Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
KAPITEL 1
Gestartet, aber nie gelandet
Dass ein modernes Verkehrsflugzeug einfach verschwindet und nicht wieder auftaucht, war undenkbar - bis zum mysteriösen Fall MH370
Es ist der 2. Juli 1937, als eine Legende beginnt, über die sich bis heute viele Menschen den Kopf zerbrechen. Die berühmteste Pilotin der Welt, die Amerikanerin Amelia Earhart, damals 39 Jahre alt, muss an diesem Tag die schwierigste und längste Etappe ihres geplanten Rund-um-die-Welt-Fluges schaffen. Sie hat bereits viele Rekorde eingeheimst, etwa 1932 als erste Frau den Atlantik als Solopilotin überwunden. Gemeinsam mit ihrem Navigator Fred Noonan startet Earhart am 1. Juni in Miami mit dem Ziel, in ihrer zweimotorigen Lockheed Electra 10E die ganze Welt zu umrunden. Nach 26 Stopps in zwei Monaten erreicht der Flug am 29. Juni 1937 die Stadt Lae in Neu-Guinea. Nach nur zwei Tagen Vorbereitung steht die mit Abstand weiteste Einzelstrecke an - insgesamt 2556 Meilen (4734 Kilometer) über Wasser nach Howland Island, einer unbewohnten Koralleninsel knapp nördlich des Äquators im Pazifik, fast exakt auf halbem Wege zwischen Australien und Hawaii. Das Minieiland misst gerade 1,8 Quadratkilometer, hier will Earhart Station machen und auftanken. Dafür hat die amerikanische Küstenwache ihr Patrouillenschiff Itasca geschickt, das per Funkpeilung das Flugzeug zu der winzigen und kaum aus dem Wasser ragenden Insel leiten soll. Doch die Lockheed Electra kommt auf Howland Island nie an. Sofort läuft die bis dahin größte Suchaktion in der Geschichte der Luftfahrt an, 64 Flugzeuge und acht Kriegsschiffe suchen insgesamt 390000 Quadratkilometer Meeresoberfläche ab, eine Fläche größer als die heutige Bundesrepublik, völlig vergeblich, gefunden wird nichts. Die Suche, damals unvorstellbare vier Millionen US-Dollar teuer, endet am 19. Juli 1937, 17 Tage nach dem Verschwinden. Weitere private Missionen folgen, doch auch ohne Ergebnis. Earhart wird am 5. Januar 1939 offiziell für tot erklärt. Bis zum heutigen Tag sind weder das Flugzeug oder Überreste der Insassen gefunden worden, nicht einmal kleinste Stücke, die eindeutig der Lockheed Electra oder ihren Insassen zuzuordnen wären. Und das, obwohl bis in die jüngste Zeit immer wieder neue Suchmissionen unternommen werden. Das Mysterium des spurlosen Verschwindens der berühmten und glamourösen Pilotin und ihres Navigators samt des Flugzeugs beschäftigt die Menschen weiterhin - erst 2012 startet eine erneute Unterwasserexpedition mit einem ferngesteuerten U-Boot. Wieder ohne etwas zu finden. In Ermangelung harter Fakten halten sich auch noch heute, nach fast 70 Jahren, eine Vielzahl oft kruder Erklärungsversuche, werden Bücher geschrieben und Filme gedreht über Amelia Earhart und ihr Verschwinden.
