Schweitzer Fachinformationen
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Atta cephalotes
Eciton burchellii
Lasius emarginatus
Formica subintegra
Odontomachus monticola
Pogonomyrmex badius
Ich gestehe Ihnen etwas: Ich kann nicht behaupten, dass ich von klein auf an Insekten und speziell Ameisen besonders interessiert gewesen wäre. Tatsächlich wurde ich in einem Interview einmal gefragt, was meine früheste Erinnerung an Ameisen ist, und dabei musste ich an meine Großmutter denken. Sie war kein Fan von Ameisen. Zumindest nicht, wenn sie ihr auf ihrem Balkon begegneten oder es wagten, die Türschwelle zu übertreten. Sobald sie auch nur eine einzelne Ameise sichtete, mobilisierte meine Oma ein ganzes Arsenal an Bekämpfungsstrategien.
Vermutlich geht es vielen Menschen so wie mir - mir war die Existenz der Ameisen durchaus bewusst, allerdings hatte ich sie als unliebsame Gäste abgespeichert. Beruflich führte mich mein Weg zunächst weit weg von allen Tieren dieser Welt: Praktisch veranlagt und karriereorientiert absolvierte ich eine Schule im Bereich Tourismus und Wirtschaft und studierte an der Wirtschaftsuniversität Wien Internationale Betriebswirtschaftslehre, mit dem Ziel, einen möglichst gut bezahlten Job im Bereich Management Consulting zu ergattern. Aber war es meine wirkliche Leidenschaft?
Leidenschaft, so denke ich, ist der wahre Katalysator auf Erden. Und wie sich herausstellen sollte, waren die Ameisen mein Katalysator. Warum gerade Ameisen, fragen Sie sich? Ameisen sind, auch wenn uns das oft nicht bewusst ist, fast allgegenwärtig. Es gibt nur wenige klimatische Verhältnisse auf der Erde, unter denen Ameisen nicht vorkommen. Sie sind unheimlich vielfältig, sowohl in ihrem Aussehen als auch in ihrer Lebensweise, und sie sind ein wichtiger Teil des ökologischen Gleichgewichts. Aber all das ist nicht der Grund, warum ich sie zu meinem Forschungsgegenstand und Lebensmittelpunkt gemacht habe. Völlig unverhofft begegneten sie mir in den letzten Zügen meines Wirtschaftsstudiums und prägten meine Zukunft maßgeblich.
2007 verbrachte ich ein Semester an der University of Illinois at Urbana-Champaign. Da das amerikanische Universitätssystem seinen Studierenden teilweise mehr Freiraum bietet als das europäische, registrierte ich mich neben meinen verpflichtenden Wirtschaftskursen auch für einen Biologiekurs mit dem Titel "Animal Behavior" - Verhaltensbiologie der Tiere.
Etwa 100 Teilnehmende lauschten Dr. Andrew Suarez und seinem Assistenten Dr. Chris Smith in einem Hörsaal. Mittendrin ich, eine Wirtschaftsstudentin aus Österreich. Als uns Dr. Suarez ein Video aus seinem eigenen Forschungsgebiet vorspielte, war es um mich geschehen: Sein kurzer Film zeigte uns die Aufnahme einer Schnappkieferameise, die sich durch das Schließen ihrer Beißwerkzeuge, sogenannte Mandibeln, vom Boden abgestoßen hatte und rückwärts, mehrere Salti schlagend, durch die Luft flog, bis sie - nicht gerade elegant - wieder auf dem Boden landete. Das Spektakel in Zeitlupe dauerte gerade einmal 30 Sekunden, aber wir starrten, staunten und lachten und hatten keine Ahnung, warum eine Ameise so ein Verhalten zeigte.
Ein Vorteil des amerikanischen Unisystems - besonders für jemanden wie mich, die ich gerade erst ein neues Feld entdeckte - ist, dass es zwischen Lehrenden und Studierenden einen regen Austausch gibt. So war es fast selbstverständlich, dass ich wegen meines sprießenden Interesses an Ameisen um eine Labortour bat und diese auch bekam. Dabei zeigte mir Andy die verschiedenen Ameisenarten, die im Labor für Verhaltensexperimente gehalten wurden, und Chris erzählte mir enthusiastisch von seiner Forschung zur Kastenbestimmung von Ernteameisen (Gattung Pogonomyrmex). Es gibt grundsätzlich drei unterschiedliche morphologische Kasten in einer Ameisenkolonie: die Arbeiterin, die Königin und das Männchen. Ich bekam einen kleinen Einblick in die Welt der Ameisenforschung an der Universität, und ich war fasziniert. Insgeheim malte ich mir schon ein abenteuerliches Leben in der naturwissenschaftlichen Forschung aus.
