1 - Inhaltsverzeichnis [Seite 3]
1.1 - 1 Einleitung [Seite 5]
1.2 - 2 Begriffsklärung [Seite 7]
1.2.1 - 2.1 Kognitiver Stil oder Lernstil? [Seite 8]
1.2.2 - 2.2 Lernstrategien [Seite 11]
1.2.3 - 2.3 Lern(er)typen [Seite 15]
1.2.4 - 2.4 Stile in Abgrenzung zu Fähigkeiten [Seite 17]
1.3 - 3 Stand der Lernstilforschung und ausgewählteVertreter einflussreicher Konzepte sowie derenRelevanz für die Fremdsprachenforschung [Seite 20]
1.3.1 - 3.1 Lernstile - Versuch einer Kategorisierung [Seite 21]
1.3.2 - 3.2 Ausgewählte Vertreter einflussreicher Lernstilkonzepte [Seite 24]
1.3.2.1 - 3.2.1 Lernstile sind weitestgehend genetisch bedingte, schwerbeeinflussbare Persönlichkeitsmerkmale [Seite 24]
1.3.2.2 - 3.2.2 Lernstile beruhen auf den kognitiven Strukturen einesIndividuums [Seite 36]
1.3.2.3 - 3.2.3 Lernstile sind Teil eines relativ stabilen Persönlichkeitstypus -Der Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI) [Seite 46]
1.3.2.4 - 3.2.4 Lernstile sind flexible, aber dennoch solide Lernvorlieben - KolbsExperiential Learning Theory [Seite 53]
1.3.2.5 - 3.2.5 Lernorientierungen, -einstellungen und -strategien alskonstitutive Größen von Lernstilen am Beispiel Entwistles [Seite 59]
1.3.2.6 - 3.2.6 Weitere Einflussgrößen im Fokus der Fremdsprachendidaktik [Seite 66]
1.3.3 - 3.3 Abschließende Bewertung der stilbezogenenFremdsprachenforschung [Seite 71]
1.4 - 4 Unterrichtspraktische Konsequenzen [Seite 81]
1.4.1 - 4.1 Identifikation von Lernstilen [Seite 81]
1.4.1.1 - 4.1.1 Konstruktinhärente Limitationen [Seite 82]
1.4.1.2 - 4.1.2 Fragebögen zur Erhebung bevorzugter Lernstrategien am Beispieldes Strategy Inventory for Language Learning [Seite 85]
1.4.1.3 - 4.1.3 Lernertagebücher und Sprachlernerinnerungen [Seite 89]
1.4.1.4 - 4.1.4 Lautes Denken [Seite 91]
1.4.1.5 - 4.1.5 Weitere Alternativen zum Zwecke der Thematisierungunterschiedlicher Lernstile [Seite 92]
1.4.2 - 4.2 Matching oder Stretching? [Seite 95]
1.4.3 - 4.3 Lerninhalte vor dem Hintergrund eines stilorientiertenLehrstils [Seite 100]
1.4.3.1 - 4.3.1 Integrative Berücksichtigung stilrelevanter Faktoren [Seite 100]
1.4.3.2 - 4.3.2 Gezieltes Strategietraining [Seite 105]
1.5 - 5 Schlussbetrachtung [Seite 108]
1.6 - 6 Literaturverzeichnis [Seite 111]
1.6.1 - 6.1 Sekundärliteratur [Seite 111]
1.6.2 - 6.2 Elektronische Quellen [Seite 116]
1.7 - 7 Anhang [Seite 119]
Textprobe:
Kapitel 3.2.2 Lernstile beruhen auf den kognitiven Strukturen eines Individuums:
Stilkonzepte dieser Gruppe rücken die eingangs besprochene kognitive Komponente menschlicher Lernprozesse in den Mittelpunkt. Dabei werden diese übersituativ wirksamen Denkstrukturen als tief in der Persönlichkeit verwurzelt betrachtet, was die Position dieser Konzeptfamilie innerhalb des auf die konjizierte Stabilität der betrachteten Variablen bezogenen Kontinuums begründet.
Konstrukte dieses Interessenbereichs stehen häufig im Verdacht, nicht kognitive (Lern-) Stile, sondern Fähigkeiten zu erfassen, was nicht zuletzt mit den gewählten Instrumentarien zusammen hängt. Folgendes Zitat von Guilford (1980:716) greift noch einmal das wesentliche Unterscheidungskriterium zwischen Stil und Fähigkeit auf, bevor das für die lernstilbezogene Fremdsprachenforschung durchaus bedeutsame Konzept von Witkin näher vorgestellt wird:
"Abilities are unipolar traits while styles are bipolar. Abilities are narrower in scope. Abilities are measured in terms of level of performance, where styles are measured by degree of some manner of performance."
Kapitel 3.2.2.1 Witkin:
Das von Herman Witkin entwickelte Stilkonstrukt der Feldabhängigkeit/-unabhängigkeit (field-dependency/-independency, i. F. FU/A) unterscheidet sich von anderen hier besprochenen Lernstilkonzepten in vielerlei Hinsicht: Zunächst ist es - wie in Abschnitt 2.1 bereits angedeutet - bezüglich seines ursprünglichen Interesses nicht in der Lernstil-, sondern in der Kognitionsforschung verwurzelt. Es ist somit Repräsentant der eingangs skizzierten Erforschung kognitiver Stile und gewann hinsichtlich des konkreten Bezugs auf Lernprozesse erst im Rahmen seiner Adaption für verschiedene Bildungsbereiche an Bedeutung. Potenzielle Implikationen der FU/A für das Lernen wurden zudem von Witkin, Moore, Goodenough und Cox (1977) thematisiert, rund 30 Jahre nach Beginn der Forschungsarbeit. Der vergleichsweise frühe Ursprung dieser Stildimension Ende der vierziger Jahre stellt somit eine weitere Besonderheit dar.
