Schweitzer Fachinformationen
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Ich will Platz nehmen und versinke sogleich in den Polstern des Sofas.
"Lustige Möbel", sage ich zu Ida, die mich in diesen wunderlichen Club geführt hat.
"Ist doch cool. Schön retro. Zum Chillen optimal."
"Zum Chillen?", frage ich und spüre, wie meine Augenbrauen nach oben springen. "Wie alt warst du doch gleich?"
Ida winkt müde ab.
"Und wie alt warst du, als du das erste Mal 'geil' gesagt hast? Und wie alt bist du heute?"
"Verstehe", sage ich. "Du siehst dich als Trendsetter."
"Nein, ich sehe mich als gar nichts. Ich gebe mich dem natürlichen Wandel der Sprache hin."
"Fett", lache ich.
"Übelst fett", lacht auch meine Begleiterin nun, lehnt sich weit zurück und lauscht der Musik.
Kylie Minogues Confide in me dröhnt durch den riesigen Raum, der mit einem angenehmen Maß an Menschen gefüllt ist. Nicht so viele, dass man sich nirgendwo mehr frei bewegen könnte, aber dennoch genug, um das Gefühl zu haben, sich an einem Ort zu befinden, an dem etwas los ist und man sich nicht im Minutentakt zurück vor den Fernseher wünscht.
"War früher mal ne ganz üble Kokshöhle", beginnt Ida unvermittelt, als ich gerade nach einer Kellnerin Ausschau halte. "Haben hier auf den Tischen die Lines gezogen, als wär's das Normalste auf der Welt."
"Warum hat man damit aufgehört?", frage ich halb interessiert zurück.
Ida zuckt mit den Schultern.
"Keine Ahnung. Das Übliche wahrscheinlich. Polizist in Zivil kommt rein, fragt nach Kokain, bekommt es, macht die Bude dicht. So wird's gewesen sein."
"Aber sicher bist du dir nicht."
"Nein, wie auch? War ja nicht dabei."
"Also keine Pointe?"
"Was für eine Pointe denn?"
"Ich dachte, die Information, dass es sich bei dem Matrix früher einmal um eine ganz üble Kokshöhle gehandelt habe, leite die dramatische Geschichte ein, wieso dies heute nicht mehr so ist."
"Nein, tut es nicht. Ich wollte nur mein Wissen mit dir teilen."
"Gerüchte, die man dir zugetragen hat, bezeichnest du als Wissen?"
"Wir hocken auf dem Sofa in einer . Bar, Disco ., was auch immer das hier ist, und werden uns gleich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit betrinken. Ich wette, wenn ich dir den gleichen Satz, dass es sich beim Matrix früher mal um ne ganz üble Kokshöhle gehandelt hat, in ein paar Stunden noch einmal präsentiere, wirst du mich mit riesigen, gierigen Augen anblicken und sagen: 'Ist nicht wahr? Ehrlich? Erzähl mal!'"
"Hm", mache ich und überlege. "Ja, da könntest du recht haben. Einigen wir uns auf 'mieses Timing'?"
"Ja, ich hab' sehr früh angefangen mit diesen Themen, oder?"
"Was ich dir niemals vorwerfen würde. Ich weiß, du meinst es gut."
"Später dann also?"
"Sehr gerne. Dann kannst du mir auch noch einmal die Geschichte erzählen, wie du damals dieses Eichhörnchen im Baum entdeckt und erst nach fünf Minuten festgestellt hast, dass es lediglich ein Vogelnest war."
"Das war ein irrer Tag", lacht Ida nickend, und ich lache automatisch mit.
Wir bekommen eine Kellnerin zu fassen und ordern Getränke.
