Schweitzer Fachinformationen
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Wenn einem mal wieder alles über den Kopf wächst.
Garten könnte so schön sein. Doch statt die Ruhe im Grünen zu genießen, muss der kleine Gartenversager zusehen, wie Spanische Wegschnecken, Drüsiges Springkraut, Chinesische Stinkwanzen und Kanadische Goldrute seine Kleingartenparzelle erobern und ihm die Ernte streitig machen. Tapfer sagt er Monsterpflanzen und Mistviechern den Kampf an - doch die unliebsamen Besucher denken gar nicht daran, das Feld zu räumen.
Stefan Schwarz erzählt unterhaltsam von den tierischen und pflanzlichen blinden Passagieren des globalen Warenverkehrs, ihren Schrullen und bewundernswerten Kräften. Das ultimative Trostbuch für alle, deren Gärten auch schon überwuchert und kahl gefressen wurden.
Der kleine Gartenversager ist wieder da!
»Vom Glück und Scheitern im Grünen.« RBB RadioEins.
Mit bissig-charmanten Illustrationen von Katharina Greve.
Stefan Schwarz wurde mit Kolumnen und Satire-Romanen über das zeitgenössische Familienleben aus der Sicht von Männern bekannt ("Hüftkreisen mit Nancy", "Die Großrussin"). Schwarz lebt in Leipzig.
Katharina Greve, geboren 1972, studierte Architektur und lebt als Zeichnerin in Berlin. Ihr Webcomic »Das Hochhaus« erhielt 2016 als bester deutscher Comic-Strip den Max und Moritz-Preis. Eigenes Grün hat sie nie besessen, bezeichnet sich selbst aber als »Garten- Sympathisantin« und trainiert für den Ernstfall täglich an ihren Balkonpflanzen.
Ich liege in der Sonne eines Augustnachmittags und döse. Angenehme Stille über dem Gartenland. Es ist zu heiß zum Bohren, Hämmern oder Häckseln. Alles flirrt vor Hitze, und aus den Sträuchern und Beeten dampfen die Düfte. Eine angenehme Spätsommerwürze füllt die Luft. Doch da weht ein laues Lüftchen einen fremden Geruch in meine Nase. Etwas wie Klebepistole. Süßlich und irgendwie chemisch. Ich schnuppere noch mal. Eindeutig Klebepistole. Der Geruch geht gar nicht mehr weg. Das ist eine Kleingartenanlage, kein Bastelkeller. Hier sollte überhaupt nichts geklebt werden. Gartengarn und Bindedraht nimmt der Gärtner.
Ich schniefe, ich schnaube unwillig. Muss denn die kostbare Ruhe gleich mit Gestank verdorben werden?
Dann knirscht es auch noch. Erst glaube ich, dass es meine wütenden Zähne sind, aber nein: Schritte auf dem Kiesweg. Dann Stille, bevor jemand unaufgefordert seinen langen Schatten in unseren Garten wirft und ich weiß, derjenige ist nicht stehen geblieben, um ihn andächtig zu bewundern.
»Na, hier gibt es wohl nichts mehr zu tun?«, ruft eine mir wohlbekannte Stimme über den Gartenzaun. Es ist der Vorstandsvorsitzende unseres Kleingartenvereins, der VV, und seine Frage ist allerherrlichster Gartensarkasmus. Ich werde mich hüten, sie zu beantworten. Stattdessen werde ich die Gelegenheit ergreifen und ihn selber der Untätigkeit anklagen. Mal sehen, was er dazu sagt.
»Gut, dass Sie kommen!«, sage ich und erhebe mich mit Zack aus dem Liegestuhl, »ich habe eine Anzeige zu machen! Irgendjemand arbeitet hier mit verbotenen Chemikalien!«
»Na na, nanu? Wie kommen Sie denn auf so was? Was meinen Sie denn damit?«, zeigt sich der VV schon gleich etwas weniger nassforsch. Verständlich, denn in den Lauben der älteren Gartenfreunde lagert vermutlich so viel verbotenes Unkrautvernichtungsmittel aus DDR-Beständen, dass man eine ganze Munitionsfabrik überflüssig machen könnte.
»Ich meine Klebstoff«, erkläre ich zur zunächst großen Erleichterung des VV. »Irgendjemand verwendet hier sehr großzügig Klebstoff. Das dünstet hier alles rüber.« Doch dann bemühe ich noch die Wörter »Immissionsschutzgesetz« und »BKleinG« (das ist Kurzsprech für Bundeskleingartengesetz), die mich als Mann mit gewissen juristischen Vorerfahrungen, womöglich sogar als notorischen »Prozesshansel« ausweisen, denn »BKleinG« sagt nur einer, der davon lebt, Kleingartenvereinsvorstände in den Wahnsinn abzumahnen. Der VV bereut jetzt sichtbar, dass er an meinem Kleingarten stehen geblieben ist, um mich launig aus der Ruhe zu pöbeln.
»Das kann ich mir gar nicht vorstellen«, sagt der VV, »was dagegen, wenn ich mal kurz reinkomme und mir selber einen Eindruck verschaffe?«
Er wartet meine Erlaubnis nicht ab und schreitet schnellen Schrittes in den Garten. Kommt auf mich zu, bedeutet mir mit einer Handbewegung zu schweigen und schnuppert dann so professionell in der Brise herum, als wäre er als Kind in der Wildnis ausgesetzt und unter Schnupperhasen großgeworden.
»Ja, jetzt rieche es auch«, meint er, als er Witterung aufgenommen hat, »es kommt von schräg links, und das kann gar nicht sein. Denn das müsste dann der Geist von Omi Schneider sein, der da was klebt. Der Garten ist verwaist, wie Sie wissen. Wir warten auf einen neuen Pächter.«
Er macht eine Vierteldrehung und geht auf den Garten zu, in dem ehemals Omi Schneider wirtschaftete. Vor dem Zaun versperren ihm Schnittgut und spröder Gartenabfall den Weg.
