Schweitzer Fachinformationen
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Ein rätselhafter Brief wirbelt das Leben von Rike Kehrmann durcheinander. Ein Unbekannter schreibt, er habe jahrelang nach ihrer verstorbenen Mutter gesucht, denn sie sei die Liebe seines Lebens gewesen.
In der Hoffnung, mehr zu erfahren, fährt Rike nach Amsterdam, in die Stadt ihrer Kindheit - und lernt dort nicht nur Hendrik Rhee und seine fidele Senioren-WG kennen. Es wird auch eine Reise in ihre eigene Vergangenheit, und sie bleibt nicht ohne Folgen für Rike zukünftiges Leben ...
Ein Roman über die Macht der Erinnerung - und die Enthüllung einer neuen Wahrheit.
Der Tonfall, in dem Greet telefonierte, verhieß nichts Gutes. Zuerst konnte Hendrik kaum etwas verstehen, doch mit jeder Stufe, die er sich ihren Räumen näherte, änderte sich das. Noch fünf Schritte, als der Satz »Glaub ja nicht, dass du diese Nummer noch mal bringen kannst! Ich bin alt. Aber nicht plemplem!« durch die Tür drang.
Nun bestand kein Zweifel mehr, dass Greet mit ihrer Tochter sprach. Unentschieden, ob er klopfen sollte, verharrte Hendrik vor der Tür. Für einen Moment war es still, dann läutete Greet das Finale ein: »Das ist mir völlig egal. Aber ich schwöre dir: Wenn ich noch einmal Post von diesem Heim bekomme, verklage ich dich bis in die höchste Instanz!« Mit einem lauten Knall landete etwas auf dem Tisch.
Wenn Greet wütend war, wollte sie meistens ihre Ruhe haben. Doch Hendriks Gefühl sagte ihm, dass er nicht so tun konnte, als habe er nichts gehört. Er klopfte und spitzte ins Zimmer. Seine Freundin stand am Fenster und starrte hinaus. Er räusperte sich, doch Greet rührte sich nicht. Als er neben sie trat, sah er, dass ihr Tränen in den Augen standen. Die Hände hatte sie zu Fäusten geballt.
»Ach, Greetje, was ist passiert?« Er legte einen Arm um sie und drückte sie an sich. »Macht Saskia wieder Probleme?«
»Ich kann dir nicht sagen, wie wütend ich bin«, sagte Greet mit erstickter Stimme. »Sie will mich einfach nicht in Ruhe hier leben lassen.« Ungehalten wischte sie sich über die Augen und sah ihn an. »Was habe ich nur falsch gemacht, dass aus diesem niedlichen Mädchen eine so unerträgliche Tussi geworden ist?«
»Nicht immer sind wir Eltern daran schuld«, sagte Hendrik leise. Er kannte Kummer dieser Art und wusste, er hatte eine lange Halbwertzeit. »Worum ging es denn konkret?«
»Sie erzählte mir, sie wolle sich keine Sorgen mehr um mich machen müssen, und ist besessen von der Idee, mich in diesem verfluchten betreuten Wohnen unterzubringen. Als wäre ich jemals bei ihr aufgekreuzt und hätte sie um Hilfe gebeten! Ist es zu fassen?«
»Vermutlich ist genau das der Punkt«, überlegte Hendrik. »Vielleicht kann Saskia nicht akzeptieren, dass sie sich allmählich alt fühlt, während du zwar alt bist, aber mit viel Elan durchs Leben gehst.« Er drückte sie erneut kurz an sich. »Und jetzt lässt du dich nicht mal in so ein schönes Heim einweisen. Ein Ort, an dem du endlich etwas Ordentliches zu essen bekommst.«
Wider Willen musste Greet lachen. »Du hast recht. Ich bin eine böse, alte Hexe. Nicht mal das gönne ich meiner Tochter. Wenn sie aber noch einen Vorstoß unternimmt, wird sie mich kennenlernen.« Greet holte tief Luft. »Apropos Elan. Wollen wir was trinken gehen? Ich muss dringend mal raus.«
Während Greet sich im Bad frisch machte, dachte Hendrik an seine Eltern. War er ihnen ein guter Sohn gewesen? Was bedeutete dieser Begriff schon? Er hatte ihnen im Laden oft unter die Arme gegriffen und nach der Schule die Bestellungen ausgeliefert. Später war er seinem Vater bei der Buchhaltung behilflich gewesen. Natürlich hat es auch mal Streit gegeben, aber im Vergleich zu den Kämpfen, die seine Schwester Louise mit ihnen ausgefochten hatte, war er ein braver Junge gewesen.
Erst sein gesellschaftlicher Aufstieg hatte ihnen Probleme bereitet. Schon beim Empfang zu seiner Hochzeit stand ihnen die Verunsicherung ins Gesicht geschrieben, und seine Mutter hatte ihm später anvertraut, dass sie sich am liebsten unter das Personal gemischt hätte.
