Schweitzer Fachinformationen
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Ein Sommer auf Capri. Zwei Herzen im Glück."Ein Sommer auf Capri. Persönliche Assistentin für Recherche- und Schreibarbeiten gesucht". Als Isa diese Anzeige liest, ist sie gerade an einem seelischen Tiefpunkt angekommen. Also packt sie kurzentschlossen ihre Koffer, fliegt nach Capri und findet sich in einer wunderschönen Villa am Meer wieder. Hier lebt die glamouröse Schriftstellerin Mitzi, die mit über 80 ihre Erinnerungen aufzeichnen möchte. Während der Arbeit an dem Buch kommt Isa zur Ruhe - und Mitzi wird immer aufgewühlter. Denn tief in ihrer Erinnerung verbirgt sich eine große Liebe, die nie erfüllt wurde ...
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HEUTE IST DER dreißigste April 2017, draußen blühen die Bäume, und vor ganz genau einem Jahr endete mein Leben. Nicht dass ich gestorben wäre, im Gegenteil - angesichts dessen, wie ich mich innerlich fühle, bin ich geradezu erschreckend lebendig: Ich höre nach wie vor jeden Morgen Radio, bekomme immer noch schwitzige Hände, wenn ein Kontrolleur meine Fahrkarte sehen will, und gerate jeden Abend außer Atem, wenn ich die Treppe zurück in den vierten Stock hinaufsteige, wo meine kleine Altbauwohnung liegt. Ich wechsle täglich meine Unterwäsche, putze morgens und abends Zähne, nehme Multivitamintabletten, koche zu große Portionen Pasta, atme, verdaue, menstruiere. Sogar meine Haare wachsen immer weiter, zumindest muss ich spätestens alle drei Monate zum Friseur.
Aber mein Leben, wie ich es kannte? Das ist vorüber.
Bis vor einem Jahr wäre ich zum Beispiel nie, nie, niemals an einem Sonntagmorgen ins Café Brel geflüchtet, bloß um nicht allein zu Hause sein zu müssen. Noch vor einem Jahr wäre ich sonntags entweder ins Fitnessstudio gegangen, um meine vierzig Minuten auf dem Crosstrainer zu absolvieren, oder Alex und ich hätten Freunde zum Frühstück eingeladen - Anni und Peter oder Evelyn und Jo oder alle gemeinsam. Bei gutem Wetter hätten wir vielleicht einen Ausflug gemacht, aber wahrscheinlich wären wir einfach zu zweit im Bett geblieben und hätten das wohlige Gefühl genossen, dass nichts da draußen so wichtig war, als dass wir dafür hätten die warmen Federn verlassen müssen. Wir hätten gekuschelt und Zeitung gelesen, über Alex' iPad gebeugt den nächsten Urlaub geplant oder zärtlich darüber gestritten, wie wir unseren Sohn oder unsere Tochter nennen würden, wenn es eines Tages - möglichst bald - so weit wäre. Irgendwann wäre Alex vielleicht aufgestanden, um uns Cappuccino zu machen und etwas Leckeres aus dem Kühlschrank zu holen, der mit allen Köstlichkeiten der Welt gefüllt war: frisch gepresster Orangensaft und Schokopudding, Käse und gesalzene Butter aus dem kleinen französischen Käseladen in der Vorbergstraße, Parmaschinken und Mortadella, halbe Ananas, kleine Kressebeete und knackiges Gemüse. Später hätte er sein Fahrrad aus dem Keller geholt, um bis an die Stadtgrenze und wieder zurück zu fahren, und ich wäre mit ein paar neuen Büchern aus dem Laden vom Bett aufs Sofa umgezogen, um den Nachmittag über nach Lektüreschätzen zu suchen, die ich meinen Stammkunden in der nächsten Woche empfehlen würde.
So sah mein Leben einmal aus: Ich hatte einen Mann, den ich liebte. Einen Job, auf den ich mich am Morgen freute. Und Pläne für die Zukunft. Ich machte Sport, traf mich so oft es ging mit meinen besten Freundinnen und hatte Rohmilch-Camembert im Kühlschrank.
