Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Eine böhmische Familiengeschichte - fesselnd, berührend und voller Zuversicht
Längst hat Erika mit ihrer Familie in Wien ein neues Zuhause gefunden, und die Schrecken der Vertreibung aus ihrer böhmischen Heimat Hohenfurth liegen weit zurück. Die Ehe mit Erich hat ihren Glanz verloren, doch für ihre Kinder hält sie die Fassade aufrecht. Sie ist dankbar für die Freundschaft ihrer treuen Gefährtin Emmi und flüchtet sich in die Arbeit bei einer Werbeagentur, wo sie ihr künstlerisches Talent entfalten kann. Als ein persönliches Schicksal ihre Jugendliebe Jakub nach Wien führt, steht für Erika plötzlich der Himmel offen. Doch ehe sie eine weitreichende Entscheidung treffen kann, erwartet ihre Tochter Billie sie mit ungeahnten Neuigkeiten. Neuigkeiten, die Erika wehmütig nach Hohenfurth zurückblicken lassen und zugleich eine hoffnungsfrohe Zukunft versprechen, in der Bande neu verknüpft werden, die viel zu lange getrennt waren.
Gabriele Sonnbergers warmherzige Saga um ihre starke Heldin Erika erzählt davon, wie es war, als Sudetendeutsche nach dem Krieg eine neue Heimat zu finden - eine mitreißende Geschichte über Lebensträume, Liebe, Solidarität und die Macht der Hoffnung
Das ist meins!«
Billies kleine Hand langte blitzschnell über den Tisch zur Servierplatte, auf der das letzte Marmeladekipferl lag. Drei Bleche voll hatte Erika für die Familie gebacken. Die vier Kinder konnten nie genug davon bekommen. Zum Glück war es ein einfaches Rezept, das ihr Tante Mimi schon als Kind gezeigt hatte. Nun war es Billie, die ihr dabei eifrig zur Hand gegangen war. Mit einem Teelöffel hatte sie Marillenmarmelade auf die vielen Teigdreiecke getupft, bevor sie sie eingerollt und an den Enden festgedrückt hatte. Jetzt stopfte sie sich das Gebäck in den Mund und grinste Bernhard zahnlückig an. »Hättest halt auch mitgeholfen.« Nur schwer waren ihre Worte zwischen dem Riesenbissen in ihrem Mund zu verstehen, doch in ihren Augen blitzte vergnügte Schadenfreude, dass sie schneller gewesen war als ihr ältester Bruder.
»Sibylle Lehner! Du freche kleine Kröte! Das wirst du büßen!« In gespieltem Zorn stieß Bernhard seinen Stuhl zurück und umrundete den langen Holztisch.
Billie reckte das Kinn hoch. »Glaubst du, ich fürchte mich vor dir? Ich bin stark, schau nur!« Sie schob den Ärmel ihres Wollkleides hoch und spannte den Muskel an.
Bernhard drohte ihr mit dem Finger. »Nur weil ich fürs Bundesheer zu kurzsichtig bin, heißt das nicht, dass ich nicht mit dir fertigwerde. Und außerdem hab ich den Leo an meiner Seite. Das hast du wohl vergessen, Fräulein Naseweis!«
Aufs Stichwort schnappte Leo sie um die Mitte und hob sie aus dem Stuhl hoch, als hätte sie kein Gewicht. Billie kreischte und strampelte mit den Beinen, aber Leo lachte nur. Rasch wich Bernhard einen Schritt zurück, um vor Billies Fußtritten sicher zu sein.
»Warte nur, du Wildkatze, das merke ich mir! In drei Wochen hab ich Geburtstag. Da kriegst du von meiner Torte bestimmt kein einziges Stück!«
Solange es nach Spaß aussah, beobachtete Erika die Szene nur, ohne sich einzumischen. Jetzt kicherte sie durch die Nase. »Bist du sicher, dass es eine Geburtstagstorte geben wird? Du bist doch schon viel zu erwachsen für so Kinderkram.«
Bernhard riss die Augen auf, und Leo entließ Billie aus dem Schwitzkasten.
