Schweitzer Fachinformationen
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Glück kann man doch kaufen
Da liegt er, der Anton, langgestreckt auf seiner Lieblingsdecke, ganz still. Mein Blick wandert von der rosa Nase über die graue Schnauze hin zu den großen Schlappohren. Von den "dicken Pranken" über den spärlich behaarten Bauch hin zum süßesten Popo der Welt, an dem der lange Schwanz hängt, der vor dem Mauseloch wie ein Propeller dreht. Der Brustkorb hebt und senkt sich. Langsam, gleichmäßig. Gott sei Dank tut er das.
Immer öfter ertappe ich mich dabei, dass ich denke: "So sieht er wohl auch aus, wenn er tot ist." Und dabei, dass ich jeden Morgen erleichtert das Geräusch seiner Pfoten auf dem Holzboden wahrnehme (nach dem man die Uhr stellen kann), dem ein Schütteln und dann ein Niesen folgt, bevor er sich ans Fußende setzt, um mich wachzustarren.
Neun ist er jetzt. Inzwischen fragen fremde Menschen oft: "Das ist aber auch schon ein älteres Semester?" und sagen erst im zweiten Satz: "So ein Hübscher."
Mit neun Jahren ist so ein großer Hund definitiv ein Senior, und ich weiß, dass der Tag, an dem wir uns von unserem Liebling verabschieden müssen, näher ist als der, an dem wir einander zum ersten Mal begegnet sind.
Unsere Hunde werden, verglichen mit der Lebenserwartung eines Menschen oder anderer Haustiere, nicht besonders alt. Und genauso, wie man in Gestalt eines Hundes entgegen dem bekannten Sprichwort Glück eben doch kaufen kann, kauft man mit dem Hund in aller Regel auch schon den Schmerz des Verlusts und Abschieds ein. Wenn ich einen Wunsch an den "Boandlkramer" (bayrische beschönigende und allegorische Bezeichnung für den Tod: Boandl = Gebeine, Knochen, Kramer = Händler - ich bin mit einem Münchner verheiratet) richten dürfte, dann lautete der: "Bitte sei so gut und geh, wenn der Tag gekommen ist, mit hinaus auf unsere Spielwiese. Nimm ihn mit, während er gerade mitten im Sprint nach seinem geliebten Ball ist, oder besser noch, wenn er zum Hechtsprung ansetzt, wenn er sein Ziel erreicht hat."
Doch so wird es leider nicht immer, wahrscheinlich sogar eher äußerst selten, ausgehen. Während wir Menschen zu Lebzeiten allerdings (weitgehend) darüber verfügen können, was wir uns für unser Sterben und die Zeit nach unserem Tod wünschen, ist dies unseren Tieren nicht möglich. Und so liegt, wenn die Zeit gekommen ist, die Entscheidung über das "Wie und Wann" zu den allergrößten Anteilen allein bei uns als Frauchen oder Herrchen. Im schlimmsten Fall müssen wir sie schnell und unter höchstem emotionalem Stress treffen. Im besseren Fall haben wir Zeit, uns mit dem Gedanken an den bevorstehenden Abschied auseinanderzusetzen. Im besten Fall haben wir sogar die Chance uns mit ihm anzufreunden und dieses letzte Stück des gemeinsamen Weges mit unserem Hund ganz bewusst und als eine wichtige und wertvolle Zeit zu erleben.
Nur ein Hund?
Anton ist mein Freund. Ziemlich sicher bin ich auch seine Freundin. Er ist mein Baby, mein Spielkamerad, meine Gute-Laune-Macher, mein treuer Begleiter, mein Mich-zum-Lachen-Bringer. Die Liste könnte ich endlos fortsetzen.
Wir leben zusammen. Wenn auch nicht Tisch und Bett (zumindest nicht offiziell), so teilen wir doch zumindest das Sofa - und manches Würstchen.
Wir sind uns begegnet, haben einander voller gegenseitigem Wohlwollen kennengelernt, haben eine gemeinsame Sprache entwickelt. Oft verstehen wir uns aber ganz ohne Worte. Wir vertrauen einander, wir nehmen Rücksicht aufeinander. Wir wünschen uns einen "Guten Morgen" und eine "Gute Nacht" (ich gestehe, dass ich ihm auch "Gesundheit" und "Guten Appetit" wünsche). Wir sind bei Wind und Wetter miteinander unterwegs, wir probieren gemeinsam Neues aus. Wir toben, wir spielen. Wir berühren uns viel, wir kuscheln, wir schauen uns manchmal sehr lang in die Augen. Wir haben einander stets im Blick. Wir geben uns Wärme und Geborgenheit. Wir "spiegeln" einander, wir teilen Freud und Leid, wir lernen von- und miteinander und vergeben uns Fehler. Wir gehen zusammen zur Arbeit, wir fahren zusammen in den Urlaub. Wir verbringen oft 24 Stunden miteinander und das seit vielen Jahren. Und wir haben immer noch nicht genug voneinander. Das ist ehrlicherweise sehr viel mehr, als man über manche Beziehung zwischen Menschen sagen kann. Das ist also nur ein Hund?
Du bedeutest mir so viel(es)
"Der Wunsch ein Tier zu halten, entspringt einem uralten Motiv. Der Sehnsucht des Kulturmenschen nach dem verlorenen Paradies."
