Schweitzer Fachinformationen
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Ob Herzinfarkt, Diabetes, Übergewicht, Krebs oder Demenz - die großen Volkskrankheiten greifen weiter um sich.Dabei werden Frauen und Männer häufig falsch behandelt, weil Ärzt*Innen die geschlechtsspezifischen Besonderheiten zu wenig berücksichtigten. So kann es passieren, dass man die Symptome für einen drohenden Herzinfarkt übersieht, weil sie bei Frauen anders sind, oder beim Mann die Osteoporose, weil sie als Frauenkrankheit gilt.
In seinem Buch verbindet Prof. Dr. med. Burkhard Sievers fundiertes Wissen und langjährige Praxiserfahrung zu einem brandaktuellen praxisorientierten Ratgeber: Die 10 häufigsten Volkskrankheiten werden unter dem Blickwinkel der Gendermedizin leicht verständlich aufgeschlüsselt. Beispiele aus der Praxis bieten einen anschaulichen Zugang zum Thema und Symptom-Checkboxen liefern ein Frühwarnsystem zur korrekten Einordnung von Beschwerden. Endlich ein Buch, das zeigt, warum Männer und Frauen eine unterschiedliche Medizin brauchen, und was jeder tun kann, um wirksam behandelt zu werden.
Risikofaktoren, Symptome, Therapien, Reaktionen auf Medikamente - Frauen sind anders krank als Männer. Die vergleichsweise neue Fachrichtung Gendermedizin berücksichtigt das zunehmend und stellt vieles infrage, was bisher galt. Um individueller und gerechter behandeln zu können, ist eine geschlechtersensible Medizin dringend nötig.
Sie litt schon Jahrzehnte lang unter verschiedenen Krankheiten und ging keineswegs gerne zum Arzt. Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck, frühe Wechseljahre, kaum Bewegung und viel Stress. Anne W. pflegte ihren bettlägerigen Mann acht Jahre lang, bis er starb. Die 73-Jährige hatte sich gerade ein bisschen von dieser schwierigen Zeit erholt, als sie kurzatmig wurde, schlechter die Treppe hochkam und immer wieder ein Ziehen im Rücken und im Oberbauch spürte. Das wurde eines Abends so heftig, dass sie den Notarzt rief. Im Krankenhaus veranlasste ein junger Arzt ein EKG und andere übliche Maßnahmen. Er entdeckte nichts Besonderes außer leicht erhöhten Entzündungswerten und vermutete eine Magenschleimhautentzündung und Rückenschmerzen. Also schickte er Anne W. mit Schmerztabletten wieder nach Hause. Nach einer quälenden Nacht wollte Anne zu ihrem Hausarzt, schaffte den Termin aber nicht. Sie kämpfte sich auch durch die nächste Nacht. "Bloß nicht wieder ins Krankenhaus", dachte sie, "da nimmt mich ja doch niemand ernst."
Sie wollte lieber warten, bis ihr Arzt Zeit für einen Hausbesuch hätte. Doch das dauerte. Als die Schmerzen unerträglich wurden, blieb ihr nichts anderes übrig, als wieder den Notarzt zu rufen. In der Notaufnahme passierte das Gleiche wie zwei Tage zuvor: Blutdruck und Puls messen, EKG, Blutabnahme. Diesmal ging aber alles etwas schneller, der Arzt schien erfahrener zu sein. Er diagnostizierte einen Herzinfarkt und schickte Anne direkt ins Herzkatheterlabor, wo schon alles vorbereitet wurde. Dort zeigte sich, dass ein Gefäß verschlossen war. Der Arzt konnte es wieder öffnen. Anne hatte großes Glück, dass sie überhaupt überlebte. Herzmuskelgewebe war abgestorben, ihr Herz geschädigt. Warum hatte sie bloß nichts davon gemerkt?, wollte der Arzt wissen. "Und ob ich was gemerkt habe, aber meine Schmerzen haben niemanden interessiert", entgegnete sie.
