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Manche Dinge im Leben passieren zwangsläufig. Zum Beispiel dass man seine Periode bekommt, wenn man eine weiße Hose trägt. Dass man seinen Friseur bittet, die Haare nur zwei Zentimeter zu kürzen, und man nachher mit zehn Zentimetern weniger dasteht. Dass es an der Tür klingelt, sobald man mit dem Hintern die Klobrille berührt.
»Archie, kannst du bitte aufmachen?«, rief ich aus dem Bad. Keine Antwort. »Archie?« Vor zehn Minuten hatte er noch auf unserem Bett gelegen und unsere traditionelle Donnerstagabendpizza bestellt, während ich die Wäsche aufhängte. Aber jetzt war von ihm nichts zu hören.
Ich brach den Weltrekord im Schnellpinkeln, sauste zur Tür und riss sie auf, als Joseph, der junge schlaksige Bote von Donnie's Pizza, schon kehrtgemacht hatte und den Gartenweg hinunterging. Er lachte, als er mich in meinem unordentlichen Zustand sah. Halb von der Tür verdeckt sah ich hastig an mir herunter, ob meine Unterhose rausguckte. Zum Glück nicht.
»Ich habe ernsthaft überlegt, die Polizei zu rufen. Ich dachte, wenn ihr eure Donnerstagabendpizza nicht annehmt, seid ihr sicher tot.«
Ein grausiger Gedanke. Ich nahm zwanzig Pfund aus dem Glas, das mit »Pizzakasse« beschriftet war, und gab sie ihm. Ich hielt die Hand für das Wechselgeld hin. Zwei sechsunddreißig wie immer.
Als ich die Tür schloss, kam Archie. In einer dunklen Jeans und dem Hemd, das ich ihm am Tag zuvor hatte bügeln sollen. Seine rotblonden Haare hatte er sich aus dem Gesicht gestrichen, sein albernes Grinsen war hinreißend.
»Seit wann ist das der Dresscode für einen Pizzaabend auf der Couch?«, fragte ich lachend. Sonst machte ich mich gern darüber lustig, dass er immer aussah, als käme er gerade vom Strand. Seine Muschelkette legte er nie ab, und Boardshorts trug er sogar im Winter. Ich hatte längst vergessen, dass er eine Jeans besaß.
»Ich, äh, die habe ich zufällig gegriffen.«
Ich wusste, dass er log, nur nicht warum.
Unsere Donnerstagabendpizzatradition hatte vor sieben Jahren begonnen, an dem Donnerstag, als ich mit einem abgenutzten Koffer bei ihm einzog, der so vollgestopft war, dass er mir unterwegs in den Zügen zwischen Maldon Essex und Bristol Temple Meads zweimal aufsprang. Wir waren zwanzig und unsterblich verliebt, und Archie hatte mich auf dem Bahnsteig abgeholt. Auf seinen zotteligen Haaren saß eine schwarze Schiebermütze, und er hielt ein zerknittertes Stück Pappe hoch, auf dem »Liebe meines Lebens« stand.
Ich lächelte so breit, dass es wehtat, und rannte auf ihn zu wie eine Soldatenbraut im Kriegsfilm. Ich sprang ihm in die Arme, schlang die Beine um seine Taille und küsste ihn, als hätte er mir gerade das Leben gerettet.
Ich brauchte dreißig Minuten, um auszupacken und mich in seinem behaglichen Leben, hundertsiebzig Meilen von meinem Elternhaus entfernt, einzurichten. Wir feierten das, indem wir bei Donnie's an der Ecke von Fishponds Hauptstraße Pizza bestellten. Der Teig war klitschig, und in der Salami waren so dicke Knorpelstücke, dass sie unmöglich vom Schwein sein konnte, sondern ohne Zweifel von einem viel stärkeren Tier, einem Bären oder Ochsen. Wir hatten die fettigen Kartons vor uns aufgeklappt, aßen im Schneidersitz auf dem Parkettboden und küssten uns nach jedem Bissen. Es war ein Neuanfang. Eine neue Ära. Perfekt.
Seit jenem Abend bestellten wir jeden Donnerstag nach der Arbeit - bei Regen, Sonne, Hagel oder Sturm - Pizza bei Donnie's. Einmal stürmte und schneite es so heftig, dass die Lieferboten mit dem Moped nicht vom Fleck kamen. Archie zog meine alten UGG-Boots an, die ihm zwei Nummern zu klein waren, und stapfte durch zehn Zentimeter hohen Schnee zur Pizzeria, um unsere gewohnte Bestellung abzuholen: eine große Salamipizza, eine Schachtel Kartoffelspalten und einen Becher Knoblauchkräuterdip. Triumphierend kam er zurück und übergab mir unser Abendessen mit Schneeflocken an den langen Wimpern und dem Lächeln eines Helden. »Wenn meine Liebste Pizza will, bekommt sie Pizza.«
An dem Abend verliebte ich mich noch ein bisschen mehr in ihn.
Man könnte meinen, dass solche Gewohnheiten schnell langweilig werden. Ich dagegen fand sie tröstlich. Wie eine warme Umarmung am Ende eines harten Tages, ein warmes Essen an einem kalten Abend. Montags Lasagne, dienstags Chinapfanne, mittwochs Fischauflauf, freitags Hähnchencurry. Ich brauchte mir nie Gedanken zu machen, was als Nächstes kam.
So glaubte ich jedenfalls .
Archie nahm meine Hand und öffnete die Tür zu unserem Wohnzimmer - das verdächtig ordentlich wirkte. Seine Sporttasche mit den Fußballklamotten, die auf dem Ledersofa einen festen Platz hatte, stand seltsamerweise nicht dort. Es herrschte ein weiches, gemütliches Licht (der Dimmschalter, den er schon seit Jahren hatte auswechseln sollen, funktionierte plötzlich), und so herrschte in der grauen Junggesellenbude eine warme Atmosphäre.
