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Mit der Begegnung zwischen Petrus und dem Hauptmann Kornelius in Caesarea (Apg 10)1 setzt der Verfasser der Apostelgeschichte den Startschuss für einen Prozess, der sich im Erzählverlauf des Werks von Beginn an abgezeichnet hat und selbst für die ersten Rezipient*innen des Buches zu diesem Erzählzeitpunkt längst überfällig erschien: die Verkündigung des Wortes Gottes in der heidnischen Welt. Was durch die letzten Worte des Auferstandenen2 verheißungsvoll angekündigt wurde, nämlich seine »Zeugen zu sein [.] bis an das Ende der Erde« (Apg 1,8), wird entlang der zuvor genannten geographischen Schritte, beispielhaft ausgeführt. So werden nach und nach die in 1,8 angekündigten Zukunftsaussichten zur erzählten Realität: Von der fulminanten Schilderung des Pfingstereignisses (2,1-13) über die mühevolle Verkündigung in Jerusalem (2,14-8,1) hin zur Mission in Samarien (8,4-9,10), der ersten Grenzüberschreitung in der Verkündigung des Auferstandenen, weitet sich der Kreis Schritt für Schritt. In der Episode um den äthiopischen Eunuchen (8,26-40) wird zudem ein Mann getauft, »der nach Dtn 23,2 nicht in die jüd. Kult- und Volksgemeinschaft aufgenommen werden darf«3. Für die Legitimation der Heidenmission bedarf es aber besonderer Autorisierung, zum einen durch Gott selbst4, zum anderen durch die führenden Personen der Urgemeinde in Jerusalem, unter denen in der literarischen Konstruktion der Apg Petrus als erster für die Heidenmission eintritt.
Doch auch wenn es zur deutlichen Bestätigung der Taufe von Heid*innen kommt, bleibt die Frage nach dem Modus des gegenseitigen Umgangs zwischen Heiden- und Judenchrist*innen noch offen, was besonders nach den Missionserfolgen des Paulus in der Frage nach der Beschneidungsfreiheit für Nichtjuden virulent wird. Hier wird Petrus ein letztes Mal ins Rampenlicht der entstehenden Kirche gerückt. Im Zuge des Jerusalemer Apostelkonvents (Apg 15,7-11) tritt er für die Beschneidungsfreiheit ein und setzt damit einen entscheidenden Impuls für die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Juden- und Heidenchristen. Die nötige Definition der Grenzen für dieses Verhältnis wird schließlich - in der lukanischen Darstellung - durch den Herrenbruder Jakobus geliefert. Durch die Etablierung von vier Klauseln für die Bekehrten aus den Völkern soll ein konfliktfreies Miteinander von Menschen mit heidnischen wie jüdischen Wurzeln im Bekenntnis zu Christus möglich werden (vgl. Apg 15,20.29; 21,25). Sie sollen sich enthalten von Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktem und illegitimen Sexualverkehr (15,29: ?p??es?a? e?d?????t?? ?a? a?µat?? ?a? p???t?? ?a? p???e?a?).
Mit diesen vier Mindeststandards werden Grenzen gesetzt, innerhalb derer sich christliche Identität in Abgrenzung zur paganen Gesellschaft und ihrer Kulte und zugleich durch Integration seines jüdischen Erbes entwickeln soll. »Für Lukas zeigt die Christenheit nach Apg 15 künftig ein aus Juden- und Heidenchristen bestehendes Gesicht.«5 Die Frage nach der Gestaltung dieses Prozesses der frühen Kirche zwischen Abgrenzung und Integration im Verhältnis zur paganen Umwelt führt dabei in den verschiedenen neutestamentlichen Schriften zu regen Auseinandersetzungen und unterschiedlichen Verhältnisbestimmungen. Dies wird etwa in der Herausforderung exogamer Ehen zwischen Christusgläubigen und nichtchristusgläubigen Heid*innen deutlich, wie es deutlich 1 Kor 7,12-16 und 1 Petr 3,1-6 zeigen.
Diese ehelichen Verbindungen stehen im Zentrum der vorliegenden Arbeit, da sich an ihnen wesentliche Haltungen im Umgang mit der paganen Umwelt abzeichnen, die für die Herausbildung der unterschiedlich positionierten Identitätsentwürfe der frühen Kirche maßgeblich sind. Dabei wird der Fragestellung nachgegangen, ob sich das Verbot von p???e?a in den sogenannten Jakobusklauseln (Apg 15,20.29; 21,25) auf die Ablehnung exogamer Ehen in christlichen Gemeinden bezogen hat. Auf dieser Basis soll geklärt werden, ob sich hieraus Schlüsse für die Entstehung und weitere Rezeption der Jakobusklauseln im Rahmen des neutestamentlichen Kanons finden lassen, etwa in den Sendschreiben der Offb, in denen sowohl der illegitime Sexualverkehr als auch das Essen von Götzenopferfleisch angeprangert wird. Zudem soll die historische Rolle von Petrus und Jakobus in der Urheberschaft dieser Klauseln deutlich werden, um deren historischen Entstehungskontext, über die literarische Schilderung der Ereignisse durch die Apg hinaus, genauer bestimmen zu können.