Ein typischer Patientinnenfall: Eine ältere Frau mit hohen geschlechtsspezifischen Risikofaktoren und untypischen Symptomen wird zu spät behandelt. Ihre Prognose ist schlecht, das Sterberisiko deutlich erhöht. In diesem Fall kommen gleich mehrere Besonderheiten zusammen, die deutlich machen, wie umfassend das Thema Gendermedizin ist. Männer und Frauen haben verschiedene Symptome, wenn sie krank werden. Ihre Körper sind anders. Der kleine Unterschied hat große Folgen. Die Geschlechter verhalten sich anders - und werden in der Medizin auch entsprechend behandelt. Nicht unbedingt mit Vorsatz, oft durch Zufall, aus Unwissenheit, aus Mangel an Erfahrung oder einfach, weil sie zurückhaltender auftreten als Männer.
Ob im Krankenhaus, in Arztpraxen, in der Forschung, bei der Entwicklung neuer Medikamente oder im Operationssaal - bei der Entstehung und Behandlung der großen Volkskrankheiten spielt das Geschlecht eine entscheidende Rolle. Das ist leider immer noch zu wenig bekannt. Fast 80 Prozent der Deutschen haben noch nie davon gehört, dass zum Beispiel Medikamente bei Frauen anders wirken als bei Männern - das ergab eine repräsentative Umfrage der Krankenkasse BKK. Die neue Fachdisziplin der Gendermedizin hat es sich zur Aufgabe gemacht, das zu ändern und biologische Unterschiede genauso wie Lebens- und Verhaltensweisen der Geschlechter besser zu berücksichtigen. Was genau hat es damit auf sich? Was ist Gendermedizin überhaupt?
Per Wikipedia-Definition bezeichnet der internationale Begriff Gender Medicine eine "Form der Humanmedizin unter besonderer Beachtung der biologischen Unterschiede von Männern und Frauen, die sich auf die geschlechtsspezifische Erforschung und Behandlung von Krankheiten konzentriert". Das Wort basiert auf dem englischen Begriff "gender", der mit soziales Geschlecht übersetzt wird und unterscheidet sich vom englischen Wort "sex", das das rein biologische Geschlecht beschreibt.
Ob Multiple Sklerose, rheumatoide Arthritis oder Hashimoto - wenn das Immunsystem sich gegen den eigenen Körper richtet, trifft es vor allem Frauen. Was steckt dahinter?
Bei Autoimmunerkrankungen bildet das Immunsystem Antikörper gegen die eigenen Zellen. Dahinter steckt eine Fehlsteuerung des Systems, bei der vor allem genetische Veranlagungen und Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Stress und Hormonschwankungen können Autoimmunerkrankungen auslösen oder verstärken - bei Frauen zum Beispiel am Ende der Pubertät, nach einer Schwangerschaft oder in der Menopause. Bei Männern kommt die Krankheit seltener - und wenn überhaupt in schwächerer Ausprägung - vor. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist entsprechend groß: 80 Prozent der Betroffenen sind weiblich. Das hat verschiedene Ursachen.
Geschlechtshormone und Umweltfaktoren
Zum einen beeinflussen Geschlechtshormone die Immunreaktion. Zum anderen spielen verschiedene Genaktivitäten auf dem weiblichen X-Chromosom eine Rolle. Neuere Forschungen zeigen, dass möglicherweise auch die Zusammensetzung der Darmflora Autoimmunerkrankungen beeinflussen kann. Zu den auslösenden Umweltfaktoren gehören bestimmte Infektionen wie zum Beispiel mit Streptokokken, Toxoplasmose, Enterovirus, Helicobacter pylori und anderen. Auch Vitamin D wird als Umweltfaktor diskutiert.
