Schweitzer Fachinformationen
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»Veronika, der Lenz ist da« heißt es in einem alten Lied. Und das passt grad echt. Obwohl ich gar nicht Veronika heiße, sondern Elli. Zum einen passt's, weil nach einem langen Winter endlich der Frühling bei uns im Pfaffenwinkel Einkehr gefunden hat, und zum anderen, weil ich neuerdings mit dem Schmied Lenz liiert bin. Und genau darum ist es im Moment recht ungünstig, dass er da ist, der Lenz. Haut der doch jetzt dem Haslinger so dermaßen eine in die Visage, dass der gute Mann ein Stück weit nach hinten taumelt und, völlig überrascht von dem unverhofften Schlag, recht deppert dreinschaut.
»Ja, spinnt da Beppi?«, fasst der sich mit seiner Riesenpranke an die Wurstlippe, die augenblicklich anschwillt wie ein Dudelsack.
»Von mir kriegst auch gleich eine Bockfotzen«, mischt sich jetzt der Heinzi ein und rempelt den Haslinger von der Seite an.
»Ja, häh, häh, wie hammas denn?«, schubst der Haslinger zurück und wirft sich mit seinem ganzen bajuwarischen XXL-G'stell auf den Heinzi drauf.
Das war keine gute Idee.
Nein, echt nicht.
Weil die zwei jetzt augenblicklich am Boden liegen und sich gegenseitig hauen.
Der Boxkampf eins a.
Die Faust vom Heinzi drischt wie die vom Rocky Balboa. Trotzdem geht er ziemlich schnell k. o. Mei, der Heinzi ist ja auch ein ziemlich kümmerlicher Hering, wissen S'. Deshalb kommen ihm gleich die umstehenden Mannsbilder zu Hilfe, und bis ich schau, ist hier beim Engelsrieder Wirt eine Mordsrauferei im Gange. Und das alles nur, weil der Lenz da ist.
Nicht, dass er streitsüchtig wär, der Lenz. Nein, nein, das nicht. Und als Kriminalhauptkommissar kann er sich so einen Schlag auf dem Haslinger seine Wurstlippe auch gar nicht erlauben. Aber er ist halt eifersüchtig. Obwohl er ja gar keinen Grund nicht hat. Weil, ich will doch nix vom Haslinger Alfons. Nein, echt nicht.
Aber jetzt erst mal alles schön der Reihe nach, gell.
Heute ist Samstag, und ich bin auf dieser Mega-Achtziger-Mottoparty, die meine alte Schulkameradin für ihren Gatten gibt.
Dafür hat die Gitti extra unser komplettes Wirtshaus angemietet. Inklusive dem sich darin schon sowieso befindenden Achtziger-Jahre-Interieur. Dazu Palmen, eine Discokugel, ja sogar eine Lichtorgel hat die Gitti mitgebracht. Alles noch im Original erhalten. Auch die Gäste. Wobei ich mir bei der Gitti nicht ganz sicher bin, ob bei der nicht schon Neuteile verbaut wurden. Weil, der ihr Busen kommt mir heute irgendwie größer vor wie sonst. Aber wurscht, das tut hier im Moment nichts zur Sache.
Jedenfalls hat die Gitti diese Party monatelang minutiös geplant. Und darum war's hier einwandfrei. Die Fete grandios. Hab mich köstlich amüsiert.
Irgendwann mal - wann, kann ich nicht genau sagen -, da sind wir recht feuchtfröhlich an der Bar herumgestanden. Bis mir dann ebender Haslinger diese blöde Frage gestellt hat.
»Elli Fuchs, willst du mit mir gehen?«, hat er mich dabei angehimmelt wie ein verliebter Schulbub. Aber nein, der Haslinger wäre der Letzte, mit dem ich irgendwo hingehen würde.
»Weißt du eigentlich, dass ich schon seit unserer Kindheit in dich verknallt bin?«, hat er mich dann noch aus seinem hautengen blauen Jogginganzug heraus angegrinst.
