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Die Verwalterin des Morrisey-Apartmenthauses klopfte mit dem Unterlagenstapel in ihren Händen zweimal kräftig auf das Rednerpult vor sich, um die Kanten zu glätten. Das Geräusch von Papier auf Holz hallte durch die Lobby wie ein Peitschenhieb und meine Nachbarn, die im Laufe der Versammlung immer weiter in sich zusammengesackt waren, richteten sich abrupt wieder auf.
»Das Rednerpult hatte Nancy früher noch nicht, oder?«, flüsterte meine beste Freundin Ripley mir zu.
Ich schüttelte den Kopf. Das Rednerpult war definitiv neu.
Doch nach den fünf Jahren, in denen ich weg gewesen war, überraschte mich eher, was sich im Morrisey alles nicht verändert hatte. So konnte ich zum Beispiel gar nicht fassen, dass Nancy die anderen tatsächlich weiterhin dazu brachte, jeden Monat an diesen Versammlungen teilzunehmen.
»Das waren dann alle Tagesordnungspunkte für heute, ihr Lieben«, sagte Nancy Lewandowski und fuhr noch einmal mit dem Zeigefinger ihre Liste entlang. »Oh, tatsächlich gibt es noch eine Sache, die ich bekanntgeben möchte. Ich habe ganz vergessen, dass Laurence ja nicht der einzige Bewohner ist, der diesen Monat zu uns zurückgekehrt ist.«
Die kleine Lesebrille, die ganz vorne auf Nancys Nasenspitze balancierte, schwankte gefährlich, als sie den Blick über die Anwesenden schweifen ließ, die sich auf den unbequemen, jahrzehntealten Plastikklappstühlen wanden.
Schließlich blieb Nancys stechender Blick an mir hängen. »Ah, da bist du ja. Liebe Meg Dawson, noch einmal offiziell herzlich willkommen zurück in Apartment 5A.« Sie klatschte in die Hände und ließ den Blick erneut durch den Raum gleiten, als wollte sie die Namen derjenigen notieren, die mich nicht herzlich genug empfingen.
Was ich ihr, ganz ehrlich, wirklich zutraute. So war unsere Nance nun einmal: leidenschaftlich, loyal, leicht Angst einflößend, und doch fester Bestandteil meiner Wahlfamilie. Abgesehen von dem nicht ganz so idealen Grund meiner Rückkehr, war ich mehr als glücklich, wieder von diesen Menschen umgeben zu sein.
Begeisterter Applaus brandete auf, und einige meiner Nachbarinnen und Nachbarn wandten sich mir winkend oder grinsend zu. Obwohl ich die meisten von ihnen bereits mein gesamtes Leben lang kannte, kroch mir dennoch bei der plötzlich ungeteilten Aufmerksamkeit Hitze den Nacken hoch. Ich zog den Kopf ein und hob grüßend eine Hand, während ich im Stillen die Sekunden herunter zählte, bis sie sich wieder auf etwas anderes fokussierten.
»Wir sind so froh, dass unsere kleine MadMegs zu uns zurückgekehrt ist.« Vor Aufregung zog Nancy die Schultern beinahe bis zu den Ohren hoch.
»Heute eigentlich nur noch Meg«, murmelte ich.
»Lauter«, drängte mich Ripley.
Ich warf meiner Freundin einen finsteren Seitenblick zu, der ihr sagen sollte, dass sie es doch besser wissen müsste. Dass ich in Gegenwart so vieler Leute ganz sicher nie das Wort ergreifen würde.
Nance fuhr fort. »Wir können es kaum erwarten, die künstlerischen Meisterwerke zu Gesicht zu bekommen, die du im vierten Stock erschaffen wirst, meine Süße.« Dann warf sie mir einen mütterlichen Blick zu, dem zuliebe ich ihr sogar die Erwähnung meines Spitznamens verziehen hätte.
Doch sie musste ja unbedingt meine Kunst erwähnen.
»Au weia«, flüsterte mir Ripley in ihrer besten Scooby-Doo-Stimme zu, und am liebsten hätte ich ihr meinen Ellbogen in die Seite gerammt.
Vor allem, weil sie recht hatte. Kunst war gerade ein schwieriges Thema für mich, und ich hätte wissen müssen, dass ich über kurz oder lang damit konfrontiert werden würde. Nancys Bemerkung verstärkte meine Befürchtung, dass Tante Penny den Hausbewohnern einen ganz anderen Grund geliefert hatte, warum ich nach Seattle zurückgekehrt war, als den, den ich ihr genannt hatte.
Ihre Version ging wohl viel eher in Richtung »Meg braucht einfach etwas Zeit, um die Liebe zur Kunst wieder neu zu entfachen«, was nicht ganz der Wahrheit entsprach.
Ich freute mich ja, dass meine Tante die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte. Ihre Version war zweifellos die schönere. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass der Erfolg nach meinem Abschluss an der Pratt leider ausblieb. Auch der Umzug nach Chicago hatte mir da nicht weitergeholfen, wo ich zwar für eine angesehene Galerie arbeitete - jedoch waren die einzigen Kunstwerke von mir nur auf den Kaffeebechern der »echten« Künstler zu bewundern. Und nach der einmaligen Chance, in New York für die Galerie meines Mentors zu arbeiten, hatte ich schließlich einsehen müssen, dass ich selbst nicht das Zeug zur Künstlerin hatte.