»Was ist das hier?«, fragt der VV.
»Das ist mein Totholzhaufen«, erkläre ich.
»Heute ist ja alles Totholzhaufen«, rügt der VV. »Bei uns hieß das früher Müll und Unrat!«
Unwillig steigt er hinüber, um sich Omi Schneiders ehemaligem Garten zu nähern. Ich klettere ihm hinterher. Doch dann hat der VV die Ursache des klebrigen Gestanks entdeckt und friert ein, ja, verharrt wie ein Vorstehhund. Fehlt nur noch, dass er eine Pfote anhebt, um seinem Herrchen anzuzeigen, dass da was im Busch ist.
Neugierig komme ich auf seine Höhe.
»Keinen Schritt weiter!«, flüstert der VV und hält mich zurück. »Sehen Sie den rosafarbenen Bestand dort drüben? Das ist Drüsiges Springkraut! Und es ist zum Teil schon abgeblüht!«
»Warum flüstern Sie?«, frage ich ebenfalls etwas leiser, »darf es uns nicht hören?«
»Sehen Sie die Kapseln an den Blütenständen?«, flüstert der VV weiter.
»Ja, die sehe ich, aber vor allem rieche ich sie«, meine ich. »Ich glaube, ich bin wirklich allergisch gegen diesen Geruch. Ich muss mal niesen!«
»Den Teufel tun Sie!«, faucht der VV und hält mir die Nase zu, so dass mir der Nieser die Backen aufbläst und zu den Ohren rausgeht.
»Was ist los mit Ihnen?«, zische ich ihn an, »das ist ein Unkraut und kein Rudel Raptoren!«
»Drüsiges Springkraut ist einer der schlimmsten Saftdruckschleuderer!«, flüstert der VV das magische Wort. »Und jetzt sind die Kapseln reif. Sie reagieren schon auf kleinste Erschütterungen. Wenn Sie jetzt geniest hätten, wären uns die Samen um die Ohren geflogen. Die fliegen sieben Meter weit.«
Wir stehen am Zaun etwa drei Meter von der Drüsigen Springplage entfernt. Der VV sieht mir über seine Sonnenbrille in die Augen.
»Sie sind ja ein vergleichsweise junger Gartenfreund. Sie haben keine Ahnung, wie schnell und wie hoch das Zeug wächst. Es unterdrückt alle anderen Pflanzen. Nichts kommt mehr hoch, wo das Drüsige Springkraut wuchert. Wir haben dieses Frühjahr unter großen Mühen den Uferbereich freigeschnitten. Gartenfreund Zielicke hat sich dabei das Knie ausgerenkt, als er im abschüssigen Bereich arbeitete. Können Sie sich vorstellen, wie er sich fühlen wird, wenn im nächsten Jahr die ganze Böschung wieder unter dem Kraut verschwindet?«
»Wie sollen wir vorgehen, Commander Vorstand?«, frage ich. »Flammenwerfer wie bei Alien 2? Die ganze Brut vernichten?«
»Das würde alles noch viel schlimmer machen«, meint der VV. »Es gibt Wege, dem Einhalt zu gebieten, und Sie als persönlich Betroffener dieses widerwärtigen Geruchs und als junger, geschmeidiger Mensch können sich dabei große Verdienste um unseren Gartenverein erwerben. Ich gebe Ihnen ein paar Butterbrottüten, und Sie bewegen sich mit größter Behutsamkeit an das Springkraut heran und stülpen dann vorsichtig die Tüten über die Blüten.«
»Die Tüten über die Blüten!«, wiederhole ich, um es mir besser zu merken.
»Richtig«, lobt der VV, »dann können diese teuflischen Kapseln aufspringen, wie sie wollen. Die Samen bleiben in der Tüte und können von mir anschließend fachgerecht entsorgt werden.«
»Machen Sie sich keine Mühe«, komme ich ihm entgegen, »ich kann das auch erledigen.«
»Danke, aber das wenige, was ich als älterer Gartenfreund noch tun kann, will ich gerne tun.«
So verbleiben wir und entfernen uns geräuschlos wie Leute, die beim Savannenwandern einen schlafenden Löwen entdeckt haben.
Ich hole mir die Butterbrottüten, die der VV reichlich in seiner Laube hortet, und klettere dann, vom Vorstand ein weiteres Mal zu äußerster Vorsicht angehalten, über den Zaun in den verwilderten Garten, in dem einst Omi Schneider ihr hartes Regiment führte. Aber die Natur holt sich alles zurück. Selbst Omi Schneider hat sie sich zurückgeholt. Vor Jahr und Tag ist sie wieder in den Kreislauf des Lebens zurückgekehrt, und wer weiß, in welcher abgepackten Baumarkt-Universal-Gartenerde ihre Asche jetzt neue Fruchtbarkeit spendet. Im Halbschatten hinter der Laube steht das Drüsige Springkraut in großer Gruppe zusammen und hat Hunderte Samenkatapulte gespannt, die wie winzige, in ihren Flügeln schlafende Flughunde an den Blütenständen hängen.
Eigentlich sieht es ganz hübsch aus, das Springkraut, auch wenn es bei einer Höhe von fast zwei Metern kaum noch als Kraut durchgeht und die ganze Pflanze etwas Plastikartiges an sich hat. Kein Wunder, dass John Forbes Royle, der sie um 1820 in Indien fand und beschrieb, sie nicht nach sich benennen lassen wollte, wo doch sonst damals (und auch heute...
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