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»Das stimmt. Ich hatte noch nie Probleme dich zu verstehen. Vielleicht habe ich dir dies nicht immer gezeigt. Viele Worte haben wir zwei sowieso nie über etwas gesprochen. Manches Mal habe ich mich nicht besonders gut damit gefühlt. Doch habe ich dann gesehen, dass es dir gut geht, war ich sehr froh darüber. Welche Worte hätte ich dann noch finden müssen oder können.«
»Manches Mal hast du dich nicht besonders gut damit gefühlt. Sonderbar, manches Mal hätte ich wohl mehr erzählen müssen. Ich weiß nicht, ob wir es an dir oder mir festmachen müssen. Uns beiden wäre es wohl besser gegangen, wenn wir mehr miteinander geredet hätten. Vielleicht wäre da auch die eine oder andere Gemeinsamkeit entstanden. Ich war einfach der zweite Sohn. Dein Erstgeborener war eben vor mir da. Mein großer Bruder. Für deine Mutter, meine Großmutter, war er der erste Sohn des Sohnes. Selbst der früher geborene Sohn deiner Schwester konnte nicht viel an Land gewinnen. Mein Cousin und ich haben uns mit der Zweitrolle abgefunden. In dieser Rolle ging uns beiden nichts verloren. Er hatte die Eltern seines Vaters. Bei ihnen war er der Erstgeborene des Sohnes. Dort hatte er seine Bühne und seinen Wirkungskreis. Ich hatte meine Mutter. Ich denke schon, dass sie gemerkt hat, wer welche Zuwendungen von wem bekommt. Darum schloss sie mich so intensiv in sich. Du warst immer so stolz auf deinen großen Sohn. Warum auch nicht. Ihr zwei hattet die gleichen Hobbys. Viel Zeit habt ihr miteinander verbracht. Eure Interessen hatten einfach mehr Parallelen.«
»Das war mir nie bewusst. Ich dachte immer, dass wir einfach zu unterschiedlich sind. Du warst immer so gefestigt in allem, was du getan hast. Niemals dachte ich, dass dir etwas fehlt. Das tut mir so unendlich leid. Warum habe ich das nie erkannt.«
»Nein Papa. Das muss dir nicht Leid tun. Mir hat doch nichts gefehlt. In meinen Großeltern hatte ich die besten dieser Welt. Nichts war je ein Problem für sie, wenn es um ihre drei Enkel ging. Immer haben sie Alles für uns getan. Dass eine intensivere Zuwendung zu meinem großen Bruder bestand, war zu spüren. Benachteiligt hätten sie mich aber niemals. Die erste Bezugsperson in meinem Leben war schon immer meine Mutter. Doch gab es bei ihr auch Grenzen. Die Dinge, die sie mir nicht mit auf den Weg geben konnte, habe ich doch von dir bekommen. Deine und meine Gespräche waren in einer Zahl ausgedrückt nicht viele. Dass heißt aber nicht, dass sie nicht wichtig und wegweisend waren. Mache dir bitte keine Gedanken darüber, dass du dich falsch oder ungerecht verhalten hättest. Das war nie so gewesen. Nie hätte ich das auch nur im Geringsten so empfunden. Wir hatten einfach zu wenige gemeinsame Themen.«
Eine kurze Pause trat ein. Beide hatten wir das Gesagte erst einmal zu verarbeiten. Ich schaute zu meinem Vater und sprach weiter.
»Es ist halt nur Scheiße, entschuldige bitte diesen Ausdruck, dass wir nun dieses gemeinsame Thema haben. Glaube mir, darauf hätte ich verzichten können. Du bist mein Vater. Wie oft hast du mir gezeigt, dass man stark sein muss. In dir habe ich sehen können, dass man stark sein kann. Nun stehen wir beide vor einem Problem. Dieses hat uns an einem schwachen Punkt getroffen. Das letzte Jahr lebte ich in Amerika. Weit weg von allem, was mir hier meine Kraft geraubt hatte. In dieser Zeit habe ich meine Kraftreserven auffüllen können. Jetzt weiß ich wofür mir dies gelungen ist. Meine Kraft soll nun für uns beide von Nutzen sein. Nimm sie einfach an.«
Tränen standen meinem Vater in den Augen. Hatte ich etwas Falsches gesagt? Nein.
