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In der jordanischen Hauptstadt Amman bekomme ich innerhalb einer knappen Stunde, quasi im Vorübergehen, ein Visum für den Sudan. Das ist eine kleine Sensation, denn in Kairo beispielsweise wartet man auf die sudanesische Einreiseerlaubnis wochenlang, mitunter auch vergebens. Erfolg oder Mißerfolg sind dort abhängig von den Launen der wenigen Entscheidungsträger, die man ohnehin nur sehr selten zu sehen bekommt. Hier begrüßt mich dagegen der Konsul persönlich, um zu erzählen, daß sein Bruder in Deutschland Informatik studiert hat. Mit diesem Visum ist nun wenigstens der Weg von Ägypten nach Süden offen. Allerdings möchte ich nicht die Route über Wadi Halfa und durch die Nubische Wüste nehmen, denn dann würde diese Reise zu einer Wiederholung meiner Kapstadt-Tour vor acht Jahren werden. Statt dessen will ich versuchen, entlang der Westküste des Roten Meeres nach Port Sudan zu radeln, um von dort mit einem Schiff nach Jemen überzusetzen.
Amman liegt rund 1000 Meter über dem Meer. Die Straße nach Westen führt zunächst sanft, dann steiler bergab. Nach vierzig Kilometern markiert ein Schild am Straßenrand den Nullpunkt. Meereshöhe. Von hier geht es weitere 403 Höhenmeter in Serpentinen hinab zum Toten Meer, zum tiefsten Punkt der Erde. Morgens habe ich in Amman noch vor Kälte gebibbert, nun treibe ich bei 25 Grad wie ein Stück Balsaholz in der warmen Salzlake.
Das blaue Wasser wirkt fremd in dieser Wüstenlandschaft, wie ein Stausee auf dem Mond. Nur nördlich des Toten Meeres kann an den Ufern des Jordan-Flusses Landwirtschaft betrieben werden. Das wenige Wasser, das übrigbleibt, mündet in den salzigen See, ohne aber wieder abzufließen. Wohin sollte es auch - 400 Meter unter dem Meer? Das Wasser verdunstet einfach.
Der Weg zur Ruinenstätte Petra führt zurück in die Kälte des ebenfalls kargen Hochlandes, hinauf bis auf 1600 Meter. Das passende Klima für das erste Weihnachtsfest auf dieser Reise. Am Heiligen Abend schneit es sogar ein wenig. Ich quartiere mich in einem der vielen Hostels von Wadi Musa ein, dem Ausgangspunkt für die Erkundung Petras.
Am Ende einer langen Felsklamm taucht unvermittelt das Schatzhaus von Petra auf
"Rosa Stadt" wird die 2000 Jahre alte Nabatäersiedlung oft genannt. Man versteht sofort, wenn man nach dem Marsch durch den siq unvermittelt das "Schatzhaus" erblickt. Der siq ist eine enge, sich windende Felsenschlucht zwischen 100 Meter hoch aufragenden Wänden, mitunter nur zwei Meter breit und über einen Kilometer lang. Im reflektierenden Licht der umgebenden Felsen leuchtet das Schatzhaus am Ende des siq in zarten Tönen von gelb-beige bis violett.
Das Schatzhaus wurde, wie auch die anderen Bauwerke und Grabkammern Petras, aus Felswänden herausmodelliert. Fein gearbeitete Fassaden, teilweise griechischen und römischen Tempeln nachempfunden. Die eigentlichen Räume, die sich dahinter öffnen, sind hingegen sehr schlicht.
Viele dieser Höhlen wurden bis in die jüngste Vergangenheit noch von Beduinen bewohnt. Die Regierung hat sie - nicht zuletzt wegen der Touristen - in den letzten Jahren aus dem Tal zwischen den Felsen verbannt und ihnen ein paar Kilometer weiter Betonwohnungen errichtet. Ganz erfolgreich scheint dieser Umsiedlungsversuch allerdings nicht zu sein, denn einige der Höhlen dienen bereits wieder Mensch und Tier als Unterkunft.
Mein Aufbruch aus Petra fällt mit dem Ende des Ramadan zusammen. Lange war unklar gewesen, ob die Fastenzeit bis zum 27. oder bis zum 28. Dezember dauern würde, wann genau der neue Mondmonat beginnt. In der Nacht zum 27. hat man von Mekka aus dann einen ersten Lichtschimmer am Neumond erkennen können und somit an diesem Tag den Ramadan für beendet erklärt.
Überall Fröhlichkeit und Erleichterung nach den 29 Tagen der Askese, überall wird gefeiert und gegessen. Die Menschen sind ausgelassen und laden mich beinahe in jedem Ort ein. Kinder drücken mir unter der Fahrt Bonbons in die Hand. Nach über vier Wochen ist es ein seltsames Bild, tagsüber essende und trinkende Menschen zu sehen.
