Schweitzer Fachinformationen
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»Und nun?«
Nachtigall wollte gerade antworten, da störte sein Handy.
»Ja, Nachtigall!«, meldete er sich nach einem kurzen Blick auf das Display.
»Kerbel noch mal. Einer meiner Männer hat eine Kette im Gras gefunden. Sieht nicht so aus, als läge sie dort schon lange. Goldkettchen mit Medaillon. Außen gibt es eine Gravur: >Für meine liebe Tochter Lilli<. Vielleicht hilft das bei der Identifizierung des Opfers.«
»Danke. Bitte geben Sie die Kette an unser Team weiter. Wir suchen mal, auf welche vermisste Person der Kosename Lilli passen könnte.«
Wiener sah Nachtigall fragend an: »Lilli? Liliane, Liese, Lisbeth .?«
»Na dann. Suchen wir in der Datensammlung.«
Wiener steuerte den Wagen auf die Straße zurück.
»Was mag nur in der Kiste sein? Wenn sie dem Täter gehörte, finden wir vielleicht wichtige Hinweise auf ihn darin?«
Nachtigall meinte: »Wenn sie Hinweise auf ihn enthalten sollte, hätte er sie doch nach dem Inbrandsetzen mitgenommen. Ich fürchte, wir werden etwas ganz anderes darin finden. Er wollte, dass sie vom Feuer verschont bleibt, sonst wäre sie im Haus gefunden worden und nicht in sicherer Entfernung.«
»Vielleicht war es notwendig, erst die Kiste und die Materialien für seinen Brand auszuladen, um dann die Leiche aus dem Kofferraum oder Anhänger zu hieven. Als das Feuer in Gang kam, musste er eilig verschwinden, möglicherweise ist ihm der Zeuge aufgefallen, der zu der Zeit unterwegs war. Er hat sich aus dem Staub gemacht und die Kiste vergessen«, schlug Wiener ein anderes Szenario vor.
»Wozu den Brustkorb aufschlitzen?«, grübelte Nachtigall. »Wenn er tatsächlich Organe entnommen hat - was wollte er damit?«
»Essen«, schlug Wiener trocken vor.
Der Freund schüttelte sich. »Essen? Menschliche Innereien?«
»Wer weiß, wäre doch möglich, er glaubt, er müsse das tun. Kannst du dich noch an den Typen erinnern, der meinte, er müsse menschliches Fleisch verzehren, weil er sich sonst auflösen würde? Außerirdische sin au mit im Spiel gewese. Die händ ihm ein Zeichen gebe, wenn es so weit gewese isch un er nachlege musst.«
»Ja, ich erinnere mich. Ein Beispiel aus der forensischen Psychiatrie, von dem man uns erzählt hat. Das war überhaupt ein sehr sonderbarer Fall, nicht nur dieses Kannibalen wegen. Seit dieser Zeit lebt Casanova bei mir.«
Wiener grinste. »Der verwöhnte Kater, der dir beim Lösen der Fälle behilflich ist!«
Im Büro angekommen, stellte Nachtigall fest, dass sich auf seinem Schreibtisch bereits die Berichte der Feuerwehr zu den Brandeinsätzen der letzten Wochen türmten.
»Wenn wir den Täter nicht schnell finden, kann ich bald nicht mehr über den Stapel rübersehen«, maulte der Hauptkommissar und schlug die erste Akte auf. »Hm.«
Wiener loggte sich ein und suchte in der Liste der vermissten Personen nach jemandem, den die Eltern Lilli genannt haben könnten.
Er wurde rasch fündig.
»Elisabeth Schandtke, genannt Lilli. Die Kollegen haben einen detaillierten Bericht eingestellt. Also: Die Familie wohnt in der Pestalozzistraße. Die Tochter Elisabeth ist gerade volljährig geworden, ihre große Schwester lebt im Ausland. Die ältere Tochter der Familie war eine Woche nicht erreichbar, offenbar auf einem Survivaltrip, rief nach ihrer Rückkehr aber die kleine Schwester an. Konnte sie nicht erreichen, die aufgeregten Eltern wussten auch nicht, wo das Mädchen sein könnte. Alle Anrufe bei Bekannten und Freunden blieben ergebnislos. Die Eltern meldeten Elisabeth als vermisst. Unklar ist allerdings, seit wann genau sie nicht mehr nach Hause gekommen ist. Offenbar ist sie sehr selbstständig, meldet sich nicht ab und gibt nicht Bescheid, wenn sie wieder zurück ist. Gelegentlich übernachtet sie für ein paar Tage bei Freunden - man macht sich nicht gleich Sorgen, wenn sie nicht beim Frühstück auftaucht«, fasste er die Informationen zusammen, drehte den Monitor um. »Das ist sie.«
Nachtigall schluckte trocken. Hustete. Wollte sich nicht vorstellen, dass aus diesem hübschen Mädchen mit den langen dunklen Haaren und den strahlenden Augen das schwarzverkohlte Opfer geworden war, das er vor wenigen Stunden gesehen hatte.
»Mein Gott. Wie sicher sind wir?«
»Gar nicht. Wir bräuchten schon die Kette, um die Eltern befragen zu können.«
»Da komme ich wohl gerade recht!«, verkündete eine jugendliche Stimme auf dem Gang. Verblüffte Blicke huschten über die Schreibtische. Wiener hob ratlos die Arme.
