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46.1 Paradoxie: In der Aussagenlogik wird als paradox eine Form der Selbstbezüglichkeit bezeichnet, bei der jeder von zwei Sätzen (p, q), deren Wahrheit sich im Sinne der zweiwertigen Logik gegenseitig ausschließt (= entweder p ist wahr oder q ist wahr), gerade dann wahr ist, wenn er falsch ist, und gerade dann falsch ist, wenn er wahr ist.
Figur 51
46.1.1 Paradoxien sind dem Phänomenbereich der Bezeichnungen (indication, z. B. Landkarten, Speisekarten) zuzurechnen.
46.1.2 Paradoxien entstehen nur, wenn Bezeichnungen im Sinne einer zweiwertigen Logik Bedeutungen zugeschrieben oder abgesprochen werden bzw. Aussagen über die Wahrheit oder Falschheit zugeschrieben werden.
46.1.3 Im Phänomenbereich materieller Objekte (= distinction/z. B. Landschaften, Speisen) sind keine Paradoxien zu beobachten.
46.1.4 Eine Paradoxie produziert logische Unentscheidbarkeit.
46.1.5 Gegenstück zur Paradoxie ist die Tautologie: eine Form der Selbstbezüglichkeit zweier (oder mehrerer) Sätze (p, q, .), deren Aussagen sich im Sinne der zweiwertigen Logik gegenseitig in ihrer Wahrheit bestätigen (sowohl p ist wahr, als auch q ist wahr) bzw. genauer: Wenn p wahr ist, dann ist auch q wahr; wenn q wahr ist, dann ist auch p wahr; wenn p wahr ist, dann ist auch q wahr . usw. (= logische Konsistenz, confirmation, Widerspruchsfreiheit, Wahrheit als konstanter Eigenwert .).
46.2 Fuzzy Logik: Wenn die kontradiktorischen Merkmale der Innen- und Außenseite einer Unterscheidung (= distinction) jeweils nur zu einem gewissen Prozentsatz (zwischen 0 und 100 %, d. h. einem Wert zwischen 0 und 1) zugeschrieben werden können (= indication), dann bietet die zweiwertige Logik kein angemessenes Modell der Bezeichnung, da solch eine Unterscheidung nicht klar begrenzt ist, sondern vage und/oder widersprüchlich bzw. vieldeutig ist.
46.2.1 Solch eine vage Bezeichnung kann angemessen sein, wenn eine Oszillation (= distinction) zwischen innen und außen stattfindet, die so schnell ist, dass sie für den Beobachter nicht beobachtbar ist, d. h., wenn die Merkmale der Unterscheidung beim Beobachten aktuell nicht innen oder außen verortbar sind.
46.2.2 Solch eine vieldeutige und vage Bezeichnung kann angemessen sein, wenn ein Grenzübergang bzw. Merkmale der Grenze beobachtet werden.
46.3 Die Prozesse des Lebens bzw. lebender oder Leben voraussetzender Systeme (= Organismen, psychische Systeme, soziale Systeme) sind in einer Weise organisiert, die sich als paradox beschreiben lässt.
46.3.1 Paradoxien in der Beschreibung (= indication, 2. Unterscheiden) von Lebensprozessen (= distinction, 1. Unterscheiden) entstehen durch die Abstraktion von der Geradlinigkeit der Dimension Zeit.
46.3.2 Lebende und/oder Leben voraussetzende Systeme müssen antagonistische, sich (zweiwertig-)logisch gegenseitig ausschließende Tendenzen realisieren und balancieren.
46.4 Pragmatische Paradoxie: Form von Geboten und/oder Verboten (= Handlungsanweisungen), die sich im Sinne der zweiwertigen Logik gegenseitig ausschließen (= Soll-Sätze bzw. Soll-nicht-Sätze).
46.4.1 Gebot vs. Gebot: Wenn zwei sich gegenseitig ausschließende Handlungen (p, q) gleichzeitig geboten werden (sowohl p als auch q).
46.4.2 Gebot vs. Verbot: Wenn eine Handlung (p) gleichzeitig geboten und verboten wird (sowohl p als auch nicht-p).
46.5 Unentscheidbarkeit und ihre Bewältigung: Pragmatische Paradoxien haben zur Folge, dass es logisch unentscheidbar ist, welche der zur Wahl stehenden antagonistischen Handlungsoptionen die richtige ist.
46.5.1 Entscheiden: Eine erste pragmatische Bewältigungsform pragmatischer Paradoxien besteht ungeachtet der logischen Widersprüchlichkeit im Entscheiden zugunsten einer der Alternativen (willkürlich oder zufällig gewählt etc. bzw. nach irgendwelchen nicht-logischen, d. h. nicht logisch begründbaren, und nicht berechenbaren Kriterien).