Solche Mysterien sind in der Luftfahrt äußerst selten. Wikipedia listet von 1856 bis heute 160 Fälle auf, inklusive verschwundener Ballons und Luftschiffe. Passagierflüge von Fluggesellschaften tauchen nur zwei auf - 1989 eine im Himalaya verschwundene Fokker-27-Propellermaschine der Pakistan International Airlines mit 54 Menschen an Bord sowie 1995 eine in die Straße von Molo ins Wasser gestürzte indonesische Twin Otter, ebenfalls ein Propellerflugzeug, mit 14 Insassen. Von 1948 bis 2014 erwähnt das Flugsicherheitsportal Aviation Safety Network insgesamt 89 spurlos verschwundene Flugzeuge weltweit, davon 27 über Land und 62 auf See abhanden gekommene. Darunter sind 28 Fälle von Passagierflügen, 21 aus dem militärischen Transportbereich, 19 Frachtflüge und elf Überführungsflüge, zehn fallen in andere Kategorien. Die meisten, nämlich 38 insgesamt, ereigneten sich zwischen 1960 und 1979. Der tödlichste Fall ist kaum bekannt: Am 15. März 1962 befindet sich eine zivile Lockheed L1049H Super Constellation der amerikanischen Fluggesellschaft Flying Tiger Line auf einem Militär-Charterflug. Es ist die Anfangsphase des Vietnamkriegs, und das Flugzeug soll amerikanische Soldaten von der Travis Air Force Base in Kalifornien nach Saigon im damaligen Südvietnam bringen; zum Tanken legt das Flugzeug Stopps in Honolulu, Wake Island, Guam und der Clark Air Base auf den Philippinen ein.
Die Ankunft in Guam hat sich wegen Motorproblemen vor dem Abflug in Honolulu schon verzögert. Um 22.57 Uhr Ortszeit startet die Constellation zu ihrem rund achtstündigen, 2600 Kilometer langen Flug von Guam auf die Philippinen, in den Tanks ist genügend Treibstoff für neun Stunden Flug. An Bord befinden sich 107 Menschen, 96 militärische Passagiere und eine elfköpfige zivile Besatzung; Flugkapitän Gregory P. Thomas gehört zu den erfahrensten der Gesellschaft. Das viermotorige Propellerflugzeug mit dem Kennzeichen N6921C, Rufzeichen 21 Charlie, ist nachts über dem Pazifik unterwegs, das Wetter ist gut, keine Turbulenzen und 15 Meilen Sicht im Mondlicht. Um 22 Minuten nach Mitternacht gibt die Super Connie ihre letzte Positionsmeldung durch, es ist das letzte Mal, dass jemand etwas vom Flug Flying Tiger 739 hören wird. Etwa eine Stunde später, gegen halb zwei Uhr morgens, sieht die Besatzung des liberianischen Öltankers Lenzen etwa 800 Kilometer westlich von Guam eine extrem intensive, helle Explosion am Himmel, kurz vorher meinen die Seeleute eine Dunstwolke wahrzunehmen. An der vermuteten Position des Flugzeugs verläuft der Marianengraben, mit fast 11000 Metern der tiefste Meeresgrund der Erde. Es ist davon auszugehen, dass die Trümmer der Super Constellation darin verschwinden. Denn auch im März 1962 starten die Amerikaner eine der größten Suchaktionen der Geschichte. Über 1300 Mann in 48 Flugzeugen und acht Schiffen suchen innerhalb von acht Tagen insgesamt 520000 Quadratkilometer Ozeanoberfläche ab - doch nicht ein einziges Teil, das zweifelsfrei zum Flugzeug oder seinen Insassen gehört, wird je entdeckt. Einen Cockpitstimmrekorder oder ein Datenaufzeichnungsgerät an Bord gibt es damals nicht. Zweifelsfrei scheint zu sein, dass eine Explosion in der Luft das Flugzeug vom Himmel holt, denn eine Super Constellation kann ohne Fremdeinwirkung nicht so plötzlich und katastrophal abstürzen.
