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Die Nachtschicht in der Wache des Kriminaldauerdienstes begann ruhig. Vom Spätdienst wurde eine Todesermittlungssache in der Südstadt übergeben, die sich nach einer gemeinsamen Leichenschau mit dem noch anwesenden Notarzt und den Kriminalbeamten in die sichere Diagnose eines 'natürlichen Todes' ergeben hatte. So war auch das Team wieder einsatzbereit.
Der Anruf des Lagezentrums beim Wachgruppenleiter (WGL) des KDD, der diese Nacht für alle Beteiligten veränderte, erfolgte um 23:46 Uhr. Kriminalhauptkommissar Maik Holzner war zu einer sechsmonatigen Personalentwicklungsmaßnahme als WGL eingesetzt. Nach der Pensionierung von Thorsten Büthe war die Leitung der Operativen Fallanalyse (OFA) im Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen seiner Vertreterin, Kristin Bäumer übertragen worden. Maik Holzner war dadurch zum stellvertretenden Leiter aufgerückt, musste dafür ein Führungspraktikum nachweisen und hatte sich für den KDD entschieden.
Die Einsatzleitstelle der Polizeidirektion (PD) Hannover hatte diesen Einsatz bewusst nicht per Funk kommuniziert, um Pressevertreter, Schaulustige sowie auch neugierige Kollegen vorerst abzuhalten und eine lückenlose Absperrung des Tatortes zu gewährleisten. Auch der Wachhabende des KDD, Kriminaloberkommissar Hans Weigel, hatte von dem bevorstehenden Einsatz nichts über Funk mitbekommen. Maik Holzner informierte ihn und seine kompletten drei Teams über die Raumsprechanlagen.
"Kommt ihr bitte alle einsatzbereit nach vorn. Wir haben eine Großlage!", kündigte der WGL mit ernster Stimme an.
Binnen Sekunden stand die gesamte KDD-Besatzung im Wachraum und ließ sich von Maik Holzner in den bevorstehenden Einsatz einweisen.
"Hanno (der Rufname des Lage- und Führungszentrums der PD Hannover) hat soeben mitgeteilt, dass es in der Zeppelinstraße zu einem Schusswaffengebrauch durch zwei Täter gekommen sein soll. Aktuell sind dabei zwei Opfer zu beklagen. Die Täter konnten in einem dunklen Transporter entkommen, den zumindest ein dritter Täter fährt. Das Kennzeichen soll nicht deutsch und unleserlich verdreckt gewesen sein. Die Fahndung läuft. Wir werden mit allen drei Teams rausfahren, ich übernehme die Einsatzleitung vor Ort. Hans, du bleibst in der Wache. Wir nehmen keine parallelen Einsätze an. Hanno weiß Bescheid. Und los!", wies der Kriminalhauptkommissar an.
Mit Vollgas und unter Verwendung von Sonderrechten (Blaulicht und Martinshorn) verließen die drei zivilen Einsatzfahrzeuge des KDD das Areal des Zentralen Kriminaldienstes (ZKD) auf dem alten Hanomag-Gelände in Hannover-Linden. Maik Holzner setzte das magnetische LED-Blaulicht auf seinen Audi A4 und folgte seinen Teams über den Deisterkreisel in Richtung des Zooviertels.
Der KDD war für solche Einsatzlagen zuständig und übernahm die anfängliche Tatortaufnahme, was das Erlangen der Informationen, erste Zeugenbefragungen sowie die gesamte kriminaltechnische Spurensuche und -sicherung am Tatort betraf.
Die Zeppelinstraße war durch massive Polizeikräfte abgesperrt und in blaues Blinklicht der Einsatzfahrzeuge getaucht. Hinter einem abgestellten Porsche 911 war ein Rettungs- sowie ein Notarztwagen positioniert.
Die Kriminalbeamten zogen sich blau-silberne reflektierende Westen mit der Aufschrift "KDD" über und wurden von der vorläufigen Einsatzleiterin des zuständigen Polizeikommissariats, Polizeihauptkommissarin (PHK'in) Anne Heffner, eingewiesen.
"Hallo, Leute, wir haben hier zwei Opfer durch mehrere Schussverletzungen zu beklagen. Es handelt sich offensichtlich um die Besitzer dieser Villa, die mit ihrem Porsche 911 auf ihr Grundstück fahren wollten. Das elektrische Tor war allerdings durch ein Bügelschloss blockiert und ließ sich aus dem Auto heraus nicht öffnen. Der Fahrer, ein Dr. Schanzenberger, stieg wohl aus und soll dann von einem Pärchen mit Hund angesprochen worden sein, das sich zu Fuß genähert hatte. Der männliche Täter soll Dr. Schanzenberger wiederholte Male frontal in den Kopf geschossen haben. Die Täterin sei gezielt zur Beifahrerseite gegangen und habe ebenfalls das Feuer auf die mutmaßliche Ehefrau des Opfers eröffnet. Für beide kam jede Hilfe zu spät.
Besonders brisant ist, dass Dr. Schanzenberger Geschäftsführer der Rüstungsfirma Helmer & Burg war. Das Szenario ist durch eine Spaziergängerin beobachtet worden, die sich gerade mit ihrem Hund hinter einer Hecke verborgen hielt. Bei der Flucht passierten die Täter die Stelle, wurden durch Hundegebell auf die Zeugin aufmerksam und schossen beide sofort. Sie hat verdammtes Glück gehabt und wurde nicht getroffen. Ihr Labrador allerdings liegt mit Schusswunden gerade in der TiHo. Die Täter wurden dann von einem dunklen Transporter durch eine Schiebetür aufgenommen und konnten flüchten. Die Zeugin, eine Ärztin, ist bei uns im Bulli. Ihr könnt sie direkt befragen. Das war's erst mal. Nein, eines noch. Bei der Schussabgabe sollen kaum Knallgeräusche wahrgenommen worden sein. Vermutlich verwendeten die Täter Schalldämpfer. Was dabei kurios ist, denn wir haben keinerlei Hülsen finden können", berichtete die Dienstschichtleiterin.