Nancy, der völlig entging, dass ihre Worte eine existenzielle Krise bei mir ausgelöst hatten, fuhr fort: »Oh, und apropos MadMegs und Penny. Ich weiß, viele von euch sind bereits der Penny-Nachrichtengruppe beigetreten, aber ihr könnt mich jederzeit ansprechen, falls ihr noch hinzugefügt werden möchtet.«
Als ich merkte, dass Nancys Interesse nun ganz meiner Tante Penny galt, die sich gerade ihren großen Traum vom Leben in Schottland erfüllt hatte, entspannten sich meine Schultern ein wenig.
»Aber seid gewarnt.« Nancy stützte die Ellbogen auf das Rednerpult. »Pennys Bilder der Highlands veranlassen euch vielleicht dazu, es ihr gleichzutun und sofort nach Schottland auszuwandern.« Dann konnte sie ein nasales Kichern nicht mehr unterdrücken, das so typisch für sie war. Selbst das konnte der Stabilität ihrer Brille nichts anhaben, die nur leicht auf ihrem Nasenrücken tänzelte.
»Wie schafft sie es, dass sie nicht runter fällt? Sekundenkleber?«, überlegte Ripley laut.
Ich hatte keine Ahnung. Durch bloße Willenskraft? Drohungen? So oder so blieb ich Ripley eine Antwort schuldig.
Nancy klopfte erneut kräftig auf ihre Unterlagen und sagte: »Schön, das ist alles für heute. Die Versammlung ist hiermit beendet.«
Gespräche brandeten in der Lobby auf, als die Leute sich erhoben, ihre Stühle zusammenklappten und auf einen Handwagen stellten. Ein paar wenige Nachbarn kamen zu mir, um mich noch einmal persönlich willkommen zu heißen. Die meisten beschränkten sich jedoch darauf, mir aus der Ferne zuzuwinken. Sie kannten mich gut genug, um zu wissen, dass ich kein großer Freund von Smalltalk war - und auch nicht besonders gut darin.
»Boah«, keuchte Ripley, die neben mir stand, während auch ich meinen Stuhl zusammenklappte. »Seit wann bitte ist Laurence dermaßen heiß?« Sie deutete zur anderen Seite des Raumes.
Ich hielt den Blick gesenkt. »Laurie war schon immer heiß«, flüsterte ich, und dachte einmal mehr, dass sein Spitzname aus Kindertagen weit schöner war als meiner.
Ripley legte sich eine Hand auf die Brust. »Megs, du solltest zu ihm gehen und mit ihm reden. Frag ihn endlich nach einem Date. Du bist schon verknallt in den Kerl, seit .«
». ich sechs war«, flüsterte ich mehr zu mir selbst als an sie gerichtet, während ich mich zur Ecke des Raumes bewegte, um niemandem im Weg zu stehen. Erst dann drehte ich mich zu ihm um.
Da war er. Laurence Turner. Laurie.
Die Rosenbloom-Schwestern hatten ihn bereits eingekesselt und trotz der Tatsache, dass die beiden älteren Damen wahrscheinlich gerade sehr unangebrachte Bemerkungen darüber machten, zu was für einem stattlichen jungen Mann er doch herangewachsen war, konzentrierte Laurie sich so sehr auf das Gespräch, als wären sie die einzigen Menschen im Raum. So war Laurie. Er gab einem immer das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Laurie hielt Blickkontakt und nickte eifrig bei allem, was sie ihm zu berichten hatten, egal, wie haarsträubend es auch sein mochte. Er war einfach ein durch und durch netter Mensch.
Laurie war auch der Grund, warum ich während meiner Zeit an der East Coast mit niemandem eine ernsthaftere Beziehung eingegangen war. Auch wenn ich es versucht hatte. Einige der Männer hatten mich Laurie sogar für einige Zeit vergessen lassen. Doch irgendwann hatten sie alle etwas Unbedachtes getan oder Grobes gesagt, und sofort war mir der Gedanke durch den Kopf geschossen: Das hätte Laurie nie getan.
Jeder verblasste im Vergleich zu meinem Kindheitsschwarm.
Als ich klein gewesen war, hatte es nur wenige andere Kinder im Morrisey gegeben, und so waren Laurie und ich hier gemeinsam aufgewachsen. Wie es sich für jemanden gehörte, der während seiner prägenden Jahre für ein und dieselbe Person schwärmte, hatte ich Laurie in jeder seiner Lebensphasen unfassbar attraktiv gefunden - selbst als Teenager mit fettiger Haut und Zahnspange. Aber Ripley hatte unbestreitbar recht: Selbst objektiv betrachtet war er inzwischen echt heiß.
Er trug Jeans, die nicht so wirkten, als hätte er sie heute Morgen vom Boden aufgehoben, und Lederschuhe anstelle von Sneakern. Die Ärmel seines grauen T-Shirts umschlossen Oberarme, die weit muskulöser waren als das letzte Mal, dass ich sie gesehen hatte. Bartstoppeln schattierten sein Kinn. Er hatte seine Kontaktlinsen gegen eine schwarz eingefasste Brille eingetauscht, die ihm das Aussehen eines Lehrers verlieh - eines ziemlich heißen Lehrers.
Ripley trat in mein Sichtfeld und versperrte mir die Sicht. »Komm schon. Du meintest, niemand würde dich so verstehen wie Laurie. Er ist vielleicht heiß, aber du bist auch ziemlich umwerfend.« Sie deutete auf mich. »Du besitzt diese ganze >brillantes, aber schüchternes Mädchen von nebenan<-Ausstrahlung. Geh zu ihm und frag ihn nach einem Date, oder sag wenigstens irgendwas Heißes, damit er weiß, dass du zurück und bereit zur Kontaktaufnahme bist.«
»Bereit zur...
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