Warun Frauen so oft betroffen sind
Frauentypische Autoimmunkrankheiten sind neben Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis) die rheumatoide Arthritis (Gelenkrheuma), Lupus erythematodes (Schmetterlingsflechte), Polymyalgia rheumatica (Entzündungen und Schmerzen in Muskeln und Gelenken) und Multiple Sklerose. Eine Schlüsselrolle kommt den weiblichen Geschlechtshormonen Östrogen und Progesteron zu. Östrogen verstärkt die Immunreaktion. Progesteron verbessert zum Beispiel die Symptome der rheumatoiden Arthritis und der Multiplen Sklerose in der Schwangerschaft, da der Progesteronspiegel in dieser Zeit steigt. Man vermutet, dass orale Verhütungsmittel oder Hormonersatztherapien mit Östrogenen das Risiko für die Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes erhöhen.
Bei der Gendermedizin geht es also nicht nur um Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die durch Erziehung oder gesellschaftliche Normen entstehen, sondern auch um die verschiedenen körperlichen Voraussetzungen, die Männer und Frauen mitbringen. Mit dem Ansatz, der biologische, psychologische und soziale Aspekte berücksichtigt, macht man sich auf die Suche nach individuellen Ursachen, die in den Genen, in den Zellen, im Stoffwechsel und in der gesellschaftlichen Rolle begründet sind. Das Thema ist in der Wissenschaft und Forschung recht neu. Es wird langsam erkannt und hat erst in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Die Erkenntnisse gehören leider längst noch nicht zum Standard in der medizinischen Praxis.
Häufig wird der Forschungszweig mit Frauenmedizin gleichgesetzt, bei der die gesundheitlichen Bedürfnisse der Frauen besser berücksichtigt werden müssen. Das ist aber nicht ganz richtig, denn Gendermedizin meint immer alle Geschlechtsidentitäten. Auch wenn Frauen aus verschiedenen Gründen tatsächlich häufig benachteiligt sind, sollte man immer auch die Belange der Männer sehen. Am besten lässt sich der Begriff mit geschlechtergerechter, geschlechterspezifischer oder geschlechtersensibler Medizin übersetzen. Während Frauen zum Beispiel bei Herzinfarkten benachteiligt sind, weil "männliche" Symptome als Standard gelten, fallen Männer eher bei psychischen Erkrankungen durchs Raster, weil sie keine typisch "weiblichen" Verhaltensweisen zeigen. Die Folgen sind oft fatal und führen möglicherweise dazu, dass Männer mit unentdeckten Depressionen Suizid begehen. Auch bei Osteoporose, die als typische Frauenkrankheit gilt, wird Männern oft nicht angemessen geholfen. Denn nicht nur die Patienten selbst und ihre Verwandten oder Freunde kommen gar nicht erst auf die Idee, dass zum Beispiel Rückenschmerzen auf den gefährlichen Knochenschwund hindeuten können. Auch viele Ärztinnen und Ärzte wissen das nicht.
Frauen sind häufig
benachteiligt. Es gibt aber
auch Krankheiten, bei
denen man die Belange der
Männer beachten muss.
Lange Zeit galt der Mann in der Forschung als Standard. Die meisten Probanden waren männlich, jung und gesund, obwohl längst bekannt war, dass auch das Geschlecht, das Alter, die Lebensumstände und die Herkunft eine große Rolle spielen. Studien mit Frauen galten aufgrund der Hormonschwankungen im Laufe des Zyklus als schwierig, die Ergebnisse waren nicht eindeutig genug. In der Ausbildung spielt die Gendermedizin bis heute noch eine untergeordnete Rolle.
Bereits bei der Befruchtung steht das Geschlecht fest. Eine Eizelle, aus der später ein Mädchen wird, hat zwei X-Chromosomen (XX), die eines Jungen ein X- und ein Y-Chromosom (XY). Als Chromosomen bezeichnet man Träger der Erbinformation oder genetischen Informationen. Man könnte sie...
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