Schweitzer Fachinformationen
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»Erzählen sie dir auch von euren Göttern?«
»Ja«, flüsterte Bergfin. »Manchmal erzählen sie mir, was Rán, unsere Göttin der Stürme und Wasserstrudel, plant. Oder wie Rán und Gjalp den Tag auf dem Meeresgrund in den geheimnisvollen Berghöhlen unter Wasser verbringen. Rán ist gefährlich!« Er sah Thyra forschend ins Gesicht. »Sie kann ganze Schiffsflotten in einen Meeresstrudel treiben, sie unter Wasser ziehen und diese ihrer Tochter Gjalp zum Geschenk machen.«
Seine geschulten Augen glitten wachsam über die Meeresoberfläche. »Sie können sehr launenhaft sein - unsere Götter im Meer«, raunte er leise. »Es ist besser sie nicht zu erzürnen.«
Nachdenklich musterte er die thraell.
»Ich weiß auch nicht, warum ich es gerade dir erzähle«, meinte Bergfin plötzlich schroff. »Du bist anders. Ich habe es gewusst. Alle wissen es!«
Er ging und ließ Thyra verdutzt an der Reling stehen.
»Ich bin anders?« Nachdenklich starrte Thyra auf die Wellen und dann an sich herunter. »Ich?«
Doch sie bekam keine Antwort. Weder von den heidnischen Göttern am Meeresgrund noch von den baumgroßen Wesen mit den kleinen blitzenden Augen.
* * *
»Die Orkneys!«, schrie Knut voller Freude und weckte die schlafende Meute. Seine Aufgabe war es, den Feind rechtzeitig auszuspähen. Doch heute erkannte sein geschultes Auge die schroffen Konturen der rauen Inseln im rötlichen Licht der Morgensonne.
»Die Orkneyinseln! Zur Linken!«, schrie er aufgeregt und rannte zu Gorm, der sich verschlafen aus seinem húdfat schälte.
»Gorm! Die Orkneys!«, brüllte er dem Häuptling ins Ohr.
»Ich habe dich sehr wohl verstanden«, knurrte Gorm grimmig.
»Die Orkneys!« Knut konnte nicht an sich halten, so aufgeregt war er.
»Ja!«, zürnte Gorm und warf sich ungestüm den Umhang über die Schulter. »Ich habe es gehört! Und wenn du mir noch einmal ins Ohr brüllst, schneide ich dir deine Zunge heraus!« Wütend starrte er Knut an.
»Ich ., ich .«, stotterte Knut.
»Verschwinde!«, schnauzte Gorm und biss die Zähne so aufeinander, dass die Wangenmuskulatur zuckend hervortrat.
»Ich .«, fing Knut noch einmal vorsichtig an.
»Verschwinde! Sonst .!« Gorm ließ die Drohung stehen, während seine Hand zum Messer am Ledergürtel wanderte. Knut verfolgte die Handbewegungen des Häuptlings und beschloss einen geräuschlosen Rückzug anzutreten.
»Den bringe ich irgendwann um«, grummelte Gorm und pinkelte über die Reling. Sein Blick wanderte zum Horizont. »Die Felsen der Orkneys. Wir sind auf Kurs.«
Sein Blick ging am Purpursegel vorbei und wanderte in nordöstlicher Richtung zum Horizont.
»Sind die Shetlandinseln zu erkennen?«, rief er Knut zu, der zum Ausguck zurück geschlichen war.
Knut schützte mit einer Hand die Augen vor der aufgehenden Sonne. Die Strahlen brachen auf den kräuselnden Wellen und reflektierten das Licht.
»Vielleicht«, murmelte er leise und starrte über das glitzernde Wasser. »Aber genau kann ich es noch nicht sagen.« Er kniff die Augen zusammen. Starrte angespannt in die Richtung, in der er die Shetlands vermutete. »Nein, ich kann sie noch nicht ausmachen.«
Gorm nickte. Er wusste, er konnte sich auf Knut verlassen. Er war derjenige, der im Ausguck nach den Feinden auf dem Meer Ausschau hielt und er warnte zusammen mit Fargrim zuverlässig. Seine Wut war vergessen.
Gorms Blick wanderte zum rúm, wo Knut mit Fargrim den húdfat teilte. Fargrim lag schlafend, tief im Traum gefangen und schnarchte selig.
Gorm kramte aus seiner Seekiste einen getrockneten Stockfischstreifen, ergriff eine Handvoll gedörrte Apfelringe und ging auf der schwankenden dreki zum Bug. Breitbeinig stand er in der Mitte des Schiffes und blickte übers Meer.
Schweigend, den Fisch kauend, gesellte sich Ongull zu Gorm.
»Hast du sie gesehen?«, fragte der Steuermann, ohne Gorm anzublicken.
»Die Orkneys?«
»Hmmh.«
Ongull steckte sich eine Dörrpflaume in den Mund und spuckte den Kern in die hohle Hand.
»Ja.«
Er legte den Kopf in den Nacken und kontrollierte Knut, der auf der Plattform des Ausgucks vier Meter über den Decksplanken auf der winzigen Fläche hockte und die Beine herunter baumeln ließ. Aufmerksam spähte er nach landnordr44.
Ongull verfolgte nachdenklich den Flug den Sturmmöwen.
»Der leidarstein45 leuchtet noch am Himmel«, murmelte Gorm ohne den Blick abzuwenden.
