Schweitzer Fachinformationen
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Der alte Eigenbrötler Roth, tot in seinem Toilettenhäuschen! Kommissar Hansen von der Kripo Kempten traut seinen Augen nicht, als er den Leichnam sieht, durchbohrt vom Bolzen einer Armbrust. Auch Kriminalmeister Haffmeyer ist bestürzt, wenngleich er sich noch gut an Roths einstige kriminelle Machenschaften erinnert. Hat den alten Sonderling nun etwa seine Vergangenheit eingeholt? Oder war sein Tod nur ein Unfall - verursacht von ein paar Mittelalter-Fans, die mit ihren nachgebauten historischen Waffen durch die Wälder um Eisenberg streifen?
Hansen hatte schlecht geschlafen und wüst geträumt. In seinem letzten Albtraum, aus dem er gegen sechs Uhr morgens schweißgebadet aufgewacht war, hatte Kater Ignaz Mäuseteile auf sein Kopfkissen gestapelt. Resi hatte ihn dabei noch mit wütender Stimme angestachelt, und an der Wand des riesig wirkenden Schlafzimmers standen Schubert und einige andere Männer in dünnen Mänteln, schüttelten tadelnd ihre Köpfe, unternahmen aber nichts, um Hansen zu helfen. Entsprechend mürrisch war der Blick, mit dem er den Kater bedachte, als er ihm auf dem Weg zur Dusche im Flur begegnete.
Nachdem er sich abgetrocknet und angezogen hatte, schlurfte er in die Küche und startete die Kaffeemaschine. Beim ersten Röcheln des Automaten klingelte das Handy. Das Display zeigte eine ihm unbekannte Nummer an, und als er dranging, meldete sich Ina Schönberg, die Gärtnerin von Rupert Wank.
»Mein Chef hat gesagt, dass Sie wegen Herrn Roth mit mir sprechen möchten.«
Sie klang hellwach, als sei sie schon seit Stunden auf den Beinen. Hansen musste erst einmal seine Stimme freiräuspern.
»Ah, schön, dass Sie sich gleich melden.« Er sah auf die Uhr und schätzte ab, wie viel Zeit ihm zwischen Frühstück und der nächsten Soko-Besprechung bleiben würde, die für neun Uhr angesetzt war. »Ich überlege gerade, wann ich am besten zu Ihnen kommen kann. Im Moment ist es .«
»Ich kann auch zu Ihnen kommen, Herr Hansen. Sind Sie schon in Kempten? Dann komme ich direkt im Kommissariat vorbei.«
»Äh, nein . ich . ganz so früh fange ich eigentlich normalerweise nicht an.«
»Und wo wohnen Sie? Ich kann auch zu Ihnen nach Hause kommen.«
»Nein, ich . wir . wenn Sie nach Kempten kommen könnten, das wäre prima. Sagen wir . in einer Stunde? Ich sage dann schon mal den Kollegen Bescheid. Sie finden zum Kommissariat?«
»Auf Ihrer Visitenkarte steht Hirnbeinstraße, Kempten. Das find ich dann schon.«
»Gut.«
»Okay, dann bis nachher. Tschüs, Herr Hansen.«
Und schon hatte sie aufgelegt. Hansen schenkte sich Kaffee ein, nahm vorsichtig den ersten Schluck und rief Willy Haffmeyer an.
»Das passt, Chef, ich wollte eh grad los«, sagte Willy. »Kannst du die Hanna mitbringen? Und ich schau, dass die Schwegelin uns einen guten Kaffee macht.«
Der Duft des frisch aufgebrühten Getränks zog schon durch den Büroflur, als Hansen im Kommissariat eintraf, mit Hanna Fischer im Schlepptau. Haffmeyer empfing die beiden vor Hansens Büro, scheuchte sie hinein und schloss die Tür hinter sich.