So verließ ich Illinois mit einer neu gefundenen Neugier auf Insekten und machte mich mit Freunden auf, um die USA noch ein wenig zu erkunden. Die Reise führte uns in unterschiedliche Klimaregionen, u.a. in die Nationalparks im Westen, nach Hawaii und in die Rocky Mountains im Landesinneren. Bewaffnet mit meiner kleinen digitalen Point-and-Shoot-Kamera war ich ständig auf der Suche nach interessant aussehenden Tierchen. Meine Freunde witzelten, dass sie mich meist mit dem Gesäß nach oben und den Augen nach unten gerichtet sahen, beim Versuch, die kleinen Lebewesen durch die Makrofunktion meiner Kamera zu erwischen.
Und irgendwann machte es endgültig Klick. Ich sah einer Ameise zu, wie sie eine erbeutete Spinne Richtung Nest schleppte. Die tote Spinne war um ein Vielfaches größer als die Ameise, die immer wieder kurz vor dem Aufgeben zu sein schien und das Tier losließ, weil die Arbeit zu schwer war. Doch immer wieder kehrte die Ameise zurück und zerrte die Beute verbissen weiter, denn schließlich hing von ihrem Erfolg das Überleben ihrer Kolonie ab. Plötzlich verspürte ich ein tiefes Glücksgefühl, eine tiefe Zuneigung. Und ich wusste, dass es diese Tiere waren, denen ich meine ganze Aufmerksamkeit schenken wollte. Es war ein bisschen wie der Moment, in dem man sich in jemanden verliebt. Ich verstand es nicht, denn logisch waren diese Gefühle nicht. Aber tief in mir wusste ich, dass das mein Weg sein würde.
Ich kehrte mit einem klaren Ziel nach Wien zurück: Ich wollte alles über Ameisen erfahren und lernen, was es über sie zu erfahren und zu lernen gab - obwohl ich Wirtschaftsstudentin war und meine Diplomarbeit noch fertigstellen musste. Ich machte mich auf die Suche nach Ameisenexpert*innen in Österreich. Und tatsächlich gab es mit Dr. Birgit Schlick-Steiner und Dr. Florian Steiner ein Wiener Myrmekologen-Paar - Myrmekologie ist das Fachwort für Ameisenkunde. Da sie sich gerade nicht in Österreich befanden, verwiesen sie mich an das Naturhistorische Museum in Wien, und zwar an Dr. Herbert Zettel, der sich dort neben seiner Tätigkeit als Kurator der Hemipteren-Sammlung, dazu zählen u.a. Wanzen und Zikaden, auch intensiv mit Ameisen beschäftigte, und an Dr. Dominique Zimmermann, die soeben Kuratorin der Hymenopteren-Sammlung, dazu gehören neben Bienen und Wespen auch die Ameisen, geworden war. Nach einem kurzen Mailverkehr vereinbarten wir einen Kennenlerntermin im Museum.
Die kleine Acryl-Box ist Teil einer Gel-Ameisenfarm und perfekt, um Ameisen zur genaueren Beobachtung einzufangen.
Insektenladen im Naturhistorischen Museum Wien, das mit mehr als zehn Millionen Präparaten eine der größten Insektensammlungen der Welt besitzt.
Für die meisten meiner Freunde erschien meine plötzliche Vernarrtheit in Ameisen zwar etwas sonderbar, aber sie unterstützten mich, und so war eines meiner ersten "Ameisen-Geschenke" eine kleine Gel-Ameisenfarm. Das Set bestand aus einer ca. 20 x 15 cm großen und einer ca. 2 x 5 cm kleinen transparenten Acryl-Box, gefüllt mit einem nahrhaften Gel, in das die Ameisen Gänge bauen konnten. Die kleine Box war dazu gedacht, Ameisen einzufangen, um sie danach in die große Box zu transferieren. Inzwischen wusste ich, dass ich für mein kleines Gel-Formicarium eine Königin benötigte, die darin eine Kolonie aufbauen sollte. Wo ich so eine Ameisenkönigin herbekommen sollte, war mir zwar nicht klar, aber zumindest wusste ich, wonach ich suchte.
Gefunden habe ich meine Königin in der Wiener Innenstadt! An einem warmen Sommertag spazierte ich die Kärntner Straße entlang, als ich plötzlich einen Schrei losließ. Eine Königin! Mitten in der Fußgängerzone! Es war eine kleine Wegameisen-Königin, die da über die Pflastersteine wackelte. Nun hieß es, schnell und kreativ sein, denn meine kleine praktische Gel-Box hatte ich nicht dabei. Sofort sank ich auf alle Viere und krabbelte der Ameisenkönigin nach, um sie zu fassen. Ich bugsierte sie sanft in das Etui meiner Sonnenbrille, um sie darin aufzubewahren. Ich eilte nach Hause und setzte meine Königin überglücklich in das Gel-Formicarium. Und wartete. Tatsächlich legte sie nach einigen Tagen Eier, und ein paar Wochen später schlüpften daraus zwei Arbeiterinnen.
Als der Tag meines Termins im Naturhistorischen Museum endlich gekommen war, schnappte ich mir eine der zwei jungen Arbeiterinnen und transferierte sie in die kleine Gel-Box, in der Hoffnung, dass ich im Museum Zugang zu einem Mikroskop haben würde, um die kleine Ameise in Ruhe und ganz aus der Nähe beobachten zu...
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