So ein Schmarrn, ich hab den Haslinger doch früher gar nicht gekannt. Okay, bis zum Alter von zehn Jahren habe ich hier im Ort zwar gewohnt, und später war ich oft an den Wochenenden in Engelsried, aber ich wüsste nicht, dass ich dabei jemals dem Haslinger über den Weg gelaufen wäre. Und wenn, dann habe ich das bestimmt verdrängt.
»Ich sag nur: Flaschendrehen«, hat er mir dann seinen dahinfeuchtelnden Arm um die Schultern gelegt und mir ein nasses, nach Zwiebel und Schnaps riechendes Bussi auf die Backe gedrückt.
»Wie, Flaschendrehen?«, hab ich ziemlich beduselt gefragt. Einerseits vom Alkohol und andererseits vom Geruch.
»Ja sag amal, kannst du dich ans Flaschendrehen beim Heinzi seinem Kindergeburtstag nicht mehr erinnern?«
Mhm, freilich kann ich mich noch dran erinnern. Wer vergisst so was schon. Ich war zwölf oder so. Meine Eltern haben mich damals extra aus München zu dieser Geburtstagsfeier von meinem Cousin nach Engelsried gefahren. Und auf der Party, da war dann so ein grauslicher Bub. Ich sag nur: dicker Leib und dünne Haxen. Hat ausgeschaut wie ein Kartoffelknödel auf zwei Füßen.
Und wie wir dann alle im Kreis gesessen sind, hat jemand die Flasche gedreht und gesagt: »Auf wen der Flaschenhals trifft, der muss den da küssen«, und hat dabei auf den Bub gedeutet. Dann wurde die Flasche gedreht.
Und wen hat's getroffen?
Mich.
Und eins kann ich Ihnen sagen, der Kerl war widerlich. Hat das Küssen gar nicht können, weil offener Mund. Und als wäre das nicht schon übel genug, haben sich dabei auch noch unsere Zahnspangen ineinander verhakt. Ein grauenhaftes Erlebnis. Aber der greisliche Geselle von damals, das wird doch nicht der Haslinger . hab ich ihn fragend in die schwammige Visage geschaut.
Die war auf der Stelle rot wie ein Radieserl.
»Ja, ja, Fuchsin. Ich war's schon. Mich hast du damals gewonnen«, hat er hergegrinst, und sein Schädel hat dabei farblich von Radieserl auf Rote Bete gewechselt.
Oh mein GOTT! ICH HAB MIT DEM HASLINGER GEKNUTSCHT!
Mir ist schlecht geworden.
ICH HAB MIT DEM HASLINGER GEKNUTSCHT, ist es mir immer und immer wieder in meinem vom Alkohol benebelten Kopf herumgeschwirrt. Mein Hirn hat's einfach nicht begreifen können. Okay, der Haslinger ist mit dem Heinzi in dieselbe Klasse gegangen, aber dass der da auf der Geburtstagsfeier . Also, ich und der Haslinger . das ist . absurd ist das. Pfff, ich und der Haslinger Alfons . Ja aber, warum hat mir das denn bis jetzt niemand gesagt? Ich mein, ich arbeite seit einem halben Jahr für den. Schmeiße ihm praktisch seinen ganzen Laden. Verkaufe für ihn Rohre, Fittings und Klodeckel. Tippe seine Briefe ab und schreibe seine Rechnungen. Arbeite mit ihm quasi Seite an Seite und . ich hab mit dem Haslinger geknutscht .
Verzweiflung pur.
Ich muss das komplett aus dem Bewusstsein verbannt haben.
Ob der beim Küssen immer noch so furchtbar sabbert? Aber in der Zwischenzeit müsste der das Küssen doch können, oder?
