kurze Übersetzung von moral philosophy ist . Seit der Antike war die Lehre von der Gesellschaft und vom Staat ein Teil der Lehre vom richtigen Leben, also ein Teil der Moralphilosophie.
Smith unterrichtete von Anfang Oktober bis Anfang Juni von Montag bis Freitag in der Zeit von 7 Uhr 30 bis 8 Uhr 30 - mit einem Tag Pause zu Weihnachten - vor knapp neunzig Studenten. (Frauen waren damals nicht zur Universität zugelassen.) Um 11 Uhr veranstaltete Smith für etwa ein Drittel der Zuhörer ein Repetitorium, also eine Diskussions- und Prüfungsstunde. Dreimal in der Woche - Montag, Mittwoch und Freitag - hielt er zudem vor etwa zwanzig fortgeschrittenen Studenten von 12 bis 13 Uhr von Mitte November bis Februar eine Art Privatissimum über Rhetorik (und Geschichte der Philosophie). Für diese wählte damals jeder Professor einen Gegenstand, der ihm besonders am Herzen lag: Hutcheson hatte über griechische und stoische Autoren vorgetragen; Thomas Reid - Smiths Nachfolger - sollte über die menschlichen Verstandesvermögen vortragen; und Smith las eben über Sprache und Ideengeschichte.
Im Vergleich mit Oxford war die Ausbildung an der Universität Glasgow für Studenten ungleich interessanter, für die Lehrenden freilich auch wesentlich anstrengender. Smith, der seinen Lehrverpflichtungen mit größter Gewissenhaftigkeit nachkam, dessen körperliche Konstitution aber alles andere als robust war, klagte deshalb oft über Erschöpfung. Er wusste jedoch auch um den großen Nutzen, den er aus der Tätigkeit des regelmäßigen Vortragens zog: Damit jemand eine Wissenschaft «wirklich beherrschen lernt», meinte er im Wohlstand der Nationen, ist es die «erfolgreichste Methode», ihn diese Wissenschaft «Jahr für Jahr lehren zu lassen». Denn sollte er sich «in einem Jahr über einen einzelnen Gegenstand übereilt eine Meinung bilden, so dürfte er sie höchstwahrscheinlich korrigieren, wenn er im Verlauf seiner Vorlesungen im Jahr danach das gleiche Gebiet wieder behandelt» (W 691).
Es war eine wahrlich bunte Truppe, die in stürmischen Glasgower Winternächten schon um 7 Uhr 30 den Klassenraum füllte: Im matten Schein der Talglichter saßen dreizehnjährige, ärmlich gekleidete Bauernkinder neben führenden Persönlichkeiten der Stadt mit sorgfältig gepuderten Perücken am Kopf. Etwa ein Drittel der Jugendlichen waren irische Calvinisten zumeist aus dem Norden der Insel, die an der katholisch kontrollierten Universität ihres Landes nicht studieren durften. Viele von ihnen bereiteten sich auf das Pastorenamt vor. Smith sprach, so berichtet sein Schüler Millar, «beinahe völlig frei. Sein Vortrag war, wenn auch nicht anmutig, so doch offen und unaffektiert.» Jede Vorlesung «bestand gewöhnlich aus mehreren eindeutigen Behauptungen, die er nacheinander zu beweisen und zu erläutern suchte». Zunächst schien er vom Gegenstand «oft nicht genügend gefesselt zu sein und sprach mit einigem Zögern. Während er fortfuhr, begann ihn jedoch die Sache zu bedrängen, sein Vortrag wurde lebhaft und anregend und seine Sprache leicht und flüssig.»[4]
Wie Smith, der sich in seinen Vorlesungen den Aufbau der Schriften Euklids zum Vorbild genommen zu haben scheint, selbst erzählte, war er in seinem Vortrag sehr von der Anteilnahme der Studenten abhängig. Er pflegte deshalb einen Hörer mit besonders ausdrucksstarkem Gesicht auszuwählen und sich an dessen Reaktionen zu orientieren. Hörte dieser aufmerksam zu, so wusste Smith, dass die Klasse neugierig lauschte, lehnte dieser sich aber lustlos zurück, wiederholte er das soeben Gesagte oder änderte die Art des Vortrags.
Smiths Ansehen als Lehrer stieg von Jahr zu Jahr, seine Ideen wurden Gegenstand öffentlicher Diskussion und die von ihm aufgeworfenen Themen Modegespräch der Stadt. Selbst Eigenheiten der Stimme, nämlich eine gewisse harsche und stammelnde Aussprache, wurden nachgeahmt. Sogar Büsten von ihm tauchten in den Auslagen der Buchhandlungen auf. Nachdem Smith ein vorbildlicher Student gewesen war, wurde er nun ein vorbildlicher Lehrer. Seine Freude am Denken ging Hand in Hand mit dem Wunsch, anderen das erworbene Wissen zu vermitteln. Die Kollegen begegneten ihm, vor allem nach der Veröffentlichung der Theorie der ethischen Gefühle, mit einem Respekt, der «an Ehrfurcht grenzte».[5] Der Kreis ihn verehrender Schüler erinnert an antike Vorbilder. Nur eines verursachte ein gewisses Naserümpfen: Hatte Smith - übrigens erfolglos - bei Amtsantritt den Senat nicht um Befreiung von der Pflicht ersucht, die Vorlesungen mit einem Gebet beginnen zu müssen? Und warum hält er eigentlich keine sonntäglichen, öffentlich zugänglichen Vorträge über «die Wahrheit und Vortrefflichkeit des Christentums», wie Hutcheson - übrigens enorm erfolgreich - dies getan hatte?[6] Und, vor allem: Ist Smith nicht ein Freund David Humes, des Ungläubigen, des Atheisten, der sich unverschämterweise um den durch Smiths Wechsel frei gewordenen Lehrstuhl für Logik beworben hatte?
Wie Smith sich in dieser für ihn emotional schwierigen Causa, nämlich der Bewerbung eines Freundes um einen Lehrstuhl, verhielt, macht ein Brief deutlich, den er an William Cullen, seinen späteren Arzt und Freund, geschrieben hat: «Zwar würde ich David Hume vor jedem anderen als Kollegen bevorzugen, muss aber befürchten, dass die Öffentlichkeit nicht meiner Meinung wäre; und im Interesse der Hochschule werden wir ein wenig auf die öffentliche Meinung achten müssen» (C 5). Zwei Charakterzüge Smiths treten in diesen beiden kurzen Sätzen überdeutlich hervor: Seine Wertschätzung Humes, aber auch seine Vorsicht in öffentlichen Angelegenheiten.
Nach einigen Beratungen schielten die Professoren ein wenig zu fixiert auf die...
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