Schweitzer Fachinformationen
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Die Menschen besprechen gerne ihre großen Fragen. Man muss das Bedürfnis nach Pathos, nach Erhabenheit der eigenen Person und nach der eigenen Wichtigkeit als Feind oder als Freund ausleben, während der Gleichgültigkeit, mit der Menschen einander zumeist begegnen, etwas Lebloses, Nicht-Vitales anhaftet. Und ich scheue daher nicht, nur ein wenig, vor einem Thema zurück, das schlicht heißen könnte: Feindschaft.
Die Versuche, so etwas Problematisches wie Feindschaft auszublenden, zu tabuisieren, halte ich für vergeblich. Dass man Andersdenkende lieb finden soll, finde ich natürlich auch, aber denke ich an einen meiner Feinde, denke ich gleich ganz anders. Eine Anekdote: 2024 gewann ich in »Best of Böse«, einer Beilage der Zeitschrift Falter zum Jahreswechsel, den 61. Platz. »Best of Böse« ist eine Liste mit den Namen der verächtlichsten Österreicher des Jahres. Da stand - gedruckt neben einem Porträtfoto von mir - zu lesen: »Der Mann nennt sich Philosoph. Merket, bei Hegel kennt sich der Volkskanzler aus, und sonst niemand! Schuh redet Stiefel. Es wundert dennoch, dass es immer wieder Verirrte aus der grün-marxistischen Blase gibt, die dem Gemurmel des feisten Greises andächtig lauschen.«
Wie soll man gegen so einen Feind Feindesliebe üben, ohne sich dabei zu erniedrigen? Dass jemand, der Schuh heißt, einen Stiefel redet, ist zugegeben eine beachtliche satirische Leistung. Solche Feinde wünscht man sich. Hegel als Bindeglied zwischen mir und dem »Volkskanzler« Kickl anzugeben, stimmt zwar. Merket, der Feind weiß, wo mein Auto steht, ich wohne nämlich in der Hegelgasse.
Übrigens habe ich mich selbst nie »Philosoph« genannt. Meine aktenkundige Selbstbezeichnung war stets mit der Floskel erledigt: »Literat mit philosophischen Interessen«. Aber es gehört zur Feindschaft, von so feinen Unterschieden nichts wissen zu müssen. Die eigene Geschäftsgrundlage, die grün-rote Blase, wirft der Feind mir als verwerflich vor, und der Ärger darüber, dass ich gelegentlich Aufmerksamkeit bekomme, ist ihm anzumerken. Vielleicht hat er davon zu wenig. Bei »marxistisch« lausche ich verwirrt, aber andächtig, bei »grün« halte ich die schlechte Luft an.
Na klar, mein Gewicht ist für so einen Feind ein großes Fressen. Aber als Altersdiskriminierung (»feister Greis«) ist es mir, wie vom Feind ja gewollt, wirklich unangenehm. Es trifft mich ins Herz. Der wünscht mir ja den Tod! Auf einen Greis mehr oder weniger kommt es ihm nicht an, geschweige denn auf einen feisten. »Feister Greis«: Das signalisiert den Übergang von einer Gegnerschaft in die Feindschaft, und ich habe das beängstigende Gefühl, hier kann einer seinen Hass nicht mehr kontrollieren, und er scheitert daran, ihn - wie den Rest - gerade noch witzig zu formulieren. Immerhin ist die Bloßstellung des Offensichtlichen, des Alters und der Verfettung, die unterste Stufe der schönen Kunst der Polemik. »Best of Böse« ist ja ein Pranger, der dadurch erträglich wird, dass er die auserwählten Feinde nicht ohne Witz skizziert.
Empfindlich darf man - auch im Eigeninteresse - nicht sein, zumal es zum Job meiner Art und zum Berufserfolg in diesem Job gehört, auch den Hass von Konkurrenten hervorzurufen, die noch unbegabter sind als man selbst. Die schlimmsten Feinde sind allerdings die, die man nicht kennt, weil sie aus der Anonymität angreifen. Ach, wäre das schön für mich, die Heckenschützen beschreiben zu können, um sie durch Einordnung ihrer Physiognomie in die Ausstellungsobjekte der Feindesliebe liebevoll einbeziehen zu können
Klar, zum »Schwurbler« soll ich nicht Schwurbler sagen, denn das minimiert die Hoffnung auf ein gepflegtes Gespräch, das ich allerdings ohnedies nicht möchte, weil zum Beispiel so ein Impfgegner mir nur dann halbwegs zustimmen würde, wenn ich ganz seiner Meinung wäre.