Auch seine Emigration war schwer für sie gewesen. Wenn er an diesen Abschied dachte, sah er sie winkend am Kai, klein wie Ameisen zwischen den vielen anderen, die zurückblieben. Anfangs hatte er sie regelmäßig angerufen. Bis seine Mutter ihm gestand, dass solche Gespräche den Trennungsschmerz noch vergrößerten. Erst recht, als sie ihr Enkelkind nicht in die Arme schließen konnte. Er war diesem Wunsch nachgekommen, auch wenn er den Klang ihrer Stimmen vermisste hatte. Stattdessen war er dazu übergegangen, ihnen wöchentlich einen Brief zu schreiben, dem er Fotos beilegte.
Sie landeten in einer dieser typischen alten Kneipen. Dunkles Holz, knarzende Dielen, einfache Tische und Stühle. Ein altes Blechschild warb für Genever, am Billardtisch fachsimpelten drei Männer über den nächsten Stoß.
Hinter der Theke stand die Wirtin, eine ältere Blondine, die von allen Tante Cato genannt wurde und ihn freundlich begrüßte.
Hendrik kannte das Lokal aus den Jahren, als er sich regelmäßig mit seinem Schwiegervater getroffen und über alte Zeiten geplaudert hatte. Die Verbundenheit der beiden Männer hatte ihren Anfang während Katriens unheilbarer Krankheit genommen. Als die Eltern von der Diagnose erfuhren, hatten sie das nächste Flugzeug nach Australien genommen, um bei ihrer Tochter sein zu können. Der alte Herr van Dongen und er waren sehr vertraut miteinander geworden, die Distanz zu Mutter und Tochter hatte sich indessen noch vergrößert.
Nach der Geburt ihres Sohnes war Hendrik zuversichtlich gewesen, dass der kleine Junge sie wieder zusammenbringen würde. Doch Katrien hatte nur Augen für das Baby gehabt und ihn ausgeschlossen, wo es nur ging. Da war ihm zum ersten Mal klar geworden, dass ihre Ehe vor dem Aus stand, und er hatte sich gefragt, warum er damals nicht seinem Herzen gefolgt und bei Cisca in Amsterdam geblieben war.
Der aggressive Ton eines Gastes riss Hendrik aus seinen Gedanken. Wüst schimpfend verließ der Mann die Kneipe und stellte sich einer jungen Frau in gewagtem Minirock in den Weg. Durch die offene Tür konnte die Kundschaft den Streit gut verfolgen. Greet verdrehte die Augen. »So wie der Kerl sich aufführt, könnte er ein Bruder von Saskias Vater sein. Vor kurzem ist mir klar geworden, dass ich froh sein kann, dass es zu Klaas' Zeiten noch keine Handys gab. Er hätte mich pausenlos in der Schule angerufen, um seinen Unmut über mich hinauszuposaunen.«
»Ich habe den Kerl nie leiden können.« Hendrik dachte mit Widerwillen an den grobschlächtigen Mann, den Greet geheiratet hatte, als sie von ihm schwanger geworden war. »Wie war denn das Verhältnis zwischen ihm und Saskia nach eurer Trennung? Hatten die beiden noch Kontakt?«
Greet schüttelte den Kopf. »Er war von heute auf morgen verschwunden. Wenn sie ihren psychologischen Tag hat, macht Saskia mir immer noch Vorwürfe, dass ich ihn vor die Tür gesetzt habe.« Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich weiß, dass du auch schon viel Kummer mit deinem Sohn hattest. Aber glaube mir, du kannst von Glück sprechen, dass er in den USA lebt. Dadurch, dass Saskia direkt vor Ort ist, entwickle ich allmählich eine richtige Aversion gegen sie.
Vor einer Woche ging ich durch die Fußgängerzone, als ich glaubte, sie komme mir entgegen. Ich bin sofort ins nächste Geschäft - ausgerechnet in einen Haushaltsladen - und habe mich ausführlich über teure Küchenmaschinen beraten lassen. Dabei habe ich die Straßen genau im Auge behalten. Der Verkäufer muss gedacht haben, ich bin verrückt .«
»Ich finde die Kombi eher verrückt: du und Küchenmaschinen!«
»Lach du nur. Wenn Saskia jetzt hier wäre, würde sie mir auch noch zum Vorwurf machen, dass ich nicht kochen kann.« Sie schnappte sich die Karte und blätterte darin. »Ein Glück, dass Karel das erledigt.«
Nachdem der Kellner die Getränke gebracht hatte, tranken sie in einträchtigem Schweigen und sahen den Passanten zu, die am Fenster vorbeigingen. Es dämmerte bereits, und im Haus gegenüber brannte in den ersten Fenstern Licht.
»Denkst du manchmal darüber nach, wie dein Leben verlaufen wäre, wenn du andere Entscheidungen getroffen hättest, anderen Menschen begegnet wärst?«, fragte Greet.
»Seit Henrike da ist, geht mir das ständig durch den Kopf.« Hendrik ließ das Bier im Glas kreisen. »Auch in Australien, als meine Ehe zerbrach, habe ich damit gehadert, dass ich mich den gesellschaftlichen Zwängen gefügt und nicht auf mein Herz gehört habe. Aber wer weiß, wie das Leben weitergegangen wäre, hätten wir uns für einen anderen Weg entschieden .« Er ließ den Satz ausklingen, dachte an die Zeit nach Katriens Tod. Adriaan war damals erst vierzehn, und er selber hatte keine Ahnung, wie sein Leben weitergehen sollte. Alle glaubten, er vermisse seine verstorbene Frau. Doch in...
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