Theorien über die Unglücksursache entstehen aus Mangel an Fakten viele. Die Schiffsbesatzung geht von einer schiefgelaufenen Geheimoperation aus - zumal der Funkoffizier vergeblich und wiederholt versucht hatte, Marinestationen umliegender Inseln zu kontaktieren - und keine Antwort bekam. Auch ein Schiff, möglicherweise ein Kriegsschiff, meint ein Matrose in der Nähe des Explosionsorts gesehen zu haben, das theoretisch die Maschine hätte abschießen können. Sabotage erscheint ebenfalls denkbar, denn wie sogar der Untersuchungsbericht einräumt, habe das Flugzeug bei Zwischenstopps in Honolulu, Wake Island und Guam längere Zeit unbewacht in spärlich beleuchteten Bereichen des jeweiligen Vorfelds gestanden. Fast jeder auf diesen Flughäfen hätte das Flugzeug »ungehindert betreten können«, heißt es im Bericht. Außerdem explodiert am gleichen Tag eine zweite Flying-Tiger-Constellation auf den Aleuten, die ebenfalls auf der Travis Air Force Base gestartet war. Schließlich erscheint eine viel profanere Erklärung denkbar - Motorprobleme. Die vier Kolbenmotoren der Super Connie sind für ihre Anfälligkeit bekannt. Nicht umsonst gilt die von Fans als schönstes je gebautes Flugzeug gerühmte Constellation scherzhaft als »beste Dreimotorige der Welt«. Nur drei Tage vor dem Absturz muss 21 Charlie nach Honolulu umkehren, nachdem es einen massiven Leistungsabfall in Triebwerk Nummer vier gegeben hatte. Was auch immer in dieser Mondnacht im Jahr 1962 über dem Pazifik geschehen ist - Tatsache ist, dass hier 107 Flugzeuginsassen sterben und es dafür bis heute keinerlei Erklärung gibt.
Im modernen Jetzeitalter erachtet man das Verschwinden eines Flugzeugs, zumindest eines größeren Passagierjets, lange als undenkbar. Dazu ist der Luftverkehr schlicht zu genau überwacht durch ein dichtes Netz von Navigations-, Beobachtungs- und Verfolgungssystemen. Doch bereits 2003 ereignet sich ein höchst mysteriöses Verschwinden eines Verkehrsflugzeugs - allerdings nicht auf einem offiziellen Flug und vermutlich mit nur zwei Menschen an Bord. Einer von ihnen ist Ben Charles Padilla, ein Flugingenieur, Flugzeugmechaniker und Privatpilot, der verschwindet, während er in Afrika, in der angolanischen Hauptstadt Luanda, für eine in Florida beheimatete Flugzeugleasingfirma arbeitet. Die hatte eine Boeing 727, früher bei American Airlines im Liniendienst, nach ihrem Ausscheiden aus deren Flotte übernommen und an die angolanische Staatslinie TAAG vermietet. Doch der Deal geht schief, und die Boeing steht 14 Monate ungenutzt auf dem Flughafen, wobei sich Flughafengebühren von über vier Millionen US-Dollar anhäufen. Kurz vor Sonnenuntergang am 25. Mai 2003 betritt Padilla gemeinsam mit einem Mechaniker aus dem Kongo, den er kurz vorher eingestellt hat, das Flugzeug. Zuvor hatten beide mit angolanischen Mechanikern daran gearbeitet, die dreistrahlige Boeing wieder flugtauglich zu machen, um sie danach an eine nigerianische Airline zu vermieten. Die Kabine des 1975 gebauten Passagierjets, Kennzeichen N844AA, die bei American Airlines mit 150 Sitzen bestückt war, ist zu dieser Zeit bereits mit zehn Treibstofftanks à 500 Gallonen (1892 Liter) anstelle von Passagiersitzen ausgestattet. Damit soll Diesel zu abgelegenen Diamantenmienen geflogen werden. Ben Padilla ist lediglich zertifiziert, Sportmaschinen zu fliegen. Die 727 dagegen benötigt eine entsprechend ausgebildete, dreiköpfige Besatzung im Cockpit.
Aber an diesem Abend rollt das Flugzeug los, ohne mit dem Kontrollturm von Luanda Kontakt aufzunehmen. Es fährt offenbar...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.