Schweitzer Fachinformationen
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(Versuchte gestern, Dich zu erreichen. Hörte, dass offenbar noch kein Ergebnis?)
Sehr geehrte fru dr. schnell,
gestern abend habe ich mit ihrer Praxishilfe einen termin vereinart für heute 15.30 uhr. Trotz meiner bitte, Sie persönlich zu sprechen
Sehr geehrte Frau Dr. Schnell,
gestern um 18.15 Uhr rief Ihre Praxishilfe an und sagte mir, sie müsse mit mir einen Termin vereinbaren zur Besprechung des Befunds. Auf meine Bitte hin, Sie persönlcih zu sprechen
Uuuuuund? fragt A, lieb grüssend
Sehr geehrte Frau Dr, Shcnell
Ich bitte Sie, mich anzurufen. Es ist mir tausendmal lieber, Sie besprechen den befund am, Telefon mit mir, als bis um 15.30 uhr zu warten
Liebe Ruth,
Ich würde unser verpasstes Treffen gerne nachholen. Wann würde es Dir denn gehen .? Ich bin nächste Woche in den Skiferien. Diese Woche noch? Oder danach?
Ich hoffe, Dir geht es gut?
Der Himmel ist diesig, die Luft riecht nach Schnee; noch liegt auf den Dächern ein Hauch gestrigen Schnees; auf den Gehsteigen graubrauner Matsch, Salzränder zeichnen sich ab an den Schuhen
Dienstag, 9. Februar 2016, 13.09 Uhr; ich stehe im Wintermantel vor dem Café zur Weltkugel in Zürich und rauche eine vielleicht letzte Zigarette; das beinahe volle Päckchen, aus dem ich sie mit klammen Fingern klopfe, ist zarthimmelblau/weiß gestreift, wie der Stoff für ein Sommerkleid oder eine Babydecke; Parisienne Ciel ist die leichteste Parisienne, die es gibt, aber darum nicht minder schädlich, heißt es, inhaliert man die toxischen Substanzen doch nur umso tiefer; mit jedem Lungenzug gelangen Nitrosamine, Teerstoffe, Polonium 210, Nikotin, Benzyprene undsoweiter in die rund 300 Millionen Alveolen, die in dichten Trauben an den Bronchialästen hängen (so ungefähr stelle ich es mir vor); feinste Lungenbläschen, in denen die giftigen Substanzen sich einnisten oder von wo aus sie ins Blut diffundieren, wie die vom Organismus ständig benötigten Sauerstoffmoleküle; sieben weitere Sekunden Lebenszeit verstreichen, bis die ersten Nikotinmoleküle die Blut-Hirn-Schranke durchbrechen und an die Acetylcholinrezeptoren bestimmter Nervenzellen andocken, während ich in Gedanken meine vielleicht kommenden Geburtstage aufzähle, zweiundfünfzig, dreiundfünfzig, vierundfünfzig, fünfundfünfzig, sechsundfünfzig, siebenundfünfzig, achtundfünfzig; ein Abzählvers, wie ich ihn manchmal aus schierer Langeweile aufsage, wenn ich zum x-ten Mal vor einem Rotlicht stehe oder mit dem Fahrrad die immer gleiche Rampe der Selnau-Siedlung hochfahre; jede weitere Sekunde ein weiteres Lebensjahr - oder ich stehe, wie zehn Tage zuvor, nachdem ich unter der Dusche auf der Innenseite der linken Brust einen erbsenartigen Knoten getastet habe, in der Küche des Stadtschreiberhäuschens von Bergen-Enkheim und drehe die Wasserhähne auf; es sprudelt, es prasselt, es dröhnt; wie lange dauert es, wie viele Sekunden, bis das Spülbecken überläuft
Bevor es hell wird, die ersten Autos, später die Vögel in Saint Jean de Luz; im winzigen Wohnwagenschlafzimmer die Fliegen, die unsere verschwitzten Körper nach Nahrung absuchen; am Nachmittag, schon beinahe feierlich, das Hin und Her des Rasenmähers; unter dem Sonnenschirm eine Hornisse
Dienstag, 9. Februar 2016, 13.16; ich stehe im Wintermantel vor dem Café zur Weltkugel und rauche eine zweite vielleicht letzte Zigarette; wann eigentlich habe ich diesen Vorsatz gefasst, wenn - dann, und warum habe ich nicht auf der Stelle damit aufgehört, unabhängig vom Ergebnis der Biopsie?; wollte ich sie mir nicht schon längst abgewöhnen, diese Nikotinsucht, die ich mir zuweilen selbst nicht ganz glaube, nicht als physisch-psychische Abhängigkeit; wie eine Attitüde eher kommt sie mir vor (der ewig angespannten, dauerengagierten Schriftstellerin, Dozentin, Übermutter); tatsächlich rauche ich mehr denn je in diesen Tagen (und Nächten) des Wartens; brennende Glut zwischen fahrigen Fingern, und dann diese Gier, das Verlangen nach eben dieser Glut, dieser betäubenden Hitze im Mund, dem Brennen im Hals, als gälte es, die selbst gesetzte Frist buchstäblich auszureizen bis zum letzten Atemzug
(wie sonst den eigenen Handlungsspielraum ermessen? Ihn auszudehnen bis zum Äußersten: die größtmögliche Autonomie, das größtmögliche Freiheitsmoment, höchste Lebendigkeit im Augenblick der Entscheidung, im Angesicht des Urteils: l' instant de la décision est une folie, sagt Kierkegaard in Derridas Übersetzung; nun gut, dann werde ich eben keine einzige Zigarette mehr rauchen; nichts fiel, nichts fällt mir leichter)
