Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Der Tag begann mit einer Besprechung im Büro des Staatsanwaltes Reis. Kroll und Wiggins brachten ihren Vorgesetzten auf den aktuellen Stand der Ermittlungen. Die Anfrage der Polizisten, die Soko personell zu verdoppeln, wurde sofort und unbürokratisch bewilligt. Das war an sich ungewöhnlich, jedoch vor dem Hintergrund des Medieninteresses und der politischen Dimension zu erwarten.
In der anschließenden Soko-Sitzung wurden die Aufgaben neu verteilt: Der Pilot Horst Werner musste einen Schwerpunkt der Ermittlungen einnehmen. Gleiches galt für die Firma UNFUK und deren Chefin, Dr. Susanne Selker. Auch Hasenhaus' Mitarbeiter, Dr. Klaus Komper, sollte näher beleuchtet werden. Wichtig war vor allem zu erfahren, ob es Querverbindungen der beteiligten Personen und Unternehmen untereinander gab.
Kroll und Wiggins beschlossen, ihre ersten Ermittlungen des Tages bei Konstanze Werner, der Frau des Piloten, zu beginnen. Sie wohnte in der Stegerwaldstraße im Leipziger Stadtteil Anger-Crottendorf. Die Frau des Piloten war der Prototyp einer liebevollen Oma, klein, untersetzt, freundliches Gesicht. Ihre weißen, halblangen Haare waren gewellt, sie trug eine rote, sorgfältig gebügelte Bluse und eine schwarze Stoffhose. Die Schuhe waren bequem.
Sie bat die Polizisten an dem kleinen Tisch in der geräumigen Küche Platz zu nehmen und setzte ungefragt eine Kanne Filterkaffee auf. Frau Werner machte einen gefassten Eindruck. »Polizei? Warum denn Polizei? Gehen Sie nicht von einem tragischen Unfall aus?«
»Wir ermitteln derzeit in alle Richtungen. Bislang können wir nicht ausschließen, dass es sich nicht um einen Unfall handelt. Aber das hat bislang nicht viel zu bedeuten«, versuchte Kroll sie zu beruhigen, jedoch ohne Erfolg.
Konstanze Werner war beunruhigt. »Aber das würde ja bedeuten, dass .«
»Frau Werner«, fuhr Kroll fort, ohne auf ihre Verfassung einzugehen. »Ihr Mann war ein sehr erfahrener Pilot. Unsere Experten haben uns gesagt, dass es sehr risikoreich war, mit diesem Flugzeug bei diesen Witterungsverhältnissen zu fliegen. Haben Sie eine Erklärung?«
Kopfschütteln. »Wenn ich das nur wüsste. Das war wirklich nicht Horsts Art. Er war eher übervorsichtig, was die Fliegerei angeht.«
»Hat er Ihnen gesagt, was der Anlass des Fluges war?«, fragte Wiggins.
»Er wollte mit Dr. Hasenhaus nach Turin. Sie wollten dort ein Tierbaby untersuchen, das der Zoo kaufen wollte.«
»Warum sind die beiden, oder besser gesagt Dr. Hasenhaus, nicht einfach mit der Lufthansa geflogen?«
»Das war nichts Ungewöhnliches. Die Flugverbindungen von Leipzig sind nicht immer optimal. Die Kosten für den Zoo waren überschaubar. Horst hat dem Zoo immer einen guten Preis gemacht, praktisch nur die Spritkosten in Rechnung gestellt. Er wollte halt immer fliegen und fliegen. Und so waren sie ja auch flexibler.«
Kroll kam behutsam zum eigentlichen Thema. »Frau Werner, wir wissen, dass Ihr Mann sehr krank war.«
Die Erinnerung an die Krankheit des Mannes stürzte Frau Werner in Trauer. »Eine schreckliche Sache. Ja, es stimmt. Horst hatte Bauchspeicheldrüsenkrebs. Er war schon ziemlich weit fortgeschritten. Er nahm auch sehr starke Schmerzmittel, sonst hätte er es gar nicht mehr ertragen können.«
Sie stand auf und füllte die Kaffeetassen. »Wissen Sie, natürlich ist es schrecklich, ihn so zu verlieren. Aber wer weiß, was ihm erspart geblieben ist. Und in einem Flugzeug zu sterben. Ich glaube, das hat er sich immer gewünscht. Wir haben jeden Tag genossen, der ihm noch geblieben ist. Jeder Tag konnte der letzte sein. Das wusste er und das wusste ich auch.«
»Hat Ihr Mann in der letzten Zeit größere Geldbeträge erhalten?«, fragte Wiggins.
Die Polizisten hatten erwartet, dass diese Frage Frau Werner schockieren würde, schließlich war der Grund für diese Frage offensichtlich. Die Antwort kam jedoch schnell, für die Polizisten zu schnell und ohne jede Regung. »Mein Gott, nein.«
Ihr gelang sogar ein aufgesetztes Lächeln. »Wir hatten nie viel Geld. Es hat gerade mal so gereicht. Wir haben nie große Sprünge gemacht. Und wenn wir mal etwas übrig hatten, ging das für die Fliegerei drauf. Aber das habe ich gerne in Kauf genommen. Ich könnte nicht einmal die Beerdigung zahlen, wenn mich die Kinder nicht unterstützen würden.«
Die Polizisten waren sich sicher, dass sie nicht die Wahrheit sagte. Aber es machte keinen Sinn, weiter nachzuhaken, zumindest jetzt nicht.