»Ich wusste nicht, wie ich es dir sagen sollte. Mir haben einfach die Worte gefehlt. Jetzt sitzen wir beide hier und reden miteinander. Plötzlich bietest du mir das an, worum ich dich bitten wollte. Lasse mich diesen Kampf nicht alleine bestreiten. Mir gegenüber steht der Krebs. An ihm werde ich sterben. Bis dahin möchte ich alles in Angriff nehmen, was möglich sein wird, um ihn zu bekämpfen. Den Rest meines Lebens werde ich in Etappen verbringen. In jeder dieser muss ich kämpfen. Ich werde es tun. Mit dir zusammen fühle ich mich sicher. Sicher auch darin, dass ich dich an der Seite deiner Mutter weiß. Sie ist verzweifelt. Ich auch. Vor ein paar Tagen habe ich mit ihr gesprochen. Wir sind uns beide darin einig, dass wir den Kampf annehmen. Beide wissen wir aber auch, ohne dich wird uns dies nicht gelingen. Wir brauchen dich und bitten dich um deine Hilfe.«
Niemals zuvor hatte ich diesen Mann solche Worte sagen hören. Sie gingen mir erneut durch den Kopf. ». ohne dich wird uns dies nicht gelingen. Wir brauchen dich und bitten dich um deine Hilfe.«
Hatte ich damals, knapp 15 Monate zuvor, nicht genau wegen dieser Anforderungen alles beendet? War nicht dieses ständige Bitten um meine Hilfe ein Grund dafür, dass ich gegangen war? Das Leisten von Unterstützung und Ich scheinen ein untrennbares Element zu sein. Mein Helfersyndrom ist so leicht zu aktivieren. Auch ohne viele Worte erreicht man mich. Schon immer stellte ich meine eigenen Belange in den Hintergrund. Egal, wer oder was das Unlösbare eines anderen Menschen war, man musste es mir nur sagen. Kaum hatte man dies getan, nahm ich es an. Die Lösungen lieferte ich prompt. Nicht einmal einen Dank habe ich dafür erwartet. Meine letzte Erfahrung aus dieser, meiner Art hatte mich jedoch geheilt. Sollte ich dafür dankbar sein? Meine letzte Partnerschaft begann ebenfalls mit der Aktivierung meines Helfersyndroms. Nur langsam merkte ich, dass die Inanspruchnahme meiner Person ins nahezu uferlose ausartete. Verblenden ließ ich mich durch einen Irrglauben. Ich dachte endlich einen Menschen gefunden zu haben, der mir das gibt, was ich bis dahin dachte, nie gehabt zu haben. Danach sehnte ich mich doch sehr. In meinen Empfindungen gestaltete sich meine Welt plötzlich hell und wunderbar. Nie wieder wollte ich darauf verzichten. Meine Betrachtung wurde getrübt. Mein Vertrauen wurde missbraucht. So lange ich leistete, wurde ich geliebt. Oberflächlich und zweckgebunden, wie sich zum Schluss herausstellte. Ich musste lernen, dass die Liebe auch viele harte Seiten hat. Sobald ich um etwas bat, wurde es mir verweigert. Ich versuchte zu verstehen, warum dem so ist. Auf meine Frage nach dem Warum, ließ man mich ohne Antwort zurück. Mehr noch, mir wurde gezeigt, wie es ist, wenn ich nicht funktioniere. Einen anderen Ausweg als die Klärung dieser Lage sah ich nicht mehr. Ich wollte die Wahrheit wissen. In einem offenen Gespräch schlug mich diese jedoch aus der Bahn. Mit kühlen Worten wurde mir mitgeteilt, was man von mir erwartet. Mehr als meine Unterstützung und Hilfe war es nicht. Ich war getroffen. Wurde mir doch klar, dass ich viele Jahre eigentlich nur benutzt wurde. Die Erkenntnis, dass meine Liebe nur erwidert wird, wenn ich leiste, brannte lange in meiner Seele. Diese Klarheit reinigte mich. Sie und mein Wunsch zu heilen, waren mit die Gründe dafür, dass ich nach Amerika gezogen war. Einige Monate brauchte ich um Abstand zu gewinnen. Vieles habe ich aus der Ferne realistischer betrachten können. Die meisten schönen Momente verblassten. Meine Liebe starb. Eine innere Stille trat ein. In dieser erkannte ich die Erfahrung, die es zu machen galt. Ich sollte lernen, dass auch ich ein Leben habe. Dieses erfordert meine Konzentration und die Unterstützung meiner selbst. Ich nahm sie an, lernte sie und setzte sie um. Um den Grundsatz mich nicht mehr ausnutzen zu lassen wurde ich bereichert. Als ich wieder zurückkam, begann das gleiche Spiel von vorn. Darauf eingelassen, habe ich mich nicht mehr. Meine große Liebe war enttäuscht, drehte den Spiess um und zahlte es mir heim.Zu welch unsinnigen Entscheidungen Menschen in der Lage sind. Von Fairness konnte dabei keine Rede sein. Mit allen Mittel wurde unser gemeinsamer Lebensraum vernichtet. Letztendlich wurde ich persönlich angegriffen, gedemütigt und verletzt. Und alles nur, weil ich erkannt hatte, dass ich nur ausgenutzt wurde und dies beendete. Eine weitere Bestätigung dafür, dass meine, in Amerika getroffene Entscheidung, die richtige war.
Noch einmal gingen mir die Worte meines Vaters durch den Kopf. Sollte ich erneut auf die Probe gestellt werden? Natürlich hatte ich gelernt. Ich habe ein eigenes Leben. Dieses verlangt meine volle Konzentration und Unterstützung meiner selbst. Das war es doch, was ich lernen sollte. Doch in diesem Moment ging es um etwas anderes. Mein Vater und meine Mutter baten mich um meine Hilfe. Eine ganz andere Ebene war erreicht. Hier ging es um die elementare Verbindung zwischen Eltern und Sohn. Damit sollte ich in der Absolution meiner Entscheidung auch die Möglichkeit einer Ausnahme lernen. Ich reflektierte meine Erfahrung und die daraus getroffene Entscheidung. Ich erkannte, der richtige Zeitpunkt für die Ausnahme war gekommen.
Und ich gab ihm mein Versprechen.
»Warum sollte ich euch jetzt alleine lassen? Die letzten Monate habe ich mich ausruhen können. Hatte genug Zeit für mich. Meine innere Kraft ist maximal aufgeladen. Vielleicht auch darum brauchte ich diese Auszeit. Anfänglich unbemerkt hatte ich genau im richtigen Moment die Chance dazu bekommen. Mein Schicksal ist aufmerksam und vorausschauend. Auch ich habe mir meine...
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