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In Neuweiler, einem der Dörfer des nördlichen Schwarzwaldes, etwa 20 km südöstlich von dem bekannten Bad Wildbad, wurde ich am 7. Februar 1839 geboren. Meine frühesten Erinnerungen reichen bis in die ersten Tage meiner Schulzeit zurück. Damals herrschte noch, sowohl im Haus meiner Eltern, als auch im ganzen Dorf, tiefe Finsternis und Todesnacht. Ich erinnere mich, welchen Eindruck es auf mein kindliches Gemüt gemacht hat, als ich einige Monate lang die Schule besucht hatte und der Lehrer uns sehr ernst über die schwere Sünde des Fluchens aufklärte. Da kam eine so große Angst über mich um meine Eltern, die ich doch sehr liebte, dass ich in der Angst auf die Schulbank hinaufsprang und laut in das Klassenzimmer hineinschrie: "Herr Schulmeister, wie geht es dann meinem Vater und meiner Mutter? Die haben ja auch schon geflucht." Die ganze Klasse brach in lautes Gelächter über meine Einfalt aus. Meine Mutter schalt mich, dass ich meine Eltern so bloßgestellt hatte.
Wie man mir später von vielen Seiten erzählte, war fast das ganze Dorf, besonders durch das Wirtshausleben und den Alkohol, wirtschaftlich heruntergekommen und ein Teil der Familien verarmt. Der Ortsgeistliche selbst war ein Trinker. Ebenso die meisten Vorstände des Dorfes. Aber nur noch wenige Jahre sollte es in diesem traurigen Zustand weitergehen. Dann nämlich kamen die Liebe und das Erbarmen Gottes mit einer großen Gnadenheimsuchung über den ganzen Ort. Auch über mein Elternhaus. Dieses große Kommen der göttlichen Gnade erfüllt mich noch heute, sooft ich mich an diese Zeit erinnere, mit tiefster Bewegung und Anbetung. Die Veränderung ging von Pfarrer Blumhardt in Möttlingen aus. Vater und Mutter und alle meine acht Geschwister wurden von dem Feuer, das Gott angezündet hatte, ergriffen und alle wurden für den Herrn gewonnen. Sowohl über dem Dorf als über meinem Elternhaus erfüllte sich das Wort der Schrift: "Gott sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten" (2. Korinther 4,?6). Unser Haus wurde eine Zeit lang ein Feuerherd geistlichen Lebens. Es entstand bei uns eine Versammlung oder Gemeinschaft von Gotteskindern. Diese hat sich - dem Herrn sei Dank! - viele Jahrzehnte, wenn auch durch mancherlei Krisen und Veränderungen erhalten. Die Bewegung hat später auch verschiedene andere Häuser ergriffen. Wie groß der Umschwung war, kann vielleicht eine Begegnung etwas beleuchten, die ich einmal im Eisenbahnwagen mit einem Lehrer hatte. Damals war ich schon mehrere Jahre als Evangelist in Württemberg hin und her auf Reisen. Dieser alte Lehrer fragte mich: "Sagen sie mir nur eins: Wie ist diese große, wunderbare Veränderung in ihrem Dorf zustande gekommen? Ich wurde, als ich aus dem Seminar entlassen wurde, als Hilfslehrer in ihrem Dorf angestellt. Dort waren so traurige Zustände, dass sie sich kaum beschreiben lassen. Es war auch niemand im Dorf, der Leid darüber getragen hätte, außer einem alten Bauern namens Kraft. Der jammerte ganz verzweifelt. Der sagte zu mir: 'Oh, Herr Provisor, alles böse, alles böse, und Sie sind auch so geworden seit Sie hier sind.' Und ich konnte es nicht leugnen, auch ich wurde von dem Geist, der das ganze Dorf beherrschte, fortgerissen." - Und nun sollte ich ihm doch sagen, wie es gekommen ist, dass dieses Dorf ein solcher Feuerherd Gottes geworden ist, von dem man so viel Herrliches hört. Das durfte ich nun diesem alten Lehrer erzählen und will es zur Ehre Gottes auch hier in aller Kürze wiedergeben.
Das Werkzeug, durch welches das alles zustande kam, war der schon zu jener Zeit weitberühmte Pfarrer Blumhardt, damals noch Pfarrer in Möttlingen. Obwohl unser Dorf Neuweiler fünf Stunden Fußweg von Möttlingen entfernt liegt, übte alles, was durch diesen Mann in Möttlingen geschah, bald auch seine Segenswirkung auf unser Dorf und auf viele andere Dörfer des Schwarzwaldes aus. Es geschahen wunderbare Gottestaten an Kranken, Besessenen, Geistesgestörten aller Art und an Erweckung geistlich toter Sünder durch die machtvollen Predigten dieses Mannes. Eine Zeit lang kamen fast jeden Sonntag ganze Scharen auch aus meinem Geburtsort nach Möttlingen. Und fast alle, die dorthin pilgerten, wurden durch das, was sie dort sahen, und durch die geistesgewaltigen und geistesmächtigen Predigten, die sie dort hörten, so ergriffen und umgewandelt, dass sie als andere, als ganz veränderte, neue Menschen in ihre Dörfer und Häuser zurückkehrten. Es war zuerst nur Neugierde, die auch meinen Vater bewog, sich in aller Stille, so geheim wie nur möglich, hinzuschleichen. Dazu wurde er durch eine wunderbare Heilung bewogen, die an einer Gastwirtin unseres Dorfes geschehen war, in deren Gastwirtschaft mein Vater hin und wieder einkehrte. Diese Gastwirtin, Frau Veil, wurde durch Pfarrer Blumhardt von einem unheilbaren Gesichtskrebs völlig geheilt. Sie kam als ein ganz anderer Mensch mit einem neuen Leben und Sinn nach Hause. Ihr Mann, der geisteskrank war, wurde infolge davon auch zu Pfarrer Blumhardt nach Möttlingen gebracht. Auch er kam von seiner Geisteskrankheit völlig geheilt zurück. Das war für meinen Vater so wunderbar, dass er diesen Wundermann doch auch einmal sehen und hören wollte. Mein Vater war berüchtigt als ein rechter Witzbold und Spötter. Aber schon durch die erste Predigt, die er von Pfarrer Blumhardt hörte, wurde er so zerschmettert und zermalmt und in eine so gründliche Buße und Beugung geführt, dass er nun auch meiner Mutter und uns, seinen Kindern, mit großem Ernst und mit Inbrunst erklärte: "Wir alle sind auf dem Weg zur Hölle. Wir alle müssen Buße tun, alles muss anders werden, wenn wir nicht alle miteinander in die Hölle fahren, sondern in den Himmel kommen wollen." Meine Mutter meinte zuerst, mein Vater sei verrückt geworden, was sich auch weiterverbreitete. Aber bald wurden auch meine Mutter und wir Kinder alle von dem Geist, den heißen Gebeten und dem neuen Leben meines Vaters so ergriffen und mitgerissen, dass wir alle den Weg einschlugen, den unser Vater vorausgegangen war. Wir gingen, wenigstens wir älteren Geschwister, auch mit dem Vater nach Möttlingen und ebenso unsere liebe Mutter. Dadurch wurde unser Haus so umgewandelt, dass es eine Zeit lang eine Hütte Gottes wurde.
