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Am 27. Mai 1952 fand in Zürich unter Federführung von Henri Delaunay, des Italieners Ottorino Barassi und des Belgiers José Crahay eine Zusammenkunft statt, auf der die Gründung eines europäischen Verbandes nach südamerikanischem Vorbild diskutiert wurde. Am 15. Juni 1954 konstituierte sich in Basel ein Ausschuss, der eine Woche später in Bern den Dänen Ebbe Schwartz zum ersten Präsidenten des neuen europäischen Verbandes, den Österreicher Dr. Josef Gerö zum Vizepräsidenten und Delaunay zum Generalsekretär einer Neugeburt mit dem Namen Union Européenne de Football Association (UEFA) bestimmte. Auf der ersten Generalversammlung des neuen Verbands am 3. März 1955 im Schloss Schönbrunn in Wien, zu der 29 der 31 europäischen Nationalverbände Delegierte entsandten, votierte eine große Mehrheit der Anwesenden für eine juristische Bestätigung der UEFA.
Bezüglich konkreter Maßnahmen waren sich die Anwesenden indes weniger einig. Punkt 3 der Tagesordnung sah "Das Projekt einer Europameisterschaft" vor. 18 der vertretenen Nationen sprachen sich dagegen aus, wenngleich nicht alle "Nein-Sager" dem Projekt eine generelle Absage erteilten. Die Ausrichtung einer Europameisterschaft der Nationalteams war für die UEFA-Pioniere ein wesentliches Motiv für die Bildung des europäischen Verbandes gewesen. Doch mussten sich die EM-Befürworter noch etwas gedulden, denn zunächst war ein anderes Projekt an der Reihe, das eine erheblich stärkere Dynamik entwickelte und größere Attraktivität versprach: ein Wettbewerb der besten Klubteams Europas.
1955 verstarb Henri Delaunay, doch sein Sohn Pierre sorgte dafür, dass das EM-Thema weiter am Kochen blieb.
Auf dem 3. UEFA-Kongress am 28./29. Juni 1957 in Kopenhagen wurde den Delegierten ein neuer Vorschlag vorgelegt, der nun einen über zwei Kalenderjahre ausgespielten Wettbewerb im K.-o.-System, aber mit Hin- und Rückspiel und einem Endturnier der vier besten Mannschaften vorsah. Der Vorschlag wurde schließlich mit 14 Ja- und 7 Nein-Stimmen sowie fünf Enthaltungen angenommen. Allerdings wurde eine Klausel eingebaut: Der Anpfiff des Wettbewerbs sollte nur erfolgen, wenn bis zum 16. Februar 1958 mindestens 16 Mitgliedsverbände ihre Teilnahme verbindlich angemeldet hatten.
Doch bei Ablauf der Deadline lagen lediglich 15 Anmeldungen vor. Ein klares "Nein" war aus Deutschland (DFB), England, Schottland, Belgien, den Niederlanden, Schweiz, Albanien, Finnland, Island und Luxemburg eingetroffen. Ein klares "Ja" kam aus dem Ostblock, wo sich die UdSSR, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien und die DDR für die EM aussprachen. Italien, Wales, Nordirland, Portugal, Jugoslawien und Schweden hatten sich noch zu keiner Entscheidung durchringen können, weshalb UEFA-Sekretär Delaunay die Meldefrist bis zum 6. August 1958 verlängerte. Auf dem folgenden UEFA-Kongress am 4.-6. Juni in Stockholm konnten dann die Befürworter des Projekts die Anmeldungen Nr. 16 und Nr. 17 verkünden. Mit 15:13 Stimmen wurde die Durchführung des ersten Nationencups verabschiedet - das Projekt war also nach wie vor stark umstritten und spaltete die europäische Funktionärskaste. Zu den "Nein-Sagern" gehörten unverändert die britischen Verbände, Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien. Unter diesen Umständen mochte die UEFA nicht die direkte Verantwortung für einen Wettbewerb übernehmen, der zunächst "Coupe Henri Delaunay" hieß.
In ihren Anfangsjahren war die EM eine Domäne der "sozialistischen Welt". Das erste Finale zwischen der UdSSR und Jugoslawien führte am 10. Juli 1960 zwei sozialistische Länder zusammen, verfolgt von lediglich knapp 18.000 Zuschauern im Pariser Prinzenpark.
Das Interesse am Europapokal der Landesmeister war zu dieser Zeit noch ungleich größer als an der EM. So waren am 18. Mai 1960, also ca. sieben Wochen vor dem ersten EM-Finale, 134.000 Fans in den Glasgower Hampden Park gepilgert, wo sie Zeugen eines fantastischen Spiels und eines 7:3-Sieges von Real Madrid über Eintracht Frankfurt wurden.
Der europäische Vereinspokal war allein schon deshalb attraktiver, weil hier u. a. auch die Italiener und Engländer dabei waren. Auch litt die EM-Premiere unter handwerklichen Fehlern, so u. a. die Wahl des Austragungsortes. Zwar wurde in Frankreich guter Fußball gespielt, doch fußballbegeistert war das Land mitnichten. Auch wurde das Turnier vom "Kalten Krieg" heimgesucht. Als Spaniens Selección zum Viertelfinale nach Moskau reisen wollte, wurde sie vom Diktator Franco zurückgepfiffen. Der spätere Turniersieger zog somit kampflos in die Endrunde ein.
