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Wenn wir hier von "Gottesdienst" sprechen, meinen wir zunächst genau das, was die meisten Gemeinden auf ihrer Homepage "Gottesdienst" nennen und woran Menschen denken, wenn sie sagen, dass sie in einen "Gottesdienst" gehen: Gottesdienst ist ein ganz bestimmtes Ereignis. Menschen treffen sich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort, um bestimmte Dinge zu tun.
Später werden wir noch genauer überlegen, wie der Gottesdienst im Alltag und der sonntägliche Gottesdienst zusammenhängen ( Kapitel 8) und welche Bedeutung Ort ( Kapitel 19) und Zeit ( Kapitel 20) haben. Zuerst geht es aber darum, zu erspüren, was das "Besondere" des Gottesdienstes ist. Was macht einen Gottesdienst zum Gottesdienst? Was ist der Kern des Gottesdienstes? Wir beginnen also mit einer kleinen "Theologie" des Gottesdienstes:
Gott ist der wichtigste Teilnehmer im Gottesdienst. Wenn Gott nicht dabei ist, ist es kein Gottesdienst. Es wäre vielleicht ein Vereinstreffen, eine Gemeindeversammlung oder ein Seminar. Der Gottesdienst wird zum Gottesdienst, indem wir nicht nur über Gott sprechen, sondern mit ihm. Gottesdienst gleicht daher eher einer Familienfeier als einer Schulstunde. In einer Schullektion kann man etwas über Gott lernen, man kann über Gott nachdenken und diskutieren. Das ist nicht schlecht, aber es ist nicht genug. Gottesdienst ist die Feier, in der Gott dabei ist und in der wir ihm begegnen. Gottesdienst ohne Gott wäre wie eine Geburtstagsfeier ohne Geburtstagskind. Gottesdienst - so könnte man sagen - ist die Familienfeier der Familie Gottes.
Das Gegenüber Gottes im Gottesdienst ist nicht nur der einzelne Mensch, sondern die versammelte Gemeinde. Es geht daher im Gottesdienst nicht nur um mich und Gott, sondern um die Beziehung Gott - Wir. Wenn es nur um mich und Gott gehen würde, könnte ich ja auch zu Hause oder in der freien Natur für mich allein Gottesdienst feiern. Der Gottesdienst unterscheidet sich vom alltäglichen Christenleben genau dadurch, dass wir uns im Gottesdienst als Gemeinde versammeln und dass Gott seiner versammelten Gemeinde begegnet.
Gelegentlich fallen im Gottesdienst Sätze wie: "Vergiss, wer links oder rechts neben Dir sitzt, jetzt geht es nur um Dich und Gott". Ich verstehe schon, was der Sinn solcher Aussagen ist - sie vermitteln aber ein etwas falsches Bild. Wenn das stimmen würde, müsste ich ja nicht im Gottesdienst sein. Es ist gerade die Besonderheit des Gottesdienstes, dass ich mit den anderen zusammen Gott begegne. Das heißt aber auch: Es ist gar nicht so entscheidend, ob der Gottesdienst mir gefällt, ob meine Vorlieben, Bedürfnisse und Wünsche erfüllt werden, sondern ob ich Teil der Gemeinde werde, die Gott begegnet. Wir werden bei der Gestaltung der gottesdienstlichen Elemente ( Teil II) mitbedenken, wie sich dieses "Wir" im Gottesdienst zeigt.
Die Begegnung zwischen Gott und seiner versammelten Gemeinde findet im Dialog statt, als Wort und Antwort. Martin Luther hat in der Predigt zur Einweihung der Schlosskirche in Torgau gesagt, dass in diesem Haus nichts anderes geschehen soll, als dass "unser lieber Herr selbst mit uns rede durch sein heiliges Wort, und wir wiederum mit ihm reden durch Gebet und Lobgesang".2 Die Begegnung mit Gott erfolgt im Dialog, im wechselseitigen Gespräch, als Wort und Antwort.
Die Kommunikation beginnt bei Gott, nicht bei uns. Das entspricht dem Evangelium, der guten Nachricht. Gottesdienst gibt es, weil Gott nicht schweigt, sondern spricht. Gott ist es, der die Eiszeit des Schweigens durchbricht und so überhaupt erst das Gespräch ermöglicht. Das ist eine befreiende Wahrheit. Im Gottesdienst müssen wir uns nicht mit unseren Gebeten und unserm Lobpreis zu Gott emporarbeiten. Wir müssen uns nicht Gehör bei Gott verschaffen. Wir müssen das Gespräch nicht eröffnen, sondern wir stimmen ein in das Gespräch, das Gott schon lange begonnen hat. Unser Reden ist nicht das erste Wort, sondern das zweite Wort - eben eine "Ant-wort" auf das Wort, das wir von Gott empfangen haben. Das erste Wort gehört Gott. Das ist die innere Logik des Evangeliums. Dies kann auch in der Gestalt des Gottesdienstes Ausdruck finden, beispielsweise in den ersten Worten, die im Gottesdienst gesprochen werden ( Kapitel 9) und in der Art und Weise, wie die Bibel im Gottesdienst zu Gehör gebracht wird ( Kapitel 10).
