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Earthrise. Sicher haben Sie dieses gewaltige Foto schon einmal gesehen. Hinter der düsteren Kraterlandschaft des Mondes geht hell erleuchtet die Erde auf. Eine meerblau funkelnde Schönheit. So zerbrechlich wirkt sie inmitten der unendlichen Schwärze des Weltalls. Unsere Heimat. Ein schützenswertes Juwel. Ausgerechnet an einem Weihnachtsabend ist dieses Foto entstanden. Im Flugplan war es gar nicht vorgesehen. William Anders, 1968 Astronaut auf der Apollo 8, machte es trotzdem. Es wurde zum Sinnbild der damals beginnenden Umweltbewegung. Das Time Magazine nahm es in seine Auswahl der 100 einflussreichsten Fotografien der Geschichte auf.3
Und das aus gutem Grund. Ein Versagen im Kampf gegen den Klimawandel ist die größte Gefahr für eine erstrebenswerte Zukunft, für das Wohlsein aller, für den Zusammenhalt der Gesellschaft und den Frieden auf Erden. Deshalb befasst sich Teil 1 dieses Buchs mit der regenerativen Nachhaltigkeit. Denn wenn wir unseren Heimatplaneten für uns unbewohnbar machen, ist alles andere egal.
Eltern wollen, dass es ihren Kindern gut geht. Sollte man meinen. Und dann das: Seit Jahren verbrauchen wir die Ressourcen unseres Planeten in einem Maße, die seine Fähigkeit zur Selbsterneuerung bei Weitem übersteigt. Ein Drittel aller produzierten Lebensmittel landet nicht in unseren Mägen, sondern im Müll. Fast die Hälfte der fruchtbaren Böden erodierte in den letzten Dekaden. Im pazifischen Raum sind ganze Inseln von der Landkarte verschwunden. Der überwiegende Teil der grünen Lungen der Erde, unsere Wälder, ist zerstört oder krank. Ein Drittel der Tier- und Pflanzenarten sind für immer verloren. Insektenhotels bleiben leer, weil es kaum noch Insekten gibt. Klimawandel und Artensterben sind Zwillingskrisen. Und womöglich trifft es diesmal auch uns. Denn, wie bekannt: Unser Planet braucht uns nicht. Aber wir brauchen ihn.
Wie kann es sein, dass die intelligenteste Kreatur, die auf diesem Planeten lebt, ihr einziges Zuhause zerstört? Das fragt die Primatenforscherin Jane Goodall.4 Mit ihrer Fassungslosigkeit ist sie nicht allein. Fehlt uns die Fantasie, zu verstehen, was es bedeutet, wenn ganze Ökosysteme kollabieren, der Meeresspiegel steigt, der Kampf um Wasser, um Nahrung und um Heimat beginnt? Die Einschläge kommen immer näher. Und ihre Wucht steigt. Kann diese Entwicklung noch umgekehrt werden? Lässt sich die Beziehung zwischen Mensch und Erde je wieder ins Gleichgewicht bringen? Können verantwortungsvolles Handeln und profitables Wirtschaften im Einklang sein?
Mir geht es in diesem Buch nicht um Alarmismus, sondern um Ursachen, Auswirkungen, Perspektiven und Lösungswege. Über die Faktenlage kann sich jeder leicht informieren und umfänglich im Web recherchieren.5 Mithilfe von Superrechnern und künstlicher Intelligenz sind Klimatologen längst in der Lage, Umweltszenarien vorauszukalkulieren, die ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit haben. Wir wissen also genug. Jetzt brauchen wir Taten. Sehr viele Taten.
Klimaentwicklungen sind nicht linear, sie sind exponentiell. Genau das macht sie so trügerisch. Veränderungen erscheinen zunächst harmlos, weil sie kaum wahrnehmbar sind. Erst mit der Zeit kommt es zu einer Beschleunigung, die immer rasanter wird. Zudem gibt es den Kipppunkteffekt. Ist ein Kipppunkt überschritten, ist die Entwicklung irreversibel. Symptomatisch dafür ist das Schmelzen der Gletscher und Permafrostböden. Hochauflösende Satellitenbilder und extrem leistungsfähige KI dokumentieren in Zusammenarbeit mit fliegenden und schwimmenden Drohnen unsere Umweltsünden im Detail. Massive Schäden an der Biosphäre und ihren Ökosystemen sind offensichtlich. Und weil alles mit allem zusammenhängt, sind Kettenreaktionen sehr wahrscheinlich. Das wiederum wird auch zu sozialen Kipppunkten führen.
»Die nächste Epoche wird eine Überlebenswirtschaft sein«,6 schreibt die Journalistin und mehrfache Spiegel-Bestsellerautorin Ulrike Herrmann. Das mag erschrecken, will aber vor allem den Blick auf das Machbare lenken. Jede rettende Idee ist willkommen. Wir müssen an vielen Stellschrauben drehen. Ein systemischer Ansatz ist dafür die Basis. Klimaschutz und Gemeinwohl lassen sich nicht isoliert voneinander betrachten. Auf Planet Erde ist alles ineinander verflochten und global miteinander vernetzt. Pflanzen und Tiere sorgen für die Energie, die wir Menschen zum Leben brauchen. Verschwinden sie, dann verschwinden auch wir.