Und jetzt? Habe ich nichts mehr von alledem. In unserer einst gemeinsamen Wohnung lebe ich seit einem Jahr allein. Im Fitnessstudio war ich nicht mehr, seit die Buchhandlung, in der ich fast 15 Jahre lang mit Leidenschaft und Herzblut gearbeitet habe, vor acht Monaten plötzlich geschlossen hat. Weil sich Iris, meine Chefin, im zarten Alter von 63 Jahren in einen anderen Buchhändler verliebt hat. Der allerdings seinen Laden nicht in Schöneberg und auch sonst nirgendwo in Berlin hat, sondern in Palma de Mallorca. Wo die beiden seitdem den zahlreichen deutschen Ganzjahres-Mallorquinern Terrassenlektüre verkaufen. Okay, französischen Käse gibt es immer noch in meinem Kühlschrank, aber nur faden Supermarkt-Weichkäse.
Und meine besten Freundinnen? Tja. Die habe ich natürlich auch noch. Und ich habe sie auch immer noch so gern wie niemanden sonst auf der Welt - wir kennen uns schließlich schon ewig! Es ist nur so, dass Anni und Evelyn vor Kurzem Kinder bekommen haben und dann aus unserem Kiez weggezogen sind. Erst Anni: Als sie schwanger wurde, haben Peter und sie verzweifelt eine größere Wohnung gesucht, aber die Mieten sind in den letzten Jahren so stark gestiegen, dass sie sich nicht mal mehr eine neue Zweizimmerbude hätten leisten können. Sie haben hin und her überlegt und sind schließlich allen Ernstes in Lichterfelde-West gelandet, einem Stadtteil, den ich nur kenne, weil dort eine alte Schulfreundin meiner Oma lebte, die ich ein- oder zweimal mit besuchte. Gut, schon klar: Dort haben sie Kinderzimmer, Wohnküche und Gartenanteil, es gibt immer einen Parkplatz vor der Tür, und die S-Bahn-Anbindung ist auch nicht so übel. Aber für mich bedeutet das, dass ich, wenn ich mal einen Kaffee mit ihr trinken will, eine halbe Weltreise unternehmen muss. Und ich kann nicht mal mehr auf Evelyn ausweichen, denn die hat kurz darauf nachgezogen, und zwar in wirklich jeder Hinsicht: Schwangerschaft, Wohnungssuche, nach Lichterfelde-West. Seither streune ich durch meinen Kiez wie eine ausgesetzte Hündin, während die beiden gemeinsam ihre Hightech-Kinderwagen durch den Schlosspark schieben und über Babyphone-Apps, Schlafprobleme und die horrenden Honorarvorstellungen mäßig mobiler Granny-Nannys diskutieren.
Natürlich bemühe ich mich nach Kräften, weiterhin Anteil an Annis und Evelyns Leben zu nehmen: Ich rufe regelmäßig an, erkundige mich nach dem aktuellen Stand von Kita-Suche, Durchschlafproblemen und Windeldermatitis, interessiere mich für Beikost und erste Trotzattacken und diskutiere leidenschaftlich mit, wenn sich die Frage stellt, wie man einem unwilligen Baby Antibiotika einflößt. Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, fahre ich sogar raus zu ihnen, schiebe Kinderwagen, halte Decaf-Cappuccino-Becher, positioniere Sonnensegel. Aber irgendwie . bin ich halt nur eine gute Freundin ohne Kinder und keine Vollblutmami wie sie. Ich kann ein Baby zwar halten, es schaukeln, ihm sogar Fläschchen geben, und natürlich sind sie nach wie vor meine alten Mädels, und sie fangen auch so langsam wieder an, sich neben den Kindern für ihre Jobs, den Weltfrieden und die Frauenquote zu interessieren - trotzdem ist es so, als hätten die beiden einen anderen Raum betreten, während ich immer noch diesseits der Türschwelle stehe und nur ahnen kann, wie es sich auf der anderen Seite anfühlt.
