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Ich weiß nicht, was deine Erfahrungen mit Freundschaften sind. Vielleicht hattest du als Kind eine ganze Handvoll Freundinnen. Ihr seid durch dick und dünn gegangen, habt alles zusammen gemacht. Vielleicht warst du aber auch eher eine Einzelgängerin, hast dich schwer damit getan, Kontakte zu knüpfen. Aber wenn du erst einmal Vertrauen gefasst hattest, dann hast du dich voll und ganz auf deine Freundin eingelassen. Vielleicht haben sich deine Freundschaften auch, je älter du wurdest, immer mehr gewandelt, sind tiefer geworden, haben eine andere Dimension angenommen, vielleicht aber auch nicht oder es war sogar das Gegenteil der Fall.
Ich persönlich habe gemerkt, dass sich meine Beziehungen im Laufe meines Lebens stark verändert haben. Die Jugendjahre waren geprägt von einer tollen Mädchenclique, mit der ich durch dick und dünn gehen konnte. Wir kannten weder Zickenkriege noch Mobbing. Stundenlange Gespräche über Gott und die Welt, Essenteilen in der Pause und Schminken vor der Schule prägten unser Zusammensein. Sogar als zwei von uns sich in denselben Jungen verliebten, blieben wir als ganze Clique zusammen. Mit einer Freundin telefonierte ich manchmal nach der Schule noch zusätzlich stundenlang, sodass meine Eltern die Höhe meiner Telefonkosten pro Monat limitierten. Nicht selten gab es Diskussionen, wenn ich den Festnetzanschluss zu lange blockierte. Rückblickend bin ich mir bewusst, dass diese Mädchen ein riesiges Geschenk für mich waren: Ich erlebte tragende Beziehungen bereits im Jugendalter. Dies ist nicht selbstverständlich und erfüllt mich mit Dankbarkeit. Wie schwierig können Jugendjahre sein, wenn man sich Anschluss an eine Clique wünscht, dieser jedoch nicht gewährt wird. So blieb ich in meiner Jugendzeit vom Gefühl des Ausgeschlossenseins weitestgehend verschont. Als ich jedoch nach dem Schulabschluss von zu Hause auszog, verlor ich den Kontakt zu meinen Freundinnen. Damit begann für mich eine Zeit, in der ich mich sehr schwertat mit Beziehungen.
Freundschaften - wir alle haben vermutlich in irgendeiner Form unsere Erfahrungen gemacht, positive wie negative. Freundschaften sind etwas Besonderes, manchmal auch schwer zu Begreifendes. Was aber steckt dahinter? Warum entwickelt sich eine Freundschaft so - und nicht anders. Warum scheitern Freundschaften? Was tut ihnen gut? Und: Was können wir zum Gelingen beitragen? Viele Fragen. Und es ist gut und wichtig, sich diese zu stellen, denn Freundschaft ist etwas Schönes, etwas Komplexes und so alt wie die Menschheit.
Deswegen möchte ich dich, bevor wir uns ganz dem Thema der Seelenschwesternschaft zuwenden, in zwei theoretischere Kapitel mitnehmen, auf die ich im Laufe des Buches immer wieder Bezug nehmen werde. Mir persönlich hilft es, besser mit meinen Lebensthemen umzugehen, wenn ich gewisse Grundlagen und Zusammenhänge kenne. So kann ich dann, basierend auf diesen, Entscheidungen treffen oder Erklärungen für mein eigenes Erleben und Verhalten bekommen. Deshalb sollen auch in diesem Buch die beiden ersten Kapitel als Grundlage für das Thema Seelenschwesternschaft dienen.
Wir Menschen sind darauf angelegt, in Beziehungen zu anderen zu leben. Dabei reicht es nicht, dass wir uns im selben Raum mit anderen menschlichen Individuen befinden. Wir brauchen Menschen, mit denen wir eine Verbindung eingehen können. Die Bindungstheorie wurde im 20. Jahrhundert von John Bowlby entwickelt und gehört zu den fundiertesten Theorien über die psychische Entwicklung des Menschen. Die Grundlage dieser Theorie ist, dass der Mensch ein angeborenes Bedürfnis nach gefühlsintensiven Beziehungen zu seinen Mitmenschen hat. Sie geht davon aus, dass er sich nicht einfach als Individuum entwickelt, sondern die Interaktion mit anderen Menschen diese Entwicklung stark beeinflusst.
In der frühkindlichen Entwicklung zeigt sich dies ganz eindrücklich: Eine sichere Bindung entsteht in den ersten Lebensjahren, wenn das Baby seine Bezugspersonen als verlässlich und vertrauenswürdig erlebt. Durch dieses Erleben entsteht eine besondere Verbindung zwischen der Bezugsperson und dem Kind. Im Kind wächst ein Urvertrauen, das seine weiteren Beziehungen prägt. Es geht grundsätzlich davon aus, dass Menschen verlässlich und vertrauenswürdig sind. Dadurch kann es sich unbesorgt und entspannt der Entdeckung der Welt widmen und seine Fähigkeiten entwickeln. Man nennt dies Exploration. Eine gelingende Exploration führt dazu, dass Kinder sich selbst und ihre Umwelt kennenlernen und entdecken. Das Erleben »Ich kann etwas, ich bin lernfähig, ich habe Einfluss auf meine direkte Umwelt« fördert die Entwicklung des kindlichen Selbstwertgefühls.
