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Der TikTok-Hype-Roman von der New-York-Times-Bestseller-Autorin auf Deutsch!
Es gibt viele Regeln, die ein Priester nicht brechen darf. Ein Priester darf nicht heiraten. Ein Priester darf seine Gemeinde nicht im Stich lassen. Ein Priester darf seinen Gott nicht verlassen. Ich war immer so gut darin, Regeln zu befolgen. Bis sie kam und ich neue Regeln lernte. Mein Name ist Tyler Anselm Bell. Ich bin 29 Jahre alt. Vor sechs Monaten habe ich mein Keuschheitsgelübde gebrochen, auf dem Altar meiner eigenen Kirche. Und so wahr mir Gott helfe, ich würde es wieder tun. Ich bin ein Priester, und das ist meine Beichte.
"Heiß. Wie. Die Sünde." (Lauren Blakely)
Die Beichte ist bekanntlich das unbeliebteste Sakrament. Warum das so ist, darüber hatte ich so manche Theorie: weil sie den Stolz verletzt oder lästig ist oder als Verlust geistiger Unabhängigkeit empfunden wird. Aber im Moment neigte ich dazu, den Beichtstuhl selbst für die Unbeliebtheit verantwortlich zu machen.
Ich verabscheute ihn, seit ich ihn gesehen hatte, dieses altmodische, massige Ding aus den dunklen Zeiten vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Meine Kirche in Kansas City, wo ich aufgewachsen bin, hatte ein Beichtzimmer, sauber, hell und geschmackvoll, mit bequemen Stühlen und einem großen Fenster in den Pfarrgarten.
Dieser Beichtstuhl war das krasse Gegenteil jenes Zimmers - beengt und förmlich, aus dunklem Holz und voll von überflüssigem Geschnörkel. Ich bin nicht klaustrophobisch, aber dieser Verschlag könnte mich dazu machen. Mit gefalteten Händen dankte ich Gott für den Erfolg unserer letzten Spendenaktion. Noch zehntausend Dollar, dann würden wir St. Margaret in Weston, Missouri, renovieren und in etwas verwandeln können, das einer modernen Kirche immerhin ähnelte. Dann würde es in der Vorhalle keine auf Holz getrimmten Plastikverkleidungen mehr geben und keinen roten Teppich, der zwar Weinflecken kaschiert, aber eine furchtbare Atmosphäre schafft. Es würde Fenster geben, Licht und Modernität. Zugeteilt wurde ich dieser Gemeinde ihrer quälenden Vergangenheit wegen . und meiner eigenen. Über diese Vergangenheit hinwegzukommen, würde mehr erfordern als die Renovierung des Gebäudes, doch ich wollte den Mitgliedern meiner Gemeinde zeigen, dass die Kirche sich ändern, dass sie wachsen und sich in die Zukunft bewegen konnte.
»Muss ich Buße tun, Pater?«
Ich war in Gedanken gewesen - zugegebenermaßen eine Schwäche von mir. Täglich betete ich darum, sie beheben zu können (sofern ich daran dachte).
»Das dürfte nicht nötig sein.« Obwohl ich durch das verzierte Gitter nicht viel sehen konnte, hatte ich meinen Büßer erkannt, kaum dass er in den Beichtstuhl getreten war: Rowan Murphy, ein Mathematiklehrer mittleren Alters und leidenschaftlicher Polizeifunkhörer. Er war mein einziges Beichtkind, das zuverlässig sein Gewissen erleichtern kam, und seine Sünden reichten von Neid (der Schuldirektor hatte dem anderen Mathelehrer eine Gehaltserhöhung gegeben) bis zu unkeuschen Gedanken (an die Rezeptionistin eines Fitnessstudios in Platte City). Zwar war mir klar, dass einige Geistliche noch immer den alten Regeln für die Buße folgten, doch ich gehörte nicht zu denen, die ihren Schäfchen auftrugen, zwei »Ave Maria« zu beten und am nächsten Morgen in die Messe zu kommen. Rowans Sünden entsprangen seiner Unruhe, seiner Stagnation, und alles Entlanghangeln am Rosenkranz würde nichts fruchten, wenn er sich nicht den Wurzeln seines Zustands zuwandte.
