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Während Gertrude Steins letzten beiden Jahre an der Johns Hopkins Medical School, Baltimore, 1900-1903, lebte ihr Bruder in Florenz. Dort hörte er von einem Maler namens Cézanne und sah Bilder von ihm die Charles Loesser gehörten. Als er und seine Schwester sich im folgenden Jahr in Paris niederließen gingen sie zu Vollard dem einzigen Gemäldehändler der Cézannes zu verkaufen hatte, um diese anzusehen.
Vollard war ein großer dunkelhaariger Mann der ein wenig lispelte. Sein Laden war in der Rue Lafitte nicht weit vom Boulevard. Etwas weiter diese kurze Straße entlang war Durand-Ruel und noch etwas weiter fast an der Kirche der Märtyrer war Sagot der ehemalige Clown. Weiter oben in Montmartre in der Rue Victor Massé war Mademoiselle Weil die ein Sammelsurium aus Bildern, Büchern und Nippes verkaufte und in einem ganz anderen Teil von Paris in der Rue Faubourg Saint-Honoré war der ehemalige Cafébesitzer und Fotograf Druet. Ebenfalls in der Rue Lafitte war die Konditorei Fouquet wo man sich mit köstlichen Honigkuchen und Nusspralinen trösten und sich hin und wieder anstatt eines Bildes Erdbeermarmelade im Glas kaufen konnte.
Der erste Besuch bei Vollard hat einen unauslöschlichen Eindruck bei Gertrude Stein hinterlassen. Es war ein unglaublicher Ort. Er sah nicht aus wie eine Gemäldegalerie. Im Inneren waren einige Bilder zur Wand gekehrt, in einer Ecke war ein kleiner Haufen großer und kleiner Bilder in heillosem Durcheinander eins auf das andere geworfen, in der Mitte des Raumes stand ein großer dunkelhaariger Mann mit trauriger Miene. Das war der heitere Vollard. Wenn er wirklich trübsinnig war lehnte er seine riesige Gestalt gegen die Glastür die auf die Straße führte, die Arme über dem Kopf, eine Hand auf jeder oberen Ecke des Türrahmens und blickte mit trauriger Miene in die Straße. Niemand wagte dann einzutreten.
Sie baten Cézannes sehen zu dürfen. Er sah weniger düster aus und wurde ziemlich höflich. Wie sie später herausfanden war Cézanne für Vollard die große Liebe seines Lebens. Der Name Cézanne war für ihn ein Zauberwort. Er hatte von Cézanne zuerst durch Pissarro den Maler gehört. Pissarro war in der Tat der Mann durch den alle frühen Cézanne-Liebhaber von Cézanne erfuhren. Cézanne lebte damals traurig und verbittert in Aix-en-Provence. Pissarro erzählte Vollard von ihm, erzählte Fabry, einem Florentiner, der es Loesser erzählte, erzählte Picabia, erzählte tatsächlich allen von ihm die damals von Cézanne wussten.
Da waren Cézannes bei Vollard zu sehen. Später schrieb Gertrude Stein ein Gedicht mit dem Titel Vollard and Cézanne, und Henry McBride veröffentlichte es in der New York Sun. Das war das erste flüchtig hingeworfene Werk von Gertrude Stein das so veröffentlicht wurde und es bereitete beiden ihr und Vollard große Freude. Als Vollard später sein Buch über Cézanne schrieb, schickte Vollard auf Gertrude Steins Vorschlag hin ein Exemplar des Buches an Henry McBride. Sie erzählte Vollard dass eine ganze Seite einer der großen New Yorker Tageszeitungen diesem Buch gewidmet sein würde. Er hielt es nicht für möglich, so etwas war noch keinem in Paris geschehen. Es geschah und er war tief bewegt und unaussprechlich glücklich. Doch zurück zu jenem ersten Besuch.