»Die Möwen ziehen zu den Orkneys. Wenn wir in die Nähe der Shetlands kommen, werden sie über uns fliegen. Der Wind wird die Segel der Drachenschiffe antreiben.« Ongull schwieg, dann räusperte er sich vernehmlich.
»Werden wir einer der Inseln einen Besuch abstatten?«
»Nicht die Orkneys und nicht die Shetlands. Wir steuern Suduroy auf den Färöern an«, antwortete Gorm knapp.
»Suduroy.«, wiederholte Ongull und seine Augen blitzten kurz.
»Für ein bis zwei Tage. Wir müssen uns beeilen. So spät im Jahr ist noch nie eine Wikingerflotte nach Island gefahren.«
»Die Herbststürme kommen«, bestätigte Ongull mit besorgtem Kopfnicken.
»Sie können uns in einem einzigen unachtsamen Moment an den Inseln vorbeitreiben, ohne dass wir es bemerken. Nur mit sehr viel Glück erreichen wir dann lebend graenlendingar46, bevor die Eisberge alles einnehmen und jeden Seeweg versperren.«
Gorm steckte sich seinen letzten Bissen Brot in den Mund.
»Oder wir frieren auf dem Eis ein und müssen bis zum Frühsommer ausharren und hoffen, dass das Eis unsere Schiffe nicht zermalmt und wir genügend Robben und Fische jagen, um nicht zu verhungern.«
»Ich hörte, der Seefahrer Gunnjbörn Ùlfsson ist auf der Fahrt nach Norwegen vom Kurs abgekommen und erreichte mit seinem Schiff die Südspitze Grünlands47.«
»Kap Farvel?« Gorm und schluckte den Bissen herunter.
»Aber er konnte nicht an Land gehen, weil überall Eisbären lauerten. Felsige Klippenküsten und die öde unzugängliche Landschaft machten es ihm unmöglich. Außerdem sahen sie während der langen Wintermonate nicht einen Menschen.«
»Na ja«, meinte Gorm lakonisch. »Im Winter spendet die Sonne nicht gerade viel Licht im Norden. Außerdem sind die graenlendingar48 schon ein besonderes Volk. Ich war noch nie dort. Aber es werden Geschichten erzählt, von fetten Robben, Eisbären und gigantischen Walen im Eismeer. Üppige Weiden, außergewöhnlich Vogeleier und Fische, so groß wie Kanus. Es sollen beste Bedingungen sein, um Höfe zu bauen und um einen Clan zu gründen.«
»Irgendwann möchte ich dieses Land sehen«, deutete Ongull an. »Doch nicht auf dieser Reise!«
Freundschaftlich klopfte Gorm Ongull auf die Schulter.
»Du bist unser bester Steuermann. Ich verlasse mich auf dich. Du wirst uns zu unserem Bestimmungsort bringen!«
Grimmig sah Ongull seinen styrimannr an.
»Wenn die Götter Island als Ziel bestimmt haben, werden wir es auch erreichen. Wenn nicht .!«
Gorm starrte gedankenverloren übers Wasser und hörte dem Kreischen der Möwen zu.
»Eines nach dem anderen. Heute die Orkneyinseln und mit Glück segeln wir morgen an den Shetlands vorbei.«
Ein Lächeln zog über Ongulls Gesicht.
Gorm sah es.
»Wie du dich freust und wie deine Augen funkeln, könnte man meinen, dass ein Weib dahintersteckt.«
»Und was für eines!«, klärte Ongull auf, deutete mit seinen Händen vor seiner Brust Rundungen an und protzte: »Mit solchen Brüsten, dicken Schenkeln, einem fetten Arsch und einem großartigen weichen Bauch! Auf der kannst du liegen, ohne dass dir die Kälte in die Glieder fährt.«
»Dann werden wir die Färöer mit Sicherheit erreichen«, spottete Gorm optimistisch. »Und du wirst unser Ziel auf keinen Fall verfehlen!« Nachdenklich glitt sein Blick zu den Orkneyinseln. »Ich kann nur hoffen, dass auf snaeland auch so ein fülliges Prachtweib hockt, die dich mit offenen Armen und Schenkeln empfängt!«
Der Steuermann schmunzelte.
»Gibt es nicht in jedem Hafen fette Weiber?«
Er ließ er seinen Häuptling stehen und ging zu Kalman am Ruder und murmelte: »Kann doch jeder sehen, dass unser Häuptling nur noch diese dürre Angeln-Frau im Kopf hat. Ich rede mich um Kopf und Kragen, wenn wir das Weiberthema anschneiden. Soll er doch mit der thraell das Lager teilen, dann hat er den Kopf frei für seine Aufgaben«, brummelte er in den Bart. Nur Kalman schüttelte aufhorchend den Kopf.
Woher sollte er auch wissen, dass Thyra und Gorm schon die warme Haut des anderen berührten und sich danach sehnten, einander zu spüren?
Gorm sah dem fliehenden Ongull nach und schnaubte: »Der Steuermann liebt fette Weiber. Wer hätte das gedacht?«
Gemächlich segelte die Drachenflotte über das eisiger werdende Nordmeer. Die Wellen plätscherten gegen die Bordwände. Manchmal näherten sich die Langschiffe einander, sodass laut Mitteilungen gerufen werden konnten.
»Habt ihr die Wale im Morgengrauen in Richtung der aufgehenden Sonne blasen gesehen?«, rief Cuaran, der styrimannr der faxi byrjar,...
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