Die beiden Lehrpersonen, Ari und die Boyz and Girls, wie wir die uns anvertrauten AchtklässlerInnen gern bezeichnen, sind noch beim Essen; in der Mittagspause kümmern sich Isabelle und Jean um ihre Schülerinnen und Schüler; bis 13.45 Uhr sind Ari und ich offiziell aus der Verantwortung entlassen. Seit gestern früh arbeiten Ari und ich mit über dreißig Teenagern aus zwei Parallelklassen einer Brennpunktschule im Jungen Literaturlabor an verschiedenen Texten, die im Lauf der Woche eine definitive Gestalt annehmen (sollen); dafür stehen uns täglich zwei Schreibblöcke à drei Stunden zur Verfügung. Wir haben uns aufgeteilt; Ari hat die Boyz übernommen, ich arbeite mit den Girls, auch wenn ich Nouri bis eben, als sie mir aus dem Damenklo entgegenkam, mit ihren kurzen schwarzen Locken, ihrem gedrungenen Körper, dessen Konturen kaum zu erahnen sind unter dem übergroßen Kapuzenpullover, für einen Jungen gehalten (aber nicht nachgefragt) habe. Ich weiß nicht mehr, warum wir uns im Vorfeld für diese ungewöhnliche Aufteilung entschieden haben; aus Neugier, und weil sie uns erlaubt, die Klassenverbände aufzubrechen ohne weitere Diskussionen, und damit, so hofften wir, auch eingefahrene Dynamiken unter den Schülerinnen und Schülern. Vergeblich; die Girls schreiben (auf ihren dringenden Wunsch) in zwei eingespielten Gruppen; a) eine skurrile Mordundtotschlag-Geschichte, die in der Zürcher Agglo spielt, wo sie alle wohnen; und b) eine hochdramatische Lovestory, die in Berlin spielt, ebenfalls mit Mord und Totschlag, darauf haben sich die sechzehn Achtklässlerinnen schon gestern geeinigt. Lenya und Onur waren von Anfang an die Anführerinnen; sie haben ihre jeweilige Story längst im Kopf und erwarten von mir einzig, dass ich ihre Mitläuferinnen auf Kurs bringe - was ich bislang entschieden verweigere -, dass ich jeder Einzelnen einen ausgeklügelten, exakt auf ihre Vorlieben und Fähigkeiten zugeschnittenen Schreibauftrag erteile, dessen Ergebnis von Anfang an feststeht.
Wie üblich gibt es ein Einheitsmenü; gestern Gemüserisotto mit Mascarpone, heute Tomatenspaghetti mit Parmesan und Eisbergsalat, dazu hausgemachten Apfelschalentee. Wir essen im unteren Saal, wo Ari mit den Boyz an deren Geschichten arbeitet; vor allem aber dient der untere Saal dem Jungen Literaturlabor als Bühnen- und Ausstellungsraum; wie jedes Schreibprojekt mündet auch unsere Intensivwoche am Freitagabend in eine öffentliche Präsentation, wo möglichst alle Beteiligten aus den entstandenen Texten vorlesen; hochnervös, stolz und souverän zugleich flüstern oder rappen die jungen Autorinnen und Autoren ins Mikrophon, mit Gangstamiene die einen, mit glühenden Gesichtern andere; für viele Jugendliche ist die Vorstellung, auf der Bühne zu stehen und eigene Texte zu präsentieren, zunächst ein Albtraum; ichundvorlesen?, daskannichnicht, vergessensies!, doch meistens sind am Ende alle und mit Eifer dabei, besonders jene, die zum ersten Mal coram publico auftreten, eine coole, geile, super, mega Erfahrung, auch wenn das Publikum mehrheitlich aus Eltern, Verwandten, Lehrerinnen und Mitschülern besteht.
Über Mittag bleibt die Verbindungstür zum Café geschlossen; so sind wir außer Sicht- und Hörweite der regulären Mittagsgäste, die sich in der überhitzten, beinahe pariserisch eng bestuhlten Kaffeehausstube um zwei Handvoll Tische drängen; Männer und Frauen von Ende zwanzig bis jung geblieben, mittleres bis oberes Kader, die meisten auffallend gut gelaunt - und ebenso gut gekleidet; blütenweiße, passgenaue Blusen und Hemden, dazu Kostüme und Anzüge aus dunklen, dichtgewobenen Winterstoffen, die den Pobacken und Oberschenkeln, die sie vor Wind und Kälte schützen, vor unerwünschten Blicken auch, zugleich Gestalt verleihen. Aus der offenen Küche riecht es nach Curry, Schweißausbrüchen und frischem Koriander; die Chefin dirigiert ihre Crew mit demonstrativer Angestrengtheit durch die zu bewältigenden Aufgaben; das gastronomische Angebot ist begrenzt, aber von ausgesuchter Qualität; zwei oder drei täglich wechselnde Hauptgerichte; Eintöpfe und Aufläufe, je nach Jahreszeit Suppen oder Salate, alles möglichst frisch, biologisch und fair produziert, voll sekundärer Pflanzenstoffe und Vitamine.
Das Café zur Weltkugel liegt in der Bärengasse, im Erdgeschoss eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses unweit des Paradeplatzes, mitten im Banken- und Versicherungsviertel der...
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