3. Kapitel: Die Hölle von Auschwitz-Birkenau.
Nirgendwo sonst wurden jemals an einem Ort so viele Menschen systematisch ermordet.
Luftaufnahme der RAF von Birkenau, links aufsteigender Rauch der Verbrennungsgruben (August 1944)
Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war das größte deutsche Vernichtungslager im NS-Staat. Es wurde 1941 drei Kilometer entfernt vom Stammlager Auschwitz-I auf dem Gebiet der Gemeinde Brzezinka (deutsch Birkenau) errichtet. Es befand sich nahe bei der Stadt Oswiecim (deutsch Auschwitz) im nach der Besetzung Polens vom Deutschen Reich annektierten und als Verwaltungseinheit neu errichteten Landkreis Bielitz.
Das Tor zur Hölle
"Wir wussten, das war ein Tor, wo man reinging und nicht mehr rauskam. Wir hörten die Schüsse" Zofia 16 Jahre alt.
Nicht einmal Kinder, die Schutzbefohlenen, wurden verschont.
"Wir haben das moralische Recht und die Pflicht unserem Volk gegenüber, dieses Volk, das uns umbringen wollte, umzubringen".
H. Himmler 1941
Im Lagerkomplex Auschwitz wurden über eine Million Menschen ermordet. Von den mehr als 5,6 Millionen Opfern des Holocaust wurden etwa eine Million Juden als rassistisch verfolgte Menschen in Auschwitz-Birkenau ermordet. Des Weiteren gab es ca. 160.000 nichtjüdische Opfer, darunter ebenfalls rassistisch begründet Sinti und Roma sowie Polen, zudem auch männliche Homosexuelle aufgrund ihrer Sexualität. Etwa 900.000 der deportierten Personen wurden direkt nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordet. Weitere 200.000 Menschen kamen durch Krankheiten, Unterernährung, Misshandlungen und medizinische Versuche zu Tode oder wurden später als zur weiteren Zwangsarbeit untauglich selektiert und ermordet.
Auschwitz-Birkenau, auch KL Auschwitz II genannt, wurde 1941 als Arbeits- und als Vernichtungslager mit später insgesamt sechs Gaskammern und vier Krematorien errichtet. Unter äußerst widrigen Bedingungen wurden hier viele hunderttausende Häftlinge gefangen gehalten, zur Zwangsarbeit angehalten und massenhaft durch unbehandelte Krankheiten, Erfrierungen, unzureichende Ernährung, körperliche Erschöpfung, medizinische Experimente, Exekutionen oder Vergasen getötet. Viele Gefangene aus ganz Europa wurden bereits am Tag ihrer Ankunft vergast.
Ca. 1,3 Millionen Menschen wurden hierher deportiert. Als die rote Armee das Lager befreite fand sie noch ca. 8500 Häftlinge vor.
"Für mich ist Auschwitz der größte Friedhof der Welt" Eve Umlauf. Überlebende des Holocaust.
Das Lager unterteilt sich grob betrachtet in acht verschiedene bauliche Bereiche
- Drei Gefangenenlager, die von Süd nach Nord B I, B II und B III (B steht für Bauabschnitt) genannt wurden, und darin mit Kleinbuchstaben a, b etc. benannte Teillager, auch so genannte Felder mit bis zu 40 Baracken, die durch Stacheldrahtverhaue getrennt waren. Umgangssprachlich wurden sie nach der dort jeweils eingesperrten Gefangenenkategorie benannt. Jeweils bei deren Eingang befanden sich die Wachhäuser der SS-Mannschaften (Blockführer) und bereits innerhalb der extra Umzäunung des Feldes die jeweilige Küchenbaracke.
- Das separate Frauenlager bestand im Bauabschnitt I von September 1942 bis 1945. Davor war dies das Kriegsgefangenenlager russischer Soldaten. Dass in diesem KZ dann gleichzeitig neben Männern Frauen gefangen waren, stellte eine Besonderheit unter den Konzentrationslagern der SS dar.
- Zwischen den Gefangenenlagern in den Abschnitten B I und B II wurde erst 1944 die Zug-Rampe für die Deportationszüge errichtet. Sie hatte nur eine Zufahrt von Osten her durch das mit seinem aufgesetzten Wachturm markante Torhaus.
- Züge konnten vom Güterbahnhof Oswiecim her in den Lagerbereich einfahren. Dort fanden an der so genannten Alten Judenrampe von 1942 bis Mai 1944 die Selektionen über Tod oder vorläufiges Weiterleben statt.
Die alte Rampe, südlich vom Bahnhof Auschwitz.
Wo Worte enden, beginnt das Bild; denn das was hier geschah, geht über das Maß all dessen, was Worte ausdrücken können.
Sie wurden wie Heringe in der Büchse zusammengepfercht und wie Vieh transportiert.
Keine Luft zum Atmen, kein Wasser, nichts zum Essen. Nur Urin, Kot und ein bestialischer Gestank, den man mit Worten nicht beschreiben kann.
Viele überlebten den Transport nicht. Einige waren bereits in der Fäulnisphase und Leichenflüssigkeit trat aus.
