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"Die 10 wollen wir im Moment nicht verteilen - die will ich irgendwann einmal dem Toni geben."
Uli Hoeneß
In der Saison 2004/05 erreicht der 15-jährige Toni Kroos mit Hansa Rostock das Finale um die deutsche B-Jugend-Meisterschaft. Der Hansa-Nachwuchs unterliegt den Altersgenossen von Hertha BSC mit 0:2. Für die Berliner läuft u. a. Jérôme Boateng auf, der 2014 mit Kroos Weltmeister wird.
Kroos ist im Januar geboren und somit Profiteur des sogenannten Relative Age Effects (RAE). Der Sportwissenschaftler Martin Lames kam in einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Januarkinder viel häufiger Profifußballer werden als Dezemberkinder. Nicht, weil sie pauschal talentierter waren als die Spätgeborenen ihres Jahrgangs, sondern weil sie schlicht und einfach körperlich weiter waren als ihre Gegenspieler, die erst ein halbes Jahr oder sogar erst elf Monate später ihren Geburtstag feierten. Marco Henseling hat auf spielverlagerung.de einen sehr lesenswerten Beitrag zum Thema "Relative Age Effect" veröffentlicht: "Der RAE ist eines der interessantesten Phänomene im Nachwuchssport - und eines der besorgniserregendsten. Im Wesentlichen besagt er, dass innerhalb eines Jahres - oder genauer: innerhalb eines Selektionszeitraumes - früh geborene Sportler gegenüber jenen, die in einem späteren Monat geboren sind, systematisch bevorzugt werden. (.) Vom RAE sind vor allem kraft- und laufintensive Sportarten betroffen, die sich einer großen öffentlichen Beliebtheit erfreuen und in denen früh selektiert wird. All das trifft auf den Fußball zu. Geht man davon aus, dass sich Talent gleichmäßig übers Jahr verteilt und sich nicht in der ersten Jahreshälfte ballt, deutet RAE auf Mängel im System der Nachwuchsförderung hin. (.) Vergleicht man einen Spieler, der am 01.01. geboren wurde, mit einem Spieler, der am 31.12. desselben Jahres zur Welt kam, liegen 364 Tage zwischen beiden. Im Alter von zehn Jahren entspricht dieser Unterschied einem Zehntel an Lebenserfahrung. Dieser altersbedingte Entwicklungsunterschied führt natürlich dazu, dass relativ ältere Spieler zu einer bestimmten Zeit ein höheres Leistungsniveau abrufen können. Sie sind schneller, ausdauernder und kräftiger und können allein dadurch Spiele in einer Weise prägen, zu der relativ Jüngere (noch) nicht in der Lage sind."
Aber der hochtalentierte Toni Kroos hätte sich wohl auch ohne RAE an die Spitze gespielt. Vielleicht nicht so schnell. Und vielleicht hätte man seine Qualitäten nicht so früh erkannt. Für Hermann Hummels, ehemals Jugendtrainer von Bayern München und Vater von Mats, war keiner der Weltmeister von 2014 schon als C-Junior überragend gewesen - mit einer Ausnahme: "Lahm, Müller, Hummels waren es nicht. Khedira, der war damals schon ziemlich gut. Aber überragend war nur Toni Kroos."
Im Sommer 2006 wechselt der nun 16-jährige Kroos zum FC Bayern, wo er zum Spielmacher der U19-Mannschaft avanciert und mit dieser zum zweiten Male in ein Meisterschaftsfinale einzieht. Gespielt wird gegen Bayer Leverkusen in der BayArena. Vor 22.000 Zuschauern bringt Thomas Müller, ein weiterer späterer Weltmeister, die Bayern schon nach zehn Minuten in Führung. Weitere Mitspieler sind an diesem Tag der Keeper Thomas Kraft, Holger Badstuber und Sebastian Langkamp. Aber am Ende verlässt Kroos erneut als Verlierer den Platz. Im eigenen Wohnzimmer behält Bayer nach Verlängerung mit 2:1 die Oberhand.
In der zweiten Hälfte dieser Saison darf Kroos schon bei den Profis mittrainieren und für diese auch in einigen Freundschaftsspielen mitwirken.
"Wäre da nicht Bojan Krkic gewesen, Toni Kroos wäre der überragende Spieler der UEFA-U17-Europameisterschaften 2006 und 2007 gewesen. Doch der deutsche Nachwuchsstar stand keineswegs im Schatten seines spanischen Altersgenossen." So steht es auf der Seite der UEFA zu Kroos und den Nachwuchsturnieren des europäischen Verbands.
Beim Turnier im Mai 2006 in Luxemburg wird die DFB-U17 Dritter. Im "kleinen Finale" unterliegt man den Spaniern nach Elfmeterschießen - auch weil Kroos verschießt. Aber Kroos, einer der jüngsten Spieler im deutschen Kader, spielt ein starkes Turnier. Im Aufgebot des DFB stehen u. a. der Keeper Ron-Robert Zieler, Stefan Reinartz, der später die Analyse-Methode "Packing" mitentwickelt, die Bender-Brüder Sven und Lars sowie Marko Marin.