(Konrad Lorenz)
Wenn ich ein wenig in meiner "Psychokiste" wühle, dann finde ich eine Vielzahl von Bedürfnissen, die durch Anton befriedigt werden. Mein inneres Kind tobt mit ihm durch die Wiesen, klettert auf Felsen, balanciert auf Baumstämmen. Es setzt ihm Mützen und Sonnenbrillen auf, kuschelt mit ihm gemeinsam unter eine Wolldecke auf dem Sofa, füttert ihn heimlich mit Butterbrot. Und wenn die "anderen Kinder" mich ärgern wollen, dann steht er als großer und starker Beschützer neben mir. Die Mutter in mir hingegen umsorgt ihn wie ihr Kind. Sie füttert ihn, sie bürstet sein Fell und befreit ihn von Ungeziefer. Sie sorgt dafür, dass er so gesund wie möglich ist und ist für ihn da, wenn er krank ist. Sie fördert, erzieht und beschützt ihn. Sie kauft ihm das 27. Stofftier. Die Sportlerin in mir schmückt sich mit seinem athletischen Aussehen und seiner Vitalität. Die Kommunikative in mir kommt durch ihn mit anderen Menschen ins Gespräch. Und wer auch immer in mir ist unglaublich stolz, dass dieser hübsche, überaus freundliche und lustige Hund ganz selbstverständlich an meiner Seite steht. Als wäre ich es selbst, die im Laufe ihres Lebens unzähligen Menschen im Vorbeigehen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat.
Anton gibt meinem Tag Struktur und der Glasscheibe in der Haustür ein "Schneckenspur-Design", denn da drückt er sich die feuchte Nase platt, wenn ich weggehe oder wiederkomme. Im letzteren Fall begrüßt er mich stürmisch. Oder gar nicht. Er begegnet mir authentisch und echt. Dieses Unmittelbare, verlässlich Unverstellte hat eine ganz besondere Reinheit. Er vertraut mir und geht - wenn auch manchmal auf zitternden Beinen - überall mit mir hin, zum Beispiel zum Tierarzt, auf ein Schiff oder in den Fahrstuhl. Rituale sind sein Lebenselixier. Und auch mir geben sie das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Zum Beispiel holt er jeden Morgen nach dem Frühstück ein Stück Rinderstrossen aus dem Versteck des Vortages und sucht, vor sich hin jammernd, im ganzen Haus ein neues. Gefressen wird das Teil nie, dafür finden wir es dann in der Reisetasche, im Schuh, im Wäschekorb oder notdürftig mit einem Buch oder Socken bedeckt in einer Zimmerecke. Anton hat großen Anteil daran, dass dieses Haus sich wie ein Zuhause anfühlt.
Kurz gesagt: Ich liebe ihn.
Coming-out: Ich liebe einen Hund
"Nicht die, die die gleiche Sprache sprechen, sondern die, die die gleichen Gefühle teilen, können einander verstehen."
(Rumi)
"Das ist doch nicht normal. Bei einem Hund kann man doch nicht von Liebe sprechen."
"Das sind halt Menschen, die mit anderen Menschen nicht zurechtkommen."
"Das ist ein Kindersatz."
"Wie einsam muss man sein, wie sozial inkompetent, um so ein Affentheater um einen Hund zu machen?"
Kommt Ihnen davon irgendetwas bekannt vor? Holen Sie schon Luft für eine Rechtfertigung? Ich ertappe mich selbst manchmal dabei, mich irgendwie rechtfertigen zu wollen oder über meine Gefühle für Anton mit einem Augenzwinkern oder einem entschuldigenden Lächeln zu sprechen. Im Grunde meines Herzens bin ich jedoch zutiefst überzeugt davon, dass Liebe, Freundschaft, Treue und tiefe Verbundenheit etc. keiner bestimmten oder übereinstimmenden genetischen Struktur bedürfen und schon gar nicht einer gleichen gesprochenen Sprache. Wie überheblich wäre es, zu glauben, all das sei uns Menschen vorbehalten? Es ist meines Erachtens viel mehr eine Frage dessen, worauf man sich einlässt, woran man sich hingibt, worum man sich bemüht, wem man voller Offenheit begegnet und wem man sein Herz schenkt. Im Falle unserer Hunde wohlwissend, dass es dort wirklich sehr gut aufgehoben ist.
Mensch und Hund - eine Erfolgsstory
Ich nehme an, die wenigstens von Ihnen brauchen (wissenschaftliche) Beweise für das, was zwischen uns und unseren Hunden (so toll) ist, aber, bitte schön, derer gibt es genug. Hunde, die "einen Job" haben, genießen ja eh ein relativ hohes Ansehen in unserer Gesellschaft. Vom Blindenhund über Trümmerund Lawinensuchhunde, den Drogen- oder Sprengstoffsuchhund, Flächen- oder Personensuchhunde bis hin zum Assistenzhund für Menschen mit Diabetes oder Epilepsie oder dem Hund, der Brust-, Hautoder Prostatakrebs bei Menschen erschnüffeln kann. Diese Hunde leisten Erstaunliches für die Menschen.
Aber selbst für die "Nichtsnutze", zu denen wohl die meisten unserer Hunde zählen, sind äußerst hilfreiche und geradezu heilsame Wirkungen auf uns...
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