Dabei würde ich es so gerne wissen. Schließlich war ich die von uns dreien, die schon zu Uni-Zeiten so oft über Babys sprechen wollte, dass ich den anderen fast schon peinlich war, wenn wir nachts in irgendwelchen Kneipen saßen und Männer in der Nähe waren.
Und deshalb ist das ganze Kinderthema, so sehr ich die süßen Kleinen von Anni und Evelyn ins Herz geschlossen habe, nicht ganz, na ja - unbelastet.
Ich bin die Frau, die immer Kinder wollte, und Alex, der wollte es genauso. Mindestens zwei, wenn nicht drei Kinder hatten wir uns ausgemalt, für den Anfang. Aber dann . tja. Wir haben es lange probiert, auch mit medizinischer Hilfe, und als irgendwann klar war, dass ich nicht schwanger werden konnte, na ja. Wir haben uns natürlich versichert, dass sich nichts ändern würde, nicht an unserem Leben, nicht an unserer Liebe. Aber natürlich änderte sich etwas: und zwar alles. Und das Wissen darum nahm so viel Raum zwischen uns ein, dass wir nicht mehr zueinanderfanden, so sehr wir auch versuchten, uns am anderen festzuklammern.
Und so sitze ich jetzt, ein Jahr später, alleine im Café und nippe an einem Cappuccino, der nicht halb so gut schmeckt wie der, den Alex mit seiner Maschine zaubern konnte. Aber gut, wegen des Kaffees bin ich ja auch nicht hier. Um mich abzulenken, gehe ich vor zum Tresen, wo fein säuberlich aufgereiht Lesezirkelhefte und Magazine ausliegen. Ich ziehe die Sonntagszeitung hervor, nehme sie mit an den Tisch und versuche, ein interessiertes und aufgeräumtes Gesicht zu machen, das Gesicht eines zufriedenen Großstadt-Singles in seinem Stammcafé - und nicht das einer einsamen und mutlosen Frau, die ihre stille Wohnung nicht erträgt.
Dabei habe ich mal regelmäßig Zeitungen gelesen. Die Buchhandlung war ja immer voll von Leuten, die oft nur auf eine Tasse Earl-Grey-Tee und einen Plausch vorbeikamen und für die der Laden so etwas wie ein zweites Wohnzimmer war. Und da empfand ich es quasi als Selbstverständlichkeit, mich jeden Morgen zumindest grob darüber zu informieren, welche politischen Themen gerade das Land bewegen, wie die wirtschaftliche Stimmung im Allgemeinen ist und vor allem, welche Bücher empfohlen oder verrissen werden. Ich mochte das Gefühl, Bescheid zu wissen, die Sprache meiner Kunden zu sprechen und ihr Vertrauen zu gewinnen - Beraterin zu sein und nicht nur Verkäuferin. Und nichts genoss ich mehr als den Moment, wenn in der ZEIT oder der FAZ ein Buch emporgejubelt wurde, das ich meinen Stammkunden schon vor Wochen ans Herz gelegt hatte.
Doch seit der Buchladen zugemacht hat, ist es nicht mehr dasselbe. Irgendwie macht es keinen Spaß, sich über Politik und Literatur informiert zu halten, wenn man niemanden hat, der mit einem darüber diskutiert.
In dem Laden, in dem ich jetzt arbeite, brauchen die Kunden keine Beratung. Sie wollen nicht einmal, dass irgendjemand überhaupt mit ihnen spricht. Das Presse-Paradies ist ein fensterloser, aber grell beleuchteter kleiner Zeitungsladen in den Untiefen des Bahnhofs Zoo, in dem sich niemand länger aufhält als unbedingt nötig. Die meisten Kunden kommen bloß schnell rein, schnappen sich die Zeitung, die sie wollen, ihre Pfefferminzbonbons oder den Softdrink dazu, lassen das abgezählte Kleingeld in die Wechselgeldschale rasseln und beeilen sich dann, ihre S-Bahn zu erwischen. Nur wer die verpasst hat, nimmt sich die Zeit, sich ein wenig in die Auslage mit den Magazinen zu vertiefen. Aber selbst dann würde er sich nie, nie, niemals für den Menschen hinter dem...
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