Schweitzer Fachinformationen
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Abb. 16: Blick auf den 1062 m hohen Pfänder, den "Hausberg" von Bregenz (Österreich).
"Landschaft ist etwas außerordentlich komplexes, nicht nur von ihrer Ausstattung her, sondern auch - oder insbesondere - bezüglich der Ansprüche, die an sie gestellt werden."
Werner Konold (in Schindler/ Stadelbauer/Konold: Points of View)
Abb. 17: Buchenjungwuchs in einem rumänischen "Urwald" (Nationalpark Semenic-Cheile Carasului, Rumänien).
Die Wälder Europas sind gegenüber denen anderer Kontinente vergleichsweise artenarm, insbesondere arm an Baumarten. Dies hängt in erster Linie damit zusammen, dass in Europa Querbarrieren wie die Alpen und der Kaukasus die Wanderung von Süd nach Nord erschweren oder gar verhindern, während dies z.B. in Nordamerika nicht der Fall ist - dort verlaufen die großen Gebirge von Nord nach Süd. Insbesondere während der Kaltzeiten (Pleistozän) verschwanden viele Baumarten aus Mitteleuropa, nur einige konnten danach wieder zurückkehren.
Nach der letzten Kaltzeit traten an die Stelle der eiszeitlichen Tundren nach und nach lichte, mit Kiefern durchsetzte Birkenwälder, später breiteten sich von den Alpen her Haselnusssträucher aus. In der sogenannten Mittleren Wärmezeit (Atlantikum) vor etwa 8000 bis 4000 Jahren dominierte der Eichenmischwald; zur Eiche gesellten sich Ulme, Linde und Esche. Danach wurde das Klima allmählich kälter und es tauchten erstmalig Buchen, Tannen und Fichten in größerer Zahl in den Wäldern auf.
Abb. 18: Alte Steineiche (Sierra de Grazalema, Andalusien, Spanien).
Für den steinzeitlichen Menschen verschlechterten sich durch zunehmende Bewaldung nach und nach die Jagdbedingungen. Zunächst konnte dies dadurch kompensiert werden, dass sich die Menschen bevorzugt an Gewässern ansiedelten, wo Fische und andere Wassertiere noch genügend Nahrung boten. Vor etwa 7000 Jahren war Mitteleuropa ein weitgehend geschlossenes Waldland. Wie dicht dieser Wald war, darüber gehen die Meinungen auseinander. Es gab zu dieser Zeit nämlich eine ganze Anzahl großer Pflanzenfresser wie Wisent, Auerochse und Wildpferd, die in der Lage waren, den Wald zurückzudrängen. Große Pflanzenfresser heißen in der Fachsprache Megaherbivoren, und daher wird die Auffassung, dass viele Wälder durch diese Pflanzenfresser stark aufgelichtet waren, als Megaherbivorenhypothese bezeichnet. Diese Frage ist auch deshalb so interessant, da vor 7000 bis 8000 Jahren die Ackerbauern und Viehzüchter der Jungsteinzeit (Neolithikum) aus Südosteuropa nach Mitteleuropa einwanderten. Wenn damals die Wälder (noch) nicht völlig geschlossen waren und z.B. baumlose "Inseln" bestanden, sind die ersten Siedlungen wohl an diesen offenen Stellen angelegt worden (Poschlod 2015).
Abb. 19: Korkeichenwald mit teilweise abgeschälter Borke (Naturpark Los Alcornocales, Andalusien, Spanien).
Abb. 20: Mit Ausnahme des roten Samenmantels ist die Eibe sehr giftig.
Auch ohne die Megaherbivoren waren die Wälder zur Zeit der Einwanderung der Menschen nach Mitteleuropa deutlich lichter als heute, und zwar deshalb, weil ihnen ein "Schattbaum" fehlte, der heute in unseren Laubwäldern allgegenwärtig ist: die Rotbuche, meist nur Buche genannt (Abb. 17). Sie wurde während der letzten Kaltzeit aus Mitteleuropa verdrängt und überlebte im Mittelmeerraum. Vor etwa 10.000 Jahren begann ihre Rückeroberung des europäischen Verbreitungsgebiets, vor etwa 7000 Jahren trat sie erstmals in Südostdeutschland auf. Da zu dieser Zeit die "Neolithiker" bereits eingewandert waren, bezeichnen manche die Buche sogar als Kulturfolger. Da sie auf den meisten Standorten konkurrenzkräftiger ist als die anderen Baumarten, dominierte die Buche unsere Wälder mehr und mehr.