Auch bei der folgenden U17-EM 2007 in Belgien spielt Kroos groß auf. Beim 2:0-Sieg gegen die Ukraine erzielt er einen Treffer aus der Kategorie Traumtor. Kroos kommt über die linke Seite, irritiert zwei Ukrainer mit einem Übersteiger und schießt den Ball zwischen ihnen mit dem rechten Fuß ins rechte obere Eck des Tores.
Gegen Frankreich bringt Kroos sein Team in Führung, aber am Ende unterliegt man mit 1:2. Es folgt ein 0:0 gegen Spanien, womit die DFB-Auswahl nur noch um Platz fünf spielt, der für die U17-WM in Südkorea qualifiziert. Hier schlägt Deutschland die Niederlande mit 3:2, ein Treffer geht auf Kroos' Konto. Mit drei Treffern ist Kroos einer der zwei Top-Torjäger des Turniers, der andere ist der Engländer Victor Moses von Crystal Palace.
Kroos wird in die Mannschaft des Turniers gewählt, wo er im Mittelfeld u. a. Eden Hazard an seiner Seite hat. Der zweite deutsche Spieler, der berücksichtigt wird, ist der Abwehrspieler Nils Teixeira von Bayer Leverkusen, der es aber nie in die Bundesliga schafft.
Im Spätsommer fährt Toni Kroos mit der DFB-U17 zur WM in Südkorea, wo das Team von Trainer Heiko Herrlich das "kleine Finale" erreicht. Hier schlägt die Auswahl die Altersgenossen aus Ghana mit 2:1, Kroos markiert den Führungstreffer. Nur drei Spieler aus dem U17-WM-Aufgebot werden später auch A-Nationalspieler: neben Kroos Sebastian Rudy und Keeper Kevin Trapp, der in Korea aber zu keinem Einsatz kommt.
Mit fünf Treffern ist Kroos der erfolgreichste Torschütze seines Teams und der drittbeste des Turniers. Und mit vier Assists ist er der beste Vorlagengeber der Endrunde. Folgerichtig wird er zum besten Spieler des Turniers gewählt. Die Ehrung nimmt Franz Beckenbauer vor, der ihm ins Ohr flüstert: "Ottmar Hitzfeld wird sich darauf freuen, dich wieder in München zu haben und weiter fördern zu können."
In einem Bericht des sid auf der Homepage des DFB heißt es: "Bei den Bayern gilt das vielleicht größte deutsche Talent seit Jahren als 'Kronprinz', bei der WM war er dagegen schon der absolute König." Die FIFA lobt auf ihrer Homepage, Kroos habe "konstant gute Leistungen gezeigt" und sei als "Dreh- und Angelpunkt stets präsent" gewesen. Seine Spielzüge und Pässe in der Schaltzentrale seien "ein Muster deutscher Effizienz".
In München verspricht Uli Hoeneß, Kroos werde bei den Profis seine Chance bekommen. Hoeneß reserviert für ihn das Trikot mit der Nummer 10: "Die 10 wollen wir im Moment nicht verteilen - die will ich irgendwann einmal dem Toni geben." Trainer Ottmar Hitzfeld ist sich sicher, dass Kroos im Laufe der Saison bei den Profis eingesetzt wird. Am liebsten hätte er ihn schon am Ende der vergangenen Saison gebracht: "Er hätte gespielt, wenn er die Erlaubnis gehabt hätte." Kroos sei ein "Vollblutfußballer, der auf dem Platz immer das Richtige macht".
Der sid attestiert Kroos einen "geradezu demütigen Umgang mit dem öffentlichen Interesse an seiner Person. Vor zwei Jahren warben außer den Bayern auch Klubs wie der FC Chelsea um das damals bei Hansa Rostock spielende Ausnahme-Talent, seit seinen guten Leistungen bei der U17-EM im Mai in Belgien ist Kroos auch in den Medien präsent wie kein Spieler vor ihm in dieser Altersklasse." Aber Kroos lässt sich hiervon nicht irritieren: "Der ganze Hype wird mir zwar nicht zu viel. Aber irgendwann ist es auch genug. Der Fußball muss im Mittelpunkt bleiben. Ich spiele gern Fußball, sonst nichts. Ich bin nichts Besonderes."
In Südkorea ist auch der Berliner Sascha Bigalke dabei, auch ein Januarkind, nur vier Tage jünger als Kroos. Dem watson-Podcast "Toni Kroos - The Underrated One" erzählt Bigalke, dass Kroos kaum mit seinen Mitspielern geredet habe. Bigalke zeichnet das Bild eines stillen, aber fordernden Leaders: Bei der WM seien die besten und vermeintlich stärksten Fußballer aus Deutschland unterwegs gewesen, "und das wollte er auch von jedem einzelnen sehen. Man wusste, dass er einen akzeptiert, wenn er sich mit einem unterhalten hat. Seine Herangehensweise war eher, dass er mit den Leuten nicht gesprochen hat." Bigalke versteht seine Aussagen nicht als Kritik, sondern legt Wert darauf, dass Kroos mit seiner sparsamen Art der Kommunikation nur das Beste aus seinen Teamkollegen herauskitzeln...
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