46.5.1.1 Der Preis dieses Entscheidens (z. B. p) liegt im Verstoß gegen eines der Gebote (q) bzw. eines der Verbote (nicht-p) und dem Akzeptieren oder Verleugnen der damit verbundenen Konsequenzen.
46.5.1.2 Wenn nicht entschieden wird, wird nicht gehandelt (weder p noch q).
46.5.2 Einführung von Zeit: Eine zweite Möglichkeit der Bewältigung pragmatischer Paradoxien besteht in der Einführung von Zeit, indem die sich widersprechenden Gebote/Verbote nacheinander (= diachron) realisiert werden, d. h., zwischen den beiden antagonistischen, sich ausschließenden Handlungsoptionen wird oszilliert (p folgt auf q folgt auf p folgt auf q . usw. oder p folgt auf nicht-p folgt auf p folgt auf nicht-p . usw.).
46.5.3 Veränderung von Bedeutung/Sinn (= 2. Unterscheiden): Pragmatische Paradoxien können beseitigt werden, indem der Sinn der gebrauchten Bezeichnungen (p und q bzw. nicht-p und nicht-q), d. h. der Gebote und/oder Verbote, verändert wird, sodass sie sich nicht mehr logisch ausschließen.
46.5.4 Spaltung/Verschmelzung: Pragmatische Paradoxien können dadurch bewältigt werden, dass die handelnde Einheit in Untereinheiten gespalten (= ausdifferenziert/entfaltet) wird, die in der Lage sind, gleichzeitig (= synchron) sich logisch ausschließende Handlungen zu vollziehen, oder - das Gegenmodell - dass antagonistisch handelnde Einheiten zu einer übergeordneten, zusammengesetzten Einheit verschmolzen werden (= Fusion), die in der Lage ist, gleichzeitig (= synchron) sich logisch ausschließende Handlungen zu vollziehen.
46.6 Ambivalenz: Das Erleben eines psychischen Konflikts durch einen Akteur, der mit pragmatischen Paradoxien, d. h. kontradiktorischen Geboten (p/q) bzw. Geboten und Verboten (p/nicht-p), konfrontiert ist, soll als Ambivalenz bezeichnet werden.
46.6.1 Psychischer Konflikt: Zwei sich gegenseitig logisch ausschließende individuelle (= psychische) Bewertungen, die gleichzeitig als gültig und relevant für eine Entscheidung erlebt werden.
46.6.2 Bipolare Bewertungsskalen (im Sinne des Entweder-oder) werden der antagonistischen (= paradoxen) Funktionslogik lebender und Leben voraussetzender Systeme nicht gerecht, da für diesen Typus System widersprüchliche Verhaltensweisen/Handlungen und Prozesse überlebensnotwendig (funktionell) sind und daher entsprechend bewertet werden müssen (im Sinne des Sowohl-als-auch).
Figur 52
46.6.3 Bei der Bewertung der Verhaltensoptionen lebender und Leben voraussetzender Systeme muss Ambivalenz als Form der Rationalität betrachtet werden, da auf das Realisieren keiner der jeweils antagonistischen Tendenzen verzichtet werden kann.
46.6.4 Doppelbindung (double bind): Pragmatische Paradoxien, die von einem psychischen System in einem sozialen Kontext erfahren werden, der überlebenswichtig für es ist und nicht verlassen werden kann, und in dem jegliche Metakommunikation über die Unmöglichkeit, den sich (zweiwertig) logisch gegenseitig ausschließenden Geboten/Verboten gerecht zu werden, verboten ist, fördern als generierender Mechanismus das Finden/die Erfindung kreativer Lösungen beim betroffenen psychischen System, die sich in Form von Wahnsinn, künstlerischer Aktivitäten, Humor o. Ä. zeigen (die allesamt in ihrer Bedeutung/ihrem Sinn durch Unentscheidbarkeit im Sinne der zweiwertigen Logik gekennzeichnet sind).
46.7 Tetralemma: Die (mindestens) vier Möglichkeiten von Handlungen (Akte vs. Unterlassungen) oder Verhaltensweisen bzw. deren Funktionen, die sich bei miteinander im (zweiwertig) logischen Widerspruch stehenden Optionen (z. B. p vs. q) ergeben, sollen als Tetralemma bezeichnet werden.
46.7.1 Die vier Optionen des Tetralemma sind: entweder p (Akt p) oder q (Akt q), weder p noch q (Unterlassung sowohl von p als auch von q), sowohl p als auch q (sowohl Akt p als auch Akt q).
Figur 53
46.7.2 Im Phänomenbereich der Bezeichnungen (= indication) ist die Sowohl-p-als-auch-q-Option (logischer Widerspruch/Paradoxie)...
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