Effiziente Disposition in einer internationalen
Spedition mit Hilfe Künstlicher Intelligenz
insbesondere für die erste und letzte Meile
Heinz-Peter Beste
Heinrich Koch GmbH & Co. KG
Abstract
Die Logistikbranche steht vor erheblichen Herausforderungen bei der Verteilung von Stückgut. Der anhaltende Fachkräftemangel im Bereich des Fahrpersonals, der Disponenten und des Umschlagspersonals erfordert die Suche nach effizienteren Lösungen für die Disposition.
In diesem Zusammenhang ermöglicht die automatisierte Dispositions-software SMARTTOUR in Verbindung mit einer optimierten Hallenorganisation eine bestmögliche Unterstützung der Stakeholder und eine effiziente Beladung. Dank des Einsatzes von "machine learning" werden aus früheren Touren wertvolle Erkenntnisse gewonnen, die für zukünftige Routenplanung genutzt werden. Dies führt zu einer Steigerung der Qualität bei Auslieferungen und Abholungen.
Die erfolgskritischen Parameter Zeit, Entfernung und Auslastung werden harmonisiert, und die individuellen Stärken und Schwächen der Beteiligten werden so optimal berücksichtigt.
Die Präsentation beleuchtet die innovative Nutzung Dispositionssoftware in der Logistik, um die Herausforderungen der ersten und letzten Meile effizienter zu bewältigen und die Wettbewerbsfähigkeit in der Speditionsbranche zu stärken.
1. Einleitung
Die Heinrich Koch Internationale Spedition GmbH & Co. KG, bekannt als Koch International, ist ein renommiertes Logistik- und Speditionsunternehmen mit Sitz in Osnabrück, Niedersachsen. Gegründet im Jahr 1900 von Heinrich Koch, entwickelte sich das Unternehmen von einem einfachen Fuhrgeschäft zu einem führenden Anbieter in der Logistikbranche der Region.
Heute bietet Koch International ein breites Spektrum an Dienstleistungen, darunter nationale und internationale Transporte, Lagerlogistik, See- und Luftfracht sowie spezialisierte Logistiklösungen wie Gefahrguttransporte. Das moderne Logistikzentrum am Fürstenauer Weg, eröffnet 2013, und die Gründung einer Tochtergesellschaft für Pharmalogistik im Jahr 2021 unterstreichen die Innovationskraft des Unternehmens.
Nachhaltigkeit und soziales Engagement sind zentrale Bestandteile der Unternehmensphilosophie. Koch International setzt auf umweltfreundliche Technologien wie LNG-Antriebe und E-Fahrzeuge und engagiert sich in lokalen Umweltprojekten. Zudem unterstützt das Unternehmen soziale Initiativen, darunter Projekte zur Verkehrssicherheit und die Unterstützung von Menschen mit Blutkrebs.
Insgesamt steht Koch International für Tradition und Innovation in der Logistikbranche und trägt durch nachhaltige und soziale Maßnahmen positiv zur Entwicklung der Region bei.
Zentrales Thema des Beitrags ist die Optimierung der Disposition des Nahverkehrs mittels KI und der Verbesserung der Hallenorganisation. Der Nahverkehr für Koch International erstreckt sich über einen Radius von etwa 70 km um Osnabrück, von der holländischen Grenze bis nach Minden und vom Münsterland bis hoch ins Emsland. Die tägliche Auslieferung von rund 1400 Transporten und die Abholung von etwa der gleichen Anzahl an Aufträgen werden durch rund 100 Fahrzeuge bis 18 Tonnen und etwa 25 Fahrzeuge bis 40 Tonnen durchgeführt. Die Sendungen werden arbeitstäglich in einer 12.000 qm großen Umschlagshalle mit 89 Beladetoren und 27 Entladetoren umgeschlagen. In der Halle befindet sich eine Unterflurschleppkette mit 220 Kettenförderern. Die Kette verfügt über 4 Einschleusbahnhöfe und 17 Ausschleusebahnhöfe. Die Halle hat 148 Spuren, auf denen die Touren disponiert werden. Die tägliche Auslieferung wird für rund 90 Speditionspartner durchgeführt.
Warum hat das Unternehmen den Nahverkehr neu gedacht und ist Vorreiter einer anderen Organisation geworden? Die Hintergründe sind vielfältig. Die wesentlichen Treiber sind jedoch:
Produktivität: Fahrer sind neben der Auslieferung in der Regel auch für die Beladung der Fahrzeuge verantwortlich. Um eine hohe Effizienz sicherzustellen, ist es notwendig, die Beladezeiten und die mit der Beladung verbundenen Suchzeiten für die auszuliefernden Sendungen zu minimieren, um die Zeit für die eigentliche Auslieferung zu nutzen.
Informationsbedarf: Die Fahrer haben viele Informationen zu verarbeiten und viele Dinge auf der Tour zu beachten. Fragestellungen wie: Wann kann ich die Sendung wie ausliefern? Was habe ich beim Kunden zu erwarten, wie z.B. Wartezeit, Anmeldung usw., sind wesentliche Elemente der Planung, lassen sich jedoch nicht mehr einfach durch Erfahrung managen.
