Schweitzer Fachinformationen
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Eine Stadt, die Herzen verbindet - und eine Frau auf der Suche nach sich selbst
Unter dem funkelnden Sternenhimmel von Paris versucht Sophia ihr Leben neu zu ordnen: Nach einer schwierigen Scheidung und dem Verlust ihres Traumjobs als TV-Journalistin steht sie an einem Wendepunkt. Als sie unerwartet das Erbe ihrer Großmutter in Form einer kleinen Bar im Quartier Latin antreten soll, wird Sophia in eine Welt hineingezogen, die absolut nichts mit ihrem bisherigen Leben zu tun hat. In der Bar Le Lulu trifft sie auf den charmanten, aber geheimnisvollen Louis, einen alten Freund ihrer Großmutter, und beginnt, die vielen Geheimnisse ihrer Familie zu entdecken. Während sie tiefer in die Geschichte ihrer Großmutter eintaucht, erkennt sie, dass Paris mehr für sie bereithält, als sie jemals gedacht hätte - vielleicht sogar eine zweite Chance auf die Liebe.
»Hörst du überhaupt zu?«, fragte Erik. Die Stimme ihres Vaters ließ Sophia zusammenfahren.
Sie sah zu ihm hinüber, wie er dort neben ihr an dem großen glänzenden Tisch in der Anwaltskanzlei saß. Sein Gesicht trug immer noch deutliche Spuren des Unfalls, der inzwischen mehr als zwei Wochen zurücklag. Mit einer steifen Bewegung drehte er den Kopf und verzog das Gesicht. Sein Nacken bereitete ihm nach wie vor große Schmerzen. Erneut spürte sie unendliche Dankbarkeit dafür, dass er überlebt hatte. Dass ihr das Universum wenigstens einen ihrer Lieben gelassen hatte.
»Ja, doch, ich höre zu. Ich verstehe es nur nicht. Das kann doch nur ein Irrtum sein.« Damit richtete sie den Blick auf den Anwalt, der ihnen gegenübersaß. In seinen Händen hielt er das Dokument, das Sophia und ihr Vater bei Emmy zu Hause gefunden hatten.
Das Testament hatte ganz oben in der Küchenschublade gelegen, fast so, als hätte sie gewollt, dass sie es gleich finden. Darin war festgehalten, dass Sophia eine bestimmte Summe Geld erben sollte, aber außerdem informierte es darüber, dass Emmy nach dem Tod ihrer Schwester Britta Eigentümerin eines französischen Unternehmens geworden war. Eines Unternehmens, zu dem ein Restaurant in Paris gehörte. Erik und Sophia hatten sich keinen Reim darauf machen können und daher beschlossen, sich Rat bei einem Juristen zu holen.
Die Anwaltskanzlei war das französische Handelsregister durchgegangen, um herauszufinden, worum es sich handelte. Und nun saßen sie hier und hörten sich an, was die Recherchen ergeben hatten.
Sophia versuchte zu lächeln, doch ihre Augen blieben davon unberührt.
»Können Sie bitte noch einmal von vorn anfangen?«
Draußen über dem Riddarfjärden in Stockholm fielen die Schneeflocken vom Himmel. Es ging bereits auf Ende März zu, doch der Winter hatte noch nicht ganz aufgegeben, sondern hielt ein letztes Gastspiel, bevor der Frühling endlich an der Reihe war. Die Boote am Norr Mälarstrand wirkten einsam und ein wenig traurig unter ihrer dünnen Schneeschicht. Wie aus dem Nichts verspürte Sophia plötzlich das Bedürfnis, eine Zigarette zu rauchen, das hatte sie seit ihrer Trennung von Viktor nicht mehr getan. Irgendetwas an dieser Situation rief in ihr anscheinend eine physische Erinnerung an den Abend hervor, als sie Viktor den Laufpass gegeben hatte.
Der Anwalt trank einen Schluck Mineralwasser aus dem hübschen Kristallglas vor ihm.
»Also, wie gesagt, ihre Großmutter war im Besitz eines Unternehmens in Frankreich. Und dieses Unternehmen betreibt ein Lokal auf der Rue Notre Dame des Champs in Paris.«
Das war mit das Merkwürdigste, was Sophia jemals gehört hatte. Ihre gemütliche, stets nach Hefegebäck duftende Oma Emmy oben in Nordschweden soll ein Lokal in Paris besessen haben? Nein, irgendetwas konnte da nicht stimmen.
»Ich kann einfach nicht fassen, dass meine Großmutter so ein Geheimnis gehabt haben soll. Warum hat sie denn nichts davon erzählt? Ein Restaurant? Oder eine Bar, sagten Sie? In Paris?«
»Ja, eine Bar oder ein Restaurant. Das geht nicht so klar aus der Beschreibung im Handelsregister hervor.« Der Anwalt warf einen Blick in seine Unterlagen. »Le Lulu ist der Name. Ich verstehe, dass Sie überrascht sind, aber es kommt gar nicht so selten vor, dass nach dem Tod von Angehörigen Geheimnisse ans Tageslicht kommen.«
Nach dem Tod von Angehörigen.
Seine Worte hallten in Sophia nach. »Angehörige« klang so distanziert. Nach dem Tod eines geliebten Menschen, das war schon besser. Sie vergrub sich in ihrer weiten Strickjacke, zog die Ärmel lang und wäre am liebsten verschwunden. Die Kälte von draußen kroch ihr regelrecht unter die Haut.