»Was? Es gibt keine Torte mehr? Nur weil Bernhard neunzehn wird? Das geht doch nicht!« Mit gerunzelter Stirn fixierte er erst Erika und dann seinen Bruder, der nur vierzehn Monate älter war als er. »Hast du gesagt, dass du Geburtstage kindisch findest? Ich jedenfalls nicht!« Normalerweise waren die beiden ein eingeschworenes Team, doch in diesem Fall teilte Leo Bernhards Ansicht nicht. Bernhard schüttelte vehement den Kopf. »Hab ich nie gesagt! Keine Ahnung, was Mama da reitet!«
»Jössas, ihr zwei seid echte Deppen. Euch kann man wirklich leicht veräppeln. Mama nimmt euch doch nur auf den Arm.« Matthias grinste und strich seiner Schwester fürsorglich eine Haarsträhne aus dem roten Gesicht. »Sogar Billie hat das schon durchschaut, stimmt's, kleine Schnecke?«
Ganz sicher war Billie sich nicht gewesen, obwohl Erika ihr verschmitzt zugeblinzelt hatte. Nun lachte sie erleichtert auf. »Klar! Das weiß doch jeder! Für eine Torte ist man nie zu alt, gell, Papa?«
Entrüstet streckte Erich den Rücken durch. »Warum schaust du mich dabei an? Ich bin doch kein Greis! Ich bin nur zwei Monate älter als deine Mutter - und sieh dir das junge Pupperl an! Sie würde glatt als deine ältere Schwester durchgehen.«
»Du spinnst ja.« Erika machte eine wegwerfende Handbewegung, lachte ihn dabei aber geschmeichelt an.
»Papa, echt, du bist so was von peinlich!«
Bernhard ignorierte die Tatsache, dass er auf einen Scherz hereingefallen war, und verdrehte die Augen. Sofort pflichtete Leo ihm bei. »Mit solchen Sprüchen hast du vielleicht nach dem Krieg was gerissen. Aber die Zeiten haben sich geändert. Heute kannst du Frauen mit so einer billigen Anmache nicht mehr beeindrucken.«
»Genau! Eine moderne Frau lässt es sich nicht gefallen, dass ein Mann sie als Pupperl bezeichnet.«
Bernhard nickte Leo zu. So verschieden die beiden Brüder aussahen, so einig waren sie sich darin, den Eltern zu widersprechen. Wenn sie so nebeneinanderstanden, hätte man sie nicht für Geschwister gehalten. Bernhard wirkte zartgliedrig und schmal. Er war einen Kopf kleiner als Leo, der sich letztes Jahr zu seinem siebzehnten Geburtstag Boxhandschuhe, einen Sandsack und Hantelstangen gewünscht und sich im Keller eine Kraftkammer eingerichtet hatte. Während Bernhard sich für alles interessierte, was auf der Welt passierte, und er sämtliche Nachrichten aufsaugte, die er aus Fernsehen, Zeitung oder Radio bekommen konnte, zog Leo sich lieber in sein Zimmer zurück und malte oder zeichnete - wenn er nicht gerade im Keller trainierte.
Die steile Falte zwischen Erichs Augen sprach von einem Anflug Verärgerung. »Von euch beiden brauch ich mir wirklich nicht sagen lassen, wie ich mit Frauen zu reden habe. Damit hab ich noch nie ein Problem gehabt, stimmt's, Mutzile?« Er ignorierte Erikas Blick, den sie zur Decke drehte. »Brauchst nur die Wilma oder die Lorly fragen. Oder die Helene. Denen gefällt meine Art überaus. Aber was rechtfertige ich mich überhaupt vor euch Grünschnäbeln. Hauptsache, ihr seid euch wieder einmal einig, wie man sich richtig zu verhalten hat.« Er knurrte missmutig. »Da reden die Richtigen. Der eine weiß vor lauter Gescheitheit nicht, was er studieren will, und der andere schafft es grad mit Müh und Not durch die Schule. Vielleicht konzentriert ihr euch lieber mal auf euch selbst, bevor ihr euch ein Urteil darüber anmaßt, wie ich mit Frauen rede.«
Bernhard zuckte nur mit den Schultern, doch Leo schoss Röte ins Gesicht. »Wenn ich die Matura nicht brauchen würde, damit ich an die Akademie gehen kann, hätte ich die blöde Schule längst hingeschmissen.« Das Zucken seiner Wangenmuskeln spiegelte wider, wie aufgewühlt er war. »Doch wie es mir geht, interessiert hier ja ohnehin niemanden.«