»Koller ist Roths Vorleben auf die Spur gekommen«, sagte Haffmeyer mit gedämpfter Stimme. »Ich hab grad wegen des Kaffees das Sekretariat betreten, als er die Schwegelin gefragt hat, wann denn die Vroni Schliers eintreffen werde, er habe ihr vor der Soko-Besprechung noch etwas Wichtiges mitzuteilen. Er war ganz aufgeregt, und im Hinausgehen meinte er noch zu mir, dass ich mich nachher ganz schön wundern würde, was mein >alter Freund Roth< in Wirklichkeit für einer gewesen sei.«
»Gut, Willy. Dann hat das Herumeiern in diesem Teil der Geschichte für uns ja endlich ein Ende. Und so, wie er dir diese Andeutung unter die Nase gerieben hat, scheint er keine Ahnung davon zu haben, dass du längst davon weißt.«
»Das schon, aber ich hab mich mächtig beherrschen müssen, ihm nicht ordentlich rauszugeben. Der Koller nervt mich mit seiner überheblichen Art ganz gewaltig.«
»Das musst du leider aushalten, Willy. Sag einfach nichts dazu und lass ihn reden.«
»Ich werd mir Mühe geben.«
»Und ich frage Koller rundheraus, was er so Spannendes zu berichten hat - schließlich muss mich das ja schon deshalb interessieren, weil seine Infos eventuell für mein Gespräch mit Frau Schönberg wichtig sein könnten.«
Hansen traf Koller in dessen Büro an, aber er war gerade auf dem Sprung, weil die Kripochefin eingetroffen war.
»Am besten kommen Sie gleich mit, Herr Hansen, dann kann ich es Ihnen beiden erzählen.«
Koller skizzierte seine Erkenntnisse nur ganz grob und deutete an, dass er mit seinen Nachforschungen bis zum BKA vorgedrungen sei und dass man ihm dort auch gleich Unterstützung angeboten habe.
»Ich weiß«, versetzte die Kripochefin. »Das BKA hat mich heute früh schon angerufen.«
Es war Koller anzusehen, dass er diese Information gern noch exklusiv gehabt hätte. So tat er auch gleich ganz beschäftigt und behauptete, den Kollegen nicht die knappe Zeit stehlen zu wollen - doch das waren Ausflüchte, denn auch Vroni Schliers und Hansen sollten die Details erst in der Soko-Besprechung hören.
Allem Anschein nach hatte Koller dasselbe herausgefunden wie Rolf Hamann schon vor einigen Jahren: dass Hansjörg Roth die neue Identität des verurteilten Bankräubers Klaus-Peter Schwartz war, der angeblich im Mai 2002 von der Nachtfähre nach Sardinien ins Meer gestürzt und ertrunken war.
Hansen war eben in sein Büro zurückgekehrt, als es an der Tür klopfte und ein Kollege eine junge Frau im Punk-Outfit zu ihm brachte. Ina Schönberg war etwa eins achtzig groß, hatte eine kräftige Statur und silbrig glänzende Piercings an Lippen, Augenlidern und Ohren. Sie war komplett schwarz gekleidet und trug ihr struppiges schwarzes Haar kurz geschnitten. Ihre Wimpern waren dunkel getuscht, und auf dem rechten Handrücken begann eine Tätowierung, die teilweise von ihrem Ärmel verdeckt wurde. Hansen konnte nur »Keine Macht f« lesen. Als sie seinen Blick bemerkte, grinste sie breit und schob ihren Ärmel ein Stück nach oben.
»Keine Macht für niemand«, las Hansen laut. »Danke, Frau Schönberg - und entschuldigen Sie bitte, wenn ich so auffällig hingeschaut habe.«
Der Kollege, der sie begleitet hatte, räusperte sich.
»Sie kann alles, was ich ihr abgenommen habe, nachher wieder an der Pforte in Empfang nehmen«, sagte er und verabschiedete sich.
Hansen sah sie fragend an, und Ina Schönberg zuckte mit den Schultern.