Im Gehen fiel Kroll noch eine Frage ein. »Was ich noch fragen wollte: Ihr Mann hatte doch seine Flugbasis in Böhlen. Da gibt es ja auch einen Hubschrauber.«
Diesmal war Konstanzes Lachen nicht aufgesetzt, eher verlegen. »Denken Sie bitte jetzt nicht, ich hätte Ihnen Mist erzählt und wir wären tatsächlich doch reich. Horst hatte einen Hubschrauber. Es war eine alte Möhre, die er mit Freunden aus den Altbeständen der russischen Armee gekauft hatte. Er selbst musste nicht viel dazusteuern. Den Großteil haben die Freunde übernommen.«
Sabi Zehr, Günther Hirte und Anja saßen im Wohnzimmer der Familie Hasenhaus. Günther und Anja begrüßten Sabi mit einer langen, stillen Umarmung. »Danke, dass ihr gekommen seid.«
Anja setzte sich neben Sabi auf das Sofa und drückte ihre Hand. »Aber das ist doch klar. Wie geht es dir?«
»Beschissen. Und nicht nur mir. Meine Mutter ist auch total fertig. So von heute auf morgen. Wir können das immer noch nicht begreifen.«
»Wir würden euch so gerne helfen«, sagte Günther. »Aber in so einer Situation gibt es leider nicht viel, was man tun kann.«
»Es tut schon gut, dass ihr da seid. Mutti und ich alleine . es tut einfach gut, mal jemand anderen um sich zu haben.«
»Wo ist deine Mutter?«, fragte Anja.
»Sie hat sich hingelegt. Mutti hat die ganze Nacht nicht geschlafen, und heute Morgen sind ihr dann die Augen zugefallen. Zum Glück. Ein bisschen Schlaf wird ihr guttun.«
Es trat eine bedrückende Stille ein. Irgendwie wusste keiner so recht, was er sagen sollte, und hatte auch Sorge, das Falsche zu erzählen.
»Können wir euch irgendwie unterstützen?«, unterbrach Anja das Schweigen. »Ich meine, es sind ja viele Formalitäten zu erledigen, die Beisetzung und so weiter.«
»Das ist nicht so wild. Wir verzichten auf die Tausend Karten. Der Trauergottesdienst ist in der Thomaskirche. Da hat sich der Zoo drum gekümmert. Die Beerdigung findet im engsten Familienkreis statt, es wäre natürlich schön, wenn ihr beiden auch kommen würdet. Ansonsten machen wir eine Todesanzeige in der Zeitung und die nächsten Verwandten und die engsten Freunde benachrichtigen wir telefonisch.«
»Wann ist die Beisetzung?«
»Freitag um zehn ist in der Kirche der Gottesdienst und anschließend die Beerdigung auf dem Südfriedhof. Es wird eine Urnenbeisetzung. Papa hat sich das so gewünscht.« Sie machte eine Pause und kämpfte mit den Tränen. »Heute Nachmittag verbrennen sie ihn.«
Anja drückte ihre Hand fester. »Nach der Beerdigung wird es dir hoffentlich etwas besser gehen. Das ist meist so, wenn man Abschied genommen hat.«
Sabi wollte das Thema Beerdigung und Abschied verlassen. »Die Polizei war auch schon hier.«
»Das wissen wir«, beeilte sich Günther.
»Wieso?«
»Na ja, ich bin bei der Presse und Anja ist mit dem Kommissar Kroll zusammen.«
»Kroll? War das der lange Dünne mit der Brille oder der sportliche Gutaussehende?«
»Der Sportliche«, lächelte Anja.
Ein Lächeln unter Tränen. »Na wenigstens hast du einen guten Geschmack.« Sie schniefte in ihr Taschentuch. »Dein Freund war schon bei uns.«
»Ich weiß.«
»Weißt du auch, ob die jetzt von einem Unfall oder von etwas anderem ausgehen?«
»Ich habe mit Kroll nicht viel über diese Sache gesprochen. Ich wollte es einfach nicht, zumindest nicht, bevor ich bei dir war. Ich glaube, die sind sich immer noch nicht ganz sicher.«
»Nennst du ihn Kroll?«
»Alle nennen ihn Kroll. Ich glaube, der hat seinen Vornamen inzwischen selbst vergessen.«
Diesmal unterbrach Günther den kurzen Moment der Stille. »Wie sind deine Pläne. Gehst du zurück in die Schweiz?«
»Ja, natürlich. Ich habe doch dort meinen Job. Zum Glück ist meine Behandlung abgeschlossen, sodass ich auf eigenen Füßen stehen kann. Ich glaube nicht, dass Papa uns ein großes Erbe hinterlassen hat. Dafür habe ich ihm zu viel auf der Tasche gelegen.«
»Und du?«, fragte Anja. »Lebst du schon in einer neuen Beziehung?«
»Du kennst nicht die Frauen der Familie Hasenhaus. Wenn wir uns verlieben, dann für die Ewigkeit. Ich glaube, dass dauert noch Jahre, bis ich mich wieder neu verlieben kann.«
Sie wechselte das Thema. »Habt ihr noch Zeit, mit mir einkaufen zu gehen? Ich brauche noch Klamotten für die Beerdigung.«
»Natürlich«, beeilte sich Anja.
»Ich klinke mich da aus. Das ist eindeutig Frauensache. Mein Rat würde bei der Klamottensuche nur stören.«
Die Frauen wussten, dass Günther recht hatte. Sein eigenartiger Geschmack in puncto Kleidung hatte sich in ganz Leipzig schon herumgesprochen. Nahezu Legendenstatus hatte sein uralter Ledermantel mit Fellkragen, von dem böse Zungen behaupteten, wenn man ihn in die Ecke stellen würde, finge er von alleine an zu laufen.
Der Flugplatz in Böhlen war so ganz anders als das, was man sich allgemein unter einem Flugplatz vorstellte. Er lag unmittelbar an der B2, ungefähr eine halbe Stunde Fahrzeit von der Leipziger Innenstadt...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.