Heute findet man Buchenwälder von Mittel- bis Osteuropa, im Mittelmeerraum kommen sie in der Bergwaldstufe der Gebirge vor. Im osteuropäischen Tiefland werden sie nach und nach durch Eichen-Hainbuchen-Wälder ersetzt. Im Nordosten reicht die Rotbuche bis zur Weichselniederung in Polen, einzelne Bäume kommen noch bis Kaliningrad (Königsberg) vor. Nach Norden sind Buchenwälder bis Südschweden und Südengland verbreitet, in Norwegen in direkter Meeresnähe bis zu den Lofoten. Die artenreichsten Buchenwälder Europas finden sich im Norden der Balkanhalbinsel (Kroatien).
Buchenwälder können in den Süd- und Südostalpen die natürliche Baumgrenze bilden und hier bis über 1800 m Höhe wachsen. In Mitteleuropa und in den Nordalpen werden sie ab etwa 800 bis 1000 m Höhe von Nadelbaumarten, vor allem der Fichte, abgelöst.
Ähnlich wie in hohen Berglagen nehmen nach Norden hin die Nadelbäume zu, bis sich schließlich in Nordeuropa relativ einförmige boreale Nadelwälder breitmachen, auch Taiga genannt. Sie werden von Fichten, Kiefern, Tannen und Lärchen geprägt, Laubbäume wie Birken und Espen kommen in geschützten Lagen hinzu. Der Boden ist zumeist flächendeckend von niedrig wachsenden, sommergrünen Zwergsträuchern (z.B. Heidel- und Preiselbeeren) und von dicken "Teppichen" aus Moosen und Flechten bedeckt.
Im warmen Mittelmeergebiet findet man dagegen häufig Hartlaubgewächse wie die Steineiche (Abb. 18) mit kleinen, steifen, ledrigen und langlebigen Blättern, die oft wie die Nadeln der Koniferen immergrün sind. Dies ist eine Anpassung an die sommerliche Trockenperiode. Im Mittelmeerraum sind die hochwüchsigen und geschlossenen Steineichenwälder, die früher für die Region kennzeichnend waren, durch Übernutzung (Holzeinschlag, Beweidung, Ackerbau) auf winzige Reste zusammengeschmolzen (s. S. 99). Im westlichen Mittelmeergebiet gibt es teilweise noch ausgedehnte Korkeichenwälder (Abb. 19).
Abb. 21: Stehendes und liegendes Totholz in einem Buchenurwald (Nationalpark Semenic-Cheile Carasului, Rumänien).
Die submediterrane Klimazone, die nördlich und in größeren Gebirgshöhen an die eigentliche mediterrane Zone anschließt, ist die Heimat der Flaumeichenwälder. Allerdings sind auch diese Wälder durch jahrhundertelange starke Übernutzung vielerorts stark zurückgedrängt und die verbliebenen Bestände degradiert worden. So wird für Italien geschätzt, dass Flaumeichenwälder in über 20 % der Landesfläche die potenzielle natürliche Vegetation bilden; ihr tatsächlicher Anteil beträgt aber nur noch 0,8 %. Die Flaumeiche erreicht u.a. am Kaiserstuhl den Süden Deutschlands.
Bevor diese Frage beantwortet werden kann, muss man zunächst fragen, was Urwälder überhaupt sind. "Ursprüngliche Wälder" können es nicht sein, da sich die Vegetation im Lauf der Erdgeschichte in ständigem Wandel befindet und man daher keinen "Ursprung" definieren kann. Während manche Regenwälder Millionen von Jahren alt sein können - das älteste Waldgebiet der Erde in Malaysia ist 130 Mio. Jahre alt -, ist das Alter von Wäldern in Europa durch die Kaltzeiten sehr begrenzt. Lediglich einige Baumarten wie die Eibe (Abb. 20) haben die Kaltzeiten in Refugien überdauert und gelten als sogenannte Tertiärrelikte.
Nach der Definition der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) sind Urwälder oder Primärwälder Waldgebiete, die eine natürliche Vegetation aufweisen, ohne sichtbaren menschlichen Einfluss sind und deren natürliche Dynamik ungestört verläuft. Zumindest in Mitteleuropa gibt es nur noch ganz wenige vom Menschen unbeeinflusste Wälder. Die aus der Nutzung genommenen Naturwaldzellen oder Bannwälder werden daher auch als "Urwälder von morgen" bezeichnet, da sie bis vor kurzer Zeit noch genutzt wurden und erst in der Zukunft vielleicht einmal an Urwälder erinnern werden. Auch wiederhergestellte "Urwälder" können der FAO-Definition genügen.
Unter der Bezeichnung "Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas" führt die UNESCO zahlreiche räumlich getrennte Buchenwaldgebiete in Albanien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Italien, Kroatien, Österreich, Rumänien (Abb. 21), der Slowakei, Slowenien, Spanien und der Ukraine als Weltnaturerbe. Die Gesamtfläche der...
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