Sie sagten Monsieur Vollard sie wollten einige Cézanne-Landschaften sehen, sie seien von Herrn Loesser aus Florenz zu ihm geschickt worden. Oh, ja, sagte Vollard und sah ziemlich heiter aus und er fing an im Raum herumzuräumen, schließlich verschwand er hinter einer Trennwand im Hintergrund und man hörte ihn schwerfällig Stufen hinaufgehen. Nach ziemlich langem Warten kam er wieder herunter und hatte ein winziges Bild von einem Apfel in der Hand wobei der größte Teil der Leinwand unbemalt war. Sie alle betrachteten es eingehend, dann sagten sie, ja aber wissen Sie eigentlich wollten wir eine Landschaft sehen. Ah ja, seufzte Vollard und er sah noch heiterer aus, kurz darauf verschwand er wieder und kam diesmal zurück mit einem Gemälde von einem Rücken, es war ein wunderbares Gemälde daran besteht kein Zweifel aber der Bruder und die Schwester wussten Cézannes Akte noch nicht in vollem Umfang zu schätzen und so machten sie einen weiteren Vorstoß. Sie wollten eine Landschaft sehen. Dieses Mal kam er nach noch längerem Warten mit einer sehr großen Leinwand und einem sehr kleinen Fragment einer Landschaft darauf zurück. Ja das sei es, sagten sie, eine Landschaft aber was sie wollten sei eine kleinere Leinwand aber eine ganz und gar bemalte. Sie sagten, sie glaubten sie würden gern eine sehen wie diese. Um diese Zeit brach der frühe Pariserische Winterabend herein und genau in diesem Augenblick kam eine sehr betagte Putzfrau dieselbe hintere Treppe herunter, murmelte, bon soir monsieur et madame und ging leise aus der Tür, kurz darauf kam eine weitere alte Putzfrau dieselbe Treppe herunter, murmelte, bon soir messieurs et mesdames und ging leise aus der Tür. Gertrude Stein begann zu lachen und sagte zu ihrem Bruder, es ist alles Unsinn, es gibt keinen Cézanne. Vollard geht nach oben und sagt diesen alten Frauen was sie malen sollen und er versteht uns nicht und sie verstehen ihn nicht und sie malen etwas und er bringt es herunter und es ist ein Cézanne. Sie beide begannen hemmungslos zu lachen. Dann fassten sie sich wieder und erklärten noch einmal was mit der Landschaft gemeint war. Sie sagten was sie suchten sei eine jener herrlich gelben sonnigen Aix-Landschaften von denen Loesser einige Exemplare habe. Wieder verschwand Vollard und dieses Mal kam er mit einer wundervollen kleinen grünen Landschaft zurück. Sie war schön, sie bedeckte die ganze Leinwand, sie kostete nicht viel und sie kauften sie. Später erklärte Vollard allen er sei von zwei verrückten Amerikanern besucht worden und sie hätten gelacht und er sei sehr verärgert gewesen er habe aber allmählich herausgefunden dass sie wenn sie am meisten lachten gewöhnlich etwas kauften also wartete er natürlich bis sie lachten.
Von da an gingen sie ständig zu Vollard. Sie hatten schon bald das Privileg seine Haufen von Bildern zu durchstöbern und aus dem Haufen herauszusuchen was ihnen gefiel. Sie kauften einen winzig kleinen Daumier, den Kopf einer alten Frau. Sie begannen sich für Cézannes Akte zu interessieren und sie kauften schließlich zwei winzige Bilder mit Gruppen von Nackten. Sie fanden einen sehr sehr kleinen Manet gemalt in Schwarz und Weiß mit Forain im Vordergrund und kauften ihn, sie fanden zwei winzig kleine Renoirs. Sie kauften häufig zwei auf einmal denn einer von ihnen mochte gewöhnlich eins mehr als der andere, und so verging das Jahr. Im Frühling kündigte Vollard eine Gauguin-Ausstellung an und sie sahen zum ersten Mal einige Gauguins. Sie waren ziemlich schrecklich aber schließlich mochten sie sie, und kauften zwei Gauguins. Gertrude Stein mochte seine Sonnenblumen aber nicht seine Figuren und ihr Bruder zog die Figuren vor. Das klingt heute nach einem guten Geschäft aber damals kosteten diese Dinge nicht viel. Und so verging der Winter.
Nicht viele Leute gingen bei Vollard ein und aus aber einmal hörte Gertrude Stein dort ein Gespräch das ihr ungeheuer gefiel. Duret war eine bekannte Persönlichkeit in Paris. Er war jetzt ein sehr alter und ein sehr schöner Mann. Er war ein Freund von Whistler gewesen, Whistler hatte ihn im Frack gemalt mit einem weißen Operncape über dem Arm. Er war bei Vollard und sprach mit einer Gruppe junger Männer und einer von ihnen Roussel, einer von der Vuillard, Bonnard, der postimpressionistischen Gruppe, beklagte sich über die fehlende Anerkennung seiner selbst und seiner Freunde, dass man ihnen nicht einmal gestatte im Salon auszustellen. Duret sah ihn gütig an, mein Freund, sagte er, es gibt zwei Arten von Kunst, vergessen Sie das nie, es gibt Kunst und es gibt offizielle Kunst. Wie können Sie, mein armer junger Freund, hoffen offizielle Kunst zu sein. Betrachten Sie sich doch nur selbst. Angenommen eine wichtige Persönlichkeit käme nach Frankreich, und wollte die repräsentativen Maler kennenlernen und sich porträtieren lassen. Mein lieber junger Freund, betrachten Sie sich doch nur selbst, Ihr bloßer Anblick würde sie erschrecken. Sie sind ein netter junger Mann, freundlich und intelligent, aber der wichtigen Persönlichkeit würden Sie nicht so vorkommen, würden Sie schrecklich erscheinen. Nein sie brauchen als repräsentativen Maler einen mittelgroßen, etwas untersetzten Mann, nicht zu gut gekleidet aber gekleidet wie es unter seinesgleichen Mode ist, weder kahlköpfig noch mit sorgfältig gekämmtem Haar und zu alledem eine respektvolle Verbeugung. Sie sehen selbst dass Sie dem nicht entsprechen. Also sagen Sie nie wieder ein Wort über offizielle Anerkennung es sei denn Sie schauen in den Spiegel und denken an wichtige Persönlichkeiten. Nein, mein lieber junger Freund es gibt Kunst und es gibt offizielle Kunst, die hat es immer gegeben und wird es immer geben.
Bevor der Winter vorüber war, nachdem sie so...
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