Was in Möttlingen im Großen geschah, das geschah nun im Kleinen in meinem Elternhaus und in der vorher erwähnten Gemeinschaft, die sich in unserem Haus gebildet hatte. Mein Vater wurde ein mächtiger Glaubensmann durch dessen Glauben und Gebete in jener Zeit Dinge an verschiedenen Kranken geschehen sind, die mitunter fast an Wunder grenzten. Man hatte sowohl im Elternhaus als auch in der Gemeinschaft ein solch kindliches Glaubens- und Gebetsleben gewonnen, dass dem einfältigen Glaubensgebet nichts mehr unmöglich erschien. Man durfte damals etwas davon sehen und erfahren: "Ehe sie rufen, will ich antworten, und wenn sie noch reden, will ich hören" (Jesaja 65,?24).
Es war eine herrliche Wunderzeit, in welcher ich meine frühe Jugend verbringen durfte. Außer Pfarrer Blumhardt übte in etwas späterer Zeit auch noch die Jungfrau Trudel, ähnlich wie Pfarrer Blumhardt, bis zu ihrem Tod einen tief gehenden Einfluss auf meine Heimat aus. Ich hörte wie ein Gottesknecht unserer Tage von ihr bezeugte, dass von den Kindern und Knechten Gottes unserer Zeit niemand so tief in das apostolische Geistesleben eingedrungen sei wie sie. Sie hatte die Feindesliebe in hohem Grad. Auch eine solche Glaubens- und Gebetskraft, bei Kranken, Gebundenen, Geisteskranken und Besessenen aller Art, dass in der kurzen Zeit ihrer Wirksamkeit über vierzigtausend Kranke und Besessene zu ihr kamen und viele von ihnen Hilfe und Befreiung fanden. Es sei hier nur ein Fall aus meinem Heimatdorf erwähnt, der mir besonders nahe ging, weil er einen meiner Schulkameraden betrifft. Dieser, namens Keller, war ein hochbegabter Mensch, aber bis zu seiner Militärzeit ein wilder, ausgelassener Weltmensch. Da bekam er Krebs an den Lippen. In solchen Lagen eilten die Leute zu der Jungfrau Trudel, um Heilung zu finden - so auch dieser Jüngling. Er hat mir später selbst erzählt, wie erstaunt man in unserem Dorf darüber war und wie die Leute sagten: "Was will dieses leichtsinnige Lumpenmännle bei der heiligen Trudel? Da muss man sich ja bekehren, aber der bekehrt sich doch nicht." Er war kaum einige Wochen dort, da schrieb er an seine Mutter einen Brief voll glühender Heilandsliebe. Nach einiger Zeit kam er als ein ganz neuer Mensch und auch von seinem Krebs geheilt in unser Dorf zurück. Wenig später waren wir zusammen in einer Missionsschule, um uns zum Dienst als Arbeiter an Gottes Reich vorzubereiten. Er half später, am Fuß des Karmels die deutsche Kolonie Haifa zu gründen und war jahrelang als deutscher Konsul dort tätig. Wie ich dort mit ihm zusammenkam und wie ihn Gott benutzte, die Karmelmission mitbegründen zu helfen, will ich in einem späteren Abschnitt erzählen.
Ich fürchte, etwas zu versäumen, wenn ich nicht einiges nachhole, was meine Großmutter betrifft. Wir Kinder und auch andere waren davon überzeugt, dass sie den ersten Grund zur Bekehrung meiner Eltern und der ganzen Familie gelegt hat.
Sie war in der Zeit, in welcher es im Ort so traurig aussah, bereits gründlich bekehrt worden. Dies war ohne Einwirkung von Menschen geschehen - nur durch schwere Schickungen und Ereignisse, durch welche Gott sie niedergeworfen und zu sich gezogen hatte. Vor ihrer Bekehrung war sie eine recht stolze Bäuerin gewesen. Zwei Hauptsünden hatten sie gebunden gehalten: Stolz und Zorn. Aber Gott hatte sie in eine harte Schule genommen. Diese in Einzelheiten zu schildern würde zu weit führen. Durch diese göttlichen Schickungen wurde sie in eine Geistestiefe und in ein...
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