Das wusste ich, weil ich seinen Zustand kannte.
Außerdem mochte ich Rowan. Er war auf verschmitzte, überraschende Weise humorvoll und einer von denen, die Tramper einluden, auf seinem Sofa zu übernachten, und ihnen morgens beim Abschied noch einen Rucksack mit Lebensmitteln und eine neue Decke in die Hand drückten. Ich wollte, dass er guter Dinge und ausgeglichen war, wollte erleben, wie er aus dem, was ihn umtrieb, ein erfüllteres Dasein kelterte.
»Nein, keine Buße, aber eine kleine Aufgabe habe ich für Sie«, sagte ich. »Denken Sie über Ihr Leben nach. Sie haben einen starken Glauben, aber kein Ziel im Leben. Wofür brennen Sie, neben der Kirche? Wofür stehen Sie morgens auf? Was stiftet Ihrem täglichen Tun und Trachten Sinn?«
Rowan antwortete nicht, doch ich hörte ihn auf eine Weise atmen, die von Nachdenken zeugte.
Danach beteten wir das Vaterunser, ich segnete ihn, und dann war Rowan verschwunden, um wieder zu unterrichten. Wie seine Mittagspause war auch meine Beichtstunde fast vorüber. Um mich zu vergewissern, prüfte ich die Uhrzeit auf meinem Handy und wollte schon aufbrechen, da hörte ich die Tür zum Beichtstuhl aufgehen. Jemand setzte sich, und auch ich ließ mich wieder nieder und verkniff mir ein Seufzen. Diesen Nachmittag hatte ich ausnahmsweise frei, und darauf hatte ich mich gefreut. Außer Rowan kam nie jemand zur Beichte. Niemand. Und gerade an diesem Tag, an dem ich endlich mal früh aus dem Dienst kommen und das herrliche Wetter nutzen wollte .
Konzentriere dich, befahl ich mir.
Jemand räusperte sich. Eine Frau.
»Ich, äh, ich hab so was noch nie gemacht.« Ihre Stimme war leise und verführerisch und klang wie ein akustisches Pendant zum Mondschein.
»Ach.« Ich lächelte. »Eine Anfängerin.«
Das trug mir ein kurzes Lachen ein. »Ja, ich schätze, das bin ich. Beichten, das kenne ich nur aus Filmen. Ist nun der Moment, wo ich sage: >Vergeben Sie mir, Pater, denn ich habe gesündigt<?«
»Beinahe. Erst schlagen wir das Kreuz. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes .« Ich hörte, wie sie die Worte mit mir sprach. »Und jetzt sagen Sie mir, wann Sie das letzte Mal gebeichtet haben und .«
»Noch nie«, unterbrach sie mich. Sie klang jung, aber nicht zu jung. Als wäre sie in meinem Alter oder etwas jünger. Und ihre Stimme hatte die akzentfreie Eile der Großstadt, nicht den gemütlichen Südstaaten-Tonfall, den man hier im ländlichen Missouri mitunter zu hören bekam. »Ich, äh, ich hab die Kirche gesehen, vom Weinladen gegenüber. Und ich wollte . Na ja, mir liegt einiges auf der Seele. Sonderlich religiös war ich nie, aber ich dachte, vielleicht .« Sie verstummte und holte dann unvermittelt Luft. »Das war dumm von mir. Ich sollte gehen.« Ich hörte sie aufstehen.
»Hier geblieben«, sagte ich und erschrak über mich selbst. Solche Befehle gab ich sonst nie. Nicht mehr jedenfalls.
Konzentriere dich!
Sie setzte sich wieder, und ich hörte sie an ihrer Tasche nesteln.