Erschrocken schnappte Erika nach Luft. »Aber Leo, wie kannst du so etwas sagen? Papa und ich wollen immer nur das Beste für euch Kinder!«
Bernhard zog die Brauen hoch. »Weil ihr immer so genau wisst, was das Beste für uns ist .« Er schlug die Zeitung auf, die Erich vor dem Essen gelesen und auf dem Tisch neben dem Lehnstuhl abgelegt hatte. »Das glauben die Leute auch, die auf Studenten einprügeln, die nicht länger in einem reaktionären System leben wollen und deswegen auf die Straßen gehen. Hauptsache, es bleibt alles so, wie es immer schon war. Weil der alte Mief ja so toll ist.«
Erich schüttelte den Kopf. »Du siehst auch nur, was dir in den Kram passt. Wir sind bei Gott nicht gegen alles! Ich wünsche dir nicht, dass du dort sein müsstest, wo die Menschen wirklich unfrei sind und ihre Meinung nicht sagen dürfen - wie zum Beispiel bei unseren Nachbarn, den Tschechen. Wenn die auf die Straße gehen, haben sie wirklich ein essenzielles Anliegen. Aber diesem Geschrei nach Freiheit und der Zerstörungswut kann ich nichts abgewinnen.«
Er ignorierte Bernhards scharfes Luftholen und schaute zu Erika. »Hast du das mitbekommen? Gestern hat der tschechische Parteichef Novotný zurücktreten müssen. Ich bin gespannt, ob sich die slowakische nationale Bewegung unter Dubcek weiter durchsetzen wird. Diesmal geht es um einen entscheidenden Schritt hin zu mehr Meinungsfreiheit und Liberalisierung unseres Nachbarlandes.« Seine Augen hinter den Brillengläsern funkelten. »Wenn Dubcek und seine Leute weiter gegen die Kommunisten an Boden gewinnen, könnte das auch für uns von großer Bedeutung sein. Denk nur, wenn die Benes-Dekrete endlich außer Kraft gesetzt würden. Dann könntest du auch wieder nach Hohenfurth fahren.« Er griff über den Tisch nach Erikas Hand. »Würdest du das nicht auch spannend finden, noch einmal zu deinem früheren Zuhause zu kommen?«
Erika presste die Lippen zusammen. Erst nach einem Moment der Stille holte sie tief Luft, bevor sie Erich antwortete. »Es wäre schon schön, noch einmal das Haus zu sehen, in dem ich aufgewachsen bin.« Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. Der verträumte Zug um ihren Mund verschwand wieder, und sie zuckte mit den Schultern. »Aber wer weiß, wie es jetzt dort aussieht. Was werde ich dort noch finden? Die Kommunisten sind mit unserem schmucken Städtchen bestimmt nicht gerade sorgsam umgegangen. Ich weiß nicht, ob ich das mit eigenen Augen sehen will.«
Noch einmal versuchte Bernhard, sich Gehör zu verschaffen. »Ihr könnt doch auch nichts anderes, als ständig über den Kommunismus herzuziehen. Ihr kapiert eben die Idee dahinter nicht. Ich wünsche mir eine Welt, in der es endlich eine gerechte Verteilung der Güter gibt, in der nicht eine kleine, reiche Minderheit über die Mehrheit der schuftenden Arbeiterschaft bestimmt, sondern in der jeder Mensch das gleiche Recht auf Besitz und Wohlstand hat - das ist ein Idealzustand, für den man kämpfen sollte.« Mit gespreizten Fingern fuhr er sich durch seine dichten Locken, die ihm beinahe bis zu den Schultern reichten. Dabei nickte er Leo zu, der an den Lippen seines Bruders hing.
»Wenn das alles so super wäre, warum gehen dann die Menschen in der Tschechoslowakei gegen dieses System auf die Straße? Da sind übrigens auch viele Studenten dabei. Und die sind doch alle so schlau, sagst du immer.« Weil Bernhard nur den Kopf schüttelte, krachte Erichs flache Hand auf die Tischplatte. »Du hast doch nicht die geringste Ahnung, was es bedeutet, hart zu arbeiten. Wie schwer wir es gehabt haben, um uns diesen kleinen Wohlstand zu verdienen, in dem übrigens auch du nur zu bequem wie...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.