Unterwegs im Wadi Rum
Die letzten Kilometer vor Aqaba schlängelt sich der "Desert Highway" gemächlich vom Hochland hinab zum Roten Meer. Kurz vor der Küste hat man einen Blick in alle vier Anrainerstaaten des Golfs von Aqaba: im Südosten Saudi-Arabien, das Land, auf dessen Einreiseerlaubnis ich so lange vergeblich gewartet habe; im Südwesten Ägypten, durch das ich nun am Roten Meer entlang in den Sudan reisen will. Hier Jordanien mit 22 Kilometern Küste, westlich angrenzend Israel mit gerade einmal sieben Kilometern Meereszugang.
In Damaskus hatte mich eine ältere Dame aus Irland, die in Syrien für ein Buch recherchierte, gefragt, warum ich denn nicht einfach ohne Visum an die saudische Grenze führe. "Die wissen doch genau, daß ich ein Visum brauche", antwortete ich ihr.
"Vielleicht nicht", stellte sie dagegen.
Das kann nicht funktionieren! Das wäre wirklich zu einfach. Als wäre in den 80er-Jahren jemand von Osten kommend am Checkpoint Charlie aufgetaucht mit den Worten: "Ich will nach West-Berlin" - und die Grenzer öffnen die Tore, weil sie nichts von Bestimmungen wissen, die die Ausreise aus der DDR verbieten.
Da ich auf dem Campingplatz bei Aqaba aber nur zehn Kilometer von Saudi-Arabien entfernt bin, werde ich trotzdem mal ausprobieren, was passiert. Die Flasche Rotwein, die vom Silvesterabend noch übriggeblieben ist, verstecke ich kurz vor der Grenze am Straßenrand im Sand. Mit Alkohol im Gepäck sollte man bei den Saudis nun wirklich nicht auftauchen.
Dann der Grenzposten der Jordanier. Die Uniformierten ziehen sich mit meinem Paß in ein kleines Gebäude zurück. Als sie nach langen Minuten wieder herauskommen, erklären sie mir, daß sie mich ohne das Saudi-Visum nicht durchlassen können.
"Saudi-Visum?" tue ich entsetzt. "Das kriege ich doch drüben an der Grenze!"
"Nein, das müssen Sie in Amman beantragen."
"Wie weit ist es denn bis zum Saudi-Posten?"
"Zwei Kilometer."
"Dann lasse ich das Fahrrad hier und laufe zu Fuß rüber und hole mir das Visum."
"Nein, wenn Sie hinter diese Linie treten, sind Sie aus Jordanien ausgereist."
Was soll's? Es würde eh ein erfolgloser Versuch bleiben. Wenn doch schon die Jordanier wissen, daß ich das Visum brauche. Jeder braucht es. Auch Syrer, Ägypter, Libyer und die Bewohner der anderen arabischen Bruderländer. Egal ob Moslem oder nicht.
So mache ich also wieder kehrt. Und was bleibt als Trost? Das Fläschchen Rotwein. Es wird nun nicht im Wüstensand zwischen Aqaba und der Saudi-Grenze versauern müssen.
An der Ostküste der Sinai-Halbinsel radele ich hinunter zum ägyptischen Sharm el Sheikh und setze über nach Hurghada. Die Zeit drängt ein wenig, denn in vier Wochen erwartet mich mein Bruder im Jemen. Wenn er per Flieger in San'a einschwebt, möchte ich in Port Sudan zumindest schon ein Schiff gefunden haben, das mich zur jemenitischen Küste bringt. Doch durch diese Rechnung macht bereits die Polizei in Hurghada einen dicken Strich. Als ich um die Genehmigung für die Küstenroute nach Sudan bitte, weisen sie mich schroff ab. Die Nachfrage allein reicht schon fast zur Verhaftung. Militärgebiet! Seit Jahrzehnten gesperrt.
Es war also doch ein Gerücht, daß diese Route seit kurzem geöffnet ist. Ausdrücklich verbieten sie mir auf der Polizeistation, mit dem Fahrrad weiterzufahren. Ich soll den Bus nach Assuan nehmen und von dort über den Nasser-Stausee ausreisen, sagen sie. Das bringt mich aber nicht weiter. Ich will mit dem Schiff nach Jemen; ich muß am Roten Meer bleiben!
Anruf oben im Norden, in Suez: Wann gehen Fähren nach Jemen? Antwort: Es gibt keine Fähren nach Jemen, auch nicht mehr nach Port Sudan. Schiffsverbindungen gibt es nur noch nach - Saudi-Arabien!
Von Hurghada radele ich die 60 Kilometer südlich nach Port Safaga, um mich im Hafen nach einer privaten Yacht umzuschauen. Doch keine einzige ist zu sehen. Auf dem Weg zurück nach Hurghada stoppen mich die Polizisten an einem Checkpoint. Aufgeregte Stimmen tönen aus ihrer Funkanlage: "Almani? Mister Peter?" - Unglaublich. Ich bin hier inzwischen berühmt.
"Ist das Hurghada?" frage ich.
"Ja, Hurghada."
Die in der Zentrale glauben, daß ich gegen ihre Weisung in das Militärgebiet eindringen will. Aber ich weiß doch selbst, daß ich wegen der vielen Checkpoints keine Chance habe. Bleibt ruhig, Leute, ich fahre doch schon wieder nordwärts! Nach turbulentem Funkgespräch scheinen sie das auch...
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