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Unter den Linden gilt als die berühmteste Straße Berlins. Der großstädtische Boulevard führt von der Gegenwart zurück in die Vergangenheit und weist in die Zukunft.
Das Buch erzählt die Geschichte der »Linden«: von der Entstehung der Promenade, den Verwandlungen zum großstädtischen Boulevard, von den Glanzzeiten während der Aufklärung, des Klassizismus, der Romantik, des Biedermeier, der beginnenden Moderne. Und wir staunen über den verjüngten Teil des Boulevards, genießen die Gastronomie, erblicken das Schloss und die Museumsinsel - das Herz von Berlin.
Ein architektonischer, musealer und gastronomischer Wegweiser für die Zukunft - Lebensart und Weltkultur.
Es gehört zum Urvergnügen des Menschen, spazieren zu gehen. Herrlich, von der Stelle zu kommen, Überblick zu gewinnen, das Sichtfeld zu erweitern. Noch schöner, wenn sich beim Gehen das Panorama der Geschichte auftut. Der großstädtische Boulevard führt zurück in die Vergangenheit, weist in die Zukunft und ist zugleich, wenn es gut geht, Ausdruck der Gegenwart.
Der Boulevard Unter den Linden in Berlin verfügt über solche Potentiale. Er hat schon viel erlebt und fast vierhundert Jahre hinter sich gebracht. Das bedeutet auch: Die Linden sind veränderlich - das zeigen die vielen Darstellungen der Meile, ob von Malern, ob von Schriftstellern oder Chronisten. Immer kam es darauf an, wie der Betrachter die Bestimmung der Prachtstraße verstand. Für die einen war es die repräsentative Staatsachse, wenn nicht die Triumphstraße der siegreichen preußischen Armeen. Für die anderen eine Promenade zum Lustwandeln, eine berauschende Avenue, die über das Alltägliche, Gewöhnliche hinauswies.
Dieses Buch ist selbstredend keine vollständige Geschichte der Allee. Es lässt das Säbelrasseln, das diese Straße früher zur Genüge erlebt hatte, weitgehend beiseite. Es will - wenngleich auch von Preußen, seinen Königen und Königinnen erzählt wird - kein Preußen-Buch sein, sondern eines über die moderne Seite der Deutschen: ein Buch über die bürgerlich-zivile Gesellschaft mit der Perspektive von Freiheit und Gespräch, Anregung und Amüsement. Hier an dieser Achse entfaltete sich zum ersten Mal in Deutschland die Sympathie für das Urbane, Großstädtische, Weltläufige - sieht man vom kleineren Jungfernstieg in Hamburg ab.
Preußen hatte auch eine galante Seite. Die Leute haben Unter den Linden Lebensart erprobt: gingen spazieren, unterhielten sich, erlebten Kultur. Man lernte es, sich im Café einen Platz zu ergattern, zu naschen, die Zeitung zu lesen, Witz zu entwickeln, damals, als das Geschehen an der Promenade in Gang kam, als Berlin noch König- und Bürgerstadt war. Das Buch rollt das kulturelle Werden der Linden auf, bestimmt von königlicher Grandeur und Baukunst, bildender Kunst und Wissenschaft, Gespräch und Geselligkeit, Bürgersinn und Bewegung. Nicht zuletzt meint eine Biografie des Boulevards auch die Biografien der Menschen, die ihn schufen und belebten.
Das Geschehen auf der Promenade kam Ende des 18. Jahrhunderts in Schwung, als König Friedrich II. von Preußen sich nach seinen Eroberungskriegen endlich um die friedvolle Entwicklung des Landes kümmerte. Weiteren Aufwind erhielten die Linden 1791 mit der Eröffnung des neuen Brandenburger Tores, das die Lindenallee nach Westen hin auf würdevolle Weise einfasste.
Eigentlich hatte seinerzeit der neue preußische König Friedrich Wilhelm II. ein Bauwerk zur Verherrlichung seiner Magnifizenz gewünscht, doch der Baukünstler Carl Gotthard Langhans schob ihm ein Symbol bürgerlicher Gesinnung unter: ein offenes, luftiges Tor, den Propyläen auf der Akropolis in Athen nachgebildet. Obwohl es der König war, der die »erste Idee« für die Gestaltung beisteuerte, indem er wünschte, »die großen und schönen Partien der Stadt und des daran liegenden Thiergartens dergestalt miteinander zu verbinden, daß dem Thor soviel möglich freye Öffnung und viel Durchsicht gegeben werde«, stammte das »Konzept«, wie es hieß, von Langhans.