Fachkräftemangel: Disponenten und auch Fahrer gehören zu den Fachkräften, die in der Wirtschaft stark nachgefragt werden. Die Rahmenbedingungen wie Arbeitszeiten sind nicht optimal, und viele Kräfte werden von der Industrie abgeworben. Wissen und Erfahrungen müssen durch IT-Lösungen anwendbar gemacht werden.
Doch wo kann KI sinnvoll im Transportablauf eingesetzt werden und wie sieht die Supply Chain aus?
Abbildung 17: Allgemeine Supply Chain
Die vorstehende Abbildung zeigt die Supply Chain. KI kommt im Schwerpunkt bei der Tourenplanung zum Einsatz. Hier wird die Tour mittels eines Vehicle Routing Problem (VRP) Algorithmus optimiert. Dieser Algorithmus lernt mittels Machine Learning (ML). Typische Lernfelder sind: Zu welchem Zeitpunkt kann ich die Sendung am besten ausliefern? Mit welchen Fahrzeugen und welchen Fahrern? Welche Ressourcen werden für die Bewältigung der Tour benötigt?
Neben der Optimierung kommt dem Monitoring der Beladung eine besondere Bedeutung zu. Die Fahrer übermitteln die Statusmeldung zum Ausliefer- und Abholbereich mittels App, wodurch ein Livemonitoring implementiert werden kann.
Avisprozesse für Zustellung und Abholung kann das System selbstständig organisieren und entlastet somit den Fahrer.
Kernstück ist, wie oben beschrieben, der VRP-Algorithmus. Ein metaheuristischer VRP-Algorithmus ist ein Optimierungsansatz für das Vehicle Routing Problem. Er beginnt mit einer Startlösung und verwendet iterative Techniken wie lokale Suche, Operatorvariationen und Metaheuristiken wie Simulated Annealing oder Genetic Algorithms, um Lösungen schrittweise zu verbessern. Die Qualität jeder Lösung wird anhand von Kriterien wie Routenlänge und Kapazitätsbeschränkungen bewertet. Der Algorithmus wiederholt diesen Prozess, bis ein Abbruchkriterium erfüllt ist, und gibt die beste gefundene Lösung aus. SMO (Self Organizing Map) und Reinforcement Learning (eine Machine-Learning-Technologie) werden mit dem Algorithmus kombiniert, um die Lösungsqualität und -geschwindigkeit zu erhöhen.
Die wesentlichen Einflussfaktoren für die Planung sind die Tourenlänge, die mögliche Arbeitszeit und die Kapazitäten. Ziel ist es, die Kosten zu minimieren.
Abbildung 18: Datenhierarchie und -architektur
Die Daten werden mittels REST API bidirektional verwaltet. In der Anwenderschicht stellt das Programm "active smart tour" dar, welches durch den HERE API Layer unterstützt wird. Die Planung kann vollautomatisiert stattfinden und berücksichtigt territoriale Restriktionen, Fixtermine, mögliche Anlieferzeiten, Skills und Produktprioritäten. Hierzu werden historische und auch Echtzeit-Verkehrsdaten herangezogen. Ein Web-Interface ermöglicht auch ein manuelles Eingreifen.
Eine große Herausforderung für die Planung ist die Kapazitätsplanung. Die Aufgabe hierbei ist es, nicht palettisierte Waren in notwendige Stellplätze umzurechnen, damit die geplanten Mengen auch tatsächlich auf das Fahrzeug geladen und ausgeliefert werden können. Eine weitere Herausforderung ist der Ausfall von Ladegut. Dabei muss beachtet werden, dass die Planung zu einem Zeitpunkt durchgeführt wird, wenn noch nicht sicher ist, ob die verplante Ware auch tatsächlich und wenn ja, auch zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung steht. Dies gilt es in der Planung und auch in der Umsetzung zu berücksichtigen.
Um Suchzeiten des Lager- und Fahrpersonals für die Bereitstellung einer Tour zu minimieren und um die Umsetzbarkeit einer Tourendisposition zu überprüfen, werden die geplanten Touren in Spuren in der Halle abgebildet.
Jede Spur bildet eine Fahrzeugeinheit ab. Auf einer Spur können bis zu 17 Stellplätze abgestellt werden, was in etwa der Kapazität eines Nahverkehrsfahrzeugs entspricht. Auf diesen Spuren werden die Aufträge des Fahrzeugs gesammelt.
Die Tourenplanung erfolgt vor der Entladung der Waren, und somit ist dann bereits bei Entladung bekannt, wo der Auftrag/Sendung in der Halle erwartet wird und abgestellt werden muss. Mittels der Unterflurschleppkette wird der nächstgelegene Ausschleusebahnhof ausgesucht und die Ware entsprechend verbracht. Die Verbringung der Ware aus der Schleppkette auf den zugeordneten Tourenplatz erfolgt durch das Personal des Umschlagslagers.
Die Disposition erfolgt mittels der Daten der Auftraggeber. Hieraus ergibt sich, dass die Genauigkeit nicht immer gegeben ist, doch durch die Platzierung der...