Es gibt Gegensätze, in denen die Bewertung, auch die Verurteilung eines anderen gar nicht ausbleiben darf. Sehr schön der österreichische Gesundheitsminister, der in Amt und Würden eine Pressekonferenz fluchtartig verließ, weil er der Schwurbelei über das Ausmaß von Impfschäden eines »Gesundheitslandesrats« nicht die Räuberleiter machen wollte: »Für den mache ich doch keine Kulisse«, war das Motto des Ministers: »Da bin ich nicht dabei, und ich dokumentiere es sogar körperlich - mit meinem physischen Verschwinden.«
Es heißt, mit anderen Menschen möge man in sachlichem Meinungsaustausch stehen. Meinungen sind aber naturgemäß nicht sachlich. An einer Meinung hängt bekanntlich zu viel Persönliches, man kann sie nicht neutralisieren um des lieben Friedens willen. Moralisch hochstehende Menschen können die Leidenschaft dämpfen, mit der sie ihre Meinungen vertreten. Dafür bin ich auch - für das Herunterkochen der Feindschaft zur Gegnerschaft. Gegner sind Menschen, die zur Aufrechterhaltung und Betonung der eigenen Identität gut zu gebrauchen sind. Nicht zuletzt in einer Gegnerschaft kommt man zu sich. Zu Feinden macht man (sich) seine Gegner, indem man sie zu vernichten wünscht. Ich habe Folgendes tatsächlich gehört, beim Zappen durch die Programme. Da sagte ein österreichischer Innenminister, wer bei uns das Kalifat ausruft, für den gäbe es nur zweierlei: erstens Einsperren und zweitens Abschießen.
Für den Versprecher entschuldigte er sich: Er habe Abschieben gemeint. Das ministrable Beispiel zeigt, was die Feindschaft mit sich bringen kann, nämlich Unbeherrschtheit: Man hat sich nicht mehr in der Hand. Deshalb wirft man, während man selbst cool erscheinen möchte, dem Feind »Hasstiraden« vor. Man propagiert, dass der Feind nicht edel ist, sondern dass ihn der Hass verzehrt, und damit lässt sich auch der eigene Hass mehr oder weniger bequem verdrängen. Besser ist es, sich den eigenen Hass einzugestehen und mit ihm diätetisch umzugehen.
Es kann beim Wunsch bleiben, bei der Phantasie der Vernichtung der Feinde. Zumindest zur Drohung, sie zu vernichten, kann es werden. Putin droht mit seinen Atomwaffen, was der sprachlich überforderte Journalismus gerne »Säbelrasseln mit dem Atomkrieg« nennt. Der Säbel unterstellt der Atomwaffe eine Harmlosigkeit, die den technischen Fortschritt auf dem Gebiet der Weltvernichtung zum Ritterlichen verkleinert. Feindschaften haben es auch an sich, dass sie zu Gewaltausbrüchen, zu spontanen oder zu geplanten führen. Das weiß man, man muss es berücksichtigen, aber das Wissen gibt keine Sicherheit über die reale Gefahr. Gewaltphantasien können als Dampfablassen funktionieren, also den Ausbruch realer Gewalt geradezu verhindern. Wenn man Glück hat!
Selbstverständlich darf man den Rechtsextremisten nicht nachsagen, sie wären Rechtsextremisten, bloß weil sie Rechtsextremisten sind. Interessant, wie eine Parteigängerin des parlamentarischen Arms des Rechtsextremismus, der FPÖ, sich dagegen verwahrte, ihre Partei würde herumhetzen. Die Hetzer wären die anderen, die »pausenlos« ihre Partei »rechtsextremistisch« nennen, wo doch Extremisten ausschließlich Leute wären, die ihre Ziele mit Gewalt durchsetzen wollten. Aber nein, Extremisten sind auch Leute, die mit Gewalt drohen, mit Fahndungslisten und mit dem »Ausputzen bis in die letzten Enden in dieser Republik«.
Michael Corleone wird in Francis Ford Coppolas Film »Der Pate« gefragt, ob er denn »alle umbringen« will. Er antwortet, von »alle umbringen« sei keine Rede, »nur meine Feinde«. Die Feindschaften stehen heute an der Kippe. Feinde leben in ihrer eigenen Welt, aber eng nebeneinander. Ich kann auswendig aufsagen, was ein jeder von der derzeitigen Weltpolitik weiß: der Trumpismus, der Putinismus, der chinesische Kapitalismus-Kommunismus, der nordkoreanische kommunistische Brutalismus, die iranisch-islamistische »Kopf ab den Ungläubigen«-Bewegung. Die Politisierung der Religion und schließlich ihre gewaltförmigen, kreuzzugartigen Auswüchse,...
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