»Das war nicht dumm von Ihnen«, sagte ich freundlicher. »Wir schließen hier ja keinen Vertrag. Sie versprechen mir nicht, bis an Ihr Lebensende jede Woche in die Messe zu gehen. Dies ist nur ein Moment, in dem Ihnen zugehört wird. Von mir . von Gott . vielleicht sogar von Ihnen selbst. Sie sind gekommen, weil Ihnen daran liegt, und ich kann Ihnen diesen Moment verschaffen. Also bleiben Sie bitte.«
Sie atmete langsam aus. »Aber ich . Die Dinge, die mich belasten . ich weiß nicht, ob ich sie überhaupt jemandem erzählen soll. Dazu noch jemandem wie Ihnen.«
»Weil ich ein Mann bin? Möchten Sie lieber mit einer Pfarrhelferin sprechen?«
»Doch nicht deshalb.« Ihre Stimme verriet ihr Lächeln. »Sondern weil Sie Priester sind.«
Ich erlaubte mir eine Vermutung. »Sind die Dinge, die Sie belasten, fleischlicher Natur?«
»Fleischlich.« Sie lachte, ein üppiges, melodisches Lachen. Unwillkürlich überlegte ich, wie sie aussehen mochte - ob sie blass oder braun gebrannt war, kurvenreich oder schlank, ob ihre Lippen zart oder voll waren.
Nein. Ich musste mich konzentrieren. Und zwar nicht darauf, wie ihre Stimme mich unvermittelt dazu brachte, mich mehr als Mann denn als Priester zu fühlen.
»Fleischlich«, wiederholte sie. »Das klingt unfassbar beschönigend.«
»Sie können so allgemein bleiben, wie Sie mögen. Egal, was Sie sagen - Sie sollen sich nicht unwohl fühlen.«
»Das Gitter hilft«, gab sie zu. »Es ist angenehmer, Sie nicht zu sehen mit, na ja, mit der Robe und all dem Zeug.«
Nun war ich es, der lachte. »Wir tragen die Robe ja nicht immer.«
»Ach. Wieder geht eine Vorstellung dahin. Was tragen Sie denn gerade?«
»Ein schwarzes, langärmliges Hemd mit weißem Kollar. Wie so ein Stehkragen aussieht, wissen Sie ja aus dem Fernsehen. Und dazu Jeans.«
»Jeans?«
»Ist das so schockierend?«
Ich hörte, wie sie sich an die Beichtstuhlwand lehnte. »Ein bisschen. Es klingt, als wären Sie ein echter Mensch.«
»Nur werktags von neun bis fünf.«
»Gut, dass man Sie nicht unter der Woche ins Gemüsefach des Kühlschranks packt oder so.«
»Man hat es versucht. Aber es gab zu viel Kondenswasser.« Ich hielt inne. »Und falls es Sie beruhigt: Normalerweise trage ich Stoffhosen.«
»Das klingt sehr viel priesterlicher.« Es entstand eine lange Stille. »Was wäre, wenn . Haben Sie manchmal Leute im Beichtstuhl, die etwas wirklich Böses getan haben?«
Darauf gab ich eine vorsichtige Antwort. »Vor Gott sind wir allzumal Sünder. Auch ich. Es geht nicht darum, Ihnen Schuldgefühle zu vermitteln oder das Ausmaß Ihrer Sünden zu quantifizieren, sondern .«
»Kommen Sie mir nicht mit solchem Seminaristengefasel«, unterbrach sie mich barsch. »Ich stelle Ihnen eine echte Frage. Ich habe etwas Böses getan. Etwas wirklich Böses. Und ich weiß nicht, was nun geschieht.«
Ihre Stimme brach beim letzten Wort, und zum ersten Mal seit meiner Priesterweihe hatte ich das Bedürfnis, auf die andere Seite des Beichtstuhls zu gehen und mein Beichtkind in die Arme zu nehmen. In einem modernen Beichtzimmer wäre das möglich gewesen, in dieser altüberkommenen Nische des Todes hingegen hätte es etwas Beunruhigendes und Genierliches gehabt.
Doch in ihrer Stimme . lagen echte Qual, Ungewissheit und Verwirrung. Und ich wollte, dass sie sich besser fühlte.
»Ich muss wissen, dass alles gut wird«, fuhr sie leise fort. »Dass ich mit mir selbst klarkommen...
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