»Er war nicht damit einverstanden, dass ich die Gartengeräte, die ich sonst hier drinstecken habe .« Sie zeigte auf die ausgebeulten, im Moment aber leeren Taschen, die seitlich an ihrer Hose aufgenäht waren. ». mit in Ihr Büro bringe.«
»Gartengeräte?«
»Na ja, unterschiedlich große Messer, eine schmale Pflanzkelle, eine Rosenschere.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Hansen. Er bot ihr lächelnd einen Platz in seiner Besprechungsecke an und deutete auf die bereitstehenden Getränke und Kekse. »Kaffee?«
»Nein danke, ich trinke nur Tee. Aber ein Wasser würd ich nehmen.«
Hansen goss ihr ein. Willy und Hanna betraten das Büro, stellten sich vor und setzten sich dazu.
»Ach, Sie sind Herr Haffmeyer?«, fragte Ina Schönberg und musterte ihn interessiert. »Herr Roth hat ab und zu von Ihnen erzählt. Er hat Sie gemocht.«
»Ich ihn auch.«
»Und das, obwohl Sie Polizist sind«, fügte sie grinsend hinzu.
»Hat er Ihnen denn gesagt, dass er die Polizei nicht so gerne mag?«, wollte Hansen wissen.
»Das musste er mir nicht sagen, das hat man gespürt. Und wenn er von Ihrem Kollegen gesprochen hat und davon, dass der ihm sympathisch ist, konnte man jedes Mal heraushören, dass Roth sich darüber selbst gewundert hat.«
»Hat er Ihnen jemals anvertraut, welche Art von Problemen er mit der Polizei hatte?«
Ina Schönbergs Miene wurde eine Spur abweisender.
»Nein, er hat es mir nicht anvertraut. Und wenn er es getan hätte, würde ich es Ihnen nicht sagen.«
»Frau Schönberg, wir wollen den Mord an Hansjörg Roth aufklären. Und wenn Sie ihn gut leiden konnten, sollte das auch in Ihrem Interesse sein. Wenn wir also auf solche Spielchen verzichten könnten, wäre ich Ihnen sehr verbunden.«
Hansen war nicht laut geworden, aber die junge Frau hatte schon verstanden, wie sehr ihm ihre Bemerkung gegen den Strich ging.
»Ist ja schon gut.« Sie hob beschwichtigend die Hände. »Er hat es mir wirklich nicht gesagt, und ich habe ihn nicht danach gefragt. Ich mochte den Alten, ich habe gespürt, dass er einige Erinnerungen mit sich herumträgt, die ihm zu schaffen machten - und ich habe es respektiert, dass er mir davon nicht erzählen wollte.«
Sie wandte sich an Haffmeyer.
»Ihnen wird er es ja vermutlich auch nicht auf die Nase gebunden haben, wenn es etwas Illegales war.«
Haffmeyer wich ihrem Blick aus und trank einen Schluck Kaffee. Ina Schönberg musterte ihn einen Moment lang und nippte dann an ihrem Wasserglas.
»Worüber haben Sie und Herr Roth sich denn unterhalten, wenn er nichts über seine Vergangenheit erzählt hat?«
»Er hat schon mal was erzählt, aber das ging halt nie weit zurück. Er schien keine Familie zu haben, und sein einziges Interesse galt den Pflanzen. Na ja, Alkohol hat ihn schon auch interessiert.« Sie lächelte. »Aber geredet haben wir wirklich vorwiegend über Pflanzen und ihre richtige Pflege. Was Roth da alles wusste . sagenhaft!«
»Hatte er Freunde?«
»Keine Ahnung, ich habe nie jemanden bei ihm gesehen, wenn ich ihn besucht habe. Soweit ich weiß, haben ihn in der Gegend alle gemocht. Warum auch nicht? Er war ein verträglicher Mensch, der seine Ruhe haben wollte.«
»Hatte er Feinde? Oder hatte er mit jemandem Streit?«
»Feinde . ich wüsste von keinem. Und Streit hatte er schon länger mit niemandem mehr.«
»Und worum ging's in seinem letzten Streit?«
»Ich weiß nur von einem einzigen. Das war, kurz nachdem ich ihn kennengelernt habe, es ist jetzt also etwa fünf, fast sechs Jahre her. Damals streiften ein paar Städter durch den Wald, das hat er mir jedenfalls ein paar Tage später erzählt. Einer von denen hat wohl in seiner Hütte...
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