Ich lächle still in mich hinein und höre der Musik zu. Abende wie diesen, gemeinsam mit Ida, genieße ich sehr. Wir beide kennen uns schon seit gut zehn Jahren und sind auch beinahe seit der gleichen Zeitspanne eng befreundet. Obwohl ich selbst nur die groben Fakten ihres Lebens kenne, ist sie der Mensch, der wohl am meisten über mich weiß. Angefangen bei meiner Kindheit bis hin zu meiner aktuellen Situation: Es dürfte kaum ein Thema geben, über das wir mich betreffend noch nicht gesprochen haben. Dabei hat sich mich nie ausgefragt oder versucht, mich in irgendeiner Weise zu therapieren. Sie stellt mir Fragen, die ich beantworte, wenn ich es will. Und diese Antworten hört sie sich interessiert an und gibt ihre Meinung dazu nur preis, wenn ich sie danach frage. Ida gehört zu der äußerst seltenen Art Mensch, die andere Menschen einfach in Ruhe lassen und nicht versuchen, ihnen ihre Wert- oder Moralvorstellung aufzudrücken, und sei es nur unterschwellig. Und das liegt wahrlich nicht daran, dass ihr das den Frauen gottgegebene Talent fehlen würde, mit dem Zucken einer Augenbraue oder einem kurzen Blick das über Jahre aufgebaute Weltbild eines Mannes wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen lassen zu können. Nein, sie lässt mich einfach ich selbst sein, so wie ich sie auch sie sein lasse. Es hilft unserer Beziehung sicher auch, dass Ida aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nie mit mir im Bett war. Auch wenn ich das ihr gegenüber niemals zugeben würde.
"Knackiger, kleiner Hintern", sagt Ida und blickt der Kellnerin nach.
Nun ja, es schmerzt dennoch, für sie nie interessant gewesen zu sein. Aber mein Ego hat damit zu leben gelernt.
Ida wendet sich wieder mir zu.
"Und was liegt bei dir an in nächster Zeit? In Berlin steigt eine richtig nette Party. Eine Freundin von mir eröffnet nächste Woche ihre Galerie und feiert das anständig. Lust?"
"Eine Galerie?", frage ich erstaunt.
Ida winkt ab.
"Ist ein altes Ladenlokal, das sie umgebaut hat. Klingt spektakulärer als es ist. Aber sie hat dort ein paar interessante Kontakte geknüpft und wohl auch schon einige ihrer Bilder verkauft."
"Vielleicht sollte ich dann auch ein Bild kaufen. Als Wertanlage."
"Wenn du meinst. Aber sie malt im Moment ausschließlich großformatig. Vier mal vier Meter ist so das Standardformat."
"Hm", mache ich. "Dann muss ich vorher umziehen. Oder sie malt mir direkt auf die Fußböden."
"Und wenn du Geld brauchst, reißt du einfach deinen Fußboden raus und verkaufst ihn?"
"Wieso nicht? Die Nachbarn unter mir freuen sich sicher über sieben Meter hohe Decken."
"Schwer zu heizen."
"Ach, die haben's doch. Er ist den ganzen Tag zu Hause und kann sich dennoch eine Alkoholikerin-Ehefrau und drei Hunde leisten. Ich schätze, er ist Privatier."
Ida schließt die Augen und grinst.
"Dein seelenzerfetzender Sarkasmus würde mir unter all dem Künstlergetue fehlen. Also?"
Ich überlege.
Einer der Vorteile, die mein Job mit sich bringt, ist der, dass ich mir meine Zeit recht frei einteilen kann. Und wenn nicht irgendetwas völlig Unvorhergesehenes passiert, und das ist praktisch nie der Fall, spricht nichts gegen einen kleinen Berlin-Trip.
"Ja, warum eigentlich nicht", sage ich schließlich. "Wenn's mir nicht gefällt, lass' ich dich einfach stehen und mache was Lustiges."
"Was könnte denn lustiger sein, als mit mir eine Vernissage zu besuchen?", fragt Ida und tut beleidigt.
"Mir fällt da auch absolut nichts ein", lache ich und werfe die Hände in die Luft. "Aber man weiß ja nie."
"Schön gerettet", zwinkert mir Ida zu, als auch schon unsere Cocktails an den Tisch gebracht werden.
Ich nicke freundlich und nehme mein Getränk entgegen.
"Vielen Dank", schnurrt Ida in ungewohnt tiefer Stimmlage.
"Immer wieder gerne", säuselt die Kellnerin und blickt sonderbar auf Ida herunter, bevor sie sich wieder mit eleganten Schritten zurückzieht.
"Hast du das gesehen?", grinst Ida nun mich an.
"Aber du lässt sie noch ein wenig arbeiten, bevor du sie in dein ruchloses Schlafzimmer zerrst, oder?"
"Das sagt der Richtige", sagt Ida und nippt an ihrem Mojito.
"Interessante Musikauswahl für eine Bar", wechsle ich das eventuell aufkommende Thema und höre dem Anfang von Nothing else matters zu.
Im Augenwinkel sehe ich, wie Idas Finger zu zucken beginnen.
"Nein, sag' es nicht", grinse ich. "Tu's nicht."
"Was denn?", fragt sie.
"Ach, was soll's", seufze ich und lasse den Kopf hängen....
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