Die zweite Finalrunde 1964 in Spanien mobilisierte bereits ein größeres Interesse, vor allem bedingt durch den Siegeszug des gastgebenden Teams. Nun waren auch die Engländer dabei, die allerdings bereits in der Vorrunde scheiterten. Der ehemalige FA-Sekretär Stanley Rous, seit 1961 Präsident der FIFA, begründete den Gesinnungswandel damit, dass große Zuschauerzahlen nur noch in Spielen eines offiziellen Wettbewerbs zu erwarten seien. Auch Italien gab beim zweiten Durchgang seinen Einstand, sodass von den fünf großen Ländern Westeuropas nun vier dabei waren. Nur der DFB verharrte noch in der Position des Zuschauers.
Bei der dritten Auflage 1968 waren dann erstmals alle bedeutenden europäischen Fußballnationen an Bord, nachdem auch der DFB seine Abstinenz aufgegeben hatte. DFB-Präsident Dr. Hermann Gösmann begründete den Gesinnungswandel mit dem nun offiziellen Charakter der Veranstaltung. Aus "Europacup der Nationen" bzw. "Coupe Henri Delaunay" wurde eine offizielle Europameisterschaft unter dem Briefkopf der UEFA.
Die EM-Endrunde 1968 in Italien hatte zwar mit knapp 40.000 den bis dahin höchsten Zuschauerschnitt, aber so richtig zufriedenstellend war die Veranstaltung noch immer nicht. Fehlerhafte Schiedsrichterentscheidungen und die einschüchternde Atmosphäre in den Stadien weckten unangenehme Erinnerungen an die "Skandal-WM" von 1934. Als problematisch erwies sich aber auch das Turnier-Format. Wer die Endrunde austrug, hing stets davon ab, wer sich hierfür qualifizierte, was keine gründliche Vorbereitung des Veranstalters und keine Einstimmung der Öffentlichkeit ähnlich den WM-Turnieren zuließ. Deshalb kursierte auch der Vorschlag, das Mini-Turnier abzuschaffen, um die Halbfinals in Hin- und Rückspiel und das Finale auf neutralem Platz auszutragen.
Die EM blieb bis 1976 ein Wettbewerb, in dem die sozialistischen Staaten eine große Rolle spielten. Allein die UdSSR stand bei den ersten vier Wettbewerben dreimal im Finale. Von den 20 Endrundenteilnehmern 1960 bis 1976 waren elf Teams aus der "sozialistischen Welt". Zweimal - die UdSSR 1960 und die CSSR 1976 - stellten diese Länder den Europameister, dreimal - Jugoslawien 1960, UdSSR 1964 und 1972 - den Vize-Europameister. Das EM-Finale 1980 war überhaupt das erste ohne Beteiligung eines Teams aus dem "sozialistischen Lager".
Die EM stand viele Jahre im Schatten der WM. Angesichts der großen Zahl europäischer Starter bei der WM-Endrunde sowie der Tatsache, dass von 1950 bis 1974 fünf der acht Turniere in Europa stattfanden, wurde die EM als dem Weltturnier klar untergeordnet betrachtet. Auch verfügte die EM, bedingt durch die geringe Zahl von Endrundenteilnehmern, über kein auch nur annähernd vergleichbares Event-Potenzial.
Die Turniere 1968 und 1972 bedeuteten insofern einen gewissen Statusgewinn, dass die Europameister Italien und Deutschland bei den anschließenden Weltturnieren, anders als die UdSSR 1962 und Spanien 1966, ihre Position als europäische Nummer eins bestätigen konnten. 1972 kam noch hinzu, dass mit der Bundesrepublik das in diesen Jahren auch tatsächlich spielstärkste Team Europas gewann. Aber erst im Zuge der 1980er-Jahre erlangte die EM Augenhöhe mit anderen internationalen Wettbewerben. Ein langer Anlauf, wenn man bedenkt, dass die Wurzeln des europäischen Nationenmessens weit in die Gründerjahre des Fußballs zurückreichen.
1980 wurde die Endrunde auf acht Teams erweitert, was bedeutete, dass das Austragungsland erstmals automatisch qualifiziert war. Einen kräftigen Schub erfuhr das Turnier mit der Endrunde 1984 in Frankreich. Frankreich organisierte die EM mit einem Engagement und einer Professionalität, wie man dies bis dahin nur von Weltturnieren her kannte. Außerdem gab es gegenüber der EM 1980 eine Neuerung, die dem Turnier noch mehr Attraktivität verlieh. 1980 bestritten noch die beiden Gruppensieger das Finale, 1984 wurde diesem ein Halbfinale vorgeschaltet. 601.404 Zuschauer kamen zu den 15 Spielen, im Schnitt also 40.093 pro Begegnung. Mit Frankreich sah das Turnier einen Sieger, der unterhaltsamen...
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