»Herr Peddersen schickt mich. Er meinte, Sie bräuchten sicher das Beweismittel so schnell wie möglich. Die Sache dort in Müschen gestaltet sich schwierig. Aber egal, Peddersen setzt sich am Ende immer durch. Ach, Dr. Pankratz hat sich bei uns gemeldet. Er ist in etwa einer halben Stunde vor Ort. Danach nimmt er das Opfer sicher gleich mit und wir haben freie Bahn.« Der Kollege lachte breit und übergab einen Beweismittelbeutel an Nachtigall.
»Das Medaillon!«, freute sich der Hauptkommissar.
»Yupp. Ich muss wieder los!« Sprachs, und schon war der junge Mann über die halbe Länge des Ganges, als Nachtigall die Tür erreichte.
»Ein herzliches Dankeschön! Das war genau im richtigen Moment!«
»So, komm! Wir fahren bei den Eltern vorbei, und haben wir dort kein Glück, versuchen wir es bei der Schwester«, forderte er den jungen Kommissar auf.
Wiener beeilte sich, hinter dem Schreibtisch vorzukommen, und lief dem Freund hinterher.
»Die Schwester lebt dauerhaft im Ausland«, erinnerte sich Wiener.
»Das Medaillon wurde draußen im Gras eher zufällig entdeckt. Ist es beim Transport der Leiche verloren gegangen? Oder ist das ein absichtsvoll gegebener Hinweis?«
»Wenn er uns eine Kiste zurücklässt, warum dann nicht auch einen Anhänger?«, antwortete Wiener.
»Doch dann hätte er die Kette auch in die Kiste legen können, oder? Immerhin bestand ja bei dem Großeinsatz der Feuerwehr die Gefahr, dass Räder den Anhänger tief in den Boden drücken und wir ihn nie finden.«
»Er hat es dem Zufall überlassen? Meinst du das? Gottes Urteil, Wink des Schicksals? Vielleicht gehört die Kette einem Mädchen aus der Nachbarschaft, das sie dort verloren hat. Dann ist das Medaillon nichts weiter als eine tote Spur.«
»Diese Kette ist nicht eine von den modernen. Das Medaillon sieht nach Handarbeit, nicht nach Massenfertigung aus. Wir fragen einfach nach.«
Das schmucke, imposante Einfamilienhaus lag inmitten eines Gartens, in dem es üppig blühte.
Die weiße Fassade leuchtete in der Sonne, die polierten Fensterscheiben schienen den ungebetenen Besuchern einladend zuzublinzeln. Zwei Etagen, offensichtlich alle Räume bewohnt, registrierte Nachtigall berufsneurotisch. Unter dem Mansardgiebeldach zierte ein halbrundes Fenster die Fassade, über dem Eingang spannte sich ein Rundbogen.
Gelbe und rosa Blüten im Überfluss. Nach hinten begrenzte den Garten eine begrünte Mauer, die den Eindruck von Regenwald verstärkte. Es hätte Nachtigall nicht gewundert, Papageien aus dem Bewuchs flattern zu sehen. Ein Gartenparadies.
Ein wenig schuldbewusst dachte Nachtigall an sein eigenes Stück Grün hinter dem Haus und nahm sich fest vor, wenigstens den Rasen mal wieder zu mähen. Die Katzen, hatte seine Frau Conny neulich erzählt, hätten sich schon lautstark beschwert, weil es den Mäusen zu leicht gemacht wurde, im hohen Gras unterzutauchen.
Das Gartentor zwischen den Backsteinsäulen stand offen.
Die beiden Ermittler werteten das als Einladung und betraten das Grundstück.
Links vom Weg, auf einer geschwungenen Gartenbank, saß eine ausgesprochen korpulente Frau, die wie die Urmutter der Umweltschutzbewegung aussah. Die lockigen grauen Haare fielen bis über ihre Schultern, die bequeme Tunika aus grober Baumwolle und die Pluderhose verbargen die Konturen des Körpers komplett, und die Füße fanden ausreichend Bewegungsfreiheit in ledernen Gesundheitssandalen.
Als die beiden Besucher näher kamen, hob die Frau den Kopf.
»Sie sind eindeutig nicht die Person, mit der ich verabredet bin. Ein spontaner Besuch demnach, sonst hätten Sie einen Termin vereinbart. Wie also kann ich Ihnen helfen?«, erkundigte sie sich in einer Art Singsang.
Nachtigall, der sich in seinem schwarzen Outfit wie ein Fremdkörper in dem bunten Rund fühlte, fummelte seinen Ausweis hervor. »Kriminalpolizei Cottbus.« Er ahnte, dass es schwierig werden würde. Noch schwieriger als sonst.
»Sie kommen wegen unserer kleinen Elisabeth«, stellte sie ruhig fest.
»In den Akten steht, dass Sie Ihre Tochter Lilli nennen.«
»Oh ja. Das ist eine Familientradition.«
»Wir haben eine Kette gefunden, die einer Lilli geschenkt wurde. Das geht aus der Gravur hervor.« Nachtigall holte den Beweismittelbeutel aus der Jackentasche. »Gehörte diese Kette Ihrer Tochter?«
Frau Schandtkes Finger zitterten leicht, als sie die Hand ausstreckte.
Nachtigall legte das transparente Tütchen hinein.
Wie Klauen umschlossen die Finger das Kettchen.
Frau Schandtke zerrte unsanft mit einer ungeduldigen Bewegung die Lesebrille aus den Haaren, betrachtete das Schmuckstück voller Interesse.
»Ich spüre, dass Sie glauben, Lilli sei tot. Aber das stimmt nicht. Ich habe eine spiritistische Verbindung zu ihr und weiß, es geht ihr gut. Ihre Theorie ist falsch, denn...
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