»Und Sie sind sich ganz sicher?«
Der Anwalt nickte und drehte einen glänzenden Kugelschreiber zwischen den Fingern, der in etwa so viel gekostet haben musste wie Sophias neue Jeans.
»Soll ich die Hintergründe auch noch einmal durchgehen?«
Sophia nickte.
»Britta, die Schwester ihrer Großmutter, hat das Unternehmen schon in den Sechzigern erstanden. Bis zu ihrem Tod im vergangenen Jahr befand es sich in ihrem Besitz. Da sie keine Kinder hatte, ging ihr gesamtes Erbe an Ihre Großmutter über. Und wie ich ja schon sagte, ist es gar nicht mal so selten .« Sophia schnitt ihm das Wort ab.
». dass nach dem Tod eines geliebten Menschen Geheimnisse ans Tageslicht kommen?«
Er lachte und ordnete seine Unterlagen.
»Ja, so in etwa. Glauben Sie mir, ich habe das oft genug erlebt. Wie dem auch sei. Besonders lange hat Ihre Großmutter dieses Geheimnis jedenfalls nicht gehütet, der Tod ihrer Schwester liegt ja gerade einmal ein Jahr zurück. Und nun erben Sie das Lokal.«
Sie nickte schweigend. Mit einem Mal überkam sie eine unsagbare Müdigkeit. Am liebsten wäre sie einfach aufgestanden und nach Hause gegangen. Aber mitten in einer Besprechung den Raum verlassen - so etwas tat ja kein erwachsener Mensch.
Erik legte seine warme Hand auf ihre.
»Sophia? Ich glaube, wir sollten jetzt gemeinsam hier bei der Sache bleiben. Ich weiß, wie schwer das ist.«
Sie nickte und versuchte, sich zusammenzureißen, während ihr Vater weitersprach. »Wir wissen natürlich, dass Emmy und Britta als junge Frauen eine gewisse Zeit in Paris waren«, sagte er und suchte Sophias Blick.
»Großmutter mochte es nicht, wenn Britta davon anfing. Da kam sofort schlechte Stimmung auf. Ich weiß noch, dass ich Oma ein paarmal danach gefragt habe. Aber sie ist mir immer ausgewichen.«
»Ja, aber wenn Britta ein paar Gläser Wein intus hatte, kam sie ins Erzählen und hat dann immer geredet, als wären die beiden in den Sechzigern das Zentrum des Pariser Nachtlebens gewesen, erinnerst du dich?«
Sophia nickte und musste unwillkürlich lachen. Sie selbst war noch nie in Paris gewesen. Eigentlich seltsam, denn sie war in ihrem Leben schon viel gereist, sowohl beruflich als auch mit Freunden und natürlich in ihren gemeinsamen Jahren mit Viktor. Nur eben nie nach Paris. Ob das etwas damit zu tun hatte, dass ihre Großmutter die Stadt nicht besonders gemocht zu haben schien? Sophia war sich nicht sicher, aber irgendetwas hatte bewirkt, dass es sie nie dorthin gezogen hatte.
Andere Teile des Landes hingegen hatte sie besucht, vor allem den Süden. Als sie in Stockholm in die Oberstufe kam, hatte sie sich ganz bewusst für Französisch als Wahlfach entschieden, und nach mehreren Urlauben und Sprachreisen in Frankreich beherrschte sie die Sprache fließend.
Die Hand ihres Vaters auf ihrem Arm brachte sie zurück in die Anwaltskanzlei. Mit bebenden Lippen atmete sie einmal tief ein.
»Ja, ich erinnere mich«, sagte sie dann. »Britta schien Paris zu lieben und hat für ihr Leben gern von den Sechzigerjahren erzählt. Aber wenn Oma dabei war, wurde sofort das Thema gewechselt. >Ich will nichts mehr von Paris hören<, sagte sie immer.« Sophia schwieg und dachte einen Moment nach. »Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht.«
Der Anwalt sah zwischen den beiden hin und her und warf schließlich einen diskreten Blick auf seine Armbanduhr, die auch nicht gerade billig gewesen zu sein schien.
»Ich glaube, sie wollte sich nur nicht so wichtigtun«, fuhr Erik fort. »Wenn deine Großmutter etwas verabscheute, dann war das Angeberei. Ich höre sie noch genau, wie sie Britta immer zurechtgewiesen hat, das sei doch wirklich nichts Besonderes gewesen. Nur eine kleine Reise.« Er lachte auf. »Ich habe immer gedacht, Britta würde ein bisschen dick auftragen, aber anscheinend war da doch mehr dran, als wir vermutet haben.«
Erik streckte sich nach der Bonbonschale auf der Tischmitte und verzog erneut das Gesicht. Den Unfall hatte er wie durch ein Wunder überlebt, aber sein Nacken würde ihm wohl noch eine ganze Weile Schmerzen bereiten. Von einem so schweren Schleudertrauma erholte man sich nicht über Nacht. Auf den Röntgenaufnahmen hatten die Ärzte nichts finden können, doch selbst wenn die Wirbelsäule unverletzt war, konnten die Nerven und übrigen Strukturen der Nackenpartie stark beeinträchtigt sein.
Erik knisterte mit dem Bonbonpapier. Mit seinem rotkarierten Flanellhemd und der etwas wirren Frisur wirkte er in dem...
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