Kann ein Baby oder Kleinkind in den ersten Lebensjahren keine stabile Beziehung zu einer verlässlichen Betreuungsperson (dies sind meistens die Eltern) aufbauen, zeigt dieses Kind in der weiteren Entwicklung Störungen in seinem Bindungsverhalten. Die Entwicklung einer stabilen Bindung zwischen der Betreuungsperson und dem Kind stellt demzufolge eine wichtige Voraussetzung für die psychische Gesundheit des jungen Menschen dar.
Ein Mensch, der auf positive Bindungserfahrungen in der Kindheit verzichten musste, kann Mühe haben, sich auf andere Menschen einzulassen. Seine Erfahrungen haben ihn Vorsicht gelehrt. Vielleicht möchte er gerne Nähe erleben, stößt Menschen jedoch aus Angst immer wieder zurück, sobald sich Nähe anbahnt. Dieses Verhalten kann bei Liebesbeziehungen vorliegen, aber auch bei Freundschaften, denn eine Freundschaft beinhaltet immer eine verbindliche Beziehungsgestaltung. Diese ist dann zwar nicht so endgültig wie bei einer Ehe, dennoch binden wir uns auf eine Art an diese Person1.
Werden also Menschen, die diese sichere Bindung in ihrer frühen Kindheit nicht erlebt haben, kaum die Chance auf tiefe Freundschaften haben? Obwohl diese frühkindlichen Erfahrungen dich ein Leben lang prägen, habe ich eine gute Nachricht für dich: Es ist trotzdem möglich. Frühkindliche Erfahrungen sind zwar sehr prägend, trotzdem hat jeder Mensch die Möglichkeit, seine Vergangenheit aufzuarbeiten und seine Geschichte in einer gesunden Art weiterzuschreiben. Diesen Weg zu gehen ist vielleicht nicht einfach, aber er lohnt sich. Und dann gibt es da noch Gott . Er kann Herz und Seele von Verletzungen heilen. Denn auch wenn du das Glück gehabt hast, eine frühkindliche Bindung aufbauen zu können, so kann dir das Leben auf verschiedenste Weise trotzdem Wunden schlagen, die deine Beziehungsgestaltung beeinflussen.
Ich staune immer wieder, wie lebensnah die Bibel ist. So vieles, was wir Menschen durch jahrelanges Studieren und Beobachten der Menschen gelernt haben, finden wir in diesem alten und zugleich hochaktuellen Buch wieder. Bereits in 1. Mose 2,18 sagt Gott: »Es ist nicht gut für den Menschen allein zu sein. Ich will ihm ein Wesen schaffen, das zu ihm passt« (NLB).
Gott als dein und mein Schöpfer wusste genau, wie sein Geschöpf »funktioniert«. Er war sich bewusst, dass der Mensch ein Gegenüber braucht. Die verschiedenen Tiere konnten dem Menschen nicht das benötigte Gegenüber sein, und so schuf Gott einen zweiten Menschen für Adam. Ich weiß, dass dieser Text häufig für Traupredigten verwendet wird. Tatsächlich geht es im Text auch um die Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau. Gott kreiert für Adam Eva, eine Frau. Die Ehe ist eine ganz besondere, exklusive Beziehung zwischen zwei Menschen. Sie ist ein großes Geschenk. Die Aussage »Es ist nicht gut für den Menschen, allein zu sein« gilt jedoch nicht nur für die Ehe, sondern lässt sich auf Beziehungen allgemein übertragen. Das sehen wir an anderen Stellen der Bibel, wo Freundschaft als etwas Kostbares beschrieben wird (z. B. Sprüche 17,17; Sprüche 27,9).
Was heißt das nun aber ganz konkret für deine und meine Lebensgestaltung? Wenn ich auf die Beziehungsgestaltung in meinen vergangenen Lebensjahren zurückschaue, entdecke ich einen für mich äußerst wichtigen Zusammenhang: Die Art meiner Beziehungen zu meinen Mitmenschen (Freundinnen, Ehepartner, Familie) steht, in der jeweiligen Lebensphase, in direkter Verbindung mit der Qualität meiner Beziehung zu mir selbst und zu Gott.
Damit du besser verstehst, was ich meine, nenne ich dir zwei Beispiele:
Das Unwohlsein mit mir selbst und meine Selbstverurteilung als Christin hat sich in jungen Jahren auf die Beziehungen zu meinem Umfeld und auf die zu Gott ausgewirkt. Einerseits waren meine Gebete vor allem geprägt durch die Bitten um Vergebung für alles und jedes. Zudem konnte ich mich in zwischenmenschlichen Beziehungen schlecht öffnen aus Angst, dass andere mich genauso verurteilen werden wie ich mich selbst. Ich lebte dadurch Beziehungen mit einer gewissen Distanz.
Auch in meiner Ehe wird dieser Zusammenhang deutlich: Manchmal kommt es vor, dass mein Ehemann in einem Punkt mit mir unzufrieden ist und er mir das dann auch mitteilt. Ich beobachte, dass meine Reaktionen darauf sehr unterschiedlich ausfallen. Je nachdem, ob ich gerade zufrieden und ausgeglichen mit mir selbst bin, kann ich eine kritische Rückmeldung von meinem Mann gut annehmen. Es gibt aber auch Tage, an denen ich zickig reagiere, ihn dafür verurteile, dass ich ihm nicht genüge, wie ich bin, und nicht selten teile ich dann auch ordentlich aus. Dies ist häufig der Fall, wenn ich gestresst bin oder eine innere Unruhe verspüre - oder einfach meine Hormone verrückt spielen. Aber interessanterweise reagiere ich so auch, wenn ich meine Beziehung zu Gott etwas vernachlässigt habe. Das Ergebnis ist dann häufig, dass ich mich von ihm nicht angenommen und geliebt fühle. Dementsprechend reagiere ich auf mich selbst und mein...
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