Den Ausgangspunkt der Arbeit stellt der Aufsatz »Kaiserkult in Thyatira. Eine Besichtigung der Inschriften« dar, der 2011 von Bernhard Heininger veröffentlicht wurde6. Darin findet sich die These skizziert, dass der Grund des Vorwurfs des illegitimen Sexualverkehrs (p???e?a), der in der Offb in den Sendschreiben an Pergamon (2,12-17) und Thyateira (2,18-29) geäußert wird, in der Problematik exogamer Ehen liegt7. Heininger stützt diese Beobachtung zum einen auf Quellen der LXX (z.?B.: Ex 34,15; Num 25,1-9; 31,16; Neh 13,23-29) und der frühjüdisch-außerkanonischen Literatur (z.?B.: Jub 30,7.11.13; Test XII; Ios., ant. IV 139), die er aufgrund von sprachlichen (das Wortfeld um p???e??) und inhaltlichen Parallelen (Mischehenverbot zur Identitätswahrung in bedrängter Zeit) zum Vergleich nützt. Zum anderen verweist er in aller Kürze auf sprachliche Parallelen in der ntl. Literatur. Dabei dienen ihm, neben 1 Kor, die Jakobusklauseln als Referenzpunkt8, ohne freilich auf die Verhältnisbestimmungen und Traditionslinien tiefer eingehen zu können. In derselben Kürze verweist er auch auf die Möglichkeit, dass die matthäischen »Unzuchtsklauseln« (Mt 5,32; 19,9) mit einem Mischehenverbot in Verbindung stehen könnten9. Diese Beobachtungen verbindet er mit einer eingehenden Untersuchung des epigraphischen Materials in Thyateira10, anhand dessen er die bedeutende Rolle des munizipalen Kaiserkults in der kleinasiatischen Stadt aufzeigt, der sich wohl auch auf die Situation der dortigen Gemeinde ausgewirkt hat.
Die Untersuchung Heiningers liefert in Bezug auf die Tragweite des Mischehenverbots im ntl. Identitätsdiskurs viele anregende Beobachtungen, ohne hierfür jedoch eine eingehende Detailanalyse vorzulegen. Dennoch lassen sich einige Anknüpfungspunkte finden, die für eine umfassende Untersuchung der Bedeutung exogamer Ehen im Neuen Testament höchst ergiebig sein können und denen diese Arbeit im weiteren Verlauf folgt.
Das Interesse theologischer Teildisziplinen für das Forschungsfeld der exogamen Ehen hat in jüngerer Zeit zwar spürbar zugenommen, dennoch ist das Thema theologisch bei weitem noch nicht vollständig erarbeitet. Im vergangenen Jahrzehnt ist hierzu etwa 2013 eine umfangreiche kirchenrechtliche Untersuchung erschienen, die von Susanne Ganster als Dissertation vorgelegt wurde. Das biblische Eröffnungskapitel beleuchtet hierbei, neben den alttestamentlichen Quellen, vor allem die Akzeptanz von exogamen Ehen in 1 Kor11 und liefert damit eine biblische Verortung zum sogenannten Privilegium Paulinum.
Die Thematik exogamer Ehen spielt in der alttestamentlichen Wissenschaft vermehrt eine Rolle. So wurde 2011 unter dem Titel »Mixed marriages. Intermarriage and group identity in the Second Temple period« ein Sammelband von Christian Frevel herausgegeben, der unter vielfältigen Perspektiven einen Einblick über den ambivalenten Umgang alttestamentlicher Schriften mit der Herausforderung exogamer Ehen gibt. Dabei wird nicht nur auf die in dieser Problemstellung negativ antwortenden Texte Esr und Neh eingegangen, sondern auch ein subtiler Blick auf Identitätskonstruktionen der Tora geworfen, die durchaus positive Haltungen zur Exogamie propagieren. Über den Rahmen des Alten Testaments hinaus weist die Publikation von Karen S. Winslow »Early Jewish and Christian Memories of Moses' Wives. Exogamist Marriage and Ethnic Identity« (2006). Hierin werden, neben den alttestamentlichen Textzeugnissen zur Frau des Mose, auch außerkanonische Texte frühjüdischer und christlicher Provenienz analysiert, die zeitlich etwa parallel zum Neuen Testament entstanden sind12. Zudem wird die Mischehenthematik auch im Zuge der Kommentierung jener alttestamentlichen Bücher angeschnitten, in denen Exogamie eine herausgestellte Rolle besitzt; besonders in den Kommentaren zu Esr und Neh aber auch in der Kommentierung von Rut und Est13. Da die romanhafte frühjüdische Erzählung Joseph und Aseneth eingehend die Frage nach kultverschiedenen Ehen behandelt, kommt es natürlich auch in den einschlägigen Publikationen über dieses Buch zu einer Beschäftigung mit der Frage nach Exogamie.
In der ntl. Wissenschaft beheimatete Aufsätze und Monographien zur Mischehenproblematik sind rar gesät. Zumeist wird das Thema im Rahmen der Kommentierung einschlägiger Stellen, vor allem 1 Kor 7,12-1614 und 1 Petr 3,1-6 behandelt15. Einzugehen ist auf die Veröffentlichung, die 2016 von Aliyah El Mansy unter dem Titel »Exogame Ehen. Die traditionsgeschichtlichen Kontexte von 1 Kor 7,12-16« vorgelegt wurde. Die Autorin legt dabei einen deutlichen Schwerpunkt auf eine Auswahl kanonischer wie außerkanonischer...
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