Schweitzer Fachinformationen
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Ein amerikanischer Verleger verschwindet in London. Sein Freund - niemand Geringeres als der erfolgreiche Schriftsteller Rudyard Kipling - wendet sich Hilfe suchend an Enola. Er befürchtet, dass konkurrierende Verleger aus den USA ihre Finger im Spiel haben. Doch gerade, als er Enola auf den Fall neugierig gemacht hat, entreißt er ihr ihn wieder. Er will das Ganze keiner jungen Frau anvertrauen und bittet ausgerechnet Sherlock Holmes den Fall zu übernehmen.
Das lässt sich Enola nicht gefallen! Schon gar nicht von ihrem Bruder! Fest entschlossen, die Wahrheit hinter dem Verschwinden des jungen Amerikaners zu erfahren, fängt sie an auf eigene Faust zu ermitteln. Sie begibt sich in die Verlagswelt, die gefährlicher ist als erwartet, und stößt dabei auf eine mysteriöse Bruderschaft. Kann sie den Verschwundenen noch rechtzeitig aufspüren und unversehrt zu seinen Freunden und seiner Familie zurückbringen ...?
Der Film Enola Holmes mit Millie Bobby Brown, Henry Cavill und Helena Bonham Carter war 2020 einer der erfolgreichsten Filme auf Netflix. Auch die Fortsetzung gehörte 2022 zu den meistgestreamten Filmen!
Die Haustür öffnete sich so plötzlich und schwungvoll, dass ich heftig zusammenzuckte und die Kegelschnitte ruinierte, die ich gerade so sorgfältig für meinen Geometrieunterricht zeichnete. Verärgert blickte ich zu Joddy, meinem Pagen, der sich beeilte, dem unverhofften Besucher sein Tablett entgegenzustrecken, um dessen Visitenkarte entgegenzunehmen. Doch der Mann schob sich an ihm vorbei und schritt geradewegs an meinen Schreibtisch, was in meinem Kopf einen eigenartigen, plissierenden Effekt hatte, als würde die Zeit gefaltet und verdichtet. Immerhin war es kein Jahr her, dass ich mit meinen beiden viel älteren Brüdern, Sherlock und Mycroft Holmes, Frieden geschlossen hatte, während ich zuvor auf der Flucht vor ihnen gewesen war, verängstigt und stets in Verkleidung. Obwohl ich inzwischen ganz mein jugendliches Selbst sein konnte und in einem maßgeschneiderten Leinenkostüm mit einem kurzen Rock steckte, der knapp unterhalb meiner Knöchel endete - obwohl es mir also freistand, die lebensechte, sehr moderne Enola Holmes des Mais 1890 zu sein, verwundert es kaum, dass ich plötzlich wieder in die Rolle der mit Rüschen aufgehübschten und dienstbeflissenen Ivy Meshle verfiel, die im Empfangsraum des großen Dr. Ragostin ihre Arbeit verrichtete. Immerhin prangte am Vorderfenster noch immer der Schriftzug: Dr. Leslie Ragostin, Wissenschaftlicher Perditor. (Eine beeindruckende Art auszudrücken, dass der völlig frei erfundene Doktor, meine »Tarnung«, sich dem Aufspüren vermisster Personen verschrieben hatte.)
»Wo ist Ragostin?«, schnauzte mein Besucher, der mir sein Kinngrübchen entgegenreckte, über dem ich vor allem eine beträchtliche Menge von dunkelbraunem Schnauzbart, buschige Augenbrauen und eine Brille mit dicken Gläsern ausmachte. Er konnte nicht älter sein als fünfundzwanzig, gekleidet wie ein Gentleman, jedoch gänzlich ohne die Manieren eines solchen.
Entfernt kam er mir bekannt vor, wie jemand, den man aus der Zeitung kennt, und er war auf eindrucksvolle Art gut aussehend . Aus irgendeinem Grund brachte er mich gehörig aus dem Gleichgewicht, sodass ich doch tatsächlich kleinlaut à la Meshle antwortete: »Dr. Ragostin ist nicht da, doch ich bin befugt, Ihnen an seiner Stelle weiterzuhelfen. Bitte nehmen Sie Platz.«
Tat er nicht, stattdessen ragte er weiter über mir auf, wobei sein Bart seinen Mund vollkommen versteckte, abgesehen vom winzigen Zentrum seiner Unterlippe. Ich fragte mich, wie er es mit diesem Kekswedel schaffte zu essen. Laut sagte er: »Ragostin muss Wolcott Balestier finden!«
Mit dem Stift in der Hand bemühte ich mich mitzuschreiben. »Wären Sie wohl so freundlich, das zu buchstab-?«
»Er könnte einer Intrige zum Opfer gefallen sein! Scotland Yard habe ich bereits verständigt, doch dort schenkte mir niemand Gehör!«
Ich versuchte es noch einmal. »Könnten Sie bitte -?«
»Diese ungeziefergleichen Piraten haben ihn!«
Als ich das hörte, gingen mir prompt die Augen über. »Piraten?« In meinem Geist flatterte eine schwarze Totenkopfflagge im Wind.
»Elende, heimtückische Feiglinge! Wehe ihnen, sollten sie meinem Busenfreund Cotswold etwas zuleide tun!«
»Wer?«, wollte ich wissen und meinte damit die absolut faszinierenden Piraten, seefahrende Plünderer mit einem höhnischen, vom Säbel malerisch verunstalteten Grinsen.
»Mein Kamerad! Mein Kumpel! Der beste Freund, den ein Mann je hatte! Wolcott Balestier!«
Schöner Mist. Wir waren also wieder am Anfang. »Würden Sie mir bitte den Namen buchstabieren?«
Endlich, noch dazu sehr laut, tat er mir den Gefallen. Ich notierte ihn oberhalb meines ruinierten Kegelschnitts.