In meinem Hirn hat's gerattert und gerattert. Und, ja mei, ich hab halt seit jeher diese kriminalistische Neugierde, wissen S'. Gehe den Dingen eben gerne auf den Grund. Kann da gar nichts dafür. Das Ermitteln liegt mir eben im Blut. Ja, und darum hab ich halt dringend wissen müssen, ob der Haslinger beim Küssen immer noch sabbert.
Tja, und dann hab ich's einfach ausprobiert. Obwohl es mir ja eigentlich vorm Haslinger graust und ich freilich nicht gewusst hab, was er für Essensreste in seinem Bart drinhängen hat, geschweige denn, was sich dort für Ungeziefer herumtreibt. Aber mit viel Alkohol im Hirn, da fallen halt die Hemmungen, gell.
Ohne groß darüber nachzudenken, hab ich also mit beiden Händen seine fleischigen roten Hamsterbacken zu mir hergezogen und ihn geküsst. Einfach so. Und nein, hat nicht mehr gesabbert. Aber der Bart hat gestupst. Der Kuss war ganz okay, kann man echt nix sagen.
So. Und jetzt sind wir eben wieder genau da, wo wir vorhin waren. Also am Anfang vom Buch. Weil exakt in diesem Moment, wo ich den Haslinger geküsst hab, ist eben der Lenz plötzlich dagestanden.
Zuerst hab ich ihn ja gar nicht gesehen.
Und wie ich ihn dann bemerkt hab, da hat er schon dem Haslinger diesen Schlag versetzt. Mei, was soll ich sagen. Kurzschlussreaktion. Eifersucht. Ist halt keiner vor gefeit, gell. Auch kein Kriminalhauptkommissar. Und jetzt fliegen hier eben Fäuste, Wörter und Maßkrüge.
So ein Mist.
Ich schau zum Lenz rüber. Der Mann schaut heute mal wieder bombastisch aus. Lederjacke mit Fransen, hautenge Jeans, in der alles genau da sitzt, wo es sitzen soll. Cowboystiefel, Nietengürtel und Lockenperücke. Bon Jovi: Scheißdreck dagegen. Mei, was bin ich in ihn verliebt, und freilich würde ich hier und jetzt sofort alles aufklären, aber im Moment ist halt grad schlecht.
»Ja, tun S' halt was, Sie sind doch die Polizei!«, schreit ihn jemand an. Aber der Lenz steht nur mit versteinerter Miene da und sieht zu, wie sich die anderen die Köpfe einhauen. Ist stinksauer. Und weil er halt nicht reagiert, kommt jetzt die große alte Feuerspritze zum Einsatz. Die steht seit jeher für einen eventuellen Brandfall bereits mit Wasser gefüllt in der Ecke der Wirtsstube rum.
Jemand zielt mit dem Schlauch und der Pistole auf die rauflustige Meute und ruft mir zu: »Pump!«
Mei, dann pump ich halt.
Der Wasserstrahl schießt durch den Schlauch, dass es eine wahre Freude ist. Innerhalb kürzester Zeit ist die ganze Saubande britschelnass.
Das Resultat dieser Prügelei: zerrissene Achtziger-Jahre-Klamotten, anschwellende Männervisagen, blutendes Zahnfleisch und eine schwimmende Wirtsstube.
»Hol was zum Kühlen. Am besten Eiswürfel«, befiehlt die Gitti dem Heinzi, und der humpelt, sich die blutige Backe haltend, suchend durch die Schwingtüre. Ich folge ihm helfend, weil schließlich bin ich schuld an dem ganzen Dilemma. Also ab zum Kühlschrank. Der steht in der Küche.
Leider komme ich dort nicht recht voran, weil fettiger Fliesenboden. Wie ich den Kühlschrank dann erreiche, reiß ich mit Schwung die Tür auf. Immerhin bin ich auf der Suche nach was Kaltem. Und ja, dadrin scheint es recht eisig zu sein. Selbst das Gemüse hat sich schon einen Pelz zugelegt. Auch das Obst schaut irgendwie flauschig aus. Man kann sagen, Obst und Gemüse...
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