Soziale Ungleichheiten, geopolitische Konflikte und Fluchtbewegungen von problematischen in privilegierte Länder und von Küstenregionen ins sicherere Landesinnere bedrohen schon jetzt die weltweite Sicherheit. Insofern impliziert die Klimawende nicht nur die Dekarbonisierung und Netto-Null. Das Thema ist sehr viel umfassender. Es geht um die größte Herausforderung der Menschheit, um das Überdenken der Marktmechanismen, um ein gutes Leben für alle, um sinnvolle Arbeit, um persönliche Freiheit, um die Demokratie, ja, um die Weltordnung selbst.
Ein tiefgreifender Umbau unseres derzeitigen Wirtschaftsdenkens und -handelns steht an. Was wir Wertschöpfung nennen, ist in Wirklichkeit eine systematische Wertevernichtung. Im Jahr 2022 betrug die globale Zirkularität 7,2 Prozent. Das bedeutet: 92,8 Prozent aller weltweit verbrauchten Rohstoffe wurden zu Abfall gemacht und größtenteils umweltschädlich entsorgt.7 Was nicht im Meer landet, verrottet an Land. Unschätzbare Reichtümer, die einst in der Erde lagerten oder auf ihr wuchsen, werden unwiederbringlich in Verbrennungsanlagen vernichtet, vergammeln auf Giftmülldeponien, kontaminieren Gewässer und schweben, in tödliche Treibhausgase verwandelt, um unsere Köpfe herum. Was für ein Irrsinn!
Die Warnungen der Klimaforscher, die Hilferufe der Natur, die jungen Menschen, die auf Demos gehen und Generationengerechtigkeit fordern, daran hatten wir uns schon fast gewöhnt. Und dann, endlich! Die Energieproblematik, Lieferengpässe, plötzliche Rohstoffverknappung und damit verbundene Preisexplosionen im Zuge der jüngsten weltweiten Krisen haben ein Umdenken in großem Stil befeuert: Die lineare Ökonomie mit ihrer Wegwerf-Systematik hat ausgedient. Wir können uns das einfach nicht länger leisten. Denn die Erde ist ein Planet mit sehr begrenzten Ressourcen.
Deshalb müssen wir unser Verhalten gemeinsam in intelligentere Bahnen lenken. Die Transformation hin zu einer nachhaltigen, regenerativen Gesellschaft steht an. Dafür braucht es ein grundsätzlich neues Wirtschaftsverständnis: weg vom bisherigen Linearmodell mit Maximalprofit um jeden Preis, hin zu einer zirkulären, ökosozialen, postfossilen Ökonomie. Diese ist marktwirtschaftlich orientiert, dem Gemeinwohl verpflichtet und zugleich umweltfreundlich. Je früher wir hier entscheidende Fortschritte machen, desto sozialverträglicher wird das sein. Die nächsten zehn Jahre sind dabei entscheidend. Will heißen: Es eilt! Zögern wir weiter, werden die Kosten für den Klimaschutz explodieren, die Einschränkungen werden größer und das Sicherheitsrisiko steigt für uns alle. Prävention ist immer besser als die mühsame Behandlung von Krankheitsverläufen.
Für die Wirtschaft ist es lohnend und lukrativ, jetzt Weitsicht zu zeigen. Die Nachfrage nach ressourcenschonenden Produkten und klimafürsorglichen Dienstleistungen schafft neue Märkte und ermöglicht neue Geschäftsmodelle. So machen nun immer mehr Unternehmen belegbar gelebte vertrauenswürdige Nachhaltigkeit zu ihrem Erfolgsfaktor. Sie arbeiten mit Wissenschaftlern, Forschungseinrichtungen und NGOs zusammen, um ihre Vorhaben zu perfektionieren. Wer authentisch ist und die plausibelsten Lösungen bietet, wird fortan favorisiert: nicht nur von zahlungskräftigen Konsumenten, auch von den besten Talenten. Hinzu kommen erhöhtes Medieninteresse und Vorteile am Finanzmarkt. Warten wir nicht, bis der Druck der breiten Öffentlichkeit und die ordnungspolitischen Maßnahmen kommen. Die Vorreiter einer neuen Wirtschaftsordnung sind längst unterwegs. Wettbewerbsvorteile sind ihnen gewiss.
Wir haben gelernt, CO2 in die Luft zu pusten, jetzt müssen wir lernen, es wieder einzufangen. Es ist uns gelungen, wertvolles Ackerland zu verwüsten, jetzt müssen wir lernen, es wiederaufzubauen. Wir haben es geschafft, unsere Umwelt mit Chemikalien aller Art zu vergiften, jetzt müssen wir lernen, das rückgängig zu machen. Wir haben die Ozeane mit Müll zugekippt, jetzt muss der wieder weg. Machste dreckig, machste sauber.8 Ab sofort darf es nicht länger gratis sein, den Planeten zu ruinieren.
Künftig soll nichts mehr produziert werden, ohne präzise vorauszudenken, was mit dem Produkt, den Komponenten und Materialien später geschehen...
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