Der Architekt schrieb in einem »Pro Memoria«: »Die Lage des Brandenburger Thores ist in ihrer Art ohnstreitig die schönste von der ganzen Welt, um hiervon gehörig Vortheile zu ziehen, und dem Thore so viel Oefnung zu geben, als möglich ist, habe ich bey dem Bau des Neuen Thores, Das Stadt = Thor von Athen zum Modelle genommen.«
Schon als Langhans 1789 in einer Akademieausstellung den Entwurf des Tores zeigte, hieß es, dass es »in der Geschichte des Geschmacks Epoche macht, indem es die edle Simplicität der Alten in ihren Werken uns wieder näher vors Auge rückt«. Das war das Stichwort einer neuen Ära von Klassizismus und Biedermeier: edle Simplizität - Versachlichung, Vereinfachung, Ausgewogenheit: Man lässt alles Überflüssige, Übertriebene beiseite, achtet auf das Angemessene und Schöne und gewinnt dadurch an Würde. So wie einfache Bauwerke, so können auch einfache Menschen, Bürger, edel sein.
Bis dahin hatte man das Edle dem Großen, Erhabenen, Majestätischen zugeordnet, nun sollte es Kennzeichen des Einfachen, Anmutigen, Bürgerlichen sein. Es ging nicht allein um die Verehrung »der Alten«, sondern auch um die Erneuerung ihrer Ideen, darum, wie es im Text der Ausstellung weiter hieß, dass »unter dem nördlichen Himmelstrich die Ruinen von Athen zu einem schönen Ganzen sich wieder verjüngen«. Langhans legte keineswegs eine Kopie der Propyläen vor, sondern veränderte die Proportionen, machte das Tor höher, weiter, schlanker, schwingender. Das Brandenburger Tor vermittelte die Botschaft eines heiteren, freieren, besseren Lebens. Edle Simplizität schloss niemanden aus, jeder war willkommen - eine Form der Demokratie.
Bild 1: Air von »edler Simplicität«: oben die Ansicht der Propyläen des Perikles in Athen, unten die des Brandenburger Tores in Berlin, kolorierte Radierung von Johann Carl August Richter, um 1795
Die Politik der preußischen Könige nahm ambivalente, widersprüchliche Züge an: Berlin sollte ein Spree-Athen werden, aber unter dem Zepter eines unumschränkt regierenden Königs bleiben. Die Herrscher förderten Ideen, die sie letzten Endes nicht mehr bändigen konnten. Sie glaubten, das Heft in der Hand zu haben, waren aber nur Medium einer europäischen Entwicklung. Bürger und Künstler nutzten die Vorstellungen der Herrscher für ihre Zwecke.
Am anderen, am östlichen Ende mündete die Promenade in den Lustgarten, wo das hochbarocke königliche Schloss stand, erbaut um 1700. Um 1825 stellte der Architekt Karl Friedrich Schinkel dem fürstlichen Schloss ein ebenbürtiges öffentliches Kunstmuseum gegenüber, das heutige Alte Museum. Die Schauseite ist mit ihrer ausschwingenden Säulenreihe dem Brandenburger Tor nicht unähnlich - edle Simplizität am Anfang und am Ende der Allee Unter den Linden.
Bild 2: Edle Einfachheit: Museum am Lustgarten, perspektivischer Entwurf von Karl Friedrich Schinkel, 1823, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett
Die Linden gewannen an kultureller und institutioneller Vielfalt. Wilhelm von Humboldt, der mit Schinkel befreundet war, hatte vorher schon in einem Essay über die Grenzen der Wirksamkeit des Staats nachgedacht und mehr Spielraum für den Bürger gefordert. Für ihn fußte die Bildung der Persönlichkeit sowohl auf der »Freiheit« als auch auf der »Mannigfaltigkeit der Situation«, sprich auf vielseitigen Einflüssen und Begegnungen, wie sie ein Boulevard bieten konnte: als ein Forum für Gespräche, Gedankenaustausch, Debatten, für die Evolution der Ideen und der Dinge. Als Humboldt 1809/10 preußischer Sektionschef für Kultus und öffentlichen Unterricht war, gelang ihm mit Geschick die Einrichtung einer Universität Unter den Linden. Von hier sollte eine neue humane Gesinnung ausgehen, geprägt von freiem Forschen und Suchen.
Die Gründung des zweiten Deutschen Kaiserreiches 1871 brachte es mit sich, dass Berlin nicht länger nur preußische Residenz war, sondern auch deutsche Hauptstadt. Die Spree-Metropole erhielt neue Energieschübe, entwickelte sich zu einem Pionier des Industriezeitalters: zu einem technologischen Zentrum für Metall- und Maschinenbau, Elektronik, Biochemie, ...
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