»Wo ist Ragostin?«, wollte er wissen. »Man hat mir gesagt, er sei ein Spezialist!«
»Ich bin befugt, alles Nötige in die Wege zu leiten«, beruhigte ich ihn. Eigentlich hatte sich »Dr. Ragostin«, der nichts weiter als mein kreatives Hirngespinst war, schon im Juli des vorigen Jahres zur Ruhe gesetzt, weil ich ihn nicht länger nötig hatte, um mich vor Mycroft und Sherlock zu schützen, die sich so dringend in mein Leben hatten einmischen wollen. Nun, da ich mich mit beiden gut gestellt hatte, widmete ich mich einem Studium und hatte mein erstes Jahr an der Akademie für Frauen beinahe abgeschlossen. Konfrontiert mit diesem lauten und vehementen Besucher, hätte ich Dr. Ragostin also weiter seinen Ruhestand genießen lassen sollen. Doch etwas an der Vorstellung von Piraten ließ mich nicht los - könnte das vermisste Opfer etwa über die Planke geschickt worden sein? Ich war gefesselt. »In welcher Beziehung steht Mr Balestier zu Ihnen?«
»Er ist ein Freund!«
»Und seine Adresse?«
Er lieferte mir nur eine Teilantwort. »Maiden Lane! Wo steckt nun Dr. Ragostin, dieser verdammte Scharlatan!« Mit derart vulgärer Dringlichkeit redete dieser Mann, ja, schrie beinahe: »Er muss Cotswold finden!«
Cotswold war der Name einer Region in England, nahe dem Fluss Severn. Doch offenbar benutzte dieser Pfeffersack von einem Menschen ihn als Spitznamen, denn als er seine tabakbefleckte Hand in seine Weste schob, zog er aus einer versteckten Tasche über seinem Herzen eine kleine Fotografie mit dem Gesicht eines Mannes hervor, nicht älter als er selbst und dennoch in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil. »Cotswold« hatte weder eine borstige Visage noch einen Busch von einem Bart, auch Brille trug er keine. Tatsächlich hatte er eine Haut, so zart wie die einer Dame, sanft geschwungene Brauen über großen, intelligenten Augen, eine elegante Nase und einen breiten, aber feinsinnigen Mund, der kaum wahrnehmbar lächelte. Als ich nach dem Bild griff, fielen mir Cotswolds makelloser Kragen, die ordentliche Frisur, die spitz zulaufenden Ohren, das bescheidene, aber ausreichend markante Kinn auf. Doch mein ungestümer Besucher überließ mir die Fotografie nicht - er entriss sie mir und steckte sie zurück in die Westentasche.
»Ich will mit Ragostin sprechen!«, forderte er erneut.
Bezwingend entgegnete ich: »Ich werde ihm ausrichten, da-«
»Ich werde verflucht noch mal selbst mit ihm reden!« Vorbei an meinem Schreibtisch, stürmte er zur Flügeltür des eigentlichen Büros. Zuerst hämmerte der stürmische junge Mann mit den Fäusten dagegen, bevor er versuchte, sie aufzureißen, und feststellen musste, dass sie verriegelt war.
Um zu sehen, ob er als Nächstes versuchen würde, sie aufzubrechen, musste ich gezwungenermaßen aufstehen und mich umdrehen. »Dahinter befindet sich lediglich ein leerer Raum«, versicherte ich ihm, noch immer geduldig, denn obwohl ich eigentlich eine Auszeit nahm von meiner Berufung, vermisste Personen und Dinge aufzuspüren, hatte dieser Fall doch mein Interesse geweckt. »Wenn Sie mir nun Ihren Namen verraten würden -«
»Ganz gewiss nicht!« Mit geballten Fäusten wirbelte er zu mir herum und starrte mich finster an. »Entweder ich spreche mit dem Experten persönlich oder gar nicht!«
Das traf einen Nerv - um meine Geduld war es geschehen. Nun funkelte ich ihn ebenfalls an, und weil ich groß bin, prallten unsere Duellierblicke auf die kurze Distanz in ungefähr gleicher Höhe aufeinander - allerdings wurde seiner zusätzlich betont von der dicken Brille. Leidenschaftlich stellte ich klar: »Ich bin die Expertin! Dr. Leslie Frei Erfunden Ragostin ist nichts als meine absolut unfairerweise notwendige pseudomännliche Identität. Ich bin die wissenschaftliche Perditorin, die findet, was verloren ist! Ich -«
Gerade wollte ich ihm schwören, dass ich seinen Freund aufspüren würde, als er mir mit einem überaus haarsträubenden Fluch das Wort abschnitt. »Sie?«, fuhr er mit irrem Blick brüllend fort. »Sie Straußenhenne mit dem Mundwerk eines Maultiertreibers! Sie dummdreiste Schnepfennase, Sie sind die Dämonin Putana, die Männern das Blut aussaugt und deren Milch Babys vergiftet! Scheren Sie sich fort! Hinweg mit Ihnen!«
Sprachlos stand ich da, den Mund weit aufgerissen, doch ein anderer ergriff das Wort für mich. Eine tapfere Kinderstimme schrillte: »Jetzt hör'n Sie mal, so sprechen Sie aber nich mit Miss Holmes!« Joddy schob seine kleine Gestalt zwischen mich und den rasenden Besucher. Der ihn am Ohr packte, als würde er ihn an diesem zerbrechlichen Körperteil von den Füßen heben wollen!
Joddy brüllte vor Schmerz.
Ich riss meinen Dolch aus meinem Oberteil, richtete die Klinge auf die Kehle des ungehobelten Rüpels und sagte: »Lassen Sie den Jungen los.«
Nun seinerseits sprachlos und Maulaffen...
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