Die vielfältigen Weisen, wie wir auf Gottes Wort hören und im Gebet mit Gott reden ( Kapitel 10; Kapitel 11) verleihen dem Gottesdienst den kommunikativen Charakter. Sie machen deutlich, dass die vertikale Kommunikation (Gott Wir) bedeutsamer ist als die horizontale zwischenmenschliche Kommunikation. Es wird in der Gestaltung des Gottesdienstes darauf ankommen, diesen Dialog mit Gott in Wort und Antwort im Schwung zu halten. Anders formuliert: Wenn man darauf achtet, dass der Bibel und dem Gebet im Gottesdienst viel Beachtung geschenkt wird, ist die Grundlage für das wechselseitige Reden mit Gott gelegt.
Das Gespräch mit Gott ist nicht selbstverständlich. Schon auf den ersten Seiten der Bibel wird das deutlich. Adam und Eva verstecken sich vor Gott, nachdem sie von der verbotenen Frucht gegessen haben. Sie spüren, dass sie in ihrer aktuellen Verfassung nicht in der Lage sind, mit Gott zu sprechen. Gott selbst ergreift die Initiative und ruft sie mit seinem Wort aus dem Versteck: "Adam, wo bist Du?" (1Mo 3,9) - und was Adam und Eva von Gott zu hören bekommen, ist die Ankündigung eines Lebens unter der Realität der Sünde. Verallgemeinert: Als Menschen, die der Macht der Sünde verfallen sind, ertragen wir das Wort Gottes nicht. Es muss uns zum Gerichtswort werden. Wie kann Gott mit uns reden, ohne uns zu zerstören? Wie kann sein Wort Segen bringen?
Gott selbst sendet seinen Sohn Jesus Christus in die Welt. Er ist das "Wort", das "Fleisch ward" (Joh 1,14). Jesus verbindet sich mit uns Menschen so eng, wie es nur möglich ist. Er erniedrigt sich und wird Mensch (Phil 2,7-8). So sehr identifiziert sich Jesus mit uns, dass er unser Schicksal teilt, unsere Schuld trägt und unseren Tod stirbt. Der Tod kann ihn nicht halten. Jesus wird zu einem neuen, unvergänglichen Leben auferweckt. Wenn wir uns so mit Jesus identifizieren, wie er sich mit uns identifiziert hat, zerstört uns das Wort Gottes nicht mehr, sondern es baut uns auf. Es ist ein Wort, das aus dem Tod Leben schafft. Durch Jesus wird für uns das Wort Gottes heilsam.
Diese Gedanken gelten nicht nur für das Wort, sondern auch für die Antwort. Wer sind wir denn, dass wir denken, Gott habe Gefallen an unserem Gebet und Lobpreis? Wer sind wir denn, dass wir denken, Gott höre unsere Worte und freue sich darüber? So, wie durch Jesus Gottes Wort für uns annehmbar wurde, so werden unsere Worte durch Jesus für Gott annehmbar. Jesus vertritt uns vor Gott. Durch ihn wird unser Reden für Gott wohlgefällig.
Paulus formuliert es im Römerbrief so: "Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt, sondern der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen" (Röm 8,26). Wir wissen nicht, wie wir richtig beten können. Punkt. So ist es. Paulus sagt nicht: Manchmal wissen wir nicht, wie wir recht beten können. Nein, der Mensch ist zu rechtem Beten nicht imstande, wenn er von Gott nicht dazu befähigt wird. Es ist der Heilige Geist, der unser Gebet vor Gott annehmbar macht. Kein Lobpreis ist aus sich heraus für Gott wohlklingend. Ohne das Wirken des Heiligen Geistes ist selbst das für uns schönste Lied für Gott nur Lärm.
In der klassischen Form der Tagzeitengebete lautet daher das erste Gebet am frühen Morgen: "Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde" (nach Ps 51,17). Damit wird gesagt: Es ist nicht selbstverständlich, dass wir Gott loben können. Wenn nicht Gott unseren Mund öffnet, bleibt das Lob eine rein menschliche Angelegenheit. In der Eröffnungssequenz im Gottesdienst der anglikanischen Kirche gibt es ein "Vorbereitungsgebet", darin heißt es: "Allmächtiger Gott, [.], reinige die Gedanken unserer Herzen durch die Inspiration deines Heiligen Geistes, [.] damit wir auf würdige Art und Weise deinen heiligen Namen erheben". Durch das Gebet wird zum Ausdruck gebracht: Wir sind auf das Wirken des Heiligen Geistes angewiesen, damit wir Gott recht loben können.
Jesus Christus und der Heilige Geist ermöglichen den Dialog mit Gott. Durch sie wird das Wort Gottes für uns heilsam und durch sie wird unser Reden für Gott...
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