1 - Inhalt und Geleitwort [Seite 7]
2 - 1 Zu diesem Buch [Seite 11]
3 - 2 Tonerde als Werk- und Wirkstoff [Seite 17]
4 - 3 Die Hände als Werkzeug [Seite 25]
5 - 4 Die Methode des Integralen Gestaltens mit Tonerde [Seite 37]
5.1 - 4.1 Grundlegende Gedanken zur Methodik [Seite 37]
5.2 - 4.2 Dem Leben Spielraum geben - der Gestaltungsraum [Seite 40]
5.3 - 4.3 Die kunsttherapeutische Haltung [Seite 47]
5.3.1 - 4.3.1 Schaffens-Raum und Schaffens-Zeit [Seite 48]
5.3.2 - 4.3.2 Konfluenz und Resonanz [Seite 48]
5.3.3 - 4.3.3 Annehmen [Seite 49]
5.3.4 - 4.3.4 Anregung zur Selbstgestaltung [Seite 50]
5.3.5 - 4.3.5 Umgang mit Schwierigkeiten und Krisen [Seite 51]
5.3.6 - 4.3.6 Begegnung und Beziehung [Seite 51]
5.3.7 - 4.3.7 Intervention [Seite 52]
5.3.8 - 4.3.8 Konfrontation [Seite 54]
5.4 - 4.4 Der integrale Ansatz [Seite 57]
5.4.1 - 4.4.1 Die Bedeutung von Jean Gebsers Werk für die Integrale Kunsttherapie [Seite 57]
5.4.2 - 4.4.2 Die Bewusstseinsstrukturen nach Jean Gebser - ihre Manifestation und Wirksamkeit in Gestaltungsprozessen [Seite 60]
5.4.3 - 4.4.3 Störungen in der Entwicklung der einzelnen Bewusstseinsstrukturen [Seite 81]
5.5 - 4.5 Kunsttherapeutische Betrachtungskriterien [Seite 85]
5.5.1 - 4.5.1 Aufnahmegespräch - Situation und Lebensgeschichte [Seite 89]
5.5.2 - 4.5.2 Symptome [Seite 90]
5.5.3 - 4.5.3 Methodenspezifisches Erarbeiten von Therapiezielen [Seite 90]
6 - 5 Gestaltungswege und Wachstumsprozesse [Seite 95]
6.1 - 5.1 Die Entwicklung von Lebensraum [Seite 95]
6.1.1 - 5.1.1 Der Spielraum [Seite 96]
6.1.2 - 5.1.2Urraum und Urform [Seite 99]
6.1.3 - 5.1.3Der organisch gewachsene Raum [Seite 109]
6.1.4 - 5.1.4Der konstruierte, gebaute Raum [Seite 111]
6.1.5 - 5.1.5 Der sakrale Raum [Seite 118]
6.1.6 - 5.1.6Das Gefäß [Seite 122]
6.2 - 5.2 Der Mensch als Werdender [Seite 126]
6.2.1 - 5.2.1 Schöpfungsmomente [Seite 126]
6.2.2 - 5.2.2 Geborgenheit und Öffnung - Geburtsprozesse [Seite 130]
6.3 - 5.3 Körper-bewusst-sein [Seite 141]
6.4 - 5.4 Im Angesicht des Lebens [Seite 151]
6.5 - 5.5 Vom Gesicht zur Maske [Seite 157]
6.6 - 5.6 Der Mensch in Beziehung [Seite 161]
7 - 6 Selbst- und Lebensgestaltung [Seite 177]
7.1 - 6.1 Archetypische Bilder, Urbilder, Symbole [Seite 177]
7.2 - 6.2 Das Selbst [Seite 180]
7.3 - 6.3 Vom Inbild zur Selbstgestaltung [Seite 185]
8 - 7 Prozesse der Wandlung [Seite 193]
8.1 - 7.1 Gestaltend unterwegs [Seite 193]
8.1.1 - 7.1.1 Das Tier als Wegbegleiter [Seite 201]
8.2 - 7.2 Kindheitserinnerungen [Seite 205]
8.3 - 7.3 Ent-Wicklung, Ent-Faltung, Metamorphose [Seite 216]
8.4 - 7.4 In der Ordnung sein [Seite 220]
8.5 - 7.5 Das Leben bewegen oder Die Kraft der Aufrichtung [Seite 227]
8.6 - 7.6 Von der Handlung zur Haltung [Seite 228]
9 - Literaturverzeichnis [Seite 235]
10 - Weiterführende Literatur zur therapeutischen Maskenarbeit [Seite 237]
11 - Bildernachweis, Die Autorin und Register [Seite 241]
4 Die Methode des Integralen Gestaltens mit Tonerde
4.1 Grundlegende Gedanken zur Methodik
Eine Methode kann weder lehrplanmäßig vorgeschrieben noch in Mode sein. Wie methodisch zu arbeiten ist, ergibt sich nur aus einer umfassenden und fundierten Anthropologie. Die methodische Verbindlichkeit ist im Menschen selbst eingeschrieben, aus der Kenntnis und Erkenntnis seines Wesens ergibt sich, wie und in welchem Schrittmaß er auf dem Weg zu seiner Verwirklichung begleitet und unterstützt werden kann. (Marti, 1998, S. 30)
Der Begriff "Methode" stammt vom griechischen méthodos und bedeutet 'Weg', 'Weg zu etwas hin'. Thomas Marti zeigt auf, dass die Qualität methodischen Vorgehens nicht am messbaren Erfolg beurteilt werden kann, sondern am Gelingen der zu vollziehenden Wandlung. Angestrebt wird nicht das Erreichen gesteckter Ziele, sondern das Gehen selbst.