Und die, die überlebt, aber zu schwach waren, wurden sofort erschossen. Auch Kinder wurden nicht verschont.
- 5. An deren westlichen Enden wurden die beiden ersten Gebäude mit kombinierten Gaskammern und Krematorien errichtet. Im NS-Sprachgebrauch hießen sie vermutlich aus Tarngründen nur Krematorium II und III.
- 6. Die zunächst als Gaskammern verwendeten Häuser ("Rotes" und "Weißes Haus") befanden sich westlich etwas abseits.
- 7. Der Lagerbereich zur Weiterverwertung von Häftlingsgut (genannt "Kanada") schloss sich im Westen an den Lagerabschnitt B II an.
- 8. An der Straße nach Oswiecim im Osten schlossen sich die Kommandantur (Kommandantur II) und das SS-Kasernen-Gelände an. Es wurde 1944 noch um ein Lazarett für die Waffen-SS (SS-Lazarett) erweitert. Das am 1. September 1944 eingeweihte SS-Lazarett wurde durch einen alliierten Bombenangriff am 26. Dezember 1944 zerstört.
- 9. Verschiedene Infrastrukturgebäude wie Kartoffelbunker, Kläranlagen, Wasserwerk lagen außerhalb des Gefangenenlagerbereichs. Die Entwässerungsgräben liefen von den Latrinen der verschiedenen "Felder" aus in westlicher Richtung und dort am Lagerrand in Sammelgräben zu den Kläranlagen.
Insgesamt war das Lager umgeben von einer durch Hochspannung gesicherten mehrfachen Umzäunung mit über 30 in Sichtweite errichteten hölzernen Wachtürmen.
Im Frühjahr 1942 begannen die Massendeportationen von Juden mit Zugtransporten aus Polen, aus Frankreich, aus der Slowakei und aus dem deutschen Reichsgebiet.
Mitte des Jahres waren schon 16.000 Juden aus Polen, über 4000 aus Frankreich und mehr als 1000 aus der Slowakei in dem Vernichtungslager inhaftiert. In den kommenden Jahren steigerten sich die Transporte bis zu ihrem Höhepunkt im Jahre 1944 mit 600.000 Juden, von denen 500.000 direkt nach der Ankunft in den Gaskammern ermordet wurden. Überall in den besetzten europäischen Ländern gab es Durchgangslager, von denen aus die Deportationszüge in die östlichen Vernichtungslager rollten. Die polnische Bevölkerung wurde nach und nach aus dem Interessengebiet vertrieben. Es war somit von der Umgebung abgeschnitten und gut kontrollierbar. Viele Fluchtversuche von Häftlingen sind aufgrund dieser für sie nicht erkennbaren tiefen Staffelung des gesamten Komplexes gescheitert.
Neben dem I.G.-Farben-Industriekomplex Buna, einem neu errichteten Werk für synthetischen Treibstoff und Gummi, wurde schließlich das KZ Auschwitz III Monowitz als KZ mit der Hauptfunktion als Arbeitslager dieser Fabrik errichtet, das nicht innerhalb des Interessengebietes lag. Damit wollte die Werksleitung in Absprache mit der SS erreichen, dass die "Arbeitskräfte" nicht von täglichen Fußmärschen von und zum jeweiligen Stammlager entkräftet wurden. Zugleich erhielt die Werksleitung mehr Einfluss auf die Zusammensetzung der eigenen Zwangsbelegschaft. Die Zentrale Sauna (offizieller Name BW.32) in Auschwitz-Birkenau diente zugleich als Aufnahmegebäude und als Desinfektions- und Entwesungsanlage.
In diesem Gebäude lief die Aufnahmeprozedur der neu ins Lager angekommenen Häftlinge ab. Ihnen wurden Nummern zugewiesen, und schwangere Frauen und erkrankte Häftlinge, die bei der Selektion auf der "Rampe" nicht aufgefallen waren, wurden noch zuvor aus den arbeitsfähigen Häftlingen zur sofortigen Ermordung aussortiert.
Entstehung
Am 1. März 1941 besichtigte Reichsführer SS Heinrich Himmler erstmals das Stammlager Auschwitz. Himmler beauftragte die SS mit einer grundlegenden baulichen, personellen und operativen Erweiterung des "Interessenbereiches KL Auschwitz".
Das Gebiet des neuen Lagerkomplexes sollte insgesamt 40 km2umfassen, eine Aufnahmekapazität von 100.000 Häftlingen erreichen und mehrere SS-eigene Produktionsstätten und agrarwissenschaftliche Versuchsstandorte unterhalten.
Im Sommer des Jahres 1941 erhielt der Kommandant des Stammlagers Auschwitz Rudolf Höß durch die Adjutantur des Reichsführers SS den Befehl, zu einer Dienstbesprechung mit Himmler in Berlin zu kommen. Gemäß der Zeugenaussage von Höß vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg und seinen eigenen Aufzeichnungen eröffnete Himmler Höß während dieses Gespräches, der Führer Adolf Hitler habe die "Endlösung der Judenfrage" befohlen und die SS müsse diesen Befehl ausführen. Er, Himmler,...