»Hast du geputzt?« Ich hatte nicht unverschämt klingen wollen, doch wegen seiner langen Arbeitstage als Vertreter und weil er dienstagsabends mit seinem Fünfer-Team Fußball spielte, mittwochs die Jugendmannschaft trainierte, freitags zum Kricket und samstags mit den Jungs rausging, war meistens ich diejenige, die den Staub von seinem kinogroßen Fernseher wischte und verirrte Zehennagelschnipsel vom Teppich saugte. Man kann Feministin sein, auch wenn man mehr Zeit mit Putzen verbringt als mit dem Kampf gegen das Patriarchat, oder?
»Hab ich«, sagte er. »Ich wollte, dass du heute mal die Füße hochlegen und dich entspannen kannst. Lass dich einfach drauf ein.«
Ehe ich fragen konnte, worauf ich mich einlassen sollte, küsste er mich. Mit Hingabe und Begierde. Wie bei unseren ersten Dates.
»Mmm«, seufzte ich und rieb die Nasenspitze an seiner. »Wofür war das?«
Es war nicht so, dass wir keinen Sex mehr hatten. Den hatten wir. Nur nicht so oft, wie ich es bei zwei verliebten Siebenundzwanzigjährigen erwarten würde. Ich hatte das ein paar Mal gegoogelt, wenn ich plötzlich Angst bekam, unsere Beziehung könnte gestört sein, die begrenzte Schlafzimmeraktivität könnte für ein größeres Problem stehen. Laut den Suchergebnissen waren solche Flauten normal. Eine vorübergehende Durststrecke. Vollkommen gesund. Trotzdem war es immer eine willkommene Überraschung, wenn wir es doch wieder taten.
»Weil ich dich liebe, Kitty.« Archie lachte und warf den Kopf zurück. Seine gute Laune machte mich enorm an.
Ich lehnte mich an ihn, um mehr zu bekommen, und er tat mir den Gefallen und drückte genießerisch meinen Hintern. Doch als ich ihm das Hemd aufknöpfen wollte, griff er nach meinen Händen.
Eine vorläufige Zurückweisung. »Komm und setz dich«, sagte er. »Ich möchte mit dir über etwas reden.«
Er führte mich zum Sofa, wo die Pizza vor uns auf dem Tisch lag, drehte sich zu mir um und legte seine Hände auf meinen Schoß. Sie zitterten, und sein Gesichtsausdruck war anders und unergründlich.
Er ist todkrank.
Nein, sei nicht albern.
O Gott, er macht mit mir Schluss.
Ich fühlte Übelkeit aufsteigen und atmete tief durch. Das Essen roch nicht mehr appetitlich, sondern als stünde mir die schlimmste Nacht meines Lebens bevor.
Beruhige dich, Kitty, wahrscheinlich will er nur fragen, ob er auf dem großen Fernseher das komische Ballerspiel spielen darf, auf das er so steht.
»Ist alles okay?«, fragte ich.
»Mehr als okay.« Er zog den Schritt seiner Jeans zurecht und rückte näher.
Ich sah die goldenen Sprenkel in seinen braunen Augen, den Amorbogen seiner Oberlippe, seinen schelmischen Blick. Er führte etwas im Schilde, so viel war klar. Beim letzten Mal, als er mich so ansah, hatte er mich mit einem Wochenendtrip nach London überrascht. Und obwohl er mich an jenem Samstag zu einem Arsenal-Spiel nach Wembley mitschleppte, wurde es ein schönes Wochenende.
Ich überlegte gerade, ob ein Fußballturnier bevorstand, als er endlich die Pizzaschachtel aufklappte und mir auf den Schoß legte. Ich nahm mir ein Stück und biss herzhaft hinein. Er keuchte verblüfft. Ich wollte schon fragen, was los war, doch da bemerkte ich ihn.
Mitten auf der Pizza in dem tomatenroten Fett lag ein Diamantring.
»Kitty Harris«, begann Archie förmlich. »Ich liebe dich, obwohl du Ananas auf Pizza für akzeptabel hältst, obwohl du meine Boxershorts einlaufen lässt und weil du immer so süß schnaubst, wenn du etwas lustig findest.« Er hielt inne, als erwartete er, dass ich lache. Doch ich war wie versteinert. Ich starrte in einem fort auf den Ring. »Ich weiß, du hasst das ganze romantische Zeug, und ich auch. Darum dachte ich, der beste Ort hierfür ist das eigene Zuhause, das wir uns hier geschaffen haben, der Ort unserer schönsten Erinnerungen. Ich liebe dich so sehr, du bist diejenige, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen will.«
Trotz meines fassungslosen Schweigens strahlte er mich weiter an. »Also?« Er zog den Ring aus der Pizza, wischte ihn am Ärmel ab und hielt ihn mir hin wie Oliver Twist seine Suppenschale für einen Nachschlag. »Was sagst du, Kitty? Willst du meine Frau werden?«
Ich sperrte den Mund auf, so weit, dass ein bisschen zerkaute Pizza herausfiel und auf dem Sofa landete. Der Diamantring blitzte wie ein Laserstrahl. Prinzessschliff. Fantastisch. Er war genau das, was ich mir als Zwölfjährige gewünscht hätte. Doch als Zwanzigjährige wusste ich, dass er mehr Kosten nach sich ziehen würde, als auf dem Preisschild gestanden hatten.
Archie guckte selbstsicher und erwartungsvoll. Er ahnte nichts von der...
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