Darüber hinaus basiert die Operationalisierung mittels des Group-Embedded-Figures Test (GEFT) nicht auf selbstevaluativen Fragebögen, wie es bezüglich der meisten anderen Konzepte der Fall ist, sondern testet die Fähigkeit, schlichte geometrische Formen innerhalb unübersichtlicherer Muster zu erkennen. Diese Tatsache beschert dem Konzept bis heute die Kritik, es beschränke sich auf die Messung kognitiver Fähigkeiten und leiste somit keinen Beitrag zur Stilforschung. Während manche Forscher/innen dies zum Anlass nehmen, die FU/A als stilprägendes Kriterium gänzlich abzulehnen, versuchen andere, den mit dem GEFT verbundenen Schwächen mit Alernativinstrumentarien beizukommen. So auch Vertreter der Fremdsprachenforschung, für welche die FU/A mitunter wertvolle konzeptuelle Ideen bereithält.
Im Wesentlichen beschreibt die FU/A die Neigung eines Individuums, sich bei der Wahrnehmung von äußeren Faktoren beeinflussen zu lassen. Bezogen auf die Stilforschung wird sie mit einer generellen Vorliebe für das Lernen in Isolation (FUA) einerseits, bzw. in einer Gemeinschaft (FA) andererseits in Verbindung gebracht. Feldunabhängige Lerner/innen werden als intrinsisch motiviert, selbstgesteuert und strukturiert charakterisiert. Zudem seien sie dazu in der Lage, sich bewusst für eine passende Lernstrategie zu entscheiden. Demgegenüber seien feldabhängige Lernertypen extrinsisch motiviert und bevorzugten klare Anweisungen der Lehrkraft. Sie hätten weiterhin das Bedürfnis, sich mit anderen Lerner/innen auszutauschen (vgl. Cassidy 2004:425f) [.].
Für die Betrachtung des FU/A-Konstrukts im Zusammenhang mit dem Fremdsprachenlernen sollte an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es sich bei der Beschäftigung mit dieser Dimension nicht um eine reine Einordnung von Lerner/innen als feldabhängig bzw. -unabhängig handelt, sondern abermals verschiedene Ausprägungsgrade innerhalb eines Kontinuums angenommen werden. Hierbei entspricht eine mittige, d. h. polferne Position für die von Witkin formulierte mobility, also die Möglichkeit, situationsadäquate Lernstrategien zu wählen. Auch Little und Singleton (1990:12) warnen vor einem ausschließlich dichotomen Gebrauch des Konstrukts [.].
Dennoch sieht sich das Konzept mitunter deutlicher Kritik ausgesetzt, hinsichtlich derer die Validität des GEFT angezweifelt wird, mit dem Hinweis, dieser messe ausschließlich die FUA. Ein Testwert von 11 und weniger spreche also nicht für FA, sondern vielmehr für geringe FUA, was nicht gleichzusetzen sei (vgl. Chapelle & Green 1992).
Die mit der FU/A assoziierten kognitiven Stile wurden von der Fremdsprachenforschung in umfangreicher Weise aufgegriffen, wobei den jeweiligen Ausprägungen wiederholt die folgenden bereichsspezifischen Neigungen zugeordnet wurden: Feldabhängige Lerner/innen tendierten aufgrund ihrer zwischenmenschlichen Orientierung zu Kontaktfreudigkeit und ließen sich infolgedessen vergleichsweise gern auf fremdsprachliche Kommunikationsanlässe ein. Dies führe zu größerer kommunikativer Kompetenz, Gesprächsfindigkeit sowie Verhandlungsgeschick. Aus Feldunabhängigkeit hingegen resultierten vor dem Hintergrund der implizierten Analyse- und Restrukturierungsfähigkeit eine höhere Erfolgsrate hinsichtlich formalsprachlicher Aspekte sowie eine gesteigerte Resistenz gegenüber Fossilisation (vgl. Skehan 1989:111f). Schon Brown (1987:86) bemerkt, dass "[w]hile no one seems to deny the plausibility of this [.] hypothesis, little evidence has been gathered to support it.". In ihrer Auswertung zahlreicher Studien, die sich mit vorstehender Hypothese befassen, findet auch Schulz-Wendler (2001:50f) nur eine Arbeit (Abraham & Vann 1987), die eine Überlegenheit feldabhängiger Lerner/innen bezüglich kommunikativer Fertigkeiten bestätigt. Generell liefere der Großteil der Studien jedoch lediglich Belege für ein besseres Abschneiden feldunabhängiger Fremdsprachenlerner/innen bezüglich formalsprachlicher Strukturen wie z. B. grammatische Regelkenntnisse. Zudem gebe es vereinzelt auch Hinweise darauf, dass diese Lernertypen darüber hinaus auch auf kommunikativer Ebene überlegen seien.