Der Wachgruppenleiter des KDD bedankte sich für die Einweisung und übernahm die Einsatzleitung vor Ort. Er teilte seine drei Teams ein, den sogenannten objektiven Tatortbefund aufzunehmen, die Tatortspuren zu sichern und die Zeugin zu befragen. Er selbst musste jetzt weitere, vor Ort erforderliche Einsatzkräfte alarmieren und die Führungsspitze der PD Hannover informieren.
Sein erster Anruf galt dem Leiter der Kriminalfachinspektion (KFI) 1, Kriminaldirektor (KD) Leon Wittenberger. Maik und er hatten bereits im LKA zusammengearbeitet, da KD Wittenberger einige Jahre die Leitung der Zentralstelle Gewalt innehatte und somit auch Vorgesetzter der OFA war.
"Hallo, Leon, sorry für die nächtliche Störung, aber wir haben einen Doppelmord im Zooviertel. Dr. Schanzenberger und seine Frau sind vor ihrem Haus erschossen worden. Es sieht aktuell nach einer gezielten Tat aus. Der Fall wird eine politische Brisanz bekommen, denn Dr. Schanzenberger war der Geschäftsführer der Rüstungsfirma Helmer & Burg. Sobald die Medien davon Wind bekommen, wird hier die Hölle los sein. Wir haben die Absperrung schon entsprechend ausgedehnt, sodass wir in Ruhe arbeiten können. Wir benötigen dringend auch die Pressestelle, die sich auf einen politischen Ansturm vorbereiten soll. Schickst du deine Leute und informierst du die Polizeipräsidentin (PP'in)?", bat Maik Holzner.
"Hallo, Maik, vielen Dank für die Vorwarnung. Wir müssen jetzt sehr sensibel damit umgehen und akribisch arbeiten. Ich setze alle in Kenntnis und mache mich selbst auf den Weg. Ich werde auch die KFI 4 (zuständig für staatsschutzrelevante Delikte) verständigen müssen. Die Information der Innenministerin überlasse ich unserer PP'in. Was brauchst du vor Ort?", bot der Kriminaldirektor an.
"Wir sollten hier alles auffahren, was insbesondere kriminaltechnisch möglich ist. Ich habe bereits alles angefordert. Ich halte es zudem erforderlich, schon in dieser Phase mein OFA-Team einzubinden und möchte das nicht mit den Staatsschützern diskutieren. Habe ich dabei deine Unterstützung, Leon?", bat Maik Holzner.
"Das sehe ich genauso. Ruf Kristin gleich an, die OFA ist hiermit offiziell angefordert. Dann machen wir mal die Nacht zum Tag. Bis gleich, Maik", verabschiedete sich der Kriminaldirektor.
Der Einsatzleiter wählte die Handynummer des rechtsmedizinischen Bereitschaftsdienstes und war froh, eine ihm bekannte Stimme zu hören.
"Dr. Stockinger, Rechtsmedizin", meldete sie sich.
"Hallo, Sandra, ich hoffe, du hast noch nicht geschlafen und bist fit für eine lange Nacht", kündigte der Kriminalbeamte an.
"Maik, mach's nicht so spannend. Was habt ihr?", kam die Oberärztin des rechtsmedizinischen Instituts der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) direkt auf den Punkt.
Der Einsatzleiter informierte die Rechtsmedizinerin über die aktuelle Lage und forderte sie offiziell an. Maik und Sandra kannten sich lange durch ihre Einbindung in Fallanalysen der OFA und von einer gemeinsamen Kreuzfahrt, die - im wahrsten Sinne - aus dem Ruder gelaufen war (AIDA-Krimi Kanarenblut).
"Gib mir etwa 20 Minuten. Ich bringe zudem noch einen Kollegen mit. Vier Augen sehen mehr als zwei, zumal wir auch zwei Leichen haben. Bis gleich", kündigte Dr. Sandra Stockinger an.
Maik Holzner zog seine drei KDD-Teams zusammen und bat PHK'in Anne Heffner als Vorgesetzte der Schutzpolizeikräfte hinzu.
"Ich habe alle Meldewege sensibel bedient und rechne in den nächsten Minuten mit einem sowohl polizeilichen als auch medialen Auflauf. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Anne, die Absperrung muss lückenlos sein. Fordere lieber weitere Kräfte an, denn wir können hier keine Reporter gebrauchen, die uns mit den Leichen fotografieren. Ich weiß, dass dieser Appell überflüssig ist, aber ihr alle müsst jeden eurer Schritte akribisch und lückenlos dokumentieren. In dieser besonderen Lage gerät alles auf den Prüfstand. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Legt los. Wir haben nicht mehr viel Zeit", appellierte der Einsatzleiter zu Recht.
Aus Hannover und der gesamten Region preschten nicht nur Einsatzfahrzeuge ins Zooviertel. Eine Armada von Übertragungsfahrzeugen der Medien und Journalisten war auf dem Weg, um die ersten Fotos, Videos und O-Töne veröffentlichen zu können. Es ist traurig, aber jeder gute Journalist hatte seine Informanten bei den Rettungs-...
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