Nur dieses Gehen bewirkt im Gehenden eine Wandlung. Kunsttherapie ist in diesem Sinne als Wegbegleitung zu verstehen. Thomas Marti zeigt auf, dass ein Kriterium für die Qualität einer Methode das "Unterstützen von Entwicklung" sein kann. Eine Methode, die sich auf "Techniken" beschränkt, bleibt lebensfremd. So soll jede Methode zum Werkzeug einer breit angelegten Lebensgestaltung werden. Entwicklung ist ihrer Natur nach Gestaltung in der Zeit. Alles hat seine Zeit, und was wir als lebendig empfinden, ist immer in der Zeit. Eine lebendige Methode nimmt Rücksicht auf das Wesen der Zeit und stellt sich so in den Dienst der Unterstützung und Förderung seelischer Entwicklungsprozesse. "Jede Entwicklung hat ihre Zeit. 'Abkürzungen' respektive Beschleunigungen sind nur um den Preis einer Entseelung möglich. Das Üben in der 'Kunst der Langsamkeit' gehört deshalb zu den Prioritäten in der Ausbildung methodischer Fähigkeiten." (Marti, 1998, S. 30.) Nach Jean Gebser sind Seele und Zeit in ihrer Prozessqualität wesensgleich. Heute wird die Zeit zur messbaren, linearen Uhrzeit degradiert und damit ihres zyklischen Pulsierens beraubt. Als Subjekt wird die Seele der Objektwelt unterworfen, was Beziehungslosigkeit zur Folge hat. Methode, wie sie Thomas Marti versteht, hat keine äußeren "Horizontmarken" als Ziel, sondern ein inneres Motiv. Damit ist sie gegenwärtig und zukunftsoffen. Im hier verstandenen Sinne ist Methode nicht effiziente Strategie, sondern "künstlerische, entwickelnde Gestaltung". (Marti, 1998, S. 31.) Diese Ausführungen von Thomas Marti sind mir zu einer wichtigen Anregung geworden, die Entwicklung unserer Gestaltungsmethode unter diesen Gesichtspunkten zu betrachten. Für den langen und intensiven Werdegang mit seinen vielen wichtigen Umwegen finde ich in den Worten "künstlerische, entwickelnde Gestaltung" eine stimmige Überschrift. Lange Jahre der Praxis und der Forschung gehen dieser Veröffentlichung voraus. Das Ergebnis dieses Entwicklungsprozesses, der meine ganze kunsttherapeutische Arbeit und Lehrtätigkeit umfasst, war zu Beginn noch nicht absehbar. Unzählige Gestaltungsprozesse wollten dokumentiert, in ihrer Wirkung betrachtet und in einen thematischen Zusammenhang gebracht werden.
Forschungsverläufe von Forschungsprojekten sind zwar planbar, aber nicht absehbar. Jeder Forschungsvorgang steht somit am Horizont seiner eigenen unabsehbaren Praxis. Genau das macht auch einen Forschungsprozess aus, dass noch nicht erkannt wird, wohin es den Forscher trägt. (Girg, 2007, S. 45 f.) Ich beziehe mich in der Formulierung von methodischen Gesichtspunkten auf Forschungsgrundlagen aus der eigenen Praxis, zum einen aus dem Material zur Entwicklung des bildnerischen und gestalterischen Ausdrucks, zum anderen auf Dokumentationen von Langzeit-Gestaltungsprozessen und deren Wirkung auf die Gestaltenden. Diese eigenen Grundlagen stelle ich in Zusammenhang mit der umfassenden Forschung von Jean Gebser zur Entwicklung, Manifestation und gleichzeitigen, gleichwertigen Wirksamkeit der Bewusstseinsstrukturen (der archaischen, magischen, mythischen, mentalen, integralen; siehe Kapitel 4.4.2), die uns heutige Menschen konstituieren, und der Art, wie wir durch sie uns und die Welt wahrnehmen.
Was sich nach den vielen Jahren deutlich als Qualität zeigt, lässt sich mit zwei vielschichtigen Begriffen markieren: "Zeit" und "Vertrauen".