Schweitzer Fachinformationen
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Immer noch sehr aufgekratzt, aber schon etwas ruhiger, schließe ich endlich das riesige Eisentor. Sicherheitshalber sperre ich es auch zu. Ich habe Angst, sie könnten das von mir so geliebte Tor öffnen und entwischen, aus dem Hof ausbrechen und noch mehr Schaden anrichten. Ein Schaden, der sich vor allem in meinem großen Herzen für Hunde abzeichnen würde. Ich lehn--e mich an das Tor und atme hörbar. Mein Blutdruck ist sicher immer noch in ungesunder Höhe und mein Herz schlägt viel zu schnell. Langsam öffne ich die Augen. Zuerst sehe ich nur die Dampfwolken meines Atems. Mir kommt es vor, als könnte ich jedes kleine Wassertröpfchen einzeln erkennen.
Nach solch einem Schockerlebnis sieht man die Welt viel klarer und alles wirkt irgendwie intensiver als vorher. So ergeht es wohl auch einer Fliege, die es gerade noch geschafft hat, dem Schnabel der Schwalbe zu entkommen. Ich fühle mich gerade wie eine Fliege, aber eine, die es nicht geschafft hat, der Schwalbe auszuweichen, eher wie eine, die gegen eine Windschutzscheibe geflogen und als kleiner gelber Fleck endete.
Es ist Winter. Der Tag brachte viel Schneefall und schlechte Sicht. Ein Wetter, das man irgendwie lieber vom Fenster aus beobachtet. Vielleicht hätte ich es auch so machen sollen, einfach drinnen bleiben und aus dem Fenster schauen!
Was die eingeschränkte Sicht im Freien betrifft, gilt das natürlich nur für Menschen und nicht für Hunde. Hunde sehen sogar bei diesem Wetter sehr gut, vor allem Windhunde. Diese Tierchen jagen auf Sicht. Ihnen entgeht kein noch so gut getarnter Hase. Sie kommen selbst an einem solch kalten Tag so schnell in den Jagdmodus, dass man sich das Kommando "zu mir" auch gleich schenken kann, wenn man nicht genauso gut sieht wie sie. Also quasi immer, außer man hat einmal Glück und seine Hasenpfote dabei oder vor dem Losgehen auf Holz geklopft oder der Rauchfangkehrer war da und man hat sein vierblättriges Kleeblatt in der Hosentasche oder man hat das Hufeisen noch schnell vor dem Hinausgehen umgedreht.
Wenn das alles nicht zutrifft, hat man die Erlaubnis, sich sofort wimmernd und schluchzend einzugraben und zu warten, dass das Biest wieder an die Stelle zurückkommt, an der es abgehauen ist. Das ist aber wieder Interpretationssache. Ist die Stelle aus der Sicht des Menschen oder der des Hundes gemeint? Und wenn es mehrere Hunde waren? Von welchem wird dann die Stelle genommen, wo er den Menschen zuletzt bemerkt hat? Fragen über Fragen!
Im Hof steht eine Chesterfield-Couch, ein echtes englisches Ledersofa. Was auch sonst, schließlich teilt man sich doch das Haus mit noblem englischem Getier! Als ich mich darauf fallen lasse und immer noch in meine innere Fragestunde versunken bin, merke ich, dass sich zwei graue, ziemlich spitze Öhrchen in mein Blickfeld schieben. Unweigerlich folge ich den Öhrchen, die zwar gemäß Standard eigentlich nicht stehen sollten, es aber trotzdem tun, da sie sich wenig aus menschlichen Schönheitsidealen machen, nach unten und starre nun in das Gesicht von Farka. Die gute Dame heißt nicht ohne Grund so. "Farkas" ist das ungarische Wort für Wolf.
Normalerweise tauschen wir gerne zufriedene Blicke aus und versinken ganz verliebt in den Augen des Gegenübers. Jetzt aber muss ich fassungslos feststellen, dass Farka tatsächlich unheimlich glücklich und zufrieden aussieht, während ich das mit meinen verheulten Augen sicher nicht tue. Axis, das zweite Whippetbiest, drängelt sich nun neben Farka und schaut wie immer zuerst sie und dann mich sehr aufmerksam an. Auch ihr Gesicht wirkt völlig zufrieden und entspannt. Denkt man sich das Blut um die Fänge der beiden weg, haben die Gesichtszüge der beiden Hunde irgendwie Ähnlichkeit mit meinen, wenn ich ein Geschenk in den Händen halte und beginne, es auszupacken.
Offensichtlich haben die zwei entschieden, dass Rot ihre neue Lieblingsfarbe wird. Ich bin, wie man sich vorstellen kann, weniger davon überzeugt. Ich würde liebend gerne noch etwas sitzen bleiben und diese Verräter vor mir frieren lassen. Eine Stimme in meinem Kopf überredet mich jedoch dazu, ins Haus zu gehen. Ich bin letztendlich eine gute Hundemami und meine Kinderleins sollen nicht krank werden. Außerdem verkrampfen sich sonst vielleicht ihre Muskeln und ich muss sie wieder massieren. Also, hinein mit uns!
Drinnen werden wir aufgeregt vom alten "Ehepaar des Hauses", Eny und Goethe, natürlich ebenfalls Whippets, begrüßt. Ich bekomme einen freundlichen Blick zugeworfen, während die Verräter überschwänglich umkreist werden, bevor man ihre Gesichter akribisch untersucht.
Vor diesem Spaziergang hatte ich wie so oft Selbstzweifel. Würden mich Eny und Goethe mehr oder weniger lieben, wenn ich sie hinaus in den Schnee schleife? Aber jetzt, nach alldem, sind mir die Zweifel völlig egal und ich bin einfach nur noch froh, dass ich nur die zwei Mädels dabeihatte. Die Horrorszenarien und Schreckensbilder von Autos, die meine Hunde über den Haufen fahren, oder einer Horde wild gewordener Jäger, die heute auf Hundejagd gehen, wären dann nur noch schlimmer gewesen. Ich werde sowieso jetzt wieder eine Zeit lang mit meinen Verlustängsten zu kämpfen haben.
So viel Glück wie die beiden Damen mit den roten Mündern ausstrahlen, hat eine Menschenfrau mit rotem Lippenstift bestimmt noch nie empfunden. Ich auf alle Fälle nicht, vor allem nicht, wenn ich Lippenstift trug!
Ich kann das Glück einfach nicht mit ihnen teilen und ziehe mich in die warme Küche zurück, um mein Handy aufzuwärmen. Wenn man diese Dinger nämlich braucht, fallen sie einfach aus. Da habe ich einmal brav auf die guten Ratschläge gehört und das dumme Ding mitgenommen ("falls was passiert"), und dann ist es erst recht ausgefallen. Wahrscheinlich wegen der Kälte oder vor Angst, als es meine Schreie nach den Hunden hörte.
Ich muss mich einfach dringend jemandem anvertrauen und meinen Seelenschmerz teilen. Zum Glück braucht weder mein Handy lange, um wieder hochzufahren, noch mein Mann, um nachhause zu kommen.
Als er wenig später erscheint, ist er sehr verwundert über die "Gesichtsbemalung" unserer Hunde. In Selbstmitleid versunken, schien es mir bis dahin auch nicht essenziell, unsere "Kinder" zu säubern.
Lang und breit erzähle ich ihm von unserem Spaziergang, der einfach wundervoll begonnen hatte. Die Mädchen waren super motiviert und aufmerksam. Sie haben sich ständig nach mir ausgerichtet und sind nicht weiter als fünf Meter von mir weggegangen. Wir haben zu dritt kleine Wettrennen gemacht, die natürlich sie gewonnen haben. Wer kann denn schon in einem dicken Ledermantel laufen?! Ich sicher nicht.
Ich fand das Wetter eigentlich auch ganz toll, weil es durch den Schnee irgendwie so still war. Alles rund um uns war weiß und kalt, bis auf ein kleines braunes Etwas, das da mitten am Feld saß. Das kleine Dinge wäre leicht mit einem Erdhaufen zu verwechseln gewesen, doch als es sich zu bewegen begann, war klar, dass es kein Erdhaufen war. In diesem Moment hätte ich allerdings einen sich bewegenden Erdhaufen bevorzugt.
Das braune Etwas flitzte übers Feld. Zugegeben, der Wicht war noch nicht in seinem vollen Hasengalopp. Offensichtlich war er noch nicht motiviert genug, um sein Leben zu laufen. Als er jedoch die zwei Weiber hinter sich bemerkte, wusste er, dass es ernst war, und schlug einen tollen Haken, um sie abzuhängen. Tja, das war wohl nichts! Nachdem er den ersten Haken gemeistert hatte, legte er an Geschwindigkeit zu. Die Mädels direkt hinter ihm taten es ihm gleich.
An dieser Stelle muss ich kurz einwerfen, dass es wirklich wenig gibt, das toller aussieht als zwei Whippets, die in vollem Galopp hinter ihrem Mittagessen her sind. Es ist einfach ein wundervoller Anblick. Ich kann gut verstehen, warum Menschen, die gerne mit ihren Hunden auf die Rennbahn gehen, immer so verträumt aussehen. Ja, es ist fast wie ein Traum oder wie Magie. Diese verpufft allerdings, wenn einem bewusst wird, dass man nicht auf der geschützten Rennbahn steht, sondern auf einem eingeschneiten Feld mitten im Nirgendwo.
Als ich die Mädels hinter der nahegelegenen Hügelkuppe verschwinden sah, war der Zauber so etwas von vorbei, dass ich unter Tränen zu laufen und gleichzeitig zu beten begann. "Keine sonderliche gute Idee!", schrie meine Lunge.
Die Richtung war mir erst nicht klar. Ja, ich weiß, dass es am vernünftigsten ist, dort zu bleiben, wo sie weggesprintet sind. Aber jeder, der schon einmal in der gleichen Lage war, wird verstehen, dass es fast unmöglich ist, still stehen zu bleiben, vor allem im Winter, wenn es schneit, die Kinder nur leicht bekleidet sind und keine Sicht mehr besteht.
Ich versuchte also, den Spuren der beiden zu folgen. Weil ich nicht sonderlich gut Spuren lesen kann, irrte ich so geschätzte 20 Minuten über die Felder. Es war eher ein Verzweiflungsakt, denn durch die Tränen hätte vermutlich niemand eine Hundespur von einer Bärenspur unterscheiden können.
Da hörte ich plötzlich ein Auto, das hupend bremste. Mein Herz war schockgefroren und drohte zu